Warum die Erdbestattung wünschenswert ist – Argumente aus christlicher Sicht

Felizitas Küble 

Warum die Erdbestattung wünschenswert ist – Argumente aus christlicher Sicht 

Zunächst eine erfreuliche Nachricht: Die Friedhofskultur in Deutschland, die sich in Jahrhunderten herausgebildet und dabei Glaube, Volksfrömmigkeit und Brauchtum vereinigt hat, wurde im März 2020 auf UNESCO-Empfehlung in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland aufgenommen. Damit wurde zugleich die Schutzwürdigkeit unserer Friedhofskultur staatlich anerkannt.  

Besonders gewürdigt wurde dabei, dass Gräber oft gleichsam in Parklandschaften eingebettet und wie „Gärten der Erinnerung“ gestaltet sind. Aber auch Trauer-Rituale gehören zur Friedhofskultur, darunter das Liedgut bei Beerdigungen, Nachrufe, Todesanzeigen, Gedenkzettel und dergl.

Seit christlichen Urzeiten gehören das Bewusstsein des Todes und die „ars moriendi“, die Kunst des Sterbens wie selbstverständlich zum Glaubensgut einer Kultur, die das Leben vom Tod umfangen und zugleich den Tod vom Leben durchdrungen sah – im Hinblick auf das ewige Leben. Diese klare, nüchterne und doch zugleich tröstliche Sichtweise verblasst immer mehr, weil der Glaube als Fundament dieser Jenseitshoffnung verdunstet.

Daran hat auch die Coronakrise nichts verändert, eher umgekehrt. Denn ohne Gottvertrauen wirft sie den Menschen noch stärker auf sich selbst und sein verdrängtes Todesproblem zurück. Zu Recht erklärte daher der frühere Bundespräsident Joachim Gauck in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ vom 20. Dezember 2020 auf Seite 28: „Die Menschen der Moderne stehen auf Kriegsfuß mit der Endlichkeit.“

Der Tod passe nicht zum derzeitigen Weltbild, „zumal in einer Zeit, in der religiöse Sicherheiten verloren gehen.“ Immer noch klammere man sich an  Machbarkeitsutopien: „Krankheit und Tod passen nicht zum Verständnis vom ewigen Gelingen.“ – In der Mitte des vorigen Jahrhunderts hätten „mehr Menschen Trost im religiösen Angebot gesucht“. 

Inzwischen seien viele „stolz“ darauf, dass sie dieser „religiösen Bindung nicht mehr bedürfen“. Aus dieser Haltung sei aber „nicht mehr Lebensfreude entstanden“: „Eher ein hektisches Suchen nach dem schnellen Glück: „Der Zugewinn, von der Religion befreit zu werden, ist nicht so recht erkennbar.“

Mit einer gepflegten Friedhofskultur allein ist es also nicht getan, UNESCO-Auszeichnung hin oder her. Abgesehen davon, dass auch hier die Fassade zu bröckeln beginnt, vor allem in größeren Städten. Dies hat vielschichtige Gründe, darunter auch die zunehmenden Feuerbestattungen. 

Ebenfalls in der „Welt am Sonntag“ lesen wir in der Ausgabe vom 24. Januar 2021 auf S. 6: „75% der Menschen lassen sich inzwischen einäschern, im Osten sind es sogar teilweise über 90%.“

Zwischen Friedhofskultur und Erdbestattung besteht durchaus ein Zusammenhang. Allerdings geht es aus christlicher Sicht weniger um ästhetische oder künstlerische Gesichtspunkte, sondern um ein grundsätzliches theologisches Anliegen.

Am 25. Oktober 2016 veröffentlichte der Vatikan die Instruktion der Glaubenskongregation „Ad resurgendum cum Christo“ über die Beerdigung der Verstorbenen und die Aufbewahrung der Asche im Fall der Feuerbestattung.  

