Pope Paul VI, breaking with tradition, donated his Papal tiara to the poor

… dafür, die Regeln für die #Papstwahl dringend zu reformieren.

„Dafür nicht der geeignete Ort“: Papst Franziskus äußert sich zur Homosexualität im Klerus

„Es ist besser, das Amt oder das geweihte Leben zu verlassen, als ein Doppelleben zu führen.“

MADRID , 01 December, 2018 / 8:11 AM (CNA Deutsch).- 

Zur Frage der Homosexualität im Klerus äußert sich Papst Franziskus in einem neuen Buch, das nächste Woche erscheint. 

Der Pontifex spricht darin über die Herausforderungen für geistliche und religiöse Berufe.

„Die Frage der Homosexualität ist ein sehr ernstes Thema, das von Anfang an bei den Kandidaten richtig berücksichtigt werden muss, wenn das der Fall ist. Wir müssen anspruchsvoll sein. In unseren Gesellschaften scheint es sogar, dass Homosexualität in Mode ist und dass die Mentalität in gewisser Weise auch das Leben der Kirche beeinflusst“, sagt der Papst in dem Buch „Die Kraft der Berufung“, das am 3. Dezember in zehn Sprachen in den Handel kommt.

In einem Auszug in spanischer Sprache, der bei Religión Digital vorgestellt wurde, sagt der Pontifex, dass er sich Sorgen um die Frage der Bewertung und Ausbildung von Menschen mit homosexuellen Tendenzen im Klerus und geweihten Leben macht. „Das ist etwas, das mich beunruhigt, denn vielleicht hat es einmal nicht viel Aufmerksamkeit erhalten“, sagte er.

Franziskus sagt, dass bei Kandidaten für das Priestertum oder das Ordensleben „mit großer Sorgfalt auf die menschliche und affektive Reife“ geachtet werden muss im Rahmen der Ausbildung. „Wir müssen ernsthaft unterscheiden, und auf die erfahrene Stimme der Kirche hören. Wenn nicht darauf geachtet wird, all dies zu erkennen, nehmen die Probleme zu. Wie ich bereits sagte, kann es vorkommen, dass jemand vielleicht nicht [diese Tendenz] zuerst zeigt, aber später kommt es heraus.“

„Das Thema Homosexualität ist ein sehr ernstes Thema, das von Anfang an bei den Kandidaten angemessen berücksichtigt werden muss, wenn es der Fall ist“, bekräftigt der Papst.

Franziskus schildert, dass er einmal „einen etwas skandalisierten Bischof hatte, der mir erzählte, dass er herausgefunden hatte, dass es in seiner Diözese, einer sehr großen Diözese, mehrere homosexuelle Priester gab und dass er sich mit all dem auseinandersetzen musste, indem er vor allem in den Ausbildungsprozess eingriff, um in Zukunft andere Geistliche auszubilden“.

„Das ist eine Realität, die wir nicht leugnen können. Auch im geweihten Leben gibt es keinen Mangel an Fällen. Ein Ordensangehöriger erzählte mir, dass er bei einem kanonischen Besuch in einer der Provinzen seiner Kongregation überrascht war. Er sah, dass es gute junge Studenten gab und sogar einige bereits bekannte Ordensleute, die schwul waren“, so Franziskus.

Der Papst fährt fort, dass die Ordensleute „sich fragten, ob es sich dabei um ein Problem handelt, und mich fragten, ob damit etwas nicht stimmt“. Ein führender Ordensvertreter habe ihm gesagt, dass das Problem nicht „so ernst ist, es ist nur Ausdruck einer Zuneigung“.

„Das ist ein Fehler“, warnt Franziskus. „Es ist nicht nur ein Ausdruck einer Zuneigung. Deshalb empfiehlt die Kirche, dass Menschen mit einer solchen tief verwurzelten Tendenz nicht in den Dienst oder das geweihte Leben aufgenommen werden. Das Amt oder das geweihte Leben ist dafür nicht der geeignete Ort.“

Wir müssen „homosexuell empfindende Priester und Ordensleute auffordern, das Zölibat mit Integrität zu leben, und vor allem, dass sie tadellos verantwortlich sind und versuchen, weder ihre Gemeinschaften noch das treue heilige Volk Gottes durch ein Doppelleben zu skandalisieren. Es ist besser für sie, das Amt oder das geweihte Leben zu verlassen, als ein Doppelleben zu führen.“

Der Papst wird im Buch gefragt, ob es Grenzen gibt, was in der Ausbildung toleriert werden kann.

„Natürlich. Wenn es Kandidaten mit Neurosen gibt, mangelnder Ausgeglichenheit, die auch mit therapeutischer Hilfe schwer zu lösen sind, sollten sie weder ins Priestertum noch ins Ordensleben aufgenommen werden, ihnen sollte geholfen werden, eine andere Richtung einzuschlagen (aber man sollte sie nicht aufgeben). Sie sollten geführt werden, aber sie sollten nicht zugelassen werden. Denken wir immer daran, dass sie Menschen sind, die im Dienst der Kirche, der christlichen Gemeinschaft, des Volkes Gottes leben werden. Vergessen wir diese Perspektive nicht. Wir müssen uns um sie kümmern, damit sie psychologisch und affektiv gesund sind“, antwortet der Papst.

Das Buch ist die Abschrift eines Interviews, das Pater Fernando Prado führte, Leiter von Publicaciones Claretianas in Madrid. 

Übersetzt und redigiert aus dem spanischen Original.

