BENEDIKT XVI.: Das Weihnachtsfest: Geheimnis des Lichts und der Freude

BENEDIKT XVI.

GENERALAUDIENZ

Audienzhalle, Mittwoch, 4. Januar 2012

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich freue mich, euch zu dieser ersten Generalaudienz im neuen Jahr zu empfangen und entbiete euch und euren Familien von ganzem Herzen meine besten Wünsche: Gott, der in der Geburt Christi, seines Sohnes, die ganze Welt mit Freude erfüllt hat, möge unseren Werken und Tagen seinen Frieden schenken. Wir sind in der liturgischen Weihnachtszeit, die am 24. Dezember mit dem Heiligen Abend beginnt und mit der Feier der Taufe des Herrn endet. Die Zeitspanne ist kurz, aber dicht an Feiern und Geheimnissen und umschließt die beiden großen Hochfeste des Herrn: Weihnachten und Epiphanie. Schon der Name dieser beiden Feste verweist auf ihre jeweilige Gestalt. Das Weihnachtsfest feiert die historische Tatsache der Geburt Jesu in Betlehem.

Die Epiphanie, die als Fest im Osten entstanden ist, verweist auf eine Tatsache, vor allem einen Aspekt des Geheimnisses: Gott offenbart sich in der Menschennatur Christi, und das ist der Sinn des griechischen Verbs »epiphaino«: sichtbar werden. Aus dieser Perspektive heraus erinnert die Epiphanie an eine Vielzahl von Ereignissen, die die Erscheinung des Herrn zum Gegenstand haben: insbesondere die Anbetung der Sterndeuter, die in Jesus den erwarteten Messias erkennen, aber auch die Taufe im Jordan mit ihrer Theophanie – der Stimme Gottes aus der Höhe – und das Wunder bei der Hochzeit von Kana als erstes »Zeichen «, das Christus gewirkt hat. Eine wunderschöne Antiphon aus dem Stundengebet vereint diese drei Ereignisse um das Thema der Hochzeit zwischen Christus und der Kirche: »Heute wurde die Kirche dem himmlischen Bräutigam vermählt: Im Jordan wusch Christus sie rein von ihren Sünden. Die Weisen eilen mit Geschenken zur königlichen Hochzeit. Wasser wird in Wein gewandelt und erfreut die Gäste« (Antiphon der Laudes). Wir können gleichsam sagen, dass am Weihnachtsfest die Verborgenheit Gottes in der Demut des menschlichen Daseins, im Kind von Betlehem, hervorgehoben wird. In der Epiphanie dagegen wird seine Offenbarung deutlich, das Erscheinen Gottes durch eben diese Menschennatur. In dieser Katechese möchte ich kurz einige Themen aufgreifen, die zur Feier der Geburt des Herrn gehören, damit ein jeder von uns aus der unerschöpflichen Quelle dieses Geheimnisses trinken und Früchte des Lebens tragen kann. Zunächst einmal fragen wir uns: Was ist die erste Reaktion auf dieses außergewöhnliche Wirken Gottes, der Kind wird, der Mensch wird? Ich glaube, die erste Reaktion kann nur Freude sein.

»Freut euch im Herrn, heute ist uns der Heiland geboren«: So beginnt die Messe der Heiligen Nacht, und wir haben gerade die Worte des Engels an die Hirten gehört: »Ich verkünde euch eine große Freude« (Lk 2,10). Dieses Thema eröffnet das Evangelium, und dieses Thema schließt es auch, denn der auferstandene Jesus wirft den Aposteln vor, traurig zu sein (vgl. Lk 24,17): Das ist unvereinbar mit der Tatsache, dass er auf ewig Mensch bleibt. Aber gehen wir einen Schritt weiter: Woraus entsteht diese Freude? Ich würde sagen, sie entsteht aus dem Staunen des Herzens, wenn wir sehen, dass Gott uns nahe ist, dass Gott an uns denkt, dass Gott in der Geschichte wirkt; es ist also eine Freude, die aus dem Betrachten des Antlitzes jenes demütigen Kindes heraus entsteht, denn wir wissen, dass es das Antlitz Gottes ist, der für immer in der Menschheit gegenwärtig sein wird, für uns und mit uns. Weihnachten ist Freude, weil wir sehen und endlich sicher sind, dass Gott das Gute, das Leben, die Wahrheit des Menschen ist und sich bis zum Menschen erniedrigt, um ihn zu sich zu erheben: Gott kommt so nahe, dass man ihn sehen und berühren kann. Die Kirche betrachtet dieses unergründliche Geheimnis, und die Texte der Liturgie dieser Zeit sind von Staunen und Freude durchdrungen; alle Weihnachtslieder bringen diese Freude zum Ausdruck.

Weihnachten ist der Punkt, an dem Himmel und Erde vereint sind, und verschiedene Worte, die wir an diesen Tagen hören, heben die Größe des Geschehenen hervor: Der Ferne – Gott scheint unendlich fern zu sein – ist nahe herbeigekommen, »weil er, der Unfassbare, erfasst sein wollte, weil er, der vor aller Zeit schon war, in der Zeit seinen Anfang nahm, weil er, der Herr des Weltalls, zur Knechtsgestalt griff, indem er die Würde seiner Majestät verhüllte«, ruft der hl. Leo der Große aus (2. Predigt auf Weihnachten, 2.1). In jenem Kind, das in allem bedürftig ist, wie die Kinder es sind, wird das, was Gott ist – Ewigkeit, Kraft, Heiligkeit, Leben, Freude –, mit dem vereint, was wir sind: Schwachheit, Sünde, Leiden, Tod. Die Theologie und die Spiritualität des Weihnachtsfestes gebrauchen einen Ausdruck, um diese Tatsache zu beschreiben: Sie sprechen von »admirabile commercium«, also einem wunderbaren Tausch zwischen der göttlichen Natur und der Menschennatur. Der hl. Athanasius von Alexandria sagt: Der Sohn Gottes »wurde Mensch, damit wir vergöttlicht würden« (De incarnatione, 54,3; PG 25,192). Aber vor allem mit dem hl. Leo dem Großen und seinen berühmten Predigten auf Weihnachten wird diese Wirklichkeit zum

