Fortsetzung zu Folge 13
1949
Januar. Wunderbar sind Deine Wege, o Gott mein Gott, und ohne Grenzen ist Deine Liebe und Barmherzigkeit! Mein Herz ist erfüllt von Liebe und Dank gegen Gott, unserem besten Vater und grössten Wohltäter. Denn Er hat mich und meine Familie in bester Gesundheit erhalten und so oft zu Seinen Gnadenmitteln gerufen.
O könnte ich im neuen Jahr so leben, dass ich meinen Herrn und Gott nie mehr beleidigen würde! Wer wird mich führen und leiten auf dem Weg der Vollkommenheit? Ich bitte Gott um die Gnade, doch oft und immer wieder mich in Seiner hl. Gegenwart zu fühlen. Dann wird meine Seele in heilsamer Furcht sich vor der Sünde hüten, in die Versuchungen einzuwilligen.
Gott hat schon vor mehr als zwei Jahren mein Flehen in meiner Bedrängnis erhört und mich befreit vom Stachel des Fleisches, dass ich ungestört mit Leib und Seele Ihm allein diene. Mein Gott und mein Alles, sei und bleibe stets bei mir! O dass ich doch öfter Deinem hl. Opfer beiwohnen und Dein hl. Fleisch und Blut geniessen könnte! O stärke mich, dass ich nicht schwach werde! O mein Gott, stärke und führe mich ganz nach Deinem hl. Willen!
Das Muttergottesbild, Mutter der Schmerzen, ist wieder von seinem Ehrenplatz in unserer Kapelle genommen und ohne mein Wissen der Renovation übergeben worden. Es geschehe alles, was geschieht, Gott zur Ehre und Verherrlichung!
Am 16. Januar habe ich wie gewohnt des Nachts mit ausgespannten Armen mich ganz meinem gekreuzigten Heiland übergeben. Und in Seine heiligen Wunden übergab ich Ihm alle, die Er mir gegeben (dadurch, dass ich erkannte durch Ihn, dass sie durch geheime Wasser vom bösen Feind bedrängt wurden und Jesus sie befreit hat), dass sie ewig gerettet werden und Sein hl. Blut an ihnen nicht verloren gehe. Am selben Morgen habe ich mich verschlafen, dass ich so pressieren musste und erst am Herde das Morgengebet verrichten konnte. Ich musste wieder fühlen, wie schwach und armselig doch der Mensch ist. Ein Nichts ist er, dass er sich nicht einmal beherrschen kann. Und in meiner ganzen Schwäche ging ich zu Jesus ins Hochamt, um Ihn zu bitten, doch sich meiner zu erbarmen und geistigerweise mit Seiner göttlichen Kraft in mir zu vollbringen, was Er mir hat zu verrichten gegeben. Wenn ich unser grosses Gotteshaus angefüllt sehe mit Menschen, muss ich denken: Es ist mein Volk, für das ich opfern und beten soll, ich, ein sündiges Nichts.
Doch unser lieber HH. Pfarrer tröstet mich Kleinmütige in seiner Predigt, indem er spricht vom Wohnen und Wirken Gottes in uns Menschen und von der Fürbitte Marias bei Jesus beim ersten Wunder in Kanaa. Bei der Prozession mit dem Allerheiligsten sah ich mit meinen leiblichen Augen das hl. Sakrament, aber meine Seele sah Jesus ganz gross als König über Himmel und Erde in unendlicher Liebe unter uns Sündern daherkommen und ich bat Jesus: „Mein Gott und mein Alles, nimm alles von mir, was mich hindert zu Dir! Gib alles mir, was mich fördert zu Dir! O nimm ich mir und gib mich ganz zu eigen Dir! O Jesus erbarme Dich unser und tu das grösste Wunder! Bekehre die armen Sünder, erwecke die geistig Toten auf zum ewigen Leben um der Verdienste Deiner heiligen Wunden willen!“
Am andern Morgen muss ich bekennen, dass ich in der Nacht nicht einmal fertig gebetet habe, sondern aus Bequemlichkeit wieder eingeschlafen bin, während Jesus aus vielen Wunden blutet an seinem Mystischen Leibe. Seine Braut, die heilige Kirche, wird vom Feinde geschmäht und misshandelt, und ich Elende, der Gott geboten hat, zu opfern und zu beten, diene der Bequemlichkeit!
