In einem „Zeit“-Interview zum Jahreswechsel hat der deutsche Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller im Blick auf das „Luther 2017“-Jahr vor einem zu großen ökumenischen Optimismus gewarnt. Nach Ansicht des Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation liegt vor der katholischen und der evangelischen Kirche noch ein weiter Weg bis zur vollen Einheit. Es gebe aber Hoffnungszeichen, sagte er. Allerdings bleibe die Anerkennung des Papstes als Oberhaupt der Kirche Voraussetzung für die volle Einheit. Nach katholischem Verständnis sei diese „nur mit dem Bischof von Rom als Nachfolger Petri möglich“.
„Missverständnisse kommen immer wieder auf, weil man vergisst, dass es leider tatsächlich zwischen Katholiken und Protestanten ein unterschiedliches Kirchenverständnis gibt“, so Müller. Gleichwohl sollten die beiden großen Kirchen in Deutschland nach Ansicht des Kurienkardinals den 500. Jahrestag der Reformation 2017 zu einem starken Zeugnis für Jesus Christus nutzen. „Wenn wir das heute gemeinsam bekennen, wäre das weltgeschichtlich so wirksam wie evangelische Reformation und katholische Reform des 16. Jahrhunderts zusammen.“
Müller forderte Katholiken und Protestanten auf, stärker das Gemeinsame zu entdecken, denn „heute leben wir nicht mehr im Zeitalter des Konfessionalismus, sondern im Zeitalter der Ökumene“.
Der Vorsitzende der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, Gerhard Ludwig Müller, beklagt einen unfairen Umgang deutscher Protestanten mit der katholischen Kirche. Im Interview spricht der Regensburger Bischof über den Reformator Martin Luther, die evangelische Kritik an Papst Benedikt XVI., das Ringen um ein gemeinsames Abendmahl und das Reformationsgedenken 2017.
dapd: Herr Bischof, wie würden Sie den Zustand der katholisch-evangelischen Ökumene in Deutschland beschreiben?
Müller: Es ist bekannt, dass in bestimmten bioethischen und in sexualethischen Fragen große Spannungen bestehen. Für uns ist aber klar, dass wir von den gemeinsamen ethischen Positionen, wie sie sich auf der Grundlage der Heiligen Schrift und aus der christlichen Glaubenslehre ergeben, in keiner Weise abrücken. Wir können uns nicht auf Einzelfälle so einlassen, dass das Grundprinzip, um das es hier geht – die Unantastbarkeit des Lebens – infrage gestellt wird.
dapd: Wie steht es um die Bemühungen um ein gemeinsames Abendmahl?
Müller: Die Eucharistiegemeinschaft ist die Darstellung der wirklichen Gemeinschaft der Kirche. Sowohl für die orthodoxe Seite als auch für die katholische Sichtweise gilt, dass die Gemeinschaft in der Eucharistie die Gemeinschaft in der Kirche voraussetzt und deren Ausdruck ist – sonst würden die Realität und das Zeichen auseinanderklaffen.
dapd: Also ist in absehbarer Zeit kein Durchbruch zu erwarten?
Müller: Wir können nicht so tun, als ob hier kein Dissens bestünde und die Eucharistie gemeinsam feiern. Man kann die oberste Sprosse der Leiter nur erreichen, wenn man über die tiefer darunter liegenden aufsteigt, so schmerzlich das für viele Familien ist, die konfessionell getrennt sind.
dapd: Von evangelischer Seite wird vielfach beklagt, Papst Benedikt XVI. setze zu wenige Impulse in der Ökumene.
Müller: Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Ich glaube, wenn man an der Ökumene wirklich interessiert ist, stellt man den anderen nicht Forderungen, sondern fragt auch mal selbstkritisch, was man selber für die Ökumene tun kann. Es kann nicht einfach so weitergehen, dass immer nur wir die Angefragten oder auch Angegriffenen sind und die evangelische Seite sozusagen von der höheren Warte aus uns infrage stellt. Auch wir können mal die „Protestanten“ spielen – und gegen Vorgänge oder Auffassungen in den evangelischen Kirchengemeinschaften protestieren, die nicht biblisch begründbar sind.
dapd: Die Kritik gipfelte im vergangenen Jahr in der Äußerung von Margot Käßmann, die damals noch Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland war und verkündete, dass sie von diesem Papst in der Ökumene nichts erwarte.