Gegenstand tiefer Betrachtung. Der heilige Papst sagt nämlich: »Wenn wir uns jene unbeschreibliche Liebe des barmherzigen Gottes vergegenwärtigen, derzufolge sich der Schöpfer des Menschen herabließ, Mensch zu werden, so zeigt es sich, dass wir an der Natur desjenigen Anteil nahmen, zu dem wir in der unsrigen beten« (8. Predigt auf Weihnachten: CCL 138,139).

Der erste Akt dieses wunderbaren Tausches wird in der Menschennatur Christi selbst gewirkt. Das Wort hat unsere Menschennatur angenommen, und im Austausch dagegen wurde die Menschennatur zur göttlichen Würde erhoben. Der zweite Akt des Tausches besteht in unserer wirklichen und inneren Teilhabe an der göttlichen Natur des Wortes. Der hl. Paulus sagt: »Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt, damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen« (Gal 4,4–5).

Weihnachten ist daher das Fest, an dem Gott dem Menschen so nahe kommt, dass er sogar das Geborenwerden mit ihm teilt, um ihm seine tiefste Würde zu offenbaren: die Würde, Sohn Gottes zu sein. Und so wird der Traum der Menschheit, der im Paradies begonnen hat – wir möchten wie Gott sein –, auf unerwartete Weise verwirklicht, nicht durch die Größe des Menschen, der sich nicht zu Gott machen kann, sondern durch die Demut Gottes, der herabsteigt und so in seiner Demut in uns eintritt und uns zur wahren Größe seines Seins erhebt. Das Zweite Vatikanische Konzil hat in diesem Zusammenhang gesagt: »Tatsächlich klärt sich nur im Geheimnis des fleischgewordenen Wortes das Geheimnis des Menschen wahrhaft auf« (Gaudium et spes, 22).

Sonst bleibt ein Rätsel: Was bedeutet dieses Geschöpf »Mensch«? Nur wenn wir sehen, dass Gott bei uns ist, können wir Licht für unser Dasein sehen, können wir über unser Menschsein glücklich sein und mit Vertrauen und Freude leben. Und wo wird dieser wunderbare Tausch wirklich gegenwärtig, um in unserem Leben zu wirken und es zu einer Existenz wahrer Kinder Gottes zu machen? Er wird sehr konkret in der Eucharistie. Wenn wir an der Heiligen Messe teilnehmen, bringen wir Gott das Unsrige dar: das Brot und den Wein, Frucht der Erde, damit er sie annehme und sie verwandle, indem er sich uns hinschenkt und zu unserer Speise wird, damit wir, wenn wir seinen Leib und sein Blut empfangen, an seinem göttlichen Leben teilhaben.

Abschließend möchte ich über einen weiteren Aspekt des Weihnachtsfestes sprechen. Als der Engel des Herrn in der Nacht der Geburt Jesu den Hirten erscheint, schreibt der hl. Lukas, dass der Glanz des Herrn sie umstrahlte (vgl. 2,9). Und der Prolog des Johannesevangeliums spricht vom fleischgewordenen Wort als dem wahren Licht, das in die Welt kommt, dem Licht, das jeden Menschen erleuchtet (vgl. Joh 1,9). Die Weihnachtsliturgie ist vom Licht durchdrungen. Die Ankunft Christi vertreibt die Finsternis der Welt, erfüllt die Heilige Nacht mit einem himmlischen Strahlen und verbreitet auf dem Angesicht der Menschen den Glanz Gottes, des Vaters. Auch heute. Vom Licht Christi umstrahlt, werden wir von der Weihnachtsliturgie mit Nachdruck eingeladen, unseren Verstand und unser Herz erleuchten zu lassen von dem Gott, der sein strahlendes Antlitz gezeigt hat. Die Erste Präfation von Weihnachten verkündet: »Denn Fleisch geworden ist das Wort, und in diesem Geheimnis erstrahlt dem Auge unseres Geistes das neue Licht deiner Herrlichkeit. In der sichtbaren Gestalt des Erlösers lässt du uns den unsichtbaren Gott erkennen, um in uns die Liebe zu entflammen zu dem, was kein Auge geschaut hat.« Im Geheimnis der Menschwerdung ist Gott, nachdem er gesprochen und durch Boten und mit Zeichen in die Geschichte eingegriffen hat, »erschienen«, ist er aus seinem unzugänglichen Licht herausgetreten, um die Welt zu erleuchten.

Am Hochfest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar, das wir in wenigen Tagen feiern, legt die Kirche einen sehr bedeutsamen Abschnitt des Propheten Jesaja vor: »Auf, werde licht denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir. Denn siehe, Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völker, doch über dir geht leuchtend der Herr auf, seine Herrlichkeit erscheint über dir. Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz« (60,1–3). Es ist eine an die Kirche, die Gemeinschaft Christi, aber auch an einen jeden von uns gerichtete Einladung, uns die Sendung und die Verantwortung gegenüber der Welt, das neue Licht des Evangeliums zu bezeugen und zu bringen, noch stärker zu Bewusstsein zu führen. Am Anfang der Konstitution Lumen gentium des Zweiten Vatikanischen Konzils finden wir folgende Worte: »Christus ist das Licht der Völker. Darum ist es der dringende Wunsch dieser im Heiligen Geist versammelten Heiligen Synode, alle Menschen durch seine Herrlichkeit, die auf dem Antlitz der Kirche widerscheint, zu erleuchten, indem sie das Evangelium allen Geschöpfen verkündet« (Nr. 1).