Nachdem ich die notwendigsten Pflichten getan, kniete ich wie jeden Tag vor dem Kreuz in meiner Kammer und wollte beten für das Reich Christi auf Erden, mich Gott aufopfern, wie Gott mich gelehrt hatte. Aber ergriffen von tiefer Reue über meine Schwächen und Fehler nahm ich das Kreuz in die Arme und benetzte das heilige Antlitz meines Erlösers mit Tränen der Reue. Dann betete ich: „Mein Gott und Alles, unendlich ist Deine Liebe und Dein Erbarmen. Wie lange noch lässest Du den Feind wüten unter Deinen Schafen? Erbarme Dich Deines auserwählten Dieners, des Kardinals in Ungarn, der unschuldig leidet aus Liebe zu Dir! O Gott, erbarme Dich der grössten Sünder und sage, wie am Kreuze, zu Deinen Feinden: Sie wissen nicht was sie tun!“ Mir war, als erkenne ich auch Stalin. Der grösste Feind der heiligen Kirche weiss nicht, was er tut. Er ist gefangen und dem Satan ausgeliefert. „Du kannst ihn retten!“
Ich betete: „Vater im Himmel, erbarme Dich meiner und sende mir den Heiligen Geist, dass Er mich erleuchte, in mir wohne und aus mir mache, was Du, mein Vater, aus mir haben willst! So komm, o Heiliger Geist komm, Du unermessliche Liebe und wohne in mir, erleuchte mich, dass ich Gottes Willen erkenne! Bitte Du in mir mit unaussprechlichen Seufzern!“ Erschauernd nahm ich den Rosenkranz, den ich beim Beten um die Hand geschlungen, und flehte noch schnell zur himmlischen Mutter, dass sie für mich bitte möge. Und dann in tiefem Erbarmen mit den Menschen, der dem Satan ausgeliefert scheint, sagte ich zu Jesus: „O mein Gott, Du Herr und Gebieter über Himmel und Erde, über Wasser und Meere, wenn’s Dir zur Ehre und Verherrlichung gereicht, sag mir: bedient sich der Satan dieses Menschen (Stalin) und der geheimen Wasser, um ihm und Deinen Erlösten an den Seelen zu schaden? Ich bitte Dich um der Verdienste Deiner heiligen Wunden willen. Du, heiliges Herz Jesu, hast ja gesagt: durch meine heiligen Wunden kannst Du alles erlangen“ und schon während ich die letzten Worte sagte, fing der Rosenkranz an zu reagieren und schwenkte so fest, dass ich den Arm strecken und zurückstehen musste. Und er gab eine Kreuzung von Wassern an in festem grossen Umfang.
Vor meinem Herrn und Gott kniend bat ich Jesus: „wenn’s Dir, o Gott, zur Ehre und Verherrlichung gereicht, gebiete dem Wasser zu weichen von diesem Orte, dass der Satan nicht länger dessen sich bedienen kann, um dadurch dem Menschen und Deiner heiligen Kirche zu schaden! Ich bitte Dich um der Verdienste Deiner heiligen Wunden willen. Aber nicht mein, sondern Dein Wille geschehe, o Gott! Alles gereiche nur Dir zur Ehre und Verherrlichung! Ich bitte Dich, gib mir schwachem Menschen einen Beweis, indem Du bewirkst, dass der Kardinal von Ungarn freigelassen wird.“
Ich ging in die Küche an die Arbeit und nach einer Viertelstunde ging ich betend in Gottes Gegenwart, aber doch erschauernd und von dem, was ich erwartete, in die Kammer auf die Stelle, wo Gott zu mir gesprochen, und bat Jesus: „Gib mir um der Verdienste Deiner heiligen Wunden willen zu erkennen, ob der Satan sich durch die Wasser dieses Menschen noch bedient, um der heiligen Kirche zu schaden. Aber der Rosenkranz blieb still. Das war am 19. Januar 1949 um 10:30 Uhr. Wunderbar sind Deine Wege, o Gott, und ohne Grenzen ist Deine Liebe und Barmherzigkeit! Für diesen unglücklichen Menschen bete ich den Rosenkranz, dass die himmlische Mutter auch diese Seele zu Jesus führe.
