Bischof Dr. Rudolf Graber von Regensburg (†) über die Unterwanderung und Umfunktionierung der katholischen Kirche zur Gegenkirche durch die Freimaurerei

Bischof Dr. Rudolf Graber bei der Kirchweihe der Stadtpfarrkirche St. Wolfgang in Landshut am 29. Juli 1962. Foto: http://www.swolfgang.de/archiv/kirchweih/index.shtml

 

Geheimgesellschaften

IN DER AUFKLÄRUNGSZEIT entstand eine Reihe von antikirchlichen Vereinigungen, von denen nur zwei genannt werden sollen, die Freimaurerei, 1717 in London gegründet, und der Illuminatenorden, gegründet am 1. Mai 1776 von dem Kirchenrechtsprofessor Adam Weishaupt in Ingolstadt (36). Damit berühren wir das Problem der geheimen Gesellschaften und ihren Einfluß auf Gesellschaft und Kirche. Immer wieder kann man lesen, daß die Französische Revolution auf das Konto der Freimaurerei zu setzen ist. Ein neues Werk jedoch stellt die Formel auf: “Die Freimaurerei macht nicht die Revolutionen; sie bereitet sie vor und setzt sie fort” (37). Wie dem auch sei, im Schoß dieser und ähnlicher Geheimgesellschaften wurden die Keime für das gelegt, was man später Synarchie nannte, d. h. einen einheitlichen Weltstaat mit einer einheitlichen Regierung, die als Gegenkirche geplant ist. Doch davon später. Jedenfalls stellt die Französische Revolution ein wichtiges Glied dar im luziferischen Plan. Es ist nicht zuviel behauptet, wenn man sagt, daß manche katholische Bereiche heute erst sich ihre Hauptideen zu eigen machen, die Freiheit in der Auflehnung gegen die Herrschaftsstrukturen in der Kirche, die Gleichheit in der Demokratisierung mit dem Rätesystem und die Brüderlichkeit in der horizontalen Mitmenschlichkeit, wo die Vertikale, Gott und überhaupt die Transzendenz, ausgeklammert ist. Wie sehr das 2. Vatikanische Konzil mit der Französischen Revolution in Verbindung gebracht wird, beweisen Äußerungen auf dem 11. Kongreß der Kommunistischen Partei Italiens 1964, auf die wir noch zu sprechen kommen.

John Joseph Kardinal O’Connor (New York) mit zwei beschürzten Freimaurern

Damit aber stehen wir schon dicht vor den unmittelbaren Ursachen der innerkirchlichen Krisis in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Hier ist zu beachten, daß “die großen Revolutionen – und wir stehen in einer solchen – nicht spontan erfolgen, sie haben ihre Vorläufer, oft nur im Geheimen, ihre Propheten säen um sich den Samen der Revolte, schließlich die Führer und die Ausführenden. Eine unterirdische Phase geht ihnen voraus, eine andere, die der Inkubation folgt darauf” (38), bis es dann zur Eruption kommt. Damit haben wir schon einen Einwand erledigt, der uns gemacht werden könnte, wenn wir nun auf gewisse Geheimgesellschaften und ihre Wortführer im 19. Jahrhundert zu sprechen kommen. Es ist richtig, daß viele dieser Namen nicht einmal in den Lexika zu finden sind (39), aber das ändert nichts an der Tatsache, daß der vergiftete Samen weiterwirkte und im Modernismus am Anfang des 20. Jahrhunderts zum erstenmal an die Oberfläche drang, allerdings vom heiligen Papst Pius X. sofort mit tatkräftiger Hand niedergehalten wurde.

