Kardinal Koch: Maria führt in gemeinsame Mitte des Glaubens

Kardinal Kurt Koch

Die Gottesmutter Maria steht nach den Worten des Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, in keiner Weise zwischen den Konfessionen. Vielmehr führe sie gerade im Jahr des Reformationsgedenkens in die gemeinsame Mitte „unseres Glaubens“ hinein, sagte Koch bei einem Festgottesdienst zu Mariä Himmelfahrt im deutschen Wallfahrtsort Maria Vesperbild.

Vor mehreren Tausend Gläubigen erinnerte Koch an das Loblied des Magnificats, mit dem Maria ihr Herzensanliegen besinge, dass Gott groß gemacht werde. Der Mensch werde dadurch nicht kleiner, sondern bekomme an der Größe Gottes Anteil, der ewiges Leben schenke. Dieses Angebot gelte allen Menschen. Mit der Aufnahme Mariens in den Himmel erhalte Maria als erste Anteil an der Auferstehung ihres Sohnes, so der Kardinal. Das Fest bedeute damit „Ostern für Maria“.

Neueren Untersuchungen zufolge dominierten in der europäischen Bevölkerung hinsichtlich des Glaubens an ein ewiges Leben heute eher ratlose Ungewissheit, stellte der Schweizer Kurienkardinal fest. So sei für die einen mit dem Tod alles aus, andere hofften auf Wiedergeburt oder Reinkarnation. Viele könnten sich unter einem Leben nach dem Tod nur wenig vorstellen. Koch bedauerte in diesem Zusammenhang, dass es der christlichen Verkündigung nur noch schwer gelinge, ihre Deutung vom Tod und vor allem von einem Leben danach zu vermitteln. Dabei stehe und falle der christliche Glaube mit dem Glauben an die Auferstehung Jesu Christi.

(kna 16.08.2017 mg)

Mariä Himmelfahrt im Pilgerpark – Völkerverbindende Volksfrömmigkeit im bayerischen Maria Vesperbild

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Mariä Himmelfahrt Im Pilgerpark / ZENIT – MK, CC BY-NC-SA

„Das Fest Mariä Himmelfahrt wurde zuerst in Syrien gefeiert“, hat Wallfahrtsdirektor Wilhelm Imkamp am Montag in seiner Predigt imbayerischen Maria Vesperbild betont. Nicht bloß aus Höflichkeit begrüße er zu Beginn des Pilgeramts eine syrisch-orthodoxe Gruppe aus Heilbronn. Dunkelhaarige Frauen mit braunem Teint, von denen viele ihr Haar einer Mantilla aus schwarzer Spitze bedeckten, fallen unter den Gläubigen in der sonnendurchfluteten Kirche auf. Viele Gläubige halten kleine Sträuße von Kräutern und Feldblumen zur traditionellen Kräuterweihe bereit.

Der Prälat unterstreicht eingangs, es sei ein syrischer Papst gewesen, der das Fest Mariä Himmelfahrt 690 nach Christus in die Weltkirche einführte. Auch die Lichterprozession ginge auf diese Anfänge zurück, betont Imkamp. Der Ursprung des Festes verweise auf die aktuellen Konfliktherde und die Frage: „Wie können wir das schaffen?“ Imkamp, der mit kräftiger Stimme von der barocken Kanzel spricht, gibt sich optimistisch. „Es ist aber anders möglich, als es sich Frau Merkel vorstellt“, sagt der fernsehbekannte Geistliche schmunzelnd. „Die beste Integration ist die Mission, die Bekehrung“, fährt er fort.

Die brutalen Handlungen von Terroristen zeigten, dass es auch eine falsche Verehrung Gottes gebe. Das Fest Mariä Himmelfahrt gedenke auch der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel. Jemand, der daran glaube, könne schon aus Respekt vor dem Leib nicht zu Bomben greifen. Andererseits gelte: „Vor Maria gibt es keine Fremden, nur gläubige Kinder“. Auch wenn sich alles wandle, bleibe die Wahrheit des Glaubens fest bestehen.

Für deren Verbreitung treten im Anschluss an die heilige Messe an diesem ehrwürdigen Wallfahrtsort die Pilger mit einer Unterschriftenliste ein: Die Unterzeichnenden geloben, den Papst täglich in seiner Sendung für die Weltkirche durch ihr Gebet zu unterstützen. Aus der Spalte unter der Frage nach der Nationalität zeigt sich die ganze Vielfalt der Besucher: Herkunftsländer sind Polen, Rumänien, Schweden, aber auch die Philippinen und der Irak. Sie alle erwartet an dieser Pilgerstätte ein Pilgerpark völkerverbindender Volksfrömmigkeit.

Gleich rechts am Pilgerhaus vorbei, führt ein geteerter Weg an Gebetsnischen entlang in den Wald: Einladung zum Gedenken an das Herz Jesu, an den heiligen Joseph und den heiligen Pater Pio, vor ihren Statuen glitzern Opferkerzen in roten Windlichtern.

Unterhalb eines Wiesenhangs blitzen noch mehr rote Lichter durch das Blattwerk. Dazwischen strahlt kräftiges Gelb im Schatten. Über Baumwurzeln führt der Weg entlang an unauffälligen Votivtafeln auf Holz zu einer Mischwaldlichtung. Trotz der großen Zahl der Versammelten bleibt es hier ganz still; allenfalls ist ein leises Murmeln zu vernehmen, ab und zu ein leises Klicken der Handykameras. Betend und staunend hocken Menschen auf Baumstümpfen, geborgen unter den grünen Kronen, gleichsam im Mutterschoß der Natur der Mutter ihres Schöpfers gedenkend. Sie wird hier als Unsere Liebe Frau von Fatima (Portugal) dargestellt, der berühmtesten Marienerscheinung des 20. Jahrhunderts, in deren Botschaft der Wahnsinn der Gottverleugnung schon vorweg genommen wird ebenso wie das große Angebot der Barmherzigkeit.