Koch: Katholiken und Orthodoxe können voneinander lernen

Der Ökumene-Verantwortliche des Papstes, Kardinal Kurt Koch, plädiert dafür, dass Katholiken und Orthodoxe voneinander lernen. Vor allem in Sachen Synodalität könne sich die katholische Kirche von ihren orthodoxen Geschwistern einiges abschauen.

Das sagte der Präsident des päpstlichen Einheitsrates jetzt bei einem Besuch in Salzburg. Im Spiegel der Tradition der orthodoxen Kirchen werde die katholische Kirche eingestehen müssen, dass sie in ihrem Leben und in ihren Strukturen noch nicht jenes Maß an Synodalität ausgebildet habe, „das theologisch möglich und notwendig wäre“.

Koch hielt einen Festvortrag beim 35-Jahr-Jubiläum der Sektion Salzburg der Stiftung „Pro Oriente“. Dabei sprach er sich für eine glaubwürdige Verbindung der Prinzipien Primat und Synodalität aus: Es könne, falls es gelänge, eine wesentliche Hilfe für das weitere ökumenische Gespräch mit der Orthodoxie sein.

„Die jeweiligen starken Seiten beider Kirchen miteinander ins Gespräch bringen“

Kardinal Koch hob gleichzeitig hervor, dass der theologische Dialog aber nur dann in die Zukunft führen werde, wenn „die jeweiligen starken Seiten beider Kirchen miteinander ins Gespräch gebracht werden“. Dies sollte in der „Hoffnung auf Lernbereitschaft auf beiden Seiten“ und in der „Bewährung des Grundprinzips des ökumenischen Dialogs“ geschehen, „das im gegenseitigen Austausch von Gaben besteht, in dem von den ‚Anderen‘ gelernt werden kann“.

Für Papst Franziskus sei es evident, dass das katholische Engagement, eine synodale Kirche aufzubauen, große Auswirkungen auf die Ökumene hat und auch eine „neue Sicht auf den Primat des Bischofs von Rom“ ermöglicht, stellte Kardinal Koch fest. Auf der anderen Seite werde man von den orthodoxen Kirchen erwarten dürfen, dass sie im ökumenischen Dialog lernen, „dass ein Primat auch auf der universalen Ebene nicht nur möglich und theologisch legitim, sondern auch notwendig ist“, betonte Kardinal Koch in Salzburg.

Primat und Synodalität verbinden

Die innerorthodoxen Spannungen und Konflikte, die vor allem beim orthodoxen Konzil auf Kreta 2016 deutlich zum Ausdruck gekommen seien, legten nahe, „auch auf der universalen Ebene der Kirche über ein Amt der Einheit nachzudenken“. Den orthodoxen Kirchen sei auch die Einsicht zuzumuten, dass ein solches Amt der Einheit „mehr sein muss als ein reiner Ehrenprimat“. Dieses Amt müsse auch „rechtliche Elemente“ einschließen.

Ein ökumenischer Austausch der Gaben zwischen Ost und West könne sich auch in „noch grundlegenderen theologischen Fragen“ als fruchtbar erweisen. Der Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen nannte als Beispiel die Tatsache, dass in der westlichen Tradition in der Neuzeit die „kosmische Dimension des christlichen Glaubens und theologischen Denkens weithin aus dem Bewusstsein entschwunden ist“. Stattdessen gebe es eine starke Anthropozentrik, es werde nur mehr über den Menschen nachgedacht, während das östliche Christentum die Erlösung des Menschen und die Erlösung der Natur nie voneinander getrennt habe.

Die kosmische Dimension

Die Auswirkungen der Ausblendung der kosmischen Dimension zeigten sich auch im Verständnis des Gottesdienstes, so Kardinal Koch. In der westlichen Tradition liege in der liturgischen Praxis und in der Liturgiewissenschaft der Akzent weitgehend auf der Versammlung der Gemeinde und folglich auch auf der Frage, wie die Liturgie zu gestalten ist, sodass sie dem Glaubensbewusstsein der Gemeinde entspricht. Im Unterschied zu dieser forcierten Konzentration der Liturgie auf die Gemeindeperspektive werde die Liturgie in der ostkirchlichen Tradition vorrangig als ein „kosmisches Geschehen“ verstanden.

Wörtlich stellte Kardinal Koch fest: „Im ostkirchlichen Verständnis ist Liturgie sehr viel mehr als die Zusammenkunft einer mehr oder weniger großen Gemeinschaft von Menschen. Sie wird vielmehr in die Weite des Kosmos hinein gefeiert, sie umgreift Geschichte und Schöpfung“. Die Feier der Eucharistie werde nicht einfach als historischer Rückblick auf das Letzte Abendmahl verstanden, sondern als Vorwegfeier der Vollendung des Kosmos und der Verherrlichung Gottes.

Auf die ökologische Herausforderung aus der Kernmitte des Glaubens antworten

Die Christen des Westens sollten diese kosmische Dimension des Glaubens und des theologischen Denkens neu entdecken und sich von der orthodoxen Theologie bereichern lassen, vor allem im Hinblick auf die Sorge um die bedrohte Schöpfung, stellte Kardinal Koch fest. Auf diesem Hintergrund sei es wahrscheinlich kein Zufall, dass sich der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., so sehr für die Bewahrung der Schöpfung engagiere und als „grüner Patriarch“ gelte. Denn auf die ökologische Herausforderung müsse eine „Antwort aus der Kernmitte des christlichen Glaubens“ erfolgen.