Das Evangelium ist das Licht, das nicht versteckt werden darf, sondern auf den Leuchter gestellt werden muss. Die Kirche ist nicht das Licht, sondern sie empfängt das Licht Christi, sie nimmt es an, um davon erleuchtet zu werden und es in seinem ganzen Glanz zu verbreiten. Und das muss auch in unserem persönlichen Leben geschehen. Ich zitiere noch einmal den hl. Leo den Großen, der in der Heiligen Nacht gesagt hat: »Erkenne, o Christ, deine Würde! Kehre nicht, nachdem du der göttlichen Natur teilhaftig geworden, durch entartete Sitten zur alten Niedrigkeit zurück! Denke daran, welchen Hauptes, welchen Leibes Glied du bist! Vergegenwärtige dir, daß du der Macht der Finsternis entrissen und in Gottes lichtvolles Reich versetzt worden bist!« (1. Predigt auf Weihnachten, 3,2: CCL 138,88). Liebe Brüder und Schwestern, Weihnachten bedeutet innezuhalten und das Kind zu betrachten, das Geheimnis Gottes, der in Demut und Armut Mensch wird. Vor allem aber bedeutet es, erneut in uns selbst jenes Kind aufzunehmen, das Christus, der Herr ist, um aus seinem eigenen Leben zu leben, damit seine Empfindungen, seine Gedanken, sein Handeln zu unseren Empfindungen, unseren Gedanken, unserem Handeln werden.

Weihnachten zu feiern heißt also, die Freude, die Neuheit, das Licht, die diese Geburt in unser ganzes Dasein gebracht hat, zu offenbaren, damit auch wir Boten der Freude, der wahren Neuheit, des Lichtes Gottes für die anderen sind. Ich wünsche noch einmal allen eine von der Gegenwart Gottes gesegnete Weihnachtszeit!

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Mit Freude grüße ich die deutschsprachigen Pilger und Besucher und danke den Allgäuer Bläsern für ihre wunderschöne Musik. Nehmen wir Christus, das Kind, in dem Gott Mensch geworden ist, immer wieder neu in uns selber, in unsere Herzen auf. Lassen wir ihn in uns leben, damit seine Gedanken unsere Gedanken, sein Handeln unser Handeln wird. Dann werden auch wir von seiner Freude und seinem Licht erfüllt sein. Euch allen wünsche ich ein gesegnetes und gutes neues Jahr.

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BENEDIKT XVI.: PREDIGT AM HOCHFEST DER ERSCHEINUNG DES HERRN – 2010

MESSE AM HOCHFEST DER ERSCHEINUNG DES HERRN

PREDIGT VON BENEDIKT XVI.

Petersdom
Dienstag, 6. Januar 2010

Bilder von der Feier

Liebe Brüder und Schwestern!

Heute, am Hochfest der Erscheinung des Herrn, umflutet das große, vom Stall von Betlehem ausstrahlende Licht durch die Sterndeuter aus dem Osten die gesamte Menschheit. Die erste Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja und das Evangelium nach Matthäus, das wir soeben gehört haben, stellen die Verheißung und deren Erfüllung in jener besonderen Spannung gegenüber, auf die man stößt, wenn man Abschnitte aus dem Alten und dem Neuen Testament der Reihe nach liest. So erscheint vor uns die wunderbare Vision des Propheten Jesaja, der nach den vom Volk Israel durch die Mächte dieser Welt erlittenen Demütigungen den Augenblick sieht, in dem das große Licht Gottes, das dem Anschein nach machtlos und unfähig ist, sein Volk zu schützen, über der ganzen Erde aufgehen wird, so daß die Könige der Völker ihm huldigen, von allen Grenzen der Erde kommen und ihre kostbarsten Schätze zu seinen Füßen niederlegen werden. Und das Herz des Volkes wird vor Freude beben.

Im Gegensatz zu dieser Vision erscheint jene, die uns der Evangelist Matthäus vorlegt, arm und schlicht: Es scheint uns unmöglich zu sein, in ihr die Erfüllung der Worte des Propheten Jesaja wiederzuerkennen. In der Tat kommen nach Betlehem keine Mächtigen und Herrscher der Erde, sondern Sterndeuter, unbekannte Personen, denen man vielleicht mit Mißtrauen begegnet, die aber ansonsten keine besondere Aufmerksamkeit verdienen. Die Einwohner Jerusalems haben Kenntnis vom Geschehenen, halten es jedoch nicht für nötig, sich dafür zu interessieren, und auch in Betlehem scheint es niemanden zu geben, der sich um die Geburt dieses Kindes – das die Sterndeuter König der Juden nennen – oder um diese Männer kümmert, die aus dem Osten gekommen sind, um es zu besuchen. Denn wenig später, als König Herodes zeigt, wer wirklich die Macht besitzt, indem er die Heilige Familie zur Flucht nach Ägypten zwingt und mit der Ermordung der unschuldigen Kinder einen Beweis für seine Grausamkeit gibt (vgl. Mt 2,13–18), scheint die Episode der Sterndeuter begraben und vergessen zu sein. Es ist daher verständlich, daß das Herz und die Seele der Gläubigen aller Jahrhunderte mehr von der Vision des Propheten als von der nüchternen Erzählung des Evangelisten angezogen wurden, wie dies auch die Darstellungen dieses Besuchs in unseren Krippen bezeugen, in denen Kamele, Dromedare und die mächtigen Könige dieser Welt auftreten, die vor dem Kind das Knie beugen und in kostbaren Schreinen ihre Gaben zu dessen Füßen niederlegen. Wir wollen also dem, was uns die beiden Texte mitteilen, unsere besondere Aufmerksamkeit widmen.