Pierre Virion vor allem gebührt das Verdienst, auf diese Geheimgesellschaften in seinen Schriften aufmerksam gemacht zu haben. Wenn man nur einen Bruchteil dessen liest, was Virion aus all den heute so ziemlich verschwundenen Schriften der geheimen Wortführer zusammengetragen hat, so ist man überrascht, erstaunt und entsetzt, daß hier gegen Ende des vorigen [19.] Jahrhunderts bereits alle Ideen auftauchen, die heute in der nachkonziliaren Zeit die Kirche auf eine Zerreißprobe stellen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß alle diese destruktiven Gedanken insgeheim auf ein einheitliches Ziel ausgerichtet sind, nämlich die Gegenkirche oder die “neue” Kirche zu schaffen, indem man die alte Kirche unterminiert und umfunktioniert und zwar weniger durch einen von außen kommenden Angriff, sondern, wie man heute im politischen Raume sagt, durch den “Marsch durch die Institutionen”. Wir haben den französischen Ausdruck für alle diese Bestrebungen schon einmal genannt, nämlich Synarchie. Es handelt sich hier um die Summe von geheimen Mächten aller “Orden” und Schulen, die sich zusammengetan haben, um eine unsichtbare Weltregierung zu bilden. Politisch gesehen erstrebt die Synarchie die Integration aller sozialen und finanziellen Mächte, die diese Weltregierung unter sozialistischer Führung natürlich zu tragen und zu fördern hat. Der Katholizismus würde folglich wie alle Religionen von einem universellen Synkretismus absorbiert werden. Er würde beileibe nicht unterdrückt, sondern integriert werden, wobei das Prinzip der Kollegialität dies bereits deutlich anvisiert. Man sieht gerade hier, welch unterirdische Konsequenzen die Prägung solcher neuer Worte hat. Im Letzten würde die Synarchie, voll verwirklicht, die Gegenkirche bedeuten (40). Wieder müssen wir dem Einwand begegnen, daß doch solche Beziehungen rein äußerlich auf einer Wortgleichheit beruhen und sachlich weit hergeholt sind. Aber hören wir, was Alphons Rosenberg dazu sagt: “… Alle diese (und andere) Gruppen üben, wenn auch zumeist auf unsichtbare Weise, Einfluß auf den Gang der kirchlichen Reform aus. Meist wird ihr Gedankengut, ohne daß es eigens genannt wird, auf dem Wege der Evolution und in vorsichtiger Siebung von den Theologen und Hirten (!) in den geistigen Blutkreislauf der Kirche aufgenommen …” (41). Diese Worte müßten als einer der stärksten und eindeutigsten Nachweise für die von der Feindseite her gezielten Infiltrationsmethoden gewertet und die notwendigen Konsequenzen daraus gezogen werden. Werden sie gezogen?

Stanislas de Guaita, abgefallener Priester und Schwarzmagier

Der Plan der Synarchie wurde in den Jahren 1880 – 1890 ausgearbeitet. Ohne auf die verschiedenen Gruppierungen, wie z. B. auf den kabbalistischen Orden der Rosenkreuzer, der Martinisten und der Symbolisten (42) näherhin einzugehen, sei nur erwähnt, daß der Jesuit Riquet und d’Alec Mellor (43), die für eine Annäherung der Kirche an die Freimaurer eintreten, enge Beziehungen mit diesen Gruppen unterhalten (44). Vom Gründer der ersten Gruppe, dem Expriester Stanislas de Guaita (1861 – 1897), stammt übrigens eine Satanshymne (45).

Eine besondere Erwähnung verdient indessen der Exkanonikus Roca (1830 – 1893), dessen Name weder im Lexikon für Theologie und Kirche, noch im Freimaurerlexikon zu finden ist. Er war zu Perpignan in Frankreich geboren, wo er die Schule der Karmeliter besuchte, 1858 zum Priester geweiht und 1869 zum Ehrenkanonikus ernannt wurde. Er machte Reisen nach Spanien, in die Vereinigten Staaten von Amerika, in die Schweiz und nach Italien. Sehr bewandert in den okkulten Wissenschaften entfaltete er eine ausgedehnte Propaganda vor allem unter der Jugend. Dadurch geriet er in Konflikt mit Rom. Trotz seiner Exkommunikation fuhr er in seiner Tätigkeit fort, predigte die Revolution, verkündete das Kommen der “göttlichen Synarchie” unter einem zum wissenschaftlichen Christentum bekehrten Papst. Er spricht von einer neuen erleuchteten Kirche, die vom Sozialismus Jesu und der Apostel beeinflußt ist. Roca ist nach dem Urteil von Virion “ein Apostat der stärksten Art”, und man möchte das, was er fordert und voraussagt fast für prophetisch halten (46).