Die römische Anweisung wurde am 15. August 2016 von Kurienkardinal Gerhard L. Müller unterzeichnet. Der damalige Präfekt der Glaubenskongregation wählte für diese Instruktion, welche die Erdbestattung mit Nachdruck empfiehlt, sicher nicht ohne tieferen Sinn als Datum das Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel mit Leib und Seele. 

Geht es doch hier wie da  –  beim Assumpta-Dogma ebenso wie bei der Bevorzugung der Erdbestattung  –   um die Hochschätzung des menschlichen Leibes über den Tod hinaus. 

Eingangs verweist das vatikanische Dokument auf die frühere Instruktion „Piam et constantem“ vom 5. Juli 1963. Darin findet sich der Aufruf, dass „die Gewohnheit, den Leichnam der verstorbenen Gläubigen zu beerdigen, heilig gehalten werde“. Die Feuerbestattung wurde zugleich erstmalig unter bestimmten Bedingungen erlaubt, sofern sie nämlich nicht „aus Ablehnung der christlichen Dogmen, aus sektiererischer Gesinnung oder aus Hass gegen die katholische Religion und Kirche“ praktiziert werde. Zuvor war folgender Passus des Kirchenrechts gültig: „Einem Gläubigen, der die Verbrennung seines Leichnams anordnet, wird das kirchliche Begräbnis zur Strafe entzogen.“ 

Der Anlass für die Instruktion ist wohl vor allem die Tatsache, dass sich – so heißt es dort eingangs – „die Feuerbestattung in nicht wenigen Ländern stark ausgebreitet“ habe. Auch in Deutschland steigt die Einäscherung kontinuierlich an. Waren es in Westdeutschland vor der Wiedervereinigung lediglich 7,5% aller Verstorbenen, die verbrannt wurden, so stieg dieser Anteil bereits 1999 auf 31,8% mit weiter wachsender Tendenz nach oben. In den neuen Bundesländern werden seit langem 70 – 75% der Toten eingeäschert, inzwischen ist dies bundesdeutscher Durchschnitt geworden. Auch auf kirchlichen Friedhöfen fällt die wachsende Anzahl der Urnen-gräber und Kolumbarien auf. 

Die Instruktion der Glaubenskongregation sieht diese Entwicklung mit Besorgnis – und begründet ihren Warnruf damit, dass sie die „lehrmäßigen und pastoralen Gründe“ darlegen wolle, welche „für die Bevorzugung der Beerdigung“ sprechen. Zugleich gehe es darum, so Kardinal Müller weiter, „Normen für die Aufbewahrung der Asche im Fall der Feuerbestattung zu erlassen“. 

Nach einigen grundsätzlichen Ausführungen über Tod und Auferstehung Christi sowie die Bedeutung der Taufe heißt es weiter: „Durch den Tod wird die Seele vom Leib getrennt; in der Auferstehung aber wird Gott unserem verwandelten Leib das unvergängliche Leben geben, indem er ihn wieder mit unserer Seele vereint.“ 

Warum dem Leib auch nach dem Tod Hochachtung gebührt 

Auf dieser Grundlage schärft die Instruktion ein („empfiehlt die Kirche nachdrücklich“), den Leichnam des Verstorbenen „gemäß ältester christlicher Tradition auf dem Friedhof oder an einem anderen heiligen Ort zu beerdigen“. Die Kirche senke „voll Hoffnung auf die Auferstehung in Herrlichkeit“ die „sterblichen Überreste“ der Gläubigen in die Erde. Der „Glaube an die Auferstehung des Fleisches“ solle auch auf diese Weise „bekräftigt“ werden. 

Zugleich wolle die Kirche dadurch „die hohe Würde des menschlichen Leibes“ ins Licht stellen, dem „Ehrfurcht und Achtung“ gebühre, denn durch die Taufe sei der menschliche Körper „Tempel des Heiligen Geistes geworden“. 