Kardinal Koch dankte der Salzburger „Pro Oriente“-Sektion für ihren „großen Dienst des Dialogs der Liebe und des Dialogs der Wahrheit“ mit dem Ziel der Wiedergewinnung der „einen und ungeteilten Kirche“. Bei der – coronabedingt eingeschränkten – 35-Jahr-Feier hob der Salzburger Erzbischof Franz Lackner die Absicht seines Vorgängers Karl Berg hervor, „die ökumenische Intention des Zweiten Vatikanischen Konzils“ im diözesanen Bereich fortzuführen. Es sei eine „bahnbrechende Leistung“ gewesen, die Überzeugungen des Konzils auf die diözesane Ebene zu übertragen.

„Pro Oriente“-Präsident Alfons M. Kloss bezeichnete die Salzburger Sektion der Stiftung als eine „sehr dynamische und eigenständige Kraftquelle“. So wie Österreich föderal aufgebaut sei, lebe auch „Pro Oriente“ durch die Sektionen in Salzburg, Graz und Linz in einer Struktur von Einheit in der Vielfalt. Gerade ein Jubiläum wie der 35. Jahrestag der Gründung der Salzburger „Pro Oriente“-Sektion sei aber auch eine gute Gelegenheit, um vorauszublicken. „Pro Oriente“ müsse sich in „einer so fragilen Welt“ wie heute sehr deutlich orientieren und auf die Bedürfnisse der Zeit ausrichten, so Kloss. Auf der Basis des Erreichten sei die Frage zu stellen, was die „mission“ von „Pro Oriente“ angesichts der Welt von heute und ihrer Fragestellungen sein muss. Aufbauend auf der wertvollen Arbeit der Vorgängerinnen und Vorgänger laufe derzeit ein „Zukunftsprozess“ für „Pro Oriente“. Ein Leitstrahl sei dabei ein Wort von Papst Franziskus: „gemeinsam vorangehen“ („camminare insieme“) mit den Schwesterkirchen, im Gebet, in der Aktivität, im christlichen Zeugnis in der Welt von heute.

(poi – sk)

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Primat und Unfehlbarkeit

150. Jahrestag der Dogmatischen Konstitution »Pastor Aeternus« des Ersten Vatikanischen Konzils

Statue des heiligen Petrus von Giuseppe de Fabris, die 1847 auf Wunsch von Papst Pius IX. auf dem Petersplatz in Rom aufgestellt wurde.

Vor 150 Jahren, am 18. Juli 1870, wurde die Konstitution Pastor Aeternus veröffentlicht. Darin wurden die beiden Dogmen des päpstlichen Primats und der Unfehlbarkeit des Papstes definiert.

Lange und lebhafte Debatten

Die Dogmatische Konstitution wurde von den 535 anwesenden Konzilsvätern einstimmig angenommen, »nach langen, heftigen und lebhaften Debatten«, wie Paul VI. im Rahmen einer Generalaudienz sagte, in der er jenen Tag als »einen dramatischen Teil des Lebens der Kirche« definierte, der »jedoch deshalb nicht weniger klar und endgültig« sei (Generalaudienz, 10. Dezember 1969). 83 Konzilsväter nahmen nicht an der Abstimmung teil. Die Approbation des Textes erfolgte am letzten Tag des Ersten Vatikanischen Konzils, das aufgrund des Deutsch-Französischen Krieges, der am 19. Juli 1870 begann, ausgesetzt und infolge der Einnahme von Rom durch die italienischen Truppen am 20. September desselben Jahres, die das Ende des Kirchenstaates bedeutete, »sine die« vertagt wurde. Die Konstitution spiegelt eine Mittelposition zwischen den verschiedenen Reflexionen der Teilnehmer wider, indem sie zum Beispiel ausschloss, die Definition der Unfehlbarkeit in ganzem Umfang auch auf die Enzykliken oder andere lehramtliche Dokumente zu übertragen. Auf die im Konzil zutage getretenen Gegensätze folgte die Abspaltung der Altkatholiken, die das Dogma über das unfehlbare Lehramt des Papstes nicht annehmen wollten.

Die Lehre von der Vernünftigkeit und der Übernatürlichkeit des Glaubens

Die beiden Dogmen wurden nach dem Dogma über die Vernünftigkeit und die Übernatürlichkeit des Glaubens verkündigt, das in der anderen Dogmatischen Konstitution des Ersten Vatikanischen Konzils, Dei Filius vom 24. April 1870, enthalten ist. In dem Text heißt es, dass »Gott, der Ursprung und das Ziel aller Dinge, mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft aus den geschaffenen Dingen gewiss erkannt werden kann; ›das Unsichtbare an ihm wird nämlich seit der Erschaffung der Welt durch das, was gemacht ist, mit der Vernunft geschaut [Röm 1,20]‹«. Dieses Dogma – so Paul VI. in der Generalaudienz von 1969 – erkennt an, dass »die menschliche Vernunft aus eigener Kraft zur gewissen Erkenntnis des Schöpfers durch die Geschöpfe gelangen kann. So verteidigt die Kirche im Zeitalter des Rationalismus den Wert der Vernunft«, indem es einerseits »die Überlegenheit der Offenbarung und des Glaubens über die Vernunft und ihre Fähigkeiten« postuliert, andererseits jedoch erklärt, dass es »keinen Gegensatz zwischen Glaubenswahrheit und Vernunftwahrheit geben kann, da Gott der Quell sowohl der einen als auch der anderen ist«.