Um seine Sprache einigermaßen zu verstehen, muß man wissen, daß er die gebräuchlichsten katholischen Begriffe beibehält, ihnen aber einen anderen Sinn unterlegt (übrigens wie heute). Unumwunden erklärt er: “Mein Christus ist nicht der des Vatikans.” Oder wenn er von Gott spricht, so meint er damit den Menschen, der eben an die Stelle Gottes tritt. Das Wort Reform bedeutet für ihn Revolution: “Keine Reform, sondern … ich wage es nicht recht zu sagen, weil das Wort so anrüchig ist …, eine Revolution.” “Die neue Sozialordnung wird (deshalb) außerhalb Roms, trotz und gegen Rom grundgelegt werden.” Aber nun folgt eine Feststellung, die uns, wie jemand gesagt hat, bis ins Innerste erschüttern und erstarren läßt: “Die neue Kirche, die vielleicht nichts mehr von der scholastischen Lehre und von der Urform der früheren Kirche bewahren wird können, wird nichtsdestoweniger von Rom die Weihe und die kanonische Jurisdiktion empfangen.” Noch vor wenigen Jahren konnten wir uns dies nicht vorstellen, aber heute …?

Wir zitieren im Folgenden verschiedene Sätze aus den Werken Rocas, die unsere gegenwärtige Krisis beleuchten. Bezüglich der zukünftigen Liturgie glaubt er, “daß der göttliche Kult, so wie ihn die Liturgie, das Zeremoniell, das Ritual und die Vorschriften der römischen Kirche regeln, demnächst auf einem ökumenischen Konzil (!) eine Umwandlung erfahren wird, die ihm die verehrungswürdige Einfachheit des goldenen apostolischen Zeitalters zurückgeben wird in Übereinstimmung mit dem Gewissen und der modernen Zivilisation” (47). Und Roca fährt fort: “Eine Opferung bahnt sich an, die eine feierliche Sühne darstellt … Das Papsttum wird fallen; es wird sterben unter dem geheiligten Messer, das die Väter des letzten Konzils schmieden werden. Der päpstliche Cäsar ist eine für das Opfer gekrönte Hostie” (48).

Rudolf Steiner, Okkultist und Begründer der Anthroposophie

Es fällt uns auf, daß damals schon von einem Konzil die Rede ist. Der Rosenkreuzer Dr. Rudolf Steiner, der Begründer der anthroposophischen Gesellschaft, erklärte im Jahr 1910: “Wir brauchen ein Konzil und einen Papst, der es ausruft.” Ob die Begeisterung, mit der die Welt das Konzil begrüßte, nicht auch von daher ihre Nahrung erhielt? – Der beherrschende Begriff ist das Wort “neu”. Roca verkündet eine “neue Religion”, ein “neues Dogma”, ein “neues Ritual”, “ein neues Priestertum”. Die neuen Priester bezeichnet er als “Progressisten”, er spricht von der “Unterdrückung” (suppression) der Soutane und von der Heirat der Priester (49) und versteigt sich zum Geständnis: “Der religiöse, politische und soziale Erlöser wird durch unpersönliche Institutionen (“institutions impersonelles”) über die Menschheit herrschen.” Im Anschluß an dieses Wort hat man mit Recht darauf hingewiesen, wie sich das heute allenthalben zeigt in der Kollegialität, in der Unsumme von “Konferenzen, Kommissionen, Komitees und Sitzungen” (50). Fast ist man versucht zu sagen, die Person ist zurückgedrängt, es herrscht das Anonyme. Hier tritt der luziferische Plan deutlich zu tage. Nichts mehr von der Person, die ihre höchste Weihe durch die Trinität und den Gottmenschen erhält, und die nun ausgelöscht ist durch das Kollektiv, ganz gleich in welcher Form.