Als ich den Rosenkranz neun Tage am späten Abend, wenn andere schliefen, in tiefster Andacht und Betrachtung des Leidens Jesu gebetet hatte, empfand meine Seele eine so tiefe Liebe zu diesen Ärmsten, vom Satan Betrogenen Seelen. Und in tiefem Erbarmen versprach ich meiner himmlischen Mutter, für sie täglich den Rosenkranz zu beten, für die Feinde der Kirche, dass ihre reinsten Mutter Tränen, ihr tiefstes Mutterleid und das kostbare Blut Jesu an ihnen nicht verloren geht. Dann habe ich mich bei der heiligen Kommunion meinem Herrn und Heiland ganz restlos, so ganz mit Leib und Seele hingegeben für die Bekehrung der Feinde seiner Kirche, die Ihn an Seinem mystischen Leibe kreuzigten. Die Liebe, mit Jesus noch ganz umgeben, hab ich ihm geschenkt und bat ihn, mir keine Tröstungen mehr zu geben. Er soll sie in seiner grenzenlosen Liebe denen geben, an denen sonst sein heiliges Blut verloren gehe.
Da vereinigte sich Gott mit mir dem Werkzeug seiner Liebe, in unaussprechlicher Liebe. Ein Magnificat, ein Jubel war es, das ich nie in Worte fassen kann. Eine Glut der Gottes Liebe erfüllt mein Herz, sodass ich glaube, es nicht in die Länge ertragen zu können. O Gott, mein Alles, ist es möglich, dass Deine unermessliche Liebe so weit geht und mich ganz einschliesst in Deine göttliche Liebe! O kann es im Himmel noch schöner sein!
Nun will ich ganz mit Leib und Seele für meinen lieben Gott und Heiland leben und alle meine Kräfte nur Gott zur Verfügung stellen für die Bekehrung der Feinde der heiligen Kirche und die Rettung meines Volkes.
Ich habe aber wieder Stickereiware und damit Nebenverdienst angenommen. Und jetzt erkenne ich, dass wenn ich diese Arbeit tun muss, es mir nicht möglich ist, neben den häuslichen Pflichten und dieser Arbeit noch zu schreiben. Und das Interesse, für das Reich Gottes zu sorgen, ginge verloren. Aber kaum habe ich zwei Tage die Zeit zu diesem Nebenverdienst verbracht, bekomme ich Magenschmerzen, die sich in einigen Tagen auf die ganze Bauchgegend verbreiten, dass es mir unmöglich wird, länger an Stickrahmen zu sitzen. Ich suche das und jenes Mittel gegen den Schmerz, auch finde ich keine Ursache davon. Nun kommt mir in den Sinn, dass es mir letzten Frühling auch ähnlich ergangen ist, sodass ich befürchtete, ich sei magenkrank. Dann war mir, als ich erkrankte, dass durch diese Mehrarbeit das geistige Leben darunter leide. Jesus sagte: „habe ich nicht gesagt, die Deinen sind meine Sorge.“ Ja Jesus will, dass ich meine Pflichten in meinem Stande erfülle aus Liebe zu ihm und meine Kräfte und meine Zeit ganz zum Heile, zur Rettung der armen Sünder verwende.
In Reue über meine Unkenntnis und Schwäche betete ich in meinem Heiligtum. Und als ich in Gebete des Kardinals von Ungarn, der mit anderen Glaubensbrüdern unschuldig verurteilt wurde, gedachte, gab Gott mir zu erkennen, dass jene vom Übergewicht, die das letzte Wort zur Verurteilung geben, vom Teufel beeinflusst werden. Und in Gottes Gegenwart Gebot ich mit Jesu Kraft ihm zu weichen und er ist von Ihnen gewichen am 11. Februar 1949. Es gereiche alles, was ich tue und lasse, Gott zur Ehre und den Seelen zum Heile!
Am Abend des 12. Februar hatte ich im ganzen Leibe Schmerzen und ich fürchtete, ich könne nicht einmal in die Sonntagsmesse gehen. Nachdem ich im Bette noch frierend den Rosenkranz gebetet für die Feinde der heiligen Kirche, konnte ich lange nicht einschlafen. Dann nach kurzem ruhigen Schlaf erwachte ich um 4:30 Uhr und dankte Gott, dass er mich gerufen, dass ich hingehen und Ihn im heiligen Sakramente empfangen könne. Frierend, obwohl es nicht sehr kalt war, machte ich mich auf den weiten Weg. Aber ich bin nicht weit gegangen, kamen die Schmerzen im Magen und im ganzen Leibe, dass ich Angst hatte, ich müsse zurück oder könne den Heimweg nicht mehr machen. Doch als ich mich tröstete, als ich die Kirche von weitem sah, Jesus werde mir helfen, er habe mich ja gerade zur rechten Zeit aus dem Schlaf gerufen, wurde es etwas besser.