Müller: Das war eine böse Rempelei. Hier stellt man sich Ökumene so vor, dass wir protestantisch werden. Wir sind und bleiben selbstbewusste und überzeugte Katholiken. Wir gestehen auch den evangelischen Christen zu, dass sie ihrem Gewissen und ihrer Wahrheitsvorstellung folgen. Die Einheit der Kirche ist nicht wie eine feindliche Übernahme oder friedliche Fusion von zwei Firmen zu machen, die die gleichen Produkte verkaufen. Dieser Weg, der uns da so scheinbar naiv mit dem Rückenwind der öffentlichen Meinung vorgeschlagen wird und in eine Art Wellness-Religion führen würde, ist mit uns nicht zu machen.
dapd: Wie stark ist denn diese Haltung in der evangelischen Kirche?
Müller: Das ist schon eine Position, die ich gelegentlich wahrnehme. Sie ist vom früheren EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber auf hohem intellektuellem Niveau formuliert worden. Wenn man sich ins hellste Licht rückt, als die durch Aufklärung und „Moderne“ hindurchgegangene Kirche, heißt das umgekehrt: Die Orthodoxen und Katholiken sind noch im Mittelalter stehen geblieben. Ökumene wäre die Konversion zum Protestantismus, mit dessen Beistand wir erst in der „Neuzeit“ ankämen.
dapd: Im Jahr 2017 steht das Gedenken an den Reformationsbeginn vor 500 Jahren an. Was muss geschehen, damit dabei die Gräben nicht noch vertieft werden?
Müller: Ursprünglich profilierte man sich auf Kosten der Katholiken als „Kirche der Freiheit“. Man reklamiert bestimmte positiv besetzte Worte wie Pluralismus, Emanzipation, Selbstbestimmung, Gewissen für sich und weist uns dann die Aschenputtelrolle zu.
dapd: Könnte das Gedenken denn gemeinsam begangen werden?
Müller: Wir gehen nicht davon aus, dass es eine gemeinsame Sichtweise auf die protestantische Reformation gibt, die nicht zu trennen ist von der Glaubensspaltung, mit ihren verheerenden Auswirkungen. Es ist klar, dass man die Reformation auf evangelischer Seite als Durchbruch zu einem besseren Verständnis des Evangeliums sieht, während wir von katholischer Seite sagen: Hier ist etwas entstanden, was es eigentlich gar nicht geben dürfte, nämlich weitere Kirchengemeinschaften neben der einen katholischen Kirche. Aber wir sind jetzt 500 Jahre weiter, und wir sollten dieses Drama in einem ökumenischen Geist betrachten und miteinander in die Zukunft gehen.
dapd: Wie könnte das aussehen?
Müller: Dass wir von katholischer Seite positiv würdigen, wie Luther die Christozentrik der Erlösung hervorgehoben hat gegen manche Veräußerlichung. Und dass man umgekehrt auf evangelischer Seite nachdenklich wird, weil etwas eingetreten ist, was Luther ursprünglich nicht wollte: die Spaltung der Christenheit. Wir sollten zusammen sehr demütig und bußfertig auf dieses historische Ereignis schauen. Es ist an der Zeit, dass man sich auf evangelischer Seite ganz offiziell von der Behauptung Luthers distanziert, dass der Papst der Antichrist sei. Denn damit war nicht der Papst als einzelner Christ gemeint. Damit sollte die katholische Kirche in ihrem sakramentalen Selbstverständnis getroffen sein. Das kann man nicht als zeitbedingte Polemik abtun. Wir müssten über die Schatten unserer konfessionalistischen Sicht auf die Kirchengeschichte springen.
Interview: Petr Jerabek
03.05.2011
Debatte über papstkritische Äußerungen des Reformators sorgt für Missstimmung — Luthers langer Schatten
Eine Debatte über papstkritische Äußerungen von Reformator Martin Luther sorgt für Missstimmung zwischen den Kirchen in Deutschland. Die Protestanten wollen sich nicht, wie vom Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller gefordert, offiziell von den Worten Luthers distanzieren.
Der Braunschweiger Landesbischof Friedrich Weber, der Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) ist, sagte am am Dienstag , aus evangelischer Sicht sei das Thema längst „erledigt“.