Hier ist eine Zwischenbemerkung notwendig. Es wäre verfehlt zu meinen, es handle sich hier nur um die Gedanken eines Einzelgängers, wie Roca; nein, das alles wird von einer ganzen Reihe von geistesverwandten Personen ausgesprochen in einer Unmenge von Schriften, die wenigstens damals der ganzen Weltöffentlichkeit zugänglich waren. Und deshalb die Frage: Warum hat die Kirche von diesen Dingen keine Kenntnis genommen? Sicherlich hat es Pius X. getan. Aber das war auch alles. In dem Buch des Abbé Melinge (mehr bekannt unter seinem Pseudonym Dr. Alta) “L’évangile de l’Esprit-Saint, Jean traduit et commenté” (1907) ist das ganze Programm entwickelt, nach dem heute “gearbeitet” wird:

“Der Appell an den Esoterismus;
die Revolte gegen die Strukturen der Kirche;
die Ersetzung (substitution) des römischen Papsttums durch ein “pluri-konfessionelles” Pontifikat, das fähig ist, sich einem allseitigen (polyvalenten) Ökumenismus anzugleichen, den wir heute in der Interzelebration von Priestern und protestantischen Pastoren etabliert sehen.
die Verherrlichung Christi durch eine neue Menschheit;
die Umkehr (inversion) aller von Christus gelehrten Wahrheiten” (51).
Deutlicher kann man wohl nicht mehr sprechen. Dabei blieb Dr. Alta als Priester in der Kirche und es wurde von ihm gesagt: “Anstatt aus der Kirche zu fliehen wie Luther, blieb er, um im Schoß der Kirche (temple) zu reformieren” (52). Alles schon dagewesen.

Doch zurück zu Roca. Aus all den Zitaten, die sich zu Büchern erweitern ließen, ersieht man jetzt schon unschwer die Taktik: Die Kirche ihres übernatürlichen Charakters zu entkleiden, sie mit der Welt zu amalgieren, das konfessionelle Nebeneinander zu einem ökumenischen Ineinander zu machen und so die Welt-Einheits-Religion im einheitlichen Weltstaat vorzubereiten. Das Prädikat der Kirche “alleinseligmachend” ist aus dem Sprachschatz des Dialogs verschwunden, so wie ein gnostischer Vortragender es ausdrückte: “Wir bieten der Kirche noch einmal eine Chance, sie reihe sich ein unter die anderen Religionen.” Dazu gehört natürlich die “Déprêtrise” (53) der Kirche, die Entpriesterlichung zugunsten einer Laienkirche, und als Übergangsform – wiederum nach Roca – das Nebeneinander von zölibatären und verheirateten Priestern. Nun, die Entpriesterlichung der Kirche hat in erschreckendem Ausmaß bereits begonnen. Es erübrigt sich, all die Priester aufzuzählen, die in den Bahnen Rocas (und Loisy’s) wandelten. Virion stellt die Frage: ” Wieviele Priester mögen es gewesen sein, die ostentativ in der Kirche verblieben, aber nur deshalb, weil sie dort im Geheimen den Virus des Umsturzes säen konnten”? Roca, der zur Übertreibung neigt, antwortet “tausend”. Aber Saint-Yves sagte maßvoller: “Ich kenne viele, und sogar heilige Priester, die (aus Ignoranz) auf dem Weg zum synkretistischen Christentum wandelten” (54).

Eine andere moderne Idee, die damals allenthalben in diesen okkultistischen Kreisen vertreten wurde, war eine Art Mystik der Demokratie. Damals schon wurde ein Sozial-Christus gepredigt, und Roca schreibt: “Ich glaube, daß diese soziale Erlösung des Volkes in der neuen Gesellschaft durch die Thronbesteigung der Demokratie erfüllt wurde.” Und noch schärfer am 26. Juli 1891: “Das reine Christentum ist der Sozialismus (Le christianisme pur, c’est le socialisme)”. Deswegen erwartet er vom “Bekehrten des Vatikans” die kanonische Urbi- et Orbi-Erklärung, daß die gegenwärtige Zivilisation die legitime Tochter des heiligen Evangeliums der sozialen Erlösung ist” (55).