Was hat Jesaja mit seinem prophetischen Blick wirklich gesehen? In einem kurzen Augenblick wird er einer Wirklichkeit gewahr, die dazu bestimmt ist, die ganze Geschichte zu prägen. Doch auch das Ereignis, von dem uns Matthäus berichtet, ist keine kurze Episode, die vernachlässigt werden darf und ihren Abschluß in der eiligen Rückkehr der Sterndeuter in ihre Länder findet. Es ist vielmehr ein Anfang. Jene Männer, die aus dem Osten gekommen sind, sind nicht die letzten, sondern die ersten einer langen Prozession derer, die über alle Zeitalter der Geschichte hinweg die Botschaft des Sterns zu erkennen wissen, die es verstehen, auf den von der Heiligen Schrift gewiesenen Wegen voranzugehen und so den zu finden, der dem Anschein nach schwach und hinfällig ist, stattdessen jedoch über die Macht verfügt, dem Herzen des Menschen die größte und tiefste Freude zu schenken. Denn in ihm tritt die wunderbare Wirklichkeit zutage, daß Gott uns kennt und uns nahe ist, daß seine Größe und Macht nicht in der Logik der Welt zum Ausdruck kommen, sondern in der Logik eines hilflosen Kindes, dessen Kraft allein die der Liebe ist, die sich uns anvertraut. Auf dem Weg der Geschichte gibt es immer Menschen, die vom Licht des Sterns erleuchtet werden, die den Weg finden und zu ihm gelangen. Sie alle machen, ein jeder auf seine Weise, die Erfahrung der Sterndeuter.

Sie haben Gold, Weihrauch und Myrrhe mitgebracht. Freilich sind dies keine Gaben, die den Grundbedürfnissen des Alltags entsprechen. In jenem Moment hätte die Heilige Familie gewiß sehr viel mehr etwas anderes als Weihrauch und Myrrhe gebraucht, und auch das Gold konnte ihr nicht von unmittelbarem Nutzen sein. Diese Gaben aber haben eine tiefe Bedeutung: Sie sind ein Akt der Gerechtigkeit. Denn entsprechend der zu jener Zeit im Osten herrschenden Denkart bedeuten sie die Anerkennung eines Menschen als Gott und König: Sie sind daher ein Akt der Unterwerfung. Sie besagen, daß die Geber von diesem Augenblick an dem Herrscher gehören und dessen Autorität anerkennen. Die sich daraus ergebende Folge ist unmittelbar. Die Sterndeuter können ihren Weg nicht mehr fortsetzen, sie können nicht mehr zu Herodes zurückkehren, sie können nicht mehr Verbündete dieses mächtigen und grausamen Herrschers sein. Sie sind für immer auf den Weg des Kindes geführt worden, auf jenen Weg, der sie dazu führt, die Großen und Mächtigen dieser Welt zu vernachlässigen und sie zu dem bringen wird, der uns unter den Armen erwartet, auf den Weg der Liebe, die allein die Welt verwandeln kann.

Nicht nur die Sterndeuter haben sich also auf den Weg gemacht, sondern durch ihr Handeln hat etwas Neues seinen Anfang genommen, es ist ein neuer Weg abgesteckt worden, es ist auf die Welt ein neues Licht herabgekommen, das nicht verloschen ist. Die Vision des Propheten wird Wirklichkeit: Jenes Licht kann nicht mehr von der Welt ignoriert werden. Die Menschen werden sich zu diesem Kind hin bewegen und von der Freude erleuchtet werden, die er allein schenken kann. Das Licht von Betlehem erstrahlt weiter in der ganzen Welt. Denen, die es aufgenommen haben, ruft der hl. Augustinus in Erinnerung: »Da wir Christus, unseren König und Priester, der für uns gestorben ist, erkannt haben, haben auch wir ihn geehrt, als hätten wir Gold, Weihrauch und Myrrhe dargebracht; es fehlt uns allein, ihn zu bezeugen, indem wir einen anderen Weg einschlagen als den, auf dem wir gekommen sind« (Sermo 202. In Epiphania Domini, 3,4).

Wenn wir also die Verheißung des Propheten Jesaja und ihre Erfüllung im Matthäusevangelium zusammen im großen Kontext der Geschichte lesen, so scheint es offenkundig, daß das, was uns gesagt wird und was wir in der Krippe nachzustellen versuchen, weder ein Traum noch ein leeres Spiel kraft- und wirklichkeitsloser Eindrücke und Gefühle ist, sondern die Wahrheit, die in die Welt ausstrahlt, auch wenn es den Anschein hat, daß Herodes immer stärker ist und jenes Kind unter die Bedeutungslosen zurückgetrieben, ja sogar mit Füßen getreten werden kann. Aber nur in diesem Kind offenbart sich die Kraft Gottes, der die Menschen aller Jahrhunderte um sich schart, auf daß sie unter seiner Herrschaft den Weg der Liebe gehen, welche die Welt verklärt. Auch wenn aus den Wenigen Betlehems viele geworden sind, scheinen diejenigen, die an Jesus Christus glauben, dennoch immer wenige zu sein. Viele haben den Stern gesehen, aber nur wenige haben dessen Botschaft verstanden. Die Schriftgelehrten der Zeit Jesu kannten das Wort Gottes ganz genau. Sie waren imstande, ohne die geringste Schwierigkeit zu sagen, was in der Schrift zu dem Ort zu finden war, an dem der Messias geboren werden sollte, wozu der hl. Augustinus anmerkt: »Ihnen ist geschehen wie den Meilensteinen (die den Weg angeben): Während sie den Wanderern unterwegs ihre Weisungen gegeben haben, sind sie träge und unbeweglich geblieben« (Sermo 199. In Epiphania Domini, 1,2).