Das Dogma über den Primat

In der Dogmatischen Konstitution Pastor Aeternus ruft Pius IX. (1846-1878) vor der Verkündigung des Dogmas über den Primat das Gebet Jesu zum Vater in Erinnerung, dass seine Jünger »eins« sein sollen: Petrus und seine Nachfolger sind »ein dauerhaftes Prinzip« und »ein sichtbares Fundament« der Einheit der Kirche. Daher sagt er feierlich: »Deshalb lehren und erklären Wir, dass gemäß den Zeugnissen des Evange­liums der Jurisdiktionsprimat über die gesamte Kirche Gottes von Christus, dem Herrn, unmittelbar und direkt dem seligen Apostel Petrus verheißen und übertragen wurde. […] Was aber der Fürst der Hirten und große Hirt der Schafe, der Herr Christus Jesus, im seligen Apostel Petrus zum ewigen Heil und immerwährenden Wohl der Kirche eingesetzt hat, das muss auf sein Geheiß hin in der Kirche, die, gegründet auf dem Felsen, bis zum Ende der Zeiten sicher stehen wird, beständig fortdauern. […] Daher hat jeder, der auf diesem Stuhle Petrus nachfolgt, gemäß der Einsetzung Christi selbst den Primat des Petrus über die gesamte Kirche inne. […] Ihr gegenüber sind die Hirten und Gläubigen jeglichen Ritus und Ranges – sowohl einzeln für sich als auch alle zugleich – zu hierarchischer Unterordnung und wahrem Gehorsam verpflichtet, nicht nur in Angelegenheiten, die den Glauben und die Sitten, sondern auch solchen, die die Disziplin und Leitung der auf dem ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche betreffen, so dass durch Wahrung der Einheit sowohl der Gemeinschaft als auch desselben Glaubensbekenntnisses mit dem Römischen Bischof die Kirche Christi eine Herde unter einem obersten Hirten sei [vgl. Joh 10,16]. Dies ist die Lehre der katholischen Wahrheit, von der niemand ohne Schaden für Glauben und Heil abweichen kann.«

Eröffnung des Ersten Vatikanischen Konzils am 8. Dezember 1869 auf einer zeitgenössischen Darstellung.

Das unfehlbare Lehramt des Papstes

Im Primat des Papstes – schreibt Pius IX. – ist »auch die höchste Vollmacht des Lehramtes enthalten«, die Petrus und seinen Nachfolgern »zum Heile aller« verliehen wurde, wie »der ständige Brauch der Kirche« beweist. »Da sich aber gerade in dieser Zeit, in der die heilbringende Wirksamkeit des Apostolischen Amtes am meisten erforderlich ist, nicht wenige finden, die seiner Autorität Abbruch tun, erachten Wir es für durchaus notwendig, das Vorrecht, das der einziggeborene Sohn Gottes mit der höchsten Hirtenpflicht zu verbinden sich herabgelassen hat, feierlich zu erklären. Indem Wir uns deshalb der vom Anfang des christlichen Glaubens an empfangenen Überlieferung getreu anschließen, lehren Wir mit Zustimmung des heiligen Konzils zur Ehre Gottes, unseres Erlösers, zur Erhöhung der katholischen Religion und zum Heile der christlichen Völker und entscheiden, dass es ein von Gott geoffenbartes Dogma ist: Wenn der Römische Bischof ›ex cathedra‹ spricht, das heißt, wenn er in Ausübung seines Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen kraft seiner höchsten Apostolischen Autorität entscheidet, dass eine Glaubens- oder Sittenlehre von der gesamten Kirche festzuhalten ist, dann besitzt er mittels des ihm im seligen Petrus verheißenen göttlichen Beistands jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser« seine Kirche bei der Definition der Glaubens- oder Sittenlehre ausgestattet sehen wollte; und daher sind solche Definitionen des Römischen Bischofs aus sich, nicht aber aufgrund der Zustimmung der Kirche unabänderlich.«

Wann tritt die Unfehlbarkeit ein?

Johannes Paul II. hat den Sinn und die Grenzen der Unfehlbarkeit in der Generalaudienz vom 24. März 1993 erläutert, indem er sagte: »Jedoch ist es klar«— so bekräftigte er, — »dass die Unfehlbarkeit dem römischen Papst nicht als Privatperson gegeben ist, sondern wenn er als Hirt und Lehrer aller Christen seines Amtes waltet. Er übt sie auch nicht aus, weil er die Vollmacht in und von sich selbst hat, sondern ›in höchster, apostolischer Amtsgewalt‹ und ›aufgrund des göttlichen Beistandes, der ihm im heiligen Petrus verheißen ist‹. Schließlich besitzt er sie nicht so, als könnte er sie unter allen Umständen über sie verfügen oder auf sie zählen, sondern nur wenn er ›in höchster Lehrgewalt [ex cathedra] spricht‹ und nur in einem Berich, der sich auf die Glaubens- und Sittenlehre und die damit eng verbundenen Wahrheiten beschränkt. (…) Der Papst muss als ››Hirt und Lehrer aller Christen‹ handeln, und sich über Wahrheiten hinsichtlich ›Glaube und Sitten‹ äußern mit Worten, die klar seine Absicht bekunden, eine bestimmte Wahrheit zu definieren und die endgültige Zustimmung zu ihr von allen Christen zu fordern. Dies geschah zum Beispiel bei der Definition der Unbefleckten Empfängnis Mariens, als Pius IX. bekräftigte: ›Die Lehre … ist von Gott geoffenbart und deshalb von allen Gläubigen fest und standhaft zu glauben‹ (…). Oder auch bei der Definition der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel, als Pius XII. sagte: ›(Wir) verkünden, erklären und definieren … in Kraft der Vollmacht unseres Herrn Jesus Christus, der heiligen Apos­tel Petrus und Paulus und in Unserer eigenen Vollmacht: es ist eine von Gott offenbarte Glaubenswahrheit…‹ Unter diesen Bedingungen kann man vom außerordentlichen päpstlichen Lehramt sprechen, dessen Definitionen ›aus sich und nicht aufgrund der Zustimmung der Kirche unanfechtbar sind‹. (…) Die Päpste können diese Form des Lehramts ausüben. Und das ist auch geschehen. Aber viele Päpste haben es nicht ausgeübt.«

Was ist ein Dogma?