Papst Johannes XXIII.

Baron Yves Marsaudon, Malteserritter, Freimaurer des Schottischen Ritus vom 33. Grad
Das Ganze rundet sich ab durch das bedeutsame Werk des Freimaurers Yves Marsaudon “L’oecuménisme vu par un Franc-Maçon de Tradition” (56), das er mit einer überschwenglichen Widmung an Papst Johannes XXIII. versehen hat und das dem schon erwähnten Brückenschlag zwischen Kirche und Freimaurerei dienen soll. Bemerkenswert ist hier vor allem die Schwenkung in der Strategie, die man ungefähr in das Jahr 1908 setzen kann (57): “Nicht mehr die Vernichtung der Kirche ist das Ziel, sondern man sucht sie zu benützen, indem man in sie eindringt.” Mit Papst Johannes XXIII. glaubt man den Anfang gemacht zu haben: “Von ganzem Herzen wünschen wir den glücklichen Ausgang der Revolution Johannes’ XXIII.” (58). “Eines Tages muß die dogmatische Kirche verschwinden oder sich angleichen und, um sich anzugleichen, zu den Quellen zurückkehren” (59). Dies zeigt sich heute schon bei den Priestern: “Der Priester ist heute nicht mehr dieses besondere Wesen … im Gegenteil, er strebt (progressivement) danach, sich mit der modernen Gesellschaft zu vermischen” (60). In diesem Amalgamierungsprozess spielt die Freimaurerei die größte Rolle: “Wir Freimaurer der Tradition gestatten uns das Wort eines berühmten Staatsmannes zu verdeutlichen und zu akzentuieren (transposer), indem wir es den Umständen angleichen: Katholiken, Orthodoxe, Protestanten, Muselmanen, Hinduisten, Buddhisten, Freidenker und gläubige Denker sind bei uns nur Vornamen. Unser Familienname ist Freimaurerei” (61).

An diesem Punkt zeigt sich deutlich, wie nahe hier Echtes und Falsches beieinander liegen. Was gibt es für uns Erstrebenswerteres als den Ökumenismus in der Befolgung des Wortes Christi “auf daß alle eins seien” (Joh 17, 21). Aber nur hauchdünn ist die Grenze zum synkretistischen Ökumenismus hin, der die Wahrheit relativiert und im Letzten auf die Super-”Kirche” hinsteuert, das große Ziel der Geheimgesellschaften.

Wir sind indessen weit vorausgeeilt. Noch ein Phänomen unserer Tage müssen wir unter die Lupe nehmen, die sexuelle Ausschweifung und Zerrüttung. In einer Geheiminstruktion schon aus dem Jahr 1819, die wahrhaft luziferischen Geist atmet, steht die Anweisung: “Schmeichelt allen Leidenschaften, den schlechtesten ebenso wie den hochherzigsten…” (62). In einem Brief vom 9. August 1839 lesen wir die Worte: “Wir dürfen das Laster nicht individualisieren; damit es ansteigt zu den Proportionen des Patriotismus und des Hasses gegen die Kirche, müssen wir es verallgemeinern. Der Katholizismus hat nicht mehr Furcht vor einem spitzen Dolch als die Monarchie, aber diese beiden Grundfesten der sozialen Ordnung können unter der Korruption zusammenbrechen; wir jedenfalls lassen uns niemals verderben (corrompre). Machen wir also keine Martyrer, aber popularisieren wir das Laster in den Massen. Was nur immer sie mit den fünf Sinnen erstreben, das soll seine Befriedigung finden … Schafft Herzen voll Laster und ihr werdet keine Katholiken mehr haben. Das ist die Korruption, im Großen, die wir unternommen haben, die Korruption des Volkes durch den Klerus, die des Klerus durch uns, die Korruption, die uns dazu führt, der Kirche das Grab zu schaufeln” (63).