So dürfen wir uns fragen: Worin besteht der Grund dafür, daß einige sehen und finden, andere hingegen nicht? Was öffnet die Augen und das Herz? Was fehlt denen, die gleichgültig bleiben, was fehlt jenen, die den Weg weisen, sich aber nicht in Bewegung setzen? Wir können antworten: Die zu große Selbstsicherheit, der Anspruch, die Wirklichkeit vollkommen zu erkennen, die überhebliche Annahme, bereits zu einem endgültigen Urteil über die Dinge gekommen zu sein, verschließen ihre Herzen gegenüber der Neuheit Gottes und machen sie unempfänglich für sie. Sie sind sich der Vorstellung sicher, die sie sich von der Welt gemacht haben, und lassen sich nicht mehr im Innersten von dem Abenteuer eines Gottes erschüttern, der ihnen begegnen will. Sie setzen ihr Vertrauen mehr in sich selbst als in ihn und halten es für unmöglich, daß Gott so groß ist, daß er klein werden kann, um sich uns wirklich zu nähern.

Am Ende ist das, was fehlt, die echte Demut, die es versteht, sich dem zu unterwerfen, was größer ist, aber auch der echte Mut, der zum Glauben an das führt, was wirklich groß ist, auch wenn es sich in einem hilflosen Kind offenbart. Es fehlt die dem Evangelium gemäße Fähigkeit, im Herzen Kind zu sein, zu staunen und aus sich herauszugehen, um sich auf den Weg zu begeben, den der Stern weist, den Weg Gottes. Der Herr jedoch hat die Macht, uns sehen zu lassen und zu retten. Wir wollen ihn also bitten, uns ein weises und unschuldiges Herz zu geben, das es uns gestattet, den Stern seiner Barmherzigkeit zu sehen, uns auf seinen Weg zu begeben, um ihn zu finden und vom großen Licht und von der wahren Freude umflutet zu sein, die er in diese Welt gebracht hat. Amen!

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Quelle

Der Weg in die Fremde verändert mein Leben

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Bischof Stefan Oster SDB

Predigt am Hochfest Erscheinung des Herrn im Dom zu Passau

 

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

in den letzten Jahren gibt es immer mehr junge Menschen, die meist nach dem Schulabschluss ein soziales Jahr oder ein so genanntes Volontariat im Ausland machen. Auch meine Ordensgemeinschaft, die Salesianer Don Boscos, bieten solche Möglichkeiten in den vielen Projekten, die der Orden weltweit unterhält. Und die erstaunliche Erfahrung ist oftmals diese: Wenn es den jungen Leuten gelingt, sich wirklich auf Land und Leute und auf die jeweilige Arbeit offen einzulassen, dann kommen sie meistens erstaunlich verändert zurück, reifer, erfahrener, mit einem klareren Blick auf die Welt und auf sich selbst. Häufig durfte ich erleben, dass so ein Jahr mehr an innerer Veränderung bewirkt als viele Jahre davor und danach. Warum ist das so?

IN DER VERTRAUTEN WELT BIN ICH WENIGER MIT MIR SELBST KONFRONTIERT

Nun, jeder von uns ist einigermaßen vertraut mit der Welt in der er hier lebt. Er gibt sich sprechend und handelnd in diese Welt hinein. Und die vertraute Welt und die anderen Menschen antworten. Man bekommt in der Regel Reaktionen zurück, die man erwartet, die man kennt und erlernt hat. In der vertrauten Umgebung sind Sie deshalb auch mit sich selbst vertraut. Die anderen Menschen, die Umwelt reagiert auf Ihr Handeln in einer erwartbaren Weise, die Sie oft schon kennen oder vorausahnen. Das heißt, Sie werden in einer vertrauten Welt meist sehr viel weniger mit sich selbst konfrontiert. Sie lernen dann oft auch weniger über sich selbst.

DIE FREMDE WELT BRINGT AUCH IN MIR NEUES, MANCHMAL FREMDES HERVOR

Aber in einer fremden Welt, mit fremden Menschen, fremden Sitten und Gebräuchen, fremder Sprache, da kommen auf Ihr Dasein und Sprechen und Handeln andere Reaktionen zurück, solche, die Sie nicht erwarten. Solche, die Sie nicht antizipieren können. Das bedeutet, Sie lernen in einer fremden Welt auch sich selbst und Ihre Reaktionen und Ihr Vermögen, damit umzugehen, noch einmal ganz neu kennen. Und damit lernen Sie oft neu und tiefer etwas über sich selbst. Sie sind freilich auch verletzbarer, schutzloser, weniger kontrolliert. Das heißt, das Hinausgehen in die Fremde ist auch ein Risiko: Wer weiß, was Ihnen da alles widerfährt, was Sie nicht absehen können? Aber wenn Sie trotzdem einigermaßen offen bleiben, werden Sie sich selbst ganz neu entdecken, neue Seiten an sich, neue Eigenschaften, auch neue Verletzbarkeiten, neue Höhen und Tiefen.