Ich vergass mich und dachte nur an Jesus und bereitete mich auf die heilige Beicht vor. Noch bevor die heilige Kommunion ausgeteilt wurde, empfand ich eine so tiefe, wohltuende Wärme im Magen und nicht den geringsten Schmerz mehr. Es war, als hätte ich ein Heizkissen auf Herz und Magen und mir war ganz wohl. Das währte aber nur, bis ich wieder daheim war. Dann kamen die Beklemmungen wieder und während mehr oder weniger den ganzen Tag. O ich danke Jesus, dass er mir geholfen hat, dem heiligen Opfer beizuwohnen und ihn im heiligen Sakramente zu empfangen. Du, mein Gott und mein Alles, Du willst Dich ganz uns geben aus überströmenden Liebe. Du bist ganz mein und ich ganz Dein. Und all das Meinige ist Dein und das Deinige ist mein. Ich habe keinen Willen mehr, ich will nur, was Du willst. O gib mir keine Tröstungen mehr, sondern Deine Gnade soll mir genügen! In Dir darf ich ja leben und sein.
15. Februar. Als ich an diesem Morgen betete und dann mich ganz Gott übergeben zu Jesus sagte: „Mein Jesus, was willst Du, dass ich tun soll? Du bist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Gib mir, dem Werkzeug Deiner Liebe, von Deiner Liebe!“, Da vernahm ich die Worte: „Faste und bete drei Tage!“ Als ich darüber nachdenkend auf den Gedanken kam, es könne Täuschung sein, vernahm ich: „Ich bins, der Dich führt und leitet.“ Gleich am Morgen habe ich trotzdem zeitweisen Magenschmerzen gefastet (nur ganz wenig zu mir genommen). Nachdem ich meine notwendigste Arbeit getan, betete ich in meiner Kammer für mein Volk und die Meinen, die Gott mir gegeben. Auch jene sind die Meinen, für die ich bete, die Gott auserwählt hat durch mich, dass sie den Rosenkranz beten für die Bekehrung der Sünder. Und wieder gab ich meinen Willen ganz dem lieben Gott und bat ihn, mir dafür seinen göttlichen Willen zu erkennen zu geben. Da vernahm ich: „durch Deine Hand will ich die Feinde schlagen und meine Auserwählten retten.“ Mein Gott, gib mir dem Werkzeug Deiner Liebe, Deine Liebe im Kreuze!
Es ist nicht zu glauben. Schon über einen Monat habe ich, so oft ich an den Stickrahmen sitze, den gleichen Schmerz im ganzen Leibe, bis ich aussetzen muss. Ich kann zweimal im Tag nach Appenzell gehen oder daheim alle Hausarbeiten verrichten und stricken. Ich fühle mich ganz gesund. Und sobald ich zum Stickrahmen sitze, um Geld zu verdienen, kommen die Schmerzen. Als ich zu Jesus betete, dass er mir helfen wolle, die Arbeit auszuführen, musste ich an die Worte denken, die Jesus damals, als er mich gerufen: „Wie einst Judith, opfere und bete für Dein Volk“, und ich mich wegen meinen Berufspflichten weigern wollte, zu mir sagte: „die Deinen sind meine Sorge.“ Ich glaubte zu erkennen, dass Jesus will, dass ich meine Freizeit nebst den Berufsarbeiten ganz für ihn und seine Seelen verwenden soll. Dann arbeitete ich wieder und konnte und wollte solches nicht glauben. Und doch, sobald ich einen Nachmittag strikte, musste ich wieder zwei Tage Schmerzen haben. Dann vergingen sie wieder. Und doch sollte ich sie fertig machen. Schon sind sechs Wochen vorbei und immer ist es das alte Lied. Wenn ich gestickt habe, kommen die Schmerzen überall und Bangigkeit, dass ich von der Arbeit musste. So auch heute am 30. März. Zwei Mittel von der Apotheke nützen gar nichts. Ich konnte heute, nachdem ich nur einen halben Tag gestickt hatte, kaum eine Stunde Hausarbeit verrichten. Dann musste ich ablegen. Doch die Arbeit am Stickrahmen sollte bald fertig sein. Dann in Gottes Gegenwart lebend sagte ich zu Jesus: „Hilf mir diese Arbeit fertig machen! Dann nehme ich keine mehr an und will alle freie Zeit Dir und Deinen Seelen zuwenden.“ Nun kann ich streng schaffen und sticken. Ich fühle mich so wohl, wie wenn ich gar nicht Schmerzen gehabt hätte.