In der Liebe Jesu bleiben

Ansprache von Papst Franziskus beim Gebet des Regina Caeli am 6. Sonntag der Osterzeit, 9. Mai

Liebe Brüder und Schwestern,

guten Tag!

Im Evangelium dieses Sonntags (Joh 15,9-17) erklärt Jesus, nachdem er sich selbst mit dem Weinstock und uns mit den Reben verglichen hat, welche Frucht diejenigen bringen, die mit ihm verbunden bleiben: diese Frucht ist die Liebe. Er greift das Schlüsselwort wieder auf: bleiben. Er lädt uns ein, in seiner Liebe zu bleiben, damit seine Freude in uns sei und unsere Freude vollkommen werde (V. 9-11). In der Liebe Jesu bleiben.

Wir fragen uns: Was ist diese Liebe, von der

Jesus uns sagt, dass wir in ihr bleiben sollen, um seine Freude zu haben? Was ist diese Liebe? Es ist die Liebe, die ihren Ursprung im Vater hat, denn »Gott ist Liebe« (1 Joh 4,8). Diese Liebe Gottes, des Vaters, fließt wie ein Strom in Jesus, dem Sohn, und erreicht durch ihn uns, seine Geschöpfe. Denn er sagt: »Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt« (Joh 15,9). Die Liebe, die Jesus uns schenkt, ist die gleiche Liebe, mit der der Vater ihn liebt: reine, bedingungslose, ohne Gegenleistung geschenkte Liebe. Sie kann nicht gekauft werden; sie ist unentgeltlich. Indem Jesus sie uns schenkt, behandelt er uns als Freunde – mit dieser Liebe –, lässt uns so den Vater erkennen und bezieht uns in seine eigene Sendung für das Leben der Welt ein.

Und dann können wir uns die Frage stellen, wie das geht, in dieser Liebe zu bleiben? Jesus sagt: »Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben« (V. 10). Seine Gebote fasst Jesus in einem einzigen Gebot zusammen, nämlich »dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe« (V. 12). Zu lieben, wie Jesus liebt, bedeutet, sich in den Dienst zu stellen, in den Dienst der Brüder und Schwestern, so wie er es getan hat, als er den Jüngern die Füße wusch. Es bedeutet auch, aus sich selbst herauszugehen, sich von den eigenen menschlichen Sicherheiten, von den weltlichen Annehmlichkeiten zu lösen, um sich für andere zu öffnen, vor allem für die, die am bedürftigsten sind. Es bedeutet, dass wir uns zur Verfügung stellen, mit dem, was wir sind und was wir haben. Das heißt, nicht mit Worten, sondern mit Taten zu lieben.

Zu lieben wie Christus bedeutet, nein zu sagen zu anderen »Lieben«, die die Welt uns vorschlägt: Liebe zum Geld – wer Geld liebt, liebt nicht wie Jesus – Liebe zum Erfolg, zur Eitelkeit, zur Macht… Diese trügerischen Arten der »Liebe« entfernen uns von der Liebe des Herrn und führen dazu, dass wir immer egoistischer, narzisstischer und überheblicher werden. Und die Arroganz führt zu einer Entartung der Liebe, dazu, andere zu missbrauchen, den geliebten Menschen leiden zu lassen. Ich denke an die kranke Liebe, die in Gewalt umschlägt – und wie viele Frauen sind heute Opfer von Gewalt! Das ist keine Liebe. Zu lieben, wie der Herr uns liebt, bedeutet, den Menschen an unserer Seite zu schätzen, seine Freiheit zu respektieren, ihn so zu lieben, wie er ist, nicht wie wir ihn haben wollen; wie er ist, ohne Gegenleistung. Letztlich bittet uns Jesus, in seiner Liebe zu bleiben, in seiner Liebe zu wohnen, nicht in unseren Ideen, nicht indem wir uns selbst vergötzen. Wer in der Selbstvergötterung bleibt, lebt im Spiegel: immer sich selbst betrachtend. Er fordert von uns, die Anmaßung hinter uns zu lassen, andere zu kontrollieren und über sie zu bestimmen. Nicht kontrollieren, ihnen dienen. Unser Herz für die anderen zu öffnen, das ist Liebe, und uns selbst den anderen zu schenken.