ES GIBT AUCH RISIKOMINIMIERER

Freilich, es gibt auch die Risikominimierer. Menschen, die zum Beispiel auf Reisen gehen, und trotzdem nur dorthin gehen, wo sie das Vertraute treffen können, also in gewisser Weise verlässlich auch nur sich selbst. Sie gehen dann auch im Ausland zum Beispiel nur dorthin, wo sie ein Wiener Schnitzel und ein Bayerisches Weißbier bekommen, oder wo es auch ein McDonalds gibt, oder sie umgeben sich wieder nur mit Landsleuten und ähnliches. Solche Menschen werden dann auch beim Gehen in die Fremde kaum wachsen und reifen. Sie bleiben innerlich irgendwie stehen. Es gibt ein Wort des berühmten Philosophen Hegel, das das Phänomen erklären kann. Hegel sagt: Fortgang ist Rückgang in den eigenen Grund. Was bedeutet das? Es bedeutet: Die Begegnung mit der Fremde oder dem Fremden zeigt auch, dass es tiefer in mir Seiten gibt, Potentiale, die mir auch noch fremd sind, die ich aber entdecken kann, weil sie zu mir gehören, an denen ich wachsen kann.

KANN ICH DURCH DIE BEGEGNUNG MIT DEM ANDEREN GANZ NEU WERDEN?

Und wenn das richtig ist, ist die Frage, die sich mir stellt: Kann es eine Begegnung mit dem Fremden geben, ein Hinausgehen, das mir so tief geht, so nahe geht, dass ich wirklich neu werde? So, dass Reifung und Veränderung nicht nur die eine oder andere neue Eigenschaft hervorbringt, sondern so, dass ich spüre, der Grund meines Seins hat sich verändert, der Sinn meines Daseins ist neu geworden. Ich bin vielleicht äußerlich derselbe, aber nun gehe ich innerlich einen anderen Weg, mein Leben hat einen anderen, tieferen Sinn bekommen. Ich bin wie neu geboren?

DIE ERFAHRUNG DER STERNDEUTER

Liebe Schwestern, liebe Brüder, als Antwort auf diese Frage kann man nun die Geschichte der drei Sterndeuter lesen, die uns heute die Liturgie schenkt. Da sind gelehrte, weise Männer, die offensichtlich in der Lage sind, die Zeichen der Natur zu lesen, die Sterne zu lesen. Und sie sind auf der Suche nach dem Sinn, dem Sinn des Ganzen. Sie sehen ein neues, gewaltiges Naturphänomen am Himmel und sie kennen womöglich die heiligen Bücher des jüdischen Volkes, in denen ein neuer König verheißen wird, auf dem Thron Davids. Und sie halten es für möglich, dass sie in ihm einen finden, der der Welt Frieden schenkt und Heil und sie bringen den Stern mit dieser Verheißung in Verbindung. Sie ziehen los, gehen nach Jerusalem und gehen zunächst dort in eine immer noch vertraute Vorstellung hinein: Wenn ein König geboren wird, dann geht man zuerst in den Königspalast, dort wo es Macht gibt und Pracht. Sie gehen also zu Herodes, aber sie spüren mit ihrem offenen Herzen: Das kann es wohl nicht sein. Sie erfahren freilich von den Schriftgelehrten des Herodes den Namen Betlehem und sehen plötzlich den Stern wieder. Sie folgen dem äußeren Stern, der aber tief mit dem Leuchten und Brennen ihrer inneren Sehnsucht korrespondiert. Und tatsächlich: der Stern führt sie nach Betlehem zu Maria, zu Josef und ihrem Kind. Und wenn sie vorher im Königspalast einen korrupten, machtgierigen und mörderischen König getroffen haben, so entdecken sie jetzt in diesem armen Stall, in dieser erbärmlichen Umgebung ein Königtum, das sie nie erwartet hatten. Mitten in der Armut dieser Menschen leuchtet ihnen ein ungeahnter, unfasslicher Reichtum auf: Sie spüren königliche Seelen, menschliche Klarheit und Schönheit, Demut und Liebe, wie sie es nie zuvor gekannt haben. Und sie spüren, dass das Kind der Stern ist, den sie gesucht haben. Der Sinn für ihr Leben, die Richtung für ihr Leben, die Tiefe geht ihnen auf in einem Baby, vor dem sie anbetend niederfallen. In diesem königlichen Kind erfüllt sich jetzt schon die uralte Verheißung der Schriften, dass alle Völker in Israel werden einen König finden können. Einen, der für die ganze Menschheitsfamilie Sinn bringt, einen Stern, der die Richtung nach Hause weist, einen Frieden, der nicht von Menschen gemacht ist.

SIE ZOGEN AUF EINEM ANDEREN WEG ZURÜCK

Und am Ende der heutigen Erzählung heißt es schließlich: Sie zogen auf einem anderen Weg heim in ihr Land. Sie gehen nicht zurück zu Herodes, sie suchen nicht mehr Macht und Reichtum. Sie gehen einen anderen Weg und sie sind auch anders geworden.