Außerdem fördert die traditionelle christliche Erdbestattung, so heißt es weiter, „das Andenken und das Gebet für die Verstorbenen durch die Angehörigen und die ganze christliche Gemeinschaft, wie auch die Verehrung der Märtyrer und der Heiligen.“ 

Eben deshalb könne die Kirche dann keine Feuerbestattung erlauben, wenn derselben eine irrige Motivation zugrunde liege: 

„Sie kann deshalb nicht Haltungen oder Riten erlauben, die falsche Auffassungen über den Tod beinhalten, etwa wenn er als endgültige Vernichtung der Person, als Moment ihrer Verschmelzung mit der Mutter Natur oder dem Universum, als Etappe im Prozess der Reinkarnation oder als endgültige Befreiung aus dem „Gefängnis“ des Leibes verstanden wird.“ 

Freilich berührt die Einäscherung des Leichnams nicht die menschliche Seele, wie die Instruktion klarstellt  –   und sie „hindert die Allmacht Gottes nicht daran, den Leib aufzuerwecken“.  –  Gleichwohl gilt: „Die Kirche bevorzugt weiterhin die Beerdigung des Leichnams, die eine größere Wertschätzung für die Verstorbenen zeigt.“ 

Da es in den letzten Jahrzehnten verstärkt zu befremdlichen Bestattungs-Praktiken gekommen ist, erklärt die Instruktion, dass „die Aufbewahrung der Asche im Wohnraum nicht gestattet“ ist  – davon kann nur bei „schwerwiegenden Umständen“ abgesehen werden, die im Einvernehmen mit dem Ortbischof zu klären sind. 

Zudem wird auch die See- oder Luftbestattung untersagt:  

„Um jegliche Zweideutigkeit pantheistischer, naturalistischer oder nihilistischer Färbung zu vermeiden, ist es nicht gestattet, die Asche in der Luft, auf dem Land oder im Wasser oder auf andere Weise auszustreuen oder sie in Erinnerungsgegenständen, Schmuckstücken oder anderen Objekten aufzubewahren.“ 

Fest steht jedenfalls, so heißt es abschließend: „Falls sich der Verstorbene offenkundig aus Gründen, die der christlichen  Glaubenslehre widersprechen, für die Feuerbestattung und das Ausstreuen der Asche in der Natur entschieden hat, ist das kirchliche Begräbnis nach Maßgabe des Rechts zu verweigern.“ 

„Staub bist Du und zum Staub kehrst Du zurück“ 

Bisweilen hört man auch in katholischen Kreisen den Einwand, die Bibel selbst   – aber auch die Aschermittwochsliturgie  – spreche davon, dass der Mensch „Staub“ sei und dass er „zum Staub zurückkehrt“.  – Sicherlich trifft dies zu, doch der wesentliche Unterschied besteht darin, dass der Leichnam  –  in der Erde vergraben –  durch den natürlichen Lauf der Dinge „zu Staub wird“, im Fall der Leichenverbrennung aber aktiv eingegriffen und der menschliche Körper absichtlich vernichtet wird. Hier geschieht das „zu Staub werden“ willkürlich durch des Menschen eigene Hand.

Häufig wird dies „befeuert“ durch Gründe der Kostenersparnis. Nicht allein die Leichenverbrennung als solche ist preiswerter als die traditionelle Beerdigung, auch die Grabpflege gestaltet sich einfacher, falls die Asche sich überhaupt in einem Urnengrab befindet und nicht in einem Kolumbarium an einer Friedhofswand, was den „Aufwand“ weiter verringert. Überdies ist auch eine anonyme Einäscherung möglich. Dabei wird die Urne in einem Massengrab beigesetzt, so dass keine Grabpflegekosten entstehen. Es gibt auf manchen kommunalen Friedhöfen sogar „Streufelder“, in denen sich die Asche mehrerer Toten befindet.