Msgr. Claude Dagens, in der französischen Bischofskonferenz zuständig für den Dialog mit den Freimaurern
In diesem Zeitraum wurde ein Gedanke ausgesprochen, der heute erst seine volle Verwirklichung erlebt. Um all diese Ziele zu erreichen, von denen die Rede war, muß eine “neue Generation geschaffen werden, würdig des Reiches, das wir erträumen. Laßt das Greisenalter und das reifere Alter beiseite; geht zur Jugend und wenn es möglich ist zu den Kindern. Hat sich einmal euer Ruf (réputation) festgesetzt in den Kollegien, Gymnasien, in den Universitäten und Gymnasien, habt ihr einmal das Vertrauen der Professoren und Studierenden gewonnen, dann sorgt dafür, daß diejenigen, die sich in erster Linie im klerikalen Dienst engagieren, gerne zu euren Zusammenkünften kommen. Dieser gute Ruf wird euch den Zugang verschaffen zu den Lehrmeinungen im Schoß des jungen Klerus genau so wie im Innern der Klöster. In einigen Jahren wird dieser junge Klerus dank der Kraft der Dinge alle Funktionen übernehmen … So verkündet ihr eine Revolution an der Tiara und beim Chorrock … eine Revolution, die nur ein ganz klein wenig angestachelt werden muß, um das Feuer an vier Winkeln der Welt anzuzünden ” (64).

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(36) Max Spindler, Handbuch der Bayerischen Geschichte Band II, 1028-1032 (München 1966) S. 1028: “Die Geschichte des Illuminatenordens ist ein Phänomen von europäischer Bedeutung und Wirkung”; vgl. Serge Hutin, Gouvernants invisibles et sociétés secrètes (Editions J’ai lu 1971) kommt immer wieder auf das Illumintatentum zu sprechen.
(37) Bernhard Fay, La Franc-Maçonnerie et la Révolution intellectuelle du XVIIIe siècle (Paris 1961) S. 203.
(38) Pierre Virion, Le Complot (Paris o. J.) S. 46.
Serge Hutin, aaO, S. 4 zitiert Pierre Mariel, L’Europe païenne du XXe siècle, p. 170: “En réalité, de tous temps – et maintenant plus que jamais -, les sociétés secrètes mènent le monde”.
(39) Eugen Lennhoff/Oscar Posner, Internationales Freimaurerlexikon (unveränderter Nachdruck der Ausgabe 1932), Amalthea-Verlag München-Zürich-Wien; – Horst E. Miers, Lexikon des Geheimwissens (Freiburg i. Breisgau 1970); – Kurt Seligmann, Das Weltreich der Magie (Stuttgart 1958).
(40) Pierre Virion, Mystère d’iniquité (Editions St. Michel, St.-Céneré [53] o. J.) S. 2 ff; vgl. auch Virion, Bientôt un gouvernement mondial?, im gleichen Verlag 1968; vgl. auch Léon de Poncins, Christianisme et F… M… (L’Ordre Français, Décembre 1969); La F… M… d’après ses documents secrets Diffusion de la Pensée Française 1972).

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Aus: Bischof Dr. Rudolf Graber, Athanasius und die Kirche unserer Zeit … – kopiert aus dem Blog von  GMM (Dr. Gunther Maria Michel)

Vom scheinbaren Glück der Esoterik zum wahren Glück des Glaubens

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Priesterweihe in Heiligenkreuz: Die Weihekandidaten (Konrad Ludwig, Moses Hamm, Malachias Hirning) und Diakon Riccabona beim feierlichen Einzug

„Endlich konnte ich diese riesige Last, die ich in all den Jahren mit mir schleppte, die immer erdrückender wurde, auf IHN werfen. Ja, ich habe es erfahren: Durch seine Wunden bin ich geheilt.“ Gastbeitrag von Diakon Markus Michael Riccabona