Müller, der auch Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz ist, hatte in der vergangenen Woche mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 in einem Interview gefordert, die Protestanten sollten sich von der Behauptung Luthers distanzieren, dass „der Papst der Antichrist“ sei. Mit diesen Worten „sollte die katholische Kirche in ihrem sakramentalen Selbstverständnis getroffen sein. Das kann man nicht als zeitbedingte Polemik abtun“, so Müller.
Weber hob hervor, die „polemische Äußerung der Reformationszeit“ sei „schon von Zeitgenossen Luthers, von anderen Reformatoren, als unangemessen und übertrieben kritisiert“ worden. 1984 habe die erste bilaterale Arbeitsgruppe von VELKD und katholischer Kirche festgehalten, „dass das Papstamt damit nicht getroffen sei“. Die Kirchenleitung der VELKD habe sich diese Stellungnahme zu eigen gemacht, und auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) habe wenige Jahre danach eine gleichlautende Erklärung verfasst.
„Nicht nationalistisch oder heroisch“
Weiter meinte Weber, der 500. Jahrestag der Veröffentlichung der Ablass-Thesen Luthers, der als Beginn der Reformation gilt, sei für die evangelischen Christen „ein wichtiges Datum, dem wir selbstverständlich angemessen gedenken werden“. Es dürfe aber „nicht nationalistisch oder heroisch“ begangen werden. Luther habe 1517 ein neues Verständnis der Buße als Weg in die Freiheit beschrieben. „Der Mensch hat damals die Autonomie des Glaubens gefunden und sich von autoritären Strukturen der damaligen Kirche befreit.“
Auf diese Erkenntnisse der Reformation habe sich auch der Erneuerungsprozess der EKD unter dem Leitwort „Kirche der Freiheit“ bezogen, so der Braunschweiger Landesbischof weiter. „Vielleicht hat unsere Betonung der Freiheit andere Kirchen irritiert, weil sie den Eindruck hatten, als würde die evangelische Kirche mit diesem Gedanken ein Privileg reklamieren.“ So sei der Reformprozess „aber natürlich nie gemeint“ gewesen.
Quelle
06.05.2011
Ökumene-Bischof Müller zum Papstbesuch im Land Martin Luthers: „Schwierige Themen nicht aussparen“
Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat eine vertiefte Auseinandersetzung von Katholiken und Protestanten mit ihren Trennungsgründen angemahnt. Ein gemeinsames Verständnis der sichtbaren Einheit der Kirche sei „unverzichtbar“, so der Leiter der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz im Interview.
KNA: Herr Bischof, im September besucht erstmals ein Papst mit Thüringen ein Kerngebiet der Reformation. Welche historische Tragweite hat das Ereignis?
Müller: Der Besuch ist ein Zeichen dafür, dass der Dialog zwischen katholischer und evangelischer Theologie und Kirche gerade in Deutschland von höchster Wichtigkeit ist und auch von niemand besser geführt werden kann als von einem Papst, der aus Deutschland stammt.
Benedikt XVI. kennt sich im evangelischen Denken bestens aus.
KNA: In Erfurt trifft der Papst die Repräsentanten des deutschen Protestantismus. Er hat sich für diese Zusammenkunft eigens mehr Zeit erbeten als zunächst veranschlagt. Mit welchem ökumenischem Ertrag rechnen Sie?
Müller: Es ist an der Zeit, dass die Ökumene weiter vorankommt. Die Spaltung der Christenheit steht im offenen Widerspruch zum Willen Christi. Und der ist verbindlich für jeden Menschen, der an Christus glaubt. Deswegen können und dürfen wir uns mit dem gegenwärtigen Zustand nicht abfinden.
KNA: Wo hakt es zurzeit?
Müller: Die Ökumene stockt, wenn im Dialog nur Freundlichkeiten ausgetauscht, schwierige Themen aber ausgespart bleiben. Wer die Einheit der Kirche Christi will, der muss das Trennende grundsätzlich und im Vertrauen auf Gott angehen. Wir dürfen auf die Einheit der Kirche hoffen, wenn wir uns gemeinsam in Christus erneuern lassen. Zu dieser Erneuerung zählt auch unverzichtbar ein gemeinsames Verständnis der sichtbaren Einheit der Kirche. Es reicht nicht zu sagen: Ihr macht es so, wir so, wir bleiben getrennt und können doch gemeinsam Eucharistie feiern. Andererseits darf man sich die Kircheneinheit nicht wie die Fusion zweier Firmen vorstellen.