ES IST DIE GESCHICHTE VON UNS ALLEN

Liebe Schwestern, liebe Brüder, hier in dieser Erzählung kommen wir alle vor. Die allermeisten von uns entstammen nicht dem jüdischen Volk, wie die Sterndeuter auch nicht. Auch wir kommen von überall her, wir sind ursprünglich Heiden. Und wir sind bildlich gesprochen alle zur Krippe hingezogen. Und wir sind von dort als Getaufte wieder weg gezogen. Und jetzt geht es um die Frage: Wenn wir jedes Jahr Weihnachten feiern, geht uns dann noch etwas auf von dem Geheimnis unserer Taufe auf den Namen des Kindes? Gehen wir von der Krippe als neue, als weihnachtliche Menschen wieder weg, einen anderen Weg als wir gekommen sind? Geht uns noch manchmal auf, dass das Kind in der Krippe eigentlich ein Kind ist, das uns aus dem Vertrauten ziemlich radikal weg führt? Ahnen wir, dass das Kind uns aus der Behaglichkeit dieses Festes in eine Fremde führt, die auch ganz anders ist als das, was wir durchschnittlich vom Leben erwarten? Denn das Kind steht nicht für die beständige Suche nach Anerkennung, nach Lusterfüllung, nach Sicherheit, nach Macht und materiellem Wohlstand. Das Kind sagt uns vielmehr: In alledem, was Dir hier in Deinem Wohlstandsland so vertraut ist, was Du so selbstverständlich genießt, in alledem liegt nicht Dein Heil. Das Kind wird uns später in seinem Leben eine Bergpredigt halten, in der zuallererst die glücklich gepriesen werden, die arm sind vor Gott, die die lieben und Mitleid haben, die friedfertig und reinen Herzens sind, sogar die, die um des Kindes willen verfolgt werden.

JESUS IST DER GANZ NAHE – UND DOCH AUCH DER GANZ ANDERE

Erkennen wir also noch, Schwestern und Brüder, dass der Weg zu Jesus auch ein Weg in die Fremde ist? So sehr, dass dieser Weg, diese Begegnung uns dann auch tatsächlich tiefer in den eigenen Grund zurück führen kann, so sehr, dass wir spüren können: Wenn wir bei Ihm wirklich ankommen, wenn wir uns vom Geheimnis von Weihnachten wirklich berühren lassen, wenn wir das Geheimnis unserer Taufe auf den Namen Jesu wirklich anfangen zu leben, dann kehren wir auf einem anderen Weg nach Hause zurück. Denn dann wird er selbst für uns der Weg, der Weg, die Wahrheit und das Leben – und er wird selbst der, der uns heimführt zum Vater.

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus ist der Stern – und je weiter wir zu Ihm in den Stall hinausgehen, in diese fremde, armselige und doch so reiche Gegenwart, desto tiefer finden wir in den eigenen Grund zurück. Dorthin, wo der tiefste Sinn unseres Lebens aufleuchtet. Und so bitten wir den Herrn: Möge die Gnade, die von diesem weihnachtlichen Geheimnis ausgeht, immer wieder unser Herz öffnen und uns über das bloß Vertraute hinausführen. Mögen wir berührt werden davon, dass hier ein verborgener Stern am Grund unserer Seele aufleuchtet, in dem nichts weniger enthalten ist als der Sinn der Welt und der Sinn meines und Deines Lebens. Amen.

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Quelle

Epiphanie: Das zweite Weihnachten

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Anbetung des Kindes durch die Weisen: Epiphanie – RV

Am Tag der Epiphanie wird verschiedener Ereignisse im Leben Jesu gedacht, die ihn „epiphan“, also offenbar haben werden lassen: der Besuch der Weisen aus dem Osten und Erscheinung des Herrn, so die wörtliche Übersetzung des griechischen Wortes „Epipháneia“.Während an Weihnachten die Menschwerdung des Gottessohnes zu Bethlehem gefeiert wird, so ist Epiphanie das Sichtbar-Werden desselben für die Welt. Doch können diese beiden Feste nicht getrennt voneinander gesehen werden. Immerhin ist Epiphanie auch das Fest, an dem die orthodoxen Kirchen den Heiligabend feiern. Weil auch in der Westkirche an diesem Tag liturgisch noch immer die Heilige Nacht gefeiert wird, ist es eigentlich noch ein zweites Mal das Weihnachtsfest.

Doch dieses „zweite Weihnachtsfest“ will sagen: Nicht nur Gott ist zu den Menschen gekommen, sondern durch seine Tat sind die Menschen selbst in Bewegung geraten und gehen zu dem, der zu ihnen gekommen ist. Auf diese Bedeutung weist der volkstümliche Name des Fests, „Dreikönig“, hin: Die Sterndeuter aus dem Morgenland suchten sich durch alle Gefahren hindurch den Weg zum Kind.

Vom 3. Jahrhundert an wurde von der Dreizahl ihrer Gaben (Weihrauch, Myrrhe und Gold) auf drei Weise geschlossen, denen vom 6. Jahrhundert an Namen beigelegt wurden. Gleichzeitig wurden sie aufgrund alttestamentlicher Weissagung zu Königen gemacht. Der Legende zufolge, die ins 12. Jahrhundert zu datieren ist, sollen ihre Gebeine durch die Heilige Helena nach Konstantinopel gebracht worden sein. Von dort kamen sie nach Mailand. Später wurden sie nach Köln übertragen, wo sie im berühmten Dreikönigsschrein beigesetzt wurden.

Das Fest fordert dazu auf, sich dem unbegreiflichen Geheimnis der Liebe Gottes zu nähern, vor ihm auf die Knie zu fallen und anzubeten. Es lädt dazu ein, sich die eigene Sendung und die Verantwortung gegenüber der Welt noch mehr bewusst zu machen.

 

(rv 05.01.2017 jg)

Papstpredigt zum Fest der Erscheinung des Herrn

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Papstmesse zum Hochfest der Erscheinung des Herrn

Predigt von Papst Franziskus während der Messe
zum Hochfest der Erscheinung des Herrn,
6. 1. 2016, im Petersdom.