St. Pölten (kath.net) Ich bin in eine Familie hineingeboren worden, in der bereits seit meiner Urgroßmutter an esoterische Lehren geglaubt wurde. Wiedergeburt, „aufgestiegene Meister“, Channelling und Co. waren für mich von Kindesbeinen an selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich wurde ich jedoch auch getauft, ging zur Erstkommunion und erhielt die Firmung. Denn in das synkretistische Weltbild der Esoterik ist vieles integrierbar. Jesus ja, aber er ist nur einer von vielen „Meistern“, die in eine höhere Dimension, in einen höheren Bewusstseinszustand aufgestiegen sind. Er wird jedoch nicht als der eingeborene Sohn Gottes, nicht als persönlicher Heiland, Retter und Erlöser gesehen.

Nach der Pubertät begann ich selbst esoterische Literatur zu lesen, später auch Okkultes, beschäftigte mich mit spiritistischem Pendeln, Sanskrit-Mantras und Runenmagie. In der Mitte meiner Zwanziger traf ich dann eine „spirituelle Lehrerin“, in deren Gruppe ich die so genannte „Metaphysik“, die sich als „esoterisches Christentum“ ausgab, kennen und anwenden lernte. Kern dieser Lehre ist die so genannte Meisterschaft über die Materie, das heißt, dass man sich durch Bewusstseinserhöhung von allen Zwängen und Einschränkungen der materiellen Welt befreit, und sich schließlich in eine höhere Dimension des Daseins erhebt, bis man schließlich selbst zu einem „aufgestiegenen Meister“ wird.

Die von der Esoterik propagierte Selbstvergöttlichung des Menschen wirft ihn aber letztlich auf ihn selbst zurück. Die oberflächliche „Liebes-Aura“ der Esoterik entpuppt sich als tief gehende Täuschung eines kalten, beziehungsunfähigen und daher lieblosen „Gottes“. Die gepriesene Möglichkeit der Selbsterlösung durch Erkenntnis wird zur furchtbaren Verdammung, ohne Gnade und göttliches Erbarmen alles aus eigener Kraft vollbringen zu müssen. Bis zur letzten Konsequenz. Das führt oft zu quälenden seelischen Bedrängnissen bis zu ernsten psychischen Erkrankungen.

Auch ich selbst erlebte einen zunehmenden Erfolgsdruck, zumal sich trotz intensiver Praxis die vorgegebene Beherrschung der Materie nicht einstellen wollte. Die Treffen in der Gruppe wurden immer mehr zu einer Belastung, da ich ja schließlich entsprechen musste. Je nachdem, welchen Fortschritt man in den Augen der Gruppenleiterin erreicht hatte, bekam man besondere Gunsterweise – die den Druck letztlich nur noch weiter verstärkten. Als meine zukünftige Ehefrau in mein Leben trat, wurde es noch enger: Eine Konkurrenz wurde von der Gruppenleiterin nicht geduldet. Meine Partnerin wurde zum Feind erklärt, der einen schlechten Einfluss auf mich ausübe und mich energetisch „hinunterziehe“.

Der Wendepunkt kam bei einer so genannten Visionssuche, einer geführten Auszeit in der Wildnis – alleine, ohne Schutz (Zelt) und ohne Nahrung vier Tage und vier Nächte in der Gebirgswüste des Hoch-Sinai. In einer durch einen brennenden Dornbusch (!) geschwärzten Steinformation fand ich einen vertrockneten Granatapfel – durchbohrt von einem Dorn. Spontan assoziierte ich damit das durchbohrte Herz Jesu Christi. Ich war erschüttert. Als ich in der Feedbackrunde den anderen Teilnehmern und den Leitern meinen Fund präsentierte, meinten diese, dass Granatapfel und Dorn eindeutig Symbole für die Genitalien von Mann und Frau seien. Ich konnte diesen Unsinn nicht fassen. Doch damit begann meine Umkehr.