Wir sind der Wahrheit der Offenbarung verpflichtet, die wir in wesentlichen Lehraussagen zur Kirche, den Sakramenten und anderem leider nicht nur unterschiedlich, sondern sogar gegensätzlich auslegen. Deshalb machen wir all diese Anstrengungen in der Ökumene.
KNA: Die Begegnung findet im Erfurter Augustinerkloster statt, in das Martin Luther 1505 eintrat, um Mönch und Priester zu werden – ein guter Ort?
Müller: Ja. Luther hat von seiner Taufe an eine klassische katholische Karriere absolviert. Dann entwickelten sich die Dinge auseinander. Er wurde exkommuniziert und glaubte umgekehrt, dass die katholische Kirche mit dem Papst auf dem falschen Weg sei, weshalb das Evangelium in seiner ursprünglichen Reinheit wiederhergestellt werden müsse. Nach politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen standen sich am Ende verschiedene Kirchentümer gegenüber, darunter gleich mehrere, die aus der Reformation hervorgingen. So kam es, dass heute viele Menschen sich als Christen bekennen, aber in Teilen der Glaubenslehre und in den Sakramenten nicht so zusammen sind, dass sie die Einheit der Kirche darstellen, wie sie Christus gewollt hat. Wir müssen mit diesem Dilemma umgehen und das Ganze auf einen positiven Weg führen.
KNA: Kann da der gemeinsame Blick auf Luther helfen?
Müller: Luther hat ernsthaft mit der Heilsfrage gerungen. Seine tiefgehende Christozentrik, also das Kreisen seines Denkens um den Sohn Gottes als Grund unserer Rechtfertigung vor Gott, ist das tragende Fundament der Gemeinsamkeit. Luther kann uns durch seine existenzielle Tiefe gemeinsam lehren und vor der Gefahr einer Selbstsäkularisierung bewahren. Wir Christen im Westen sind in der Gefahr, den Anspruch des Christlichen zu reduzieren auf ein Hilfsrädchen im Weltgetriebe, auf eine zivilreligiöse Zuständigkeit für feierliche Momente, eine für Staat und Gesellschaft nützliche
Werte- und Sozialagentur.
KNA: Ihre jüngsten Ausführungen zur antipäpstlichen Polemik Luthers haben auf der anderen Seite Irritationen hervorgerufen.
Müller: Worum geht es denn dabei? Doch nicht, wie es in manchen Berichten hieß, um ein einzelnes isoliertes Zitat. Dass der Papst der Antichrist sei, ist eine durchgängige Konstante in den Schriften Luthers. Die Polemik richtete sich auch nicht gegen den Papst als einzelne Person, sondern gegen die katholische Kirche als Institution, die sich zwischen Gott und den Menschen dränge. In der Lutherdekade, die in das Gedenkjahr 2017 mündet, sollten nicht nur die positiven Aspekte seines Wirkens herausgestellt werden. Es geht auch darum, die belastenden und trennenden Elemente historisch und theologisch aufzuarbeiten, wie es in der Wissenschaft auch geschieht. Luthers damaliger Polemik entspricht im heutigen ökumenischen Dialog die Sachfrage, inwiefern die Kirche an der Heilsvermittlung beteiligt ist. Es macht einen großen Unterschied, ob die Kirche gegenüber Christus in einer Konkurrenz gesehen wird, sich ihm mit einer „Anti“-Haltung in den Weg stellt, oder in einer dienenden Funktion. Nur das Letztere kann der Fall sein. Das hat auch das Zweite Vatikanische Konzil bekräftigt.
Interview: Christoph Renzikowski
27.09.2011
Ökumene-Bischof verteidigt den Papst — Gemeinsam „der Heilsfrage stellen“
Die Kirchen müssen sich nach Auffassung des Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller gemeinsam „der Heilsfrage stellen“. Dies sei der zentrale Anstoß, den Papst Benedikt XVI. bei seiner Deutschlandreise für die Ökumene habe geben wollen, sagte Müller am Dienstag in Regensburg.