Die Worte des Propheten Jesaja – an die heilige Stadt Jerusalem gerichtet – rufen uns auf, hinauszugehen, hinauszugehen aus unserer Verschlossenheit, hinauszugehen aus uns selbst, und den Glanz des Lichtes anzuerkennen, das unser Dasein erleuchtet: „Auf, werde licht, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir“ (Jes 60,1). „Dein Licht“ ist die Herrlichkeit des Herrn. Die Kirche darf sich nicht einbilden, von eigenem Licht zu leuchten. Das kann sie nicht. Daran erinnert der heilige Ambrosius mit einem schönen Ausdruck, wenn er den Mond als Metapher für die Kirche gebraucht: „Mit Recht gleicht die Kirche dem Mond: […] sie leuchtet nicht im eigenen, sondern im Licht Christi und entlehnt ihren Glanz von der Sonne der Gerechtigkeit, so dass sie sagen kann: ‚Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir‘ “ (Hexameron IV,8,32). Christus ist das wahre Licht, das erleuchtet; in dem Maß, in dem die Kirche in Christus verankert bleibt, in dem Maß, in dem sie sich von ihm erleuchten lässt, kann sie das Leben der Menschen und der Völker hell machen. Deshalb sahen die heiligen Väter in der Kirche das mysterium lunae.

Wir brauchen dieses Licht aus der Höhe, um der Berufung, die wir erhalten haben, konsequent zu entsprechen. Das Evangelium Christi zu verkünden ist nicht eine Entscheidung unter den vielen anderen, die wir treffen können, und es ist auch kein Beruf. Für die Kirche heißt missionarisch zu sein nicht, Proselytismus zu betreiben; für die Kirche bedeutet missionarisch zu sein, ihr eigenes Wesen zum Ausdruck zu bringen: von Gott erleuchtet werden und sein Licht zurückstrahlen. Es gibt keinen anderen Weg. Die Mission ist ihre Berufung. Wie viele Menschen erwarten von uns diesen missionarischen Einsatz, denn sie brauchen Christus, sie müssen das Antlitz des Vaters kennen lernen. Das ist der Dienst, einen anderen Weg gibt es nicht, die Verkündigung ist sein Auftrag, sein Licht wiederzugeben. Wie viele Menschen hängen von unserem missionarischen Einsatz ab, weil sie Christus so nötig haben, weil sie das Antlitz Gottes so nötig haben.

Die Sterndeuter, von denen im Matthäusevangelium die Rede ist, sind das lebendige Zeugnis dafür, dass die Samen der Wahrheit überall vorhanden sind, denn sie sind Gaben des Schöpfers, der alle ruft, ihn als guten und treuen Vater zu erkennen. Die Sterndeuter stehen für die Menschen in allen Teilen der Erden, die im Haus des Vaters aufgenommen werden. Bei Jesus gibt es keine Trennung mehr aufgrund der Nation, der Sprache und der Kultur: In diesem Kind findet die ganze Menschheit ihre Einheit. Und die Kirche hat die Aufgabe, den Wunsch nach Gott, den jeder in sich trägt, zu erkennen und deutlicher hervortreten zu lassen. Das ist der Dienst der Kirche, mit dem Licht Gottes diesen Wunsch hervortreten zu lassen, den jeder in sich trägt. Wie die Sterndeuter leben auch in unseren Tagen viele Menschen mit einem „unruhigen Herzen“, das weiter fragt, ohne sichere Antworten zu finden. Auch sie sind auf der Suche nach dem Stern, der ihnen den Weg nach Bethlehem zeigt.

Wie viele Sterne stehen am Himmel! Dennoch sind die Sterndeuter einem anderen, neuen Stern gefolgt, der für sie viel stärker leuchtete. Lange hatten sie das Buch des Himmels erforscht, um eine Antwort auf ihre Fragen zu finden, sie hatten ein unruhiges Herz und schließlich ist ihnen das Licht erschienen. Dieser Stern hat sie verändert. Er ließ sie die täglichen Belange vergessen, und sie brachen sofort auf. Sie schenkten einer Stimme Gehör, die sie in ihrem Inneren dazu antrieb, jenem Licht zu folgen, die Stimme des Heiligen Geistes, der in allen Menschen wirkt; und es führte sie, bis sie den König der Juden in einem ärmlichen Haus in Bethlehem fanden.

Das alles ist eine Lehre für uns. Es tut uns heute gut, die Frage der Sterndeuter zu wiederholen: „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen“ (Mt 2,2). Wir werden angeregt, vor allem in einer Zeit wie der unsrigen, uns auf die Suche der Zeichen zu begeben, die Gott anbietet, im Wissen, dass sie unseren Einsatz verlangen, um sie zu deuten und so Gottes Willen zu verstehen. Wir sind aufgefordert, nach Bethlehem zu gehen und das Kind und seine Mutter zu finden. Folgen wir dem Licht, das Gott uns anbietet! Ein kleines Licht, wie die Texte des Breviergebetes uns heute sagen.

Das Licht, das vom Gesicht Christi voll Barmherzigkeit und Treue ausgeht. Und wenn wir einmal zu ihm gelangt sind, beten wir ihn mit ganzem Herzen an und bringen wir ihm unsere Gaben dar: unsere Freiheit, unseren Verstand, unsere Liebe. Erkennen wir, dass die echte Weisheit sich im Antlitz dieses Kindes verbirgt. Hier, in der Einfachheit von Bethlehem, findet das Leben der Kirche seine Zusammenfassung. Hier ist die Quelle jenes Lichtes, das jeden Menschen an sich zieht und den Weg der Völker auf den Pfad des Friedens lenkt.

(rv 06.01.2016 cz)