Nach einer Nacht mit Sandsturm und einer weiteren mit Schneesturm sah ich in der letzten Nacht der Auszeit, der so genannten Visionsnacht, vom Hoch-Sinai auf mein gesamtes bisheriges „Esoterik-Leben“ – und da war nur noch ein großes Fragezeichen: „Was mache ich da überhaupt?“ Mit einem Mal waren alle scheinbaren Sicherheiten, das ganze Weltbild, auf dem mein bisheriges Leben beruht hatte, in Frage gestellt. Doch es war noch ein weiter Weg.

Ein Jahr später wurde ich auf einer Mexiko-Reise von der Vorsehung zu einer Erweckungs-Veranstaltung einer evangelikalen Gruppe geführt. Dort durfte ich – durch reine Gnade – Jesus Christus als den Sohn Gottes, als meinen Heiland und Retter, der mich durch sein Leiden und seinen Tod am Kreuz erlöst hat, erkennen. Ich schaute auf den, den ich durch meine Sünden durchbohrt hatte. Ich schaute auf den lebendigen Granatapfel, das für mich geöffnete Herz Jesu. Trotz dieses Bekehrungserlebnisses war für mich sofort klar, dass die Evangelikalen nicht die Endstation meiner Reise waren. Bei all dem mitreißenden Enthusiasmus war doch zu wenig Tiefe spürbar.

Zurück in Wien, zog mich eine große innere Sehnsucht nach der Eucharistie zu den Sonntagsmessen in die Pfarrkirche Altottakring. Dort wurde an einem Sonntag in der vorösterlichen Bußzeit ein ständiger Diakon in sein Amt eingeführt. Als er am Ambo stand und sich vorstellte, hörte ich eine Stimme in meinem Inneren zu mir sagen: „Das ist deine Aufgabe!“ (Heute weiß ich: Gott schenkt nicht die Gnade der Bekehrung ohne eine Berufung, und keine Berufung ohne konkrete Sendung. Er will, dass wir Menschen – in all unserer Erbärmlichkeit – an seinem Erlösungswerk mitarbeiten.) Damals hatte ich keine Ahnung vom Ständigen Diakonat – Jahre später wurde ich von Kardinal Christoph Schönborn im Dom zu St. Stephan geweiht. Dazwischen lagen aber vor allem: Umkehr, Beichten, intensive geistliche Begleitung und zahlreiche Befreiungsgebete.

Die erste Beichte seit meiner Firmung war dabei der sicher wichtigste Schritt und ein Schlüsselerlebnis. In Altottakring wurde bekannt gegeben, dass ein gewisser Pater Bernhard vom Stift Heiligenkreuz in der Karwoche Beichte hören würde. Ich wusste sofort: Da muss ich hin! Von einem P. Bernhard Vošicky hatte hatte ich bis dahin noch nie etwas gehört, aber Heiligenkreuz war mir schon früher als „sehr katholisch“ bekannt gewesen. Ich dachte mir: Also wenn schon katholisch, dann aber gleich richtig …

Bei der Beichte war wirklich Jesus vor mir. Der HERR. Aus P. Bernhard strahlte eine so überwältigende Liebe, dass ich nur noch weinen und schluchzen konnte. Er nahm meine Hand, und ich war von diesem Strom der Liebe Gottes dermaßen überwältigt, dass ich wusste: Jetzt bin ich zu Hause angekommen. Ich bin da. Endlich, endlich konnte ich diese riesige Last, die ich in all den Jahren mit mir schleppte, die immer größer und erdrückender, ja aussichtslos wurde, auf IHN werfen. Im Bewusstsein, dass ER sie für mich bereits getragen hat. Hinauf auf das Kreuz. Ja, ich habe es erfahren und bezeuge es: Durch seine Wunden bin ich geheilt.

55553Markus Michael Riccabona (Foto) ist ständiger Diakon, verheiratet und Leiter des Referats für Kommunikation der Diözese St. Pölten.

Foto links (c) Elisabeth Fürst
Dieser Beitrag erschien zuerst in „Feuer und Licht“, Nr. 243 Mai 2016.

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Quelle