Eine ältere Frau, klein, hager mit lederner Haut, zieht zwei junge Männer hinter sich her, die ihr leicht ähneln. Sie tragen Baseballkappen, dicke Gliederketten zu Achselshirts über tätowierter Haut, dazu Gummischlappen. Wie die meisten der Versammelten verharren auch sie still im Gebet am Rande des Blumenteppichs, der auf frisch aufgeschütteter Erde die goldenen Buchstaben eines Gebets mit unzähligen gelben Blüten umkränzt.

Am frühen Nachmittag versammeln sich die dunkelhaarigen Damen mit Mantilla in den ersten Reihen der Wallfahrtskirche. Aus Dank für das Ende des 30jährigen Kriegs errichtete der Pfleger des benachbarten Schlosses Seyfriedsberg zunächst eine Feldkapelle 1650 mit dem Bild der Schmerzensmadonna. Die anfängliche Kapelle, die das Bild barg, sei bald zu klein gewesen, um all die Menschen zu fassen, die in ihrer Not dort Trost suchten. Schließlich wich die Kapelle 1756 der barocken Wallfahrtskirche, in der nun regelmäßig der Apostolische Protonotar Wilhelm Imkamp auf die Kanzel steigt. „Sie werden als Frauen das Bild von der Schmerzensmadonna verstehen“, sagt Pfarrer Wilhelm Meir, einer der Priester, die die Pilger in Maria Vesperbild betreuen. „Maria ist am Abend des Karfreitag so gesehen worden“, erläutert er den ikonographischen Ursprung der barocken Darstellung, der an diesem Festtag blaue Freesien und weiße Lilien als Altarschmuck gewidmet sind.

Meir spricht langsam und mit Bedacht und wartet ruhig auf die Dolmetscherin, die das Gesagte ins Neuaramäisch übersetzt, ein Dialekt der Sprache Jesu. Sie seien aus Heilbronn angereist, aber die meisten kämen ursprünglich aus dem Tur Abdin (Berg der Gottesknechte), einer mit vielen Christen besiedelten Gegend im Südosten der Türkei. Meir weist auf die Details des hölzernen Bildnisses hin: Mit einer Hand deute die Muttergottes zur Seitenwunde Jesu und mit der anderen halte sie Gott im Himmel ein Tränentuch entgegen. Die Geste verdeutliche, dass Maria alles Leid, das sie durch die Passion ihres Sohnes seelisch und leiblich erfahren habe, aufopferte. „Das hat sehr viel mit unserem Fest zu tun“, erklärte er weiter, „an dem wir heute der leiblichen Aufnahme Mariens im Himmel gedenken.“

Durch ihre Fürsprache weise die Muttergottes den Weg der Barmherzigkeit, betont am Abend der Hauptzelebrant des feierlichen Pontifikalamtes, Erzbischof Rino Fisichella. Der Leiter des Päpstlichen Rates für die Neuevangelisierung muss es wissen, ist er doch Hauptorganisator des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit und damit an diesem Abend Brücke zwischen dem mittelschwäbischen Marienheiligtum und der Weltkirche. Er lädt in seiner Predigt Tausende Gläubige, die am Hang vor dem in barocker Pracht gestalteten Waldaltar größtenteils auf Gartenstühlen hocken, zur Betrachtung der mütterlichen Fürsorge Mariens ein. „Wie oft hat sie das Jesuskind in den Arm genommen und es seine mütterliche Liebe spüren lassen“, fragt er rhetorisch. Barmherzigkeit sei ein aus der Mode gekommener Begriff und die Fürsorge sei in den letzten Jahrzehnten den Profis der Caritas überlassen worden. Dabei seien die Formen der Armut unendlich vielfältig. „Nur wer aus der Barmherzigkeit lebt, sieht in das Innere des Bruders in Not“, betont der Kurienerzbischof in flüssigem Deutsch und einem nur leichten italienischen Akzent. In der Hingabe am Kreuz zeige sich Gottes Barmherzigkeit, einer Hingabe „ohne etwas für sich zurückzubehalten“. Vor der Barmherzigkeit Gottes stünden alle Menschen als Bettler. „Er will, dass auch wir barmherzig sind“, appelliert er.

Nach der heiligen Messe führen Zelebranten, Musikkapelle, Grabesritter, Verbindungsstudenten und Damen in Trachten die Lichterprozession an. Mit bunten Kerzenlichtern den Schlossberg hinauf und in den Wald hinunter singen und beten sie und Tausende Gläubige zur Muttergottes. Ihr Ziel, die Fatimagrotte, erstrahlt nun in einem Meer roter Windlichter, jedes für sich eine Bitte um Fürsprache bei Gott. Wie es in Maria Vesperbild Tradition ist, erklingt am Ende die Papsthymne. Klingende Weltkirche im mittelschwäbischen Wald. Beim anschließenden Empfang kommt Erzbischof Fisichella im Gespräch mit ZENIT, das Fürstin Gloria von Thurn und Taxis teilweise dolmetscht, noch einmal auf die vielfältigen Gesichter der Barmherzigkeit zu sprechen: „Einmal im Monat habe ich den Papst zum Freitag der Barmherzigkeit begleitet.“ Am vergangenen Freitag hätten sie in einer Wohnung am Rande von Rom frühere „Sklavinnen“ besucht, ehemalige Zwangsprostituierte, denen durch ein Projekt dort ein neues Leben eröffnet wird. „Das war sehr emotional, sehr bewegend“, verrät er auf die Frage, was für ihn persönlich zu den Höhepunkten des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit zählt.

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