Liebe Brüder und Schwestern, wohin führt dieses Bleiben in der Liebe des Herrn? Wohin führt es uns? Jesus sagt uns: »Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird« (V. 11). Und die Freude, die der Herr besitzt, weil er in völliger Gemeinschaft mit dem Vater ist, soll auch in uns sein, insofern wir mit ihm vereint sind. Die Freude darüber, dass wir uns trotz unserer Untreue von Gott geliebt wissen, lässt uns den Prüfungen des Lebens mit Glauben begegnen, lässt uns durch die Krisen gehen, um besser aus ihnen hervorzugehen. Darin, diese Freude zu leben, besteht unser wahres Zeugnis, denn die Freude ist das Erkennungsmerkmal des wahren Christen. Der wahre Christ ist nicht traurig, er hat immer diese Freude in sich, auch in schlechten Zeiten.

Möge die Jungfrau Maria uns helfen, in der Liebe Jesu zu bleiben und in der Liebe zu allen zu wachsen, indem wir die Freude des auferstandenen Herrn bezeugen.

Nach dem Regina Caeli sagte der Papst:

Heute wurde in Agrigent Rosario Angelo Livatino seliggesprochen, Märtyrer der Gerechtigkeit und des Glaubens. In seinem Dienst an der Gemeinschaft als unbestechlicher Richter, der sich nie korrumpieren ließ, bemühte er sich, Recht zu sprechen, nicht um zu strafen, sondern um zu retten. Seine Arbeit stellte er immer »unter den Schutz Gottes«, deshalb wurde er bis hin zum heroischen Tod ein Zeuge des Evangeliums. Möge sein Beispiel für alle, insbesondere für die Richter und Staatsanwälte, ein Ansporn sein, loyale Verteidiger der Legalität und der Freiheit zu sein. Einen Applaus für den neuen Seligen!

Ganz herzlich grüße ich euch alle, die Römer und die Pilger. Vielen Dank für euer Kommen! Ein besonderer Gruß gilt den Menschen, die an Fibromyalgie leiden: Ich bringe meine Verbundenheit mit ihnen zum Ausdruck und hoffe, dass die Aufmerksamkeit für diese bisweilen vernachlässigte Krankheit wachsen möge.

Und die Mütter dürfen nicht fehlen! An diesem Sonntag wird in vielen Ländern der Muttertag gefeiert. Wir grüßen alle Mütter der Welt, auch die, die nicht mehr unter uns sind. Ein Applaus für die Mütter!

Ich wünsche allen einen schönen Sonntag. Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!

_______

L´Osservatore Romano 19/2021

Regina Coeli: „Jesus akzeptiert uns so, wie wir sind“

Bei seinen Überlegungen zum IV. Sonntag der Osterzeit ging der Papst wie üblich von der Liturgie des Tages aus. Diese führe weiter aus, wie wir „unsere Identität als Jünger des auferstandenen Herrn“ wiederentdecken könnten, stieg Franziskus in seine Katechese ein. Zahlreiche Pilger waren bei strahlendem Sonnenschein auf dem Petersplatz versammelt, um mit dem Papst das Mittagsgebet zu beten.

Christine Seuss – Vatikanstadt

In der Apostelgeschichte, so der Papst, erkläre Petrus ganz offen, dass die Heilung des Gelähmten im Namen Jesu erfolgt sei, denn „in keinem anderen ist das Heil zu finden.“ „In diesem geheilten Mann findet sich jeder von uns, finden sich unsere Gemeinschaften: jeder kann von vielen Formen spirituellen Siechtums geheilt werden – Ehrgeiz, Faulheit, Stolz – wenn er akzeptiert, das eigene Dasein vertrauensvoll in die Hände des auferstandenen Herrn zu legen.“ Doch wer ist eigentlich der Christus, der „heilt“, und auf welche Weise wird man von ihm geheilt, fragte Franziskus mit Blick auf die beschriebene Szene der Apostelgeschichte. Die Antwort, so fuhr er fort, liege im Evangelium, das vom „Guten Hirten“ berichtet.

„Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe,“ heißt es da. „Diese Selbstvorstellung von Jesus kann nicht auf eine gefühlmäßige Suggestion reduziert werden, die keine konkreten Folgen hat! Jesus heilt dadurch, dass er Hirte ist, der sein Leben gibt. Indem er sein Leben für uns hingibt, sagt Jesus zu jedem von uns: ,dein Leben zählt so viel für mich, dass ich mich ganz hingebe, um es zu retten.´“

Im zweiten Teil des Evangeliums werde erläutert, zu welchen Bedingungen Jesus uns heilen und unser Leben „freudig und fruchtbar“ machen könne. Er sei der Gute Hirte, der seine Schafe kenne – ebenso wie seine Schafe ihn kennen würden: „Jesus spricht nicht von einer Bekanntschaft, sondern von einer persönlichen Beziehung, von einer Vorliebe, von gegenseitiger Zärtlichkeit, die ein Widerschein der innigen Liebesbeziehung zwischen ihm und dem Vater ist.“ Dieses „sich Kennenlernen lassen“ sei der Weg, wie sich eine lebendige und persönliche Beziehung mit Jesus eingehen lasse: „Er passt auf jeden von uns auf, kennt unser Herz bis auf den Grund: er kennt unsere Vorzüge und Mängel, die Projekte, die wir realisiert haben und die Hoffnungen, die enttäuscht wurden. Aber er akzeptiert uns so, wie wir sind, er führt uns mit Liebe, auf dass wir auch unwegsame Straßen überwinden können, ohne uns zu verlieren.“

Doch auch wir seien dazu aufgerufen, Jesus kennenzulernen, betonte Franziskus. Dies bedeute eine Begegnung, die den Wunsch in uns erwecke, ihm unter Überwindung unserer selbstbezogenen Verhaltensweisen auf dem Weg zu folgen, den er selbst uns aufzeige. „Wenn in unseren Gemeinschaften der Wunsch abkühlt, die Beziehung mit Jesus zu leben, seine Stimme zu hören und ihm treu zu folgen, dann ist es unvermeidlich, dass andere Arten zu leben und zu denken die Überhand gewinnen, die nicht in Einklang mit dem Evangelium stehen.“

_______

Quelle

Papst Franziskus: „Eine positive Idee von unserem Körper haben“

Papst Franziskus beim Regina Coeli am Sonntag

Die nicht zu trennende Union zwischen Körper und Seele stand im Zentrum der Überlegungen des Papstes beim Regina Coeli-Gebet an diesem Sonntag. Bei trüben Wetter hatten sich zahlreiche Pilger auf dem Petersplatz versammelt, um mit dem Papst das Mittagsgebet zu beten.

Christine Seuss – Vatikanstadt

Das Evangelium dieses Sonntags, so Papst Franziskus, stelle den Auferstandenen vor, der sich seinen Jüngern zeigt. „Friede sei mit euch“, so der Gruß Jesu an seine verstörten und besorgten Genossen. Hier handele es sich nicht nur um den inneren Frieden, sondern auch um den Frieden, der in den zwischenmenschlichen Beziehungen geschaffen wird. „Die Episode, die der Evangelist Lukas erzählt, betont stark den ,Realismus der Auferstehung´. In der Tat handelt es sich nicht um eine Erscheinung der Seele Jesu, sondern um seine Realpräsenz mit dem auferstandenen Körper.“

Jesus nehme sehr wohl war, dass seine Jünger durch sein Auftauchen verstört seien, denn die Wirklichkeit der Auferstehung sei ihnen nicht zugänglich. Sie seien davon überzeugt, einen Geist zu sehen: „Aber der auferstandene Jesus ist kein Geist, er ist ein Mann mit Körper und Seele. Deshalb sagt er zu ihnen: ,Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht.´“ Um den immer noch fassungslosen Jüngern das Begreifen zu erleichtern, bitte Jesus auch um etwas zu essen und verzehre den ihm angebotenen Fisch vor ihren Augen.

“ Die Betonung, die Jesus auf die Realität seiner Auferstehung legt, wirft ein Schlaglicht auf die christliche Auffassung vom Körper: dieser ist nicht ein Hindernis oder ein Gefängnis der Seele ”

„Die Betonung, die Jesus auf die Realität seiner Auferstehung legt, wirft ein Schlaglicht auf die christliche Auffassung vom Körper: dieser ist nicht ein Hindernis oder ein Gefängnis der Seele“, betonte der Papst. „Der Körper ist von Gott geschaffen und der Mensch ist nicht komplett ohne die Einheit von Körper und Geist. Jesus, der den Tod besiegt hat und in Körper und Geist auferstanden ist, lässt uns verstehen, dass wir eine positive Idee von unserem Körper haben müssen.“

Der Körper könne durchaus eine Gelegenheit oder ein Werkzeug zur Sünde darstellen, betonte Franziskus, doch diese sei nicht durch den Körper verursacht, sondern durch unsere „moralische Schwäche“. Der Körper sei vielmehr ein „wundervolles Geschenk“ Gottes, der in Verbindung mit der Seele dazu bestimmt sei, die Gottesähnlichkeit des Menschen auszudrücken. Deshalb seien wir dazu gerufen, nicht nur unseren, sondern auch den Körper der anderen zu respektieren und Sorge für ihn zu tragen.