Die Dogmen sind Glaubenswahrheiten, die die Kirche als von Gott geoffenbart lehrt (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 74-95). Sie sind Fixpunkte unseres Glaubens. Die wichtigs­ten Dogmen sind folgende: Gott ist dreieinig; der Vater ist der Schöpfer aller Dinge; Jesus, der Sohn, ist wahrer Gott und wahrer Mensch, Mensch geworden, gestorben und auferstanden für unser Heil; der Heilige Geist ist Gott; die Kirche ist eine, so wie die Taufe eine ist. Und außerdem: die Vergebung der Sünden; die Auferstehung der Toten; die Existenz von Paradies, Hölle und Fegefeuer; die Transsubstantiation; die göttliche Mutterschaft Mariens, ihre Jungfräulichkeit, ihre Unbefleckte Empfängnis und ihre Aufnahme in den Himmel.

All diese Wahrheiten sind nicht abstrakt und kalt, sondern sind im Rahmen der großen Wahrheit Gottes zu verstehen, der Liebe ist und seine Geschöpfe am göttlichen Leben teilhaben lassen will. Jesus offenbart, welches die höchsten Gebote sind: die Liebe zu Gott und zum Nächsten (vgl. Mt 22,36-40). Am Ende des Lebens werden wir nach der Liebe gerichtet werden.

Dogmen und Entwicklung der Lehre

Ein Dogma ist also ein Fixpunkt für das Glaubensleben. Es wird vom Lehramt der Kirche definiert, die es in der Heiligen Schrift als von Gott geoffenbart und in enger Verbindung mit der Tradition erkennt. Die Tradition ist jedoch nichts Unbewegliches und Starres, sondern sie ist – wie Johannes Paul II. (Apostolisches Schreiben Ecclesia Dei) in Übereinstimmung mit dem letzten Konzil sagt – lebendig und dynamisch, da sie das Glaubensverständnis wachsen lässt.

Die Dogmen verändern sich nicht, sondern durch den Heiligen Geist verstehen wir die Weite und Tiefe der Glaubenswahrheiten immer mehr. So kann Papst Johannes Paul II. sagen, »dass die Ausübung des Lehramtes den Beitrag des römischen Papstes zur Entwicklung der Lehre der Kirche konkre­tisiert und deutlich macht « (Generalaudienz, 24. März 1993).

Bronzestatue des heiligen Petrus im Petersdom (Arnolfo di Cambio, 13. Jh.).

Primat, Kollegialität, Ökumene

In der Generalaudienz von 1969 verteidigte Paul VI. die Aktualität des Ersten Vatikanischen Konzils und die Verbindung mit dem folgenden Konzil: »Die beiden Vatikanischen Konzilien, das Erste und das Zweite, ergänzen einander«, auch wenn sie sich »aus vielen Gründen« nicht gering voneinander unterscheiden. So wird die Aufmerksamkeit gegenüber den Vorrechten des Papstes im Ersten Vatikanischen Konzil auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil auf das ganze Got­tesvolk erweitert durch die Begriffe der »Kollegialität« und der »Gemeinschaft«, während die Ausrichtung auf die Einheit der Kirche, die in Petrus ihren sichtbaren Bezugspunkt hat, in einem starken Bemühen um den ökumenischen Dialog entfaltet wird. So kann Johannes Paul II. in der Enzyklika Ut unum sint sogar einen Appell an die christlichen Gemeinschaften richten, eine Form der Primatsausübung zu finden, die »zwar keineswegs auf das Wesentliche ihrer Sendung verzichtet, sich aber einer neuen Situation öffnet«, als »einen von den einen und anderen anerkannten Dienst der Liebe« (Ut unum sint, 95). Und Papst Franziskus spricht im Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium von einer »Neuausrichtung des Papsttums«. Dort heißt es: »Das Zweite Vatikanische Konzil sagte, dass in ähnlicher Weise wie die alten Patriarchatskirchen ›die Bischofskonferenzen vielfältige und fruchtbare Hilfe leisten [können], um die kollegiale Gesinnung zu konkreter Verwirklichung zu führen‹ [Lumen gentium, 23]. Aber dieser Wunsch hat sich nicht völlig erfüllt, denn es ist noch nicht deutlich genug eine Satzung der Bischofskonferenzen formuliert worden, die sie als Subjekte mit konkreten Kompetenzbereichen versteht, auch einschließlich einer gewissen authentischen Lehrautorität. Eine übertriebene Zentralisierung kompliziert das Leben der Kirche und ihre missionarische Dynamik, anstatt ihr zu helfen« (Evangelii gaudium, 32). Und es muss daran erinnert werden, was das Zweite Vatikanische Konzil sagt: »Die der Kirche verheißene Unfehlbarkeit ist auch in der Körperschaft der Bischöfe gegeben, wenn sie das obers­te Lehramt zusammen mit dem Nachfolger Petri ausübt« (Lumen gentium, 25).