Allerdings ist das finanzielle Argument und der Pflegeaufwand heutzutage nicht unbedingt so bedeutsam, wie es auf den ersten Blick scheint. Auf vielen Friedhöfen  – vor allem in Großstädten  – gibt es im Rahmen der Erdbestattung sogenannte Rasengräber (meist mit einem kleinen Gedenkstein versehen), die keine individuelle Pflege erfordern, sondern von der Friedhofsverwaltung betreut werden. Zudem existieren Reihengräber, bei denen die Angehörigen selber entscheiden können, ob sie die Grabpflege übernehmen oder ob es sich zu einem Rasengrab „entwickelt“. 

Solche Regelungen sind natürlich nicht optimal, gerade vom Gedanken der Friedhofskultur her betrachtet. Doch für Menschen, die keine Einäscherung wünschen, aber zugleich keine Angehörigen haben (oder diese weit entfernt wohnen), mag dies immerhin eine Notlösung sein. Denkbar wäre auch ein Beerdigungsvertrag zu Lebzeiten, worin für die Grabpflege ein Gärtner bzw. die Friedhofsverwaltung beauftragt wird, was aber finanziert sein will. 

Grundsätzlich lässt sich sagen: In einer Wegwerf-Gesellschaft (die ungeborene Kinder bereits millionenfach „entsorgt“ hat) verschwindet zunehmend auch der Respekt vor dem Leichnam der  Verstorbenen. So wie es eine christlich-humane „Kultur des Lebens“ gibt, die das menschliche Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod schützt und damit Abtreibung und Euthanasie verbietet, so gibt es auch eine „Kultur des Todes“, die den menschlichen Leib bewusst hochschätzt, zumal er einst zur Auferstehung berufen ist. 

Was ist uns die christliche Trauerkultur wert? 

Hier stellt sich die jedoch die prinzipielle Frage: Was sind uns die Verstorbenen „wert“? Sind sie uns zwar noch „lieb“, dürfen aber auf keinen Fall „teuer“ werden? 

Welche Bedeutung hat hier eine wirklich christliche und humane Trauerkultur? Ist der Grundsatz vergessen, dass die Würde des menschlichen Leibes den Tod überlebt? 

Im Judentum (und übrigens auch im Islam) ist die Leichenverbrennung nach wie vor strikt untersagt. Das Alte Testament kennt durchgehend eine strenge Pflicht zur Erdbestattung (vgl. 5 Mo 21,23) und betrachtet es als große Tugend, die Verstorbenen zu begraben (vgl. hierzu das Buch Tobit). Die Verbrennung eines Leichnams wurde im Alten Bund als drastische Verschärfung der Todesstrafe angesehen und kam nur selten zur Anwendung (Gen 28,24; Jos 7,15).  –  Auch das Neue Testament geht von der Selbstverständlichkeit der Erdbestattung aus. Beim Begräbnis Christi betont der Evangelist Johannes, dass es nach jüdischer Sitte ablief (Joh 19,39 f). 

Die jüdisch-christliche Erdbestattung war in jener Zeit keineswegs selbstverständlich, denn im Heidentum praktizierte man vielfach die Einäscherung. Dies wurde teils mit der Angst begründet, die Seele des Toten könne andernfalls in den Leichnam zurückkehren, teils auch mit der Abwertung des Leibes als „Gefängnis der Seele“ (gnostischer Dualismus). Römische Kaiser wurden nach ihrem Tod öffentlich auf einem Scheiterhaufen verbrannt, wobei man von der mythologischen Vorstellung ausging, dass die kultisch verehrten Herrscher dabei gleichsam „wie ein Phönix aus der Asche steigen“ und ihrer Himmelfahrt und Vergöttlichung entgegenstreben. 

Solche teils leibfeindliche, teils abergläubische Mythen hat das Christentum stets abgelehnt. Die Sitte der Erdbestattung wurde infolge der etappenweisen Christianisierung der Germanen im frühen Mittelalter allmählich auch staatliches Recht. Im Edikt von Paderborn untersagte der Frankenkönig Karl der Große im Jahre 785 n. Chr. dem Volk jede Feuerbestattung.