„Wir sind heute auf allen Seiten in der Gefahr, Luther und seine Gewissensängste rein historisch zu betrachten, aber seine Fragen nicht wirklich ernstzunehmen“, so der Bischof, der Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz ist. „Diese Vertiefung des ökumenischen Anliegens, die der Papst in Erfurt vorgenommen hat, ist allemal bedeutsamer, als pragmatisch auf verschiedenen Ebenen diese oder jede Verbindung gleichsam horizontal miteinander zu knüpfen.“
Müller wandte sich gegen das „Spiel mit „Erwartungen“ und „Erfüllung““ im Blick auf die Begegnung des Papstes mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Erfurt. Entscheidend sei, „ob das geäußert worden ist, was von der Sache her gerechtfertigt ist“. So gehe es bei der Beurteilung des Reformators Martin Luther „nicht einfach darum, mit einer Würdigung Luthers den Evangelischen gleichsam einen Gefallen zu tun“. Vielmehr seien diese Aussagen des Papstes als „Ermahnung an uns alle zu verstehen, denn wir sind alle in Gefahr, dem gesellschaftlichen Druck zur Konformität nachzugeben“.
Gespräche bereits im Gang
Der Bischof hob hervor, es sei nicht notwendig gewesen, in Erfurt eine neue gemischte Theologenkommission zum bevorstehenden 500.
Jahrestag der Reformation einzusetzen, weil solche Gespräche bereits im Gang seien. Er verwies auf die Arbeiten des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen in Deutschland an einer gemeinsamen Bewertung der Ereignisse nach dem 31. Oktober 1517 und der gemeinsamen Kommission des Päpstlichen Einheitsrats und des Lutherischen Weltbunds (LWB) auf Weltebene.
Zugleich wandte sich Müller gegen eine generelle „Erlaubnis“ für konfessionsgemischte Ehepaare zum gemeinsamen Empfang der Kommunion.
„Wir empfinden es als Druck von evangelischer Seite, dass diese Erwartung immer wieder an uns gerichtet wird, ohne unsere Glaubensposition richtig zu erfassen“, sagte er wörtlich. Eucharistie sei „ein Gemeinschaftsvollzug von Kirche und nicht nur ein individueller Kommunionempfang“.
Auch Kardinal Koch nimmt Papst vor Kritik wegen Ökumene-Aussage in Schutz
Auch der für Ökumenefragen zuständige Kurienkardinal Kurt Koch hat Vorwürfe zurückgewiesen, Papst Benedikt XVI. habe bei seiner Deutschlandreise ökumenische Erwartungen enttäuscht. Es sei überzogen gewesen, vom Papst bei diesem Anlass die Entscheidung von Fragen zu erwarten, die die gesamte Weltkirche beträfen, sagte der Präfekt des vatikanischen Rates zur Förderung der Einheit der Christen am Dienstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Benedikt XVI. habe deutlich gemacht, dass der mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eingeschlagene Weg der Ökumene für die katholische Kirche unumkehrbar sei.
„Enttäuschungen hängen immer von den Erwartungen ab“, sagte Koch zur Kritik an Äußerungen des Papstes in Erfurt. Für Benedikt XVI. habe die Begegnung mit den evangelischen Christen und das gemeinsame Gebet um die Einheit im Vordergrund gestanden. Der Papst habe sich sehr positiv zu Martin Luther geäußert und dessen „Leidenschaft der Gottesfrage“ gewürdigt. Allerdings bedeute dies keine pauschale Rehabilitierung Luthers.
Der Papst habe bei seinem Deutschlandbesuch kein Gastgeschenk im Sinne eines politischen Verhandlungsmandats mitgebracht, stellte Koch klar. Er habe die Gemeinsamkeiten sowie die ökumenischen Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte hervorgehoben und betont, „dass wir dies auf keinen Fall verlieren dürfen“. Koch verwies darauf, dass der Vatikan mit dem Lutherischen Weltbund zum Reformationsgedenken 2017 ein gemeinsames Dokument erarbeite.
Auch die vom Papst vorgetragene Hoffnung auf Eucharistiegemeinschaft mit der Orthodoxie sei keineswegs eine „Ohrfeige“ für die Protestanten, denen er in diesem Punkte nicht entgegenkomme, sagte Koch. „Das ist ein völliges Missverständnis.“ Der Papst habe bei der Begegnung mit orthodoxen Vertretern den Wunsch nach voller Kirchengemeinschaft und daher auch Eucharistiegemeinschaft zum Ausdruck gebracht. Dieser Zusammenhang zwischen Kirchengemeinschaft und Eucharistiegemeinschaft werde von evangelischen Christen so nicht geteilt, sagte der Kardinal.
Quelle