Den Papst und die Kirche lieben und auf Christus aufbauen

Über die Dogmen hinaus erinnerte Pius X. in einer Audienz von 1912 an die Notwendigkeit, den Papst zu lieben und ihm zu gehorchen. Und er sagte, es schmerze ihn, wenn das nicht ge­schehe. Don Bosco ermahnte seine Mitarbeiter und seine Jugendlichen, im Herzen »drei reine Formen der Liebe« zu bewahren: für die Eucha­ristie, die Gottesmutter und den Papst. Und Benedikt XVI. erklärte am 27. Mai 2006 in Krakau den jungen Menschen, die mit Johannes Paul II. groß geworden waren, mit einfachen Worten das, was jene im fernen 1870 verkündigten Glaubenswahrheiten aussagen: »Habt keine Angst, euer Leben in der Kirche und mit der Kirche aufzubauen! Seid stolz auf die Liebe zu Petrus und zu der ihm anvertrauten Kirche. Lasst euch nicht von jenen täuschen, die Christus in Gegensatz zur Kirche bringen wollen! Es gibt nur einen einzigen Fels, auf den es sich lohnt, das Haus zu bauen. Dieser Fels ist Christus. Es gibt nur einen Fels, auf den es sich lohnt, alles zu setzen. Dieser Fels ist derjenige, zu dem Christus gesagt hat: ›Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen‹ (Mt 16,18). Ihr Jugendlichen habt den Petrus unserer Zeit gut gekannt. Vergesst deshalb nicht, dass weder jener Petrus, der unsere Begegnung vom Fenster Gottvaters aus beobachtet, noch dieser Petrus, der jetzt vor euch steht, und auch kein zukünftiger Petrus je gegen euch oder gegen den Bau eines beständigen Hauses auf dem Fels sein wird. Im Gegenteil, er wird euch sein Herz und beide Hände schenken, um euch zu helfen, das Leben auf Christus und mit Christus aufzubauen.«

Von Sergio Centofanti (Orig. ital. in O.R. 18.7.2020)

Früherer Glaubenspräfekt: „Ein Papst ist kein Orakel“

Kardinal Müller: Nicht alles, was ein Papst sage, werde zur unbestreitbaren Wahrheit. „Wenn der Papst heute sagen würde, dass wir das Fleisch von Tieren nicht mehr essen sollen, wäre es keinem Katholiken verboten, Fleisch zu essen.“

Rom (kath.net) Der frühere Präfekt der Glaubenskongregation Gerhard Kardinal Müller warnte, „man kann das Lehramt auf eine Weise verstehen, die nichts mit der katholischen Tradition zu tun hat. Ein Papst ist kein Orakel.“ Im Interview mit italienischen katholischen Internetzeitung „La Nuova Bussola Quotidiana“ erläuterte er: Nicht alles, was ein Papst sage, werde zur unbestreitbaren Wahrheit. Vielmehr sei vieles auch „die privaten Meinungen des Papstes“. „Wenn der Papst heute sagen würde, dass die Teile mehr als die Summe sind, hätten wir die Strukturen der Mathematik, der Geometrie verändert, das ist absurd. Oder wenn der Papst heute sagen würde, dass wir das Fleisch von Tieren nicht mehr essen sollen, wäre es keinem Katholiken verboten, Fleisch zu essen.“

Zum bevorstehenden Missbrauchsgipfeltreffen im Vatikan sagte er: „Die überwiegende Mehrheit der von Klerikern begangenen sexuellen Übergriffe sind tatsächlich homosexuelle Handlungen.“ „Es ist eine Tatsache, dass über 80 Prozent der Opfer von Kindesmissbrauch Männer und Buben sind. Wir müssen diese Realität zur Kenntnis nehmen, es sind statistische Zahlen, die wir nicht bestreiten können. Diejenigen, die diese Realität nicht sehen wollen, beschuldigen diejenigen, die die Wahrheit sagen, des allgemeinen Hasses auf Homosexuelle.“. Doch in der Schöpfung existiere „das Konzept der Homosexualität nicht, es ist eine Erfindung, die in der menschlichen Natur keine Grundlage hat. Homosexuelle Tendenzen sind keine ontologische, sondern psychologische Tatsache. Einige Leute möchten stattdessen Homosexualität zu einer ontologischen Gegebenheit machen.“

Angesprochen auf Äußerungen einiger deutscher Bischöfe, die einen keusch lebenden homosexuellen Menschen durchaus zum Priester geweiht sehen möchten, vertrat Müller: „Es gibt keinen Weg, der zur Legitimierung homosexueller Handlungen oder sogar zu unordentlichen sexuellen Handlungen führen kann.“ Außerdem sagte Müller, dass er verschiedentlich angeschrieben worden war von Menschen, die von homosexuelle Erfahrungen in ihrer Jugend berichteten und dann feststellten, dass sie alles überwunden haben und nun glücklich in einer Ehe leben. Dies seien „echte Erfahrungen von Menschen, auf die wir hören müssen“. Trotz der gegenwärtigen „sexualisierten Kultur“ müsse man das 6. Gebot ernstnehmen und Keuschheit als Tugend, als Haltung verstehen, darin liege der Ausweg aus dieser die ganze Gesellschaft betreffenden Katastrophe. Dabei „sollte die Kirche nicht als eine Organisation angesehen werden, die Macht und Prestige verteilt, sondern als Familie Gottes, die Vertrauen und gegenseitige Verantwortung bringt.“