_______

Quelle

Regina Coeli im Zeichen von Fatima

Papst beim Regina Coeli

Auch einen Tag nach der Rückkehr aus Fatima ging es im Vatikan an diesem Sonntag um den portugiesischen Marienwallfahrtsort: Am Vormittag besuchte der Papst die römische Marienbasilika Santa Maria Maggiore, um bei der Muttergottes für die zweitägige Reise nach Portugal zu danken. Vor dem Marienbild „Salus populi romani“ verweilte er rund 20 Minuten still und legte weiße Rosen vor der Ikone nieder. Beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz sagte der Papst, dass er mit seinem Besuch in Fatima, um den mütterlichen Schutz Marias für die ganze Welt erbeten habe. Auch erinnerte er an die beiden neuen Heiligen Francisco und Jacinta Marto, die Beispiele der Treue zu Christus und des Zeugnisses für das Evangelium seien. Sie riefen die Gläubigen zur Umkehr auf.

Das „Regina Coeli“ habe als Mariengebet eine besondere Bedeutung, so der Papst. Auch in Fatima habe das Gebet eine große Rolle gespielt, er sei dort mit den Gläubigen „ins Gebet eingetaucht“. Es sei ihm darum gegangen, den mütterlichen Schutz zu erbitten und erinnerte hierbei auch an den Muttertag, der weltweit an diesem Sonntag gefeiert wird. Nach dem Mittagsgebet ging der Papst auch auf die Bedeutung des Lebensschutzes ein, der besonders gut zum Muttertag passe, da die Frauen das Geschenk des Lebens weiter geben dürfen.

Ein weiteres Stichwort beim „Regina Coeli“ lautete „Frieden“: Er sei nach Fatima gereist, um für den Frieden zu beten. Er sei nach Portugal als Pilger der Hoffnung und des Friedens gereist, so Franziskus in seiner Ansprache.

Während seines zweitägigen Aufenthalts in Fatima am Freitag und Samstag habe es mehrere Momente des Gebets gegeben. Da habe sich eine „besondere Atmosphäre“ gebildet. Doch immer sei es um die Botschaft der Liebe Gottes gegangen. Der auferstandene Herr sei immer präsent gewesen, gerade in der Eucharistie sei er immer gegenwärtig, aber auch unter den Kranken, die in Fatima „die eigentlichen Protagonisten“ waren und sind.

Über die beiden neuen Heiligen – die zwei Seher-Kinder Francisco und Jacinta Marto – die mit Lucia, vor genau 100 Jahren die ersten Marienerscheinungen erlebt hätten, sagte der Papst, dass sie insofern für die heutigen Gläubigen Vorbilder seien, da sie nicht nur die Botschaft der Muttergottes wahrgenommen hätten sondern auch danach lebten. Deshalb sei die Heiligsprechung von Francisco und Jacinta als „Beispiel für die Treue zu Christus“ zu verstehen. Auch seien sie „wahre Zeugen für das Evangelium“. Es handelte sich um die ersten Kinder, die nicht wegen eines Martyriums heiliggesprochen wurden. Deshalb wolle er der Kirche die Leiden und Sorgen aller Kinder ans Herz legen. Die Seher-Kinder hätten die Menschen zur Umkehr und Buße aufgerufen und diesen Aufruf gelte heute noch: Auch die heutigen Gläubigen sollen weiterhin „um die Gnade der Umkehr flehen, wie auch um das Ende der vielen Kriege sowie der absurden kleinen und großen Konflikte, die das Antlitz der Menschheit entstellen“.

Nach dem Mittagsgebet bat der Papst der Gottesmutter als „Königin des Friedens“, um das Ende von den Kriegen, die besonders im Nahen Osten wüteten. Dort seien etliche Menschen hart geprüft und zwar nicht nur Christen und Moslems. Namentlich nannte Franziskus die Jesiden, eine von Islamisten im Irak verfolgte Religionsgemeinschaft als verfolgte Minderheit. Nur der Weg des Dialogs und der Geschwisterlichkeit könne eine Zukunft der Sicherheit und des Friedens ermöglichen.

(rv 14.05.2017 mg)