Das Zeugnis der frühen Christen als Vorbild für heute 

Immerhin würdigt die Heilige Schrift den Leib des Gläubigen als Tempel des Heiligen Geistes (vgl. 1 Kor 6,19) und versteht die Auferweckung am Jüngsten Tag ausdrücklich als eine Auferstehung des Leibes bzw. – noch deutlicher formuliert  – des „Fleisches“, wobei der Körper in seiner verklärten Daseinsweise nicht mehr an die irdischen Naturgesetze gebunden sein wird (vgl. 1 Kor 15,35). Durch die Verwandlung des sterblichen Leibes in die Unsterblichkeit des ewigen Lebens steigert sich die Glückseligkeit der Menschenseele im Himmel, denn sie wird wieder mit ihrem eigenen Leib vereinigt und so zur „Ganzheit“ des Menschseins vollendet. 

Sollten nicht gerade wir Christen ein klares Signal für eine wahrhaft menschenwürdige „Trauerkultur“ setzen, auch und gerade inmitten einer wachsenden neuheidnischen Umgebung? Bedenken wir auch das Zeugnis der frühen Kirche in der damaligen altheidnischen Umgebung: Während der römischen Christenverfolgung scheuten sie keine Mühe, um ihre Verstorbenen in selbstgebauten, unterirdischen Katakomben würdevoll zu bestatten, was zudem ein gefährliches Unterfangen war. Eine Einäscherung wäre für sie gerade in dieser bedrängten Lage viel einfacher gewesen.  

In frühchristlichen Grabinschriften finden wir häufig das Wort depositio, etwa in der Calixtus-Katakombe. Dies bedeutet, dass der Leib des Verstorbenen nicht endgültig abgelegt (positum), sondern vielmehr aufbewahrt bzw. „hinterlegt“ (de-positum) wird. Das Grab gilt gleichsam als Ruhestätte bis zur Auferstehung der Toten. (Erinnern wir uns, dass z.B. mit „depositum fidei“ das Glaubensgut gemeint ist, das der Kirche von Christus und seinen Aposteln „hinterlegt“ bzw. anvertraut wurde.)

Die sterblichen Überreste in der Erde werden also sozusagen „aufbewahrt“ für die einstige Auferweckung des Leibes; er bildet das „Unterpfand“ dafür, wenngleich sich die Seele des Verstorbenen bereits in der Ewigkeit befindet. Damit verbunden ist auch der alte Gebetswunsch: „Requiescat in pace“ (R.I.P.), was „Ruhe in Frieden“ bedeutet.

Gewiss beruht unsere Auferstehungshoffnung nicht auf einer bestimmten Weise der Bestattung, sondern auf den Verheißungen Gottes. Doch der christliche Jenseitsglaube stärkt unseren Sinn für die besondere Würde des menschlichen Leibes; eine Würde, die uns etwas wert sein sollte –  über den Tod hinaus! 

Märtyrer sind Blutzeugen des Glaubens und Leuchttürme der Kirche

Prälat Prof. Dr. Helmut Moll / Courtesy F. Kübler

Ein besonderer „Schatz der Kirche“

Nicht allein die ersten drei Jahrhunderte waren geprägt vom Bekennermut und der Glaubenskraft der Bekenner und Märtyrer, auch danach und besonders im 20. Jahrhundert gab es eine große Schar von Blutzeugen für Christus und seine Botschaft.

Auch Papst Franziskus weist gerne auf diesen besonderen „Schatz der Kirche“ hin, auf die jenseitige Gemeinschaft der Heiligen. Am 1. Oktober 2017 erinnerte der Pontifex beim Angelusgebets auf der Piazza Maggiore an die aktuelle Seligsprechung des Salesianerpaters und Märtyrers Titus Zeman. Der Geistliche starb 1969 nach langer Haft unter der kommunistischen Herrschaft. Sein Zeugnis möge uns helfen, so der Papst, die „Gegenwart des Herrn“ auch in den Prüfungen des Lebens zu erkennen.