„Es ist fast eine blasphemische Tat.“ So kommentierte Müller die Frage nach einer sogenannten „ökumenischen Messe“ in Mailand. Dort hatte eine evangelische Pfarrerin das Evangelium gelesen, gepredigt, sie war während der Wandlung hinter dem Priester gestanden und hatte dann die Eucharistie ausgeteilt. Der katholische Pfarrer hatte dazu erläutert, dass die Transsubstantiation nur ein von mehreren Möglichkeiten sei, die Eucharistie zu verstehen. Müller erläuterte: „Unter Priestern, Bischöfen und sogar Kardinälen herrscht eine krasse Unwissenheit: Sie sind Diener des Wortes Gottes, aber sie wissen es nicht und kennen die Lehre nicht.“ Der frühere Glaubenspräfekt sagte dann, dass die Gläubigen „öffentlich“ gegen solchen liturgischen Missbrauch „protestieren“ sollen. Die Gläubigen haben das Recht dazu. Sie sollen sagen: „Ich protestiere gegen diese Desakralisierung der Heiligen Messe; ich bin hierhergekommen, um die katholische Messe zu feiern, aber nicht, um an einem Konstrukt einer Messe durch einen Priester teilzunehmen, der nichts vom katholischen Glauben weiß.“ Müller sah in dem Vorfall in der Mailänder Gemeinde gerade keine Ökumene, sondern einen Schlag gegen die wahre Ökumene.

Wenn nun in katholischen Gemeinden Kurse über den islamischen Glauben gehalten werden, so wette er, dass umgekehrt kein Pfarrer in eine Moschee gehe und dort das Konzil von Nizäa erkläre, sagte Müller. „Doch für uns ist es eine Beleidigung, wenn man sagt, dass Jesus nur ein Mensch, aber nicht der Sohn Gottes ist“. Es gebe heutzutage im Katholizismus ein schlechtes Gewissen gegenüber dem eigenen Glauben und man knie immer vor anderen, „zuerst Luthers Jubiläum, jetzt das des hl. Franziskus: Dies dient dazu, die Kirche zu protestantisieren und zu islamisieren. Dies ist kein wahrer Dialog, einige von uns haben den Glauben verloren und möchten Sklaven anderer werden, um geliebt zu werden.“

Das größte Problem für die Kirche seit aktuell „die Relativierung des Glaubens“, die „Horizontalisierung des Christentums“. Müller nannte als Beispiele: „Anstatt die Bedeutung der Ehe zu erklären und ihre Unauflöslichkeit suchen wir Ausnahmen.“ „Anstatt über die Würde des Priestertums, seine Herrlichkeit, die Pracht der Wahrheit der Sakramente zu sprechen, wird alles auf eine Gelegenheit zur Gemeinschaft reduziert.“

kath.net-Buchtipp
Der Papst
Sendung und Auftrag
Von Gerhard L. Müller
Hardcover, 608 Seiten
2017 Herder, Freiburg
ISBN 978-3-451-37758-7
Preis Österreich: 30.90 EUR

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Archivfoto Kardinal Müller (c) Bistum Regensburg

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Quelle

Evangelischer Pfarrer: Papst „eine Art ökumenischer Primas“

Familie Kruse auf Abschiedsbesuch beim Papst (Vatican Media @Vatican Media)

Als „eine Art ökumenischen Primas“ sieht der scheidende Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde in Rom, Jens-Martin Kruse, Papst Franziskus. Der Papst habe damit einen „entscheidenden Beitrag zur Annäherung unserer Kirchen geleistet“, so Kruse nach seinem Abschiedsbesuch beim Papst im Gespräch mit Vatican News.

Es gelte, auf dem Weg zur sichtbaren Einheit der Kirchen „mutig und zuversichtlich“ weiterzugehen:

„Wer den Papst hier in Rom aus der Nähe beobachten kann, den überzeugt diese Idee sehr. Man sieht einfach, wie Papst Franziskus im Alltag das Evangelium verkündet und seinen Dienst, seinen Primat gemäß dem Evangelium lebt. Zugleich erkennt man in Rom, denke ich, ganz gut, dass der Papst weltweit eine wichtige Rolle spielt und jemand ist, der aus dem Glauben heraus zu den großen Fragen und Herausforderungen, vor denen wir insgesamt stehen, Wichtiges zu sagen hat. Und ich glaube schon, dass die Christenheit jemanden braucht, der dies auf Weltebene tun kann – und das ist eben seit 2000 Jahren der Papst, langsam gewöhnen auch wir anderen uns daran.“

Die Einen mehr, die Anderen weniger – den ein derartiger „Ehrenprimat“ könnte vielleicht bei evangelischen Christen mittlerweile etwas von seiner Drohung verloren haben, doch wie sieht es bei den Orthodoxen aus, bei denen ein solcher Vorschlag naturgemäß stärker anecken könnte? Kruse:

„Mir scheint, dass die Art, wie Franziskus seine Aufgabe wahrnimmt, dazu führt, dass gerade an dieser Stelle, bei dieser Frage, viel in Bewegung ist. Es fängt im Grund mit dem 13. März 2013 an, mit der ersten Ansprache, die Papst Franziskus gehalten hat, wo er sich auf ein Zitat von Ignatius von Antiochien berufen hat, den Vorsitz in der Liebe. Das ist eine Vorstellung, die auch für orthodoxe Christen denkbar ist, genauso wie für lutherische Christen, und mir scheint, es ist sehr überzeugend, wie Papst Franziskus diese Bild füllt, und von daher erleben wir im Moment eine ganz besondere Zeit in der Ökumene, weil bei Fragen, die über lange Jahre abgeschlossen schienen, oder wo sich nichts mehr zu bewegen schien, jetzt doch wieder Stück für Stück, langsam etwas in Bewegung kommt. Und mir imponiert das sehr: Papst Franziskus ist niemand, der etwas übers Knie bricht, sondern er weiß, solche Sachen müssen wachsen, und mit seinem eigenen Beispiel tut er Entscheidendes dafür, dass die Christen stärker zusammenwachsen als bisher.“

Papst Franziskus hatte Kruse am Donnerstag samt dessen Ehefrau und Kindern im Apostolischen Palast empfangen. In den zurückliegenden Jahren seien „ein sehr guter Kontakt und eine wirkliche Freundschaft zu Papst Franziskus entstanden“, so Kruse. Die Nähe zu Papst Franziskus werde ihm „in Deutschland schon sehr fehlen“, bekannte der evangelische Theologe, der seit 2008 in Rom tätig war und demnächst als Hauptpastor zur Petrikirche nach Hamburg wechselt.

(vatican news/kap – pr/gs)

Du bist Petrus, der Fels

Die Schlüssel Des Himmelreiches, Pietro Perugino (1448–1523) / Wikimedia Commons, Public Domain

Impuls zum 21. Sonntag im Jahreskreis A — 27. August 2017

Hier haben wir das berühmte Bekenntnis des Petrus, das er in Caesarea Philippi vor den versammelten Aposteln ausspricht.

Die Tatsache, dass Petrus offen heraus sagt, dass er Jesus für den Messias hält, erscheint uns auf den ersten Blick seltsam, denn wir wissen das natürlich, dass es so ist. Aber in diesem Augenblick sind sich selbst die Jünger, die schon lange mit ihm zusammen sind, nicht sicher, ob man das so sagen kann, denn Jesus selbst hat es nie gesagt.

Nur einmal, und das zu einer Nicht-Jüdin, hat der Herr es ganz deutlich gesagt: „Der vor dir steht, er ist es.“

Die Szene ist von einem besonderen Zauber. Zunächst einmal stellt der Herr selber die Frage nach seiner Identität: „Für wen halten die Leute den Menschensohn?“ An den Antworten sieht man, dass  es im Volk offensichtlich verschiedene Auffassungen gibt: Johannes der Täufer, Elija, Jeremia oder sonst einen Propheten. Natürlich, Jesus hat da ja auch nie deutlich geworden.

„Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“

Ein bisschen rätselhaft ist es schon, dass der Herr es um seinen Namen so „spannend“ macht.

Zum einen hat es sicher damit zu tun, dass der Name viel mehr ist als eine bloße Bezeichnung. Wir wissen, dass Adam im Paradies den Auftrag bekam, jedem Tier seinen – zu ihm passenden – Namen zu geben. Die Tiere sind vor dem Sündenfall mit den Menschen besonders vertraut, und der Name soll das Wesentliche dieses Lebewesens in ein Wort fassen.

Erst recht aber bei den Menschen.

Jesus gefällt es, wichtige Personen nicht nur mit ihrem Namen anzusprechen, sondern zum Teil ihnen sogar einen neuen Namen zu geben. So nennt er Simon, nach seinem „Bekenntnis“ zum Namen des Messias, in einer feierlichen Rede mit dem neuen Namen Petrus, der Fels. Und jetzt wird auch die Erklärung mitgeliefert, warum er diesen Namen bekommt. Er soll der Fels sein, auf den Jesus seine Kirche bauen wird.

Dazu bekommt er die Sicherheit, dass die Mächte der Unterwelt diese Kirche nicht überwältigen werden.

Wie tröstlich gerade in unserer Zeit des Umbruchs, wo man tatsächlich manchmal befürchten muss, dass die Mächte der Unterwelt allenthalben an der Kirche nicht nur rütteln, sondern sogar manchmal drauf und dran sind, sie zu überwältigen.

Im Zusammenhang mit Amoris laetitia wird es deutlich, dass der Stellvertreter Christi zwar manchmal genauso wie der, den er vertritt, nicht mit äußerster Deutlichkeit spricht. Dass aber bei näherem Hinsehen die Zusammenhänge klar werden, denn der Herr erwartet natürlich, dass wir Lehraussagen seines Stellvertreters in ihrer Gesamtheit, d.h. immer auch im Lichte der überlieferten Lehre sehen.

Dann stellt sich nämlich heraus, dass zwar auch Johannes, Elija und Jeremia genannt werden, dass es aber nur den einen Messias geben kann, der sich selbst nicht widersprechen kann. Dass also die wieder verheirateten Geschiedenen nur unter den bekannten Voraussetzungen zu den Sakramenten gehen können: entweder weil die vorige Ehe ungültig war oder aber weil sie wie Bruder und Schwester zusammen leben.

Auch das andere Wort Jesu von den „Schlüsseln des Himmelreichs“ bekommt eine unerwartete Aktualität im Zusammenhang mit Aussagen des Heiligen Vaters, die schließlich nur Empfehlungen sind.

Wenn er von den Flüchtlingen sagt, dass man sie großzügig aufnehmen und ihnen, wenn möglich, schnell die Staatsbürgerschaft des jeweiligen Gastlandes geben soll, dann beabsichtigt er natürlich nicht, so etwas ex cathedra zu sagen. Hier hat er ganz sicher nicht „auf Erden etwas gebunden, was auch im Himmel gebunden ist“. Vielmehr gibt er den Regierungen diesen Rat, der eher seine persönliche Meinung wiedergibt. Ohnehin ist das Problem viel zu komplex, als dass man es auf diese Weise lösen könnte.

Aber eines ist sicher der Wunsch des Messias an uns heute: dass wir seinen Stellvertreter lieben, für ihn beten und ihm helfen wo wir können.

Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.  Der Fe-Medienverlag hat einige ZENIT-Beiträge vom Autor als Buch mit dem Titel „Der Stein, den die Bauleute verwarfen“ herausgebracht.

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