Auch während der schrecklichen 12 Jahre der NS-Diktatur von 1933 bis 1945 fehlte es nicht an todesmutigen Helden unter Priestern, Ordensleuten und Laien. Darüber sprach der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für das Martyrologium des 20. Jahrhunderts, Prof. Dr. Helmut Moll, am Samstag, dem 30. September, in einem aufschlußreichen Vortrag im westfälischen Marienwallfahrtsort Telgte. Der Prälat aus Köln,der zudem 12 Jahre lang für die Glaubenskongregation in Rom gewirkt hat, wurde vom Fatima-Weltapostolats im Bistum Münster eingeladen; er referierte über das Thema: Die mit der Gottesmutter Maria verbundenen Glaubenszeugen in der Zeit des Nationalsozialismus – Vorbilder für unsere Gegenwart.

In Wort und Bild stellte Professor Moll glaubensstarke Priester, Ordensleute und Laien vor, die nicht „nur“ Opfer der NS-Diktatur waren, sondern bewußte Bekenner und Märtyrer für Christus und seine Botschaft.

Als weiterer Gast und Geistlicher sprach Pfarrer Hans-Karl Seeger aus Billerbeck über den seliggesprochenen Priester Karl Leisner und dessen ebenso christozentrische wie marianische Ausrichtung. Der Referent war zugleich langjähriger Vorsitzender des Internationalen Karl-Leisner-Kreises. Er schilderte, dass für Leisner besonders die damals weit verbreitete und durch Papst Pius XI. geförderte Christkönigs-Frömmigkeit prägend war. Aus Schönstatt holte er sich zudem gute Impulse zur Selbsterziehung und Charakterbildung.

Als Zeitzeugin berichtete Frau Irmgard Behnken in bewegenden Worten vom Leben und Sterben ihres Onkels Alfons Mersmann. Der Priester war von einer tiefen Verehrung der Gottesmutter und seiner Verbundenheit mit Fatima geprägt. In schwerer Zeit suchte er Zuflucht bei Maria und in der Heiligen Schrift, wobei ihm besonders die neutestamentliche Apokalpyse bzw. Johannes-Offenbarung Trost, Orientierung und Stärkung vermittelte.

Der bekannte Schriftsteller, Philosoph und Professor Dr. Johannes Maria Verweyen aus dem Niederrhein fand durch seine Liebe zur Gottesmutter und seine Lourdes-Pilgerreisen zum katholischen Glauben zurück.

Auch Laien ließen sich durch ihre Hinwendung zur Madonna zu einer besonderen Glaubensfestigkeit inspirieren, z.B. der Regensburger Lagerarbeiter und Märtyrer Josef Zirkl.

Mit der Schönstattbewegung verbunden und zugleich Blutzeugen während der NS-Tyrannei waren beispielsweise die Palottinerpatres Franz Reinisch und Albert Eise, aber auch mutige Frauen wie Charlotte Holubars und Maria Laufenberg. Beide lebten nach dem Leitwort „Durch Maria zu Jesus“, sie wollten „marianische Frauenart“ verkörpern und liebten das Rosenkranzgebet.

Nicht zu vergessen Pater Augustin Benninghaus SJ, den die Gestapo im westfälischen Münster verhaftete und der am 20. Juli 1942 im KZ Dachau verhungerte. Für seine Seligsprechung wurden bei diesem Vortragsabend Unterschriften gesammelt. Der Jesuit war in der katholischen Jugendbewegung seelsorglich aktiv und zugleich von starker marianischer Frömmigkeit geprägt.

Die inhaltliche Grundlage des gehaltvollen Vortrags von Prälat Moll bildete sein zweibändiges Hauptwerk „Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts“ (Paderborn, 6., erweiterte und neu strukturierte Auflage 2015) sowie das bereits in 7. Auflage erschienene Taschenbuch „Wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen“ über Märtyrer aus dem Erzbistum Köln im Dritten Reich, herausgegeben vom Bildungswerk der Erzdiözese Köln.

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Quelle