Bischöfin bewirbt Frauenpriestertum bei katholischer Priesterweihe

Bei der Weihe zweier Diakone zu Priestern bedauerte die Bischöfin der evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, dass keine Frauen geweiht wurden. Auch für die Interkommunion machte sie sich stark.

Bischöfin Beate Hofmann steht in der Martinskirche. Der Valentinstag hat für die Geistliche privat große Bedeutung. An einem 14. Februar begann die Beziehung zu ihrem Mann +++ dpa-Bildfunk +++

Bei der Priesterweihe zweier Diakone am 22. Mai im Dom von Fulda hat mit Beate Hofman erstmals eine evangelische Bischöfin teilgenommen. Die Bischöfin der evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck betonte dies selbst zu Beginn ihres Grußwortes und erklärte: „Gerne hätte ich nicht nur mitgefeiert, sondern auch mitgesegnet und -kommuniziert.“ An die Priester und Bischöfe gewandt ergänzte Hofmann: „Denn wie Sie bin ich ordiniert zum Dienst an Wort und Sakrament und habe einen langen geistlichen Weg in dieses Amt hinter mir.“

„Geplante Provokation“

Dass neben den beiden Männern keine Frauen zu Priesterinnen geweiht wurden, werde zwar durch theologische Interpretationen und Traditionen verhindert, allerdings äußerte Hofmann zugleich die Hoffnung, dass sich das bald ändern würde: „Ich verfolge die Diskussionen und Auseinandersetzungen in Ihrer Kirche mit großer Anteilnahme. Und ich gestehe: Ich bin parteiisch. Vielleicht werden wir noch zu Ihrer Amts- und Lebenszeit erleben, dass auch Frauen ihre Gaben in allen Ämtern und Diensten ihrer Kirche einbringen können. Aus der Erfahrung meiner Kirche kann ich sagen: das wird ein Gewinn sein.“

Die Vorsitzende der „Aktion Lebensrecht für alle“ (AlfA), Cornelia Kaminski, die in Fulda lebt und selbst an der Priesterweihe teilnahm, sieht darin eine bewusste Provokation, wie sie der „Tagespost“ auf Anfrage mitteilt: „Bei der Priesterweihe stehen der tiefe Glaube der Kandidaten, deren Hingabe an die Kirche und deren Bereitschaft zum selbstlosen Mitwirken am Heilswerk in dieser Welt im Mittelpunkt. Von all dem hat die evangelische Bischöfin nichts verstanden. Ihr Grußwort war eine politische Botschaft ohne jeden theologischen Kern, ein infantiles ,ich will aber mitspielen‘ – und das, ohne die Spielregeln auch nur ansatzweise verstehen zu wollen. Der Auftritt war eine geplante Provokation und Konfrontation.“  DT/ vwe

Wie der Bischof von Fulda auf diese Aussagen reagierte, lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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Quelle

Papst gibt Frauen mehr Rechte am Ambo und im Altarraum

Mit einem „Motu proprio“, also einer rechtlichen Verfügung, die an diesem Montag veröffentlicht wurde, hat Papst Franziskus festgeschrieben, dass Frauen künftig Zugang zum Dienst des Akolythen und des Lektors haben.

VATICAN NEWS

Vielerorts – zumal im deutschen Sprachraum – ist es schon seit längerer Zeit Praxis, dass Frauen Altar- und Lesungsdienste übernehmen, doch nun findet diese Praxis auch Eingang ins Kirchenrecht, und es handelt sich auch nicht mehr um Dienste auf Zeit, sondern auf Dauer. Damit ist geklärt, dass die Dienste des fest beauftragten Lektors beziehungsweise des Akolythen (so lauten die Fachbegriffe) den Frauen nicht grundsätzlich verwehrt werden dürfen. Das Kirchenrecht gibt diesen Diensten jetzt auch für Frauen eine feste Form.

Bisher waren es Ortsbischöfe in allen Teilen der Welt, die gegebenenfalls Frauen den Zugang zum Altarraum und zum Ambo erlaubten. Ein richtiggehendes institutionelles Mandat dafür gab es allerdings nicht; schließlich hatte der hl. Papst Paul VI. bei der Abschaffung der sogenannten „niederen Weihen“ 1972 verfügt, dass die entsprechenden Dienste Männern vorbehalten bleiben, weil er diese Dienste als Vorstufe zum Weiheamt, als zum Diakon- beziehungsweise Priesteramt hinführend ansah.

Auch der Synodale Weg der Kirche in Deutschland beschäftigt sich mit dem Thema Frauen und Amt

Papst greift Anregungen von Bischofssynoden auf

Papst Franziskus hat dies nun, auch im Licht der jüngsten Bischofssynoden, weiterentwickelt: Er will die Präsenz von Frauen am Altar offiziell zulassen und rechtlich absichern.

Das an diesem Montag veröffentlichte „Motu proprio“ mit dem Titel „Spiritus Domini“ (Der Geist des Herrn) ändert den ersten Paragraphen von Kanon 230 im Kodex des Kirchenrechts. (Kanon nennt man die größeren Abschnitte im Kirchenrecht, Paragraphen sind die Untereinheit.) Der Papst hält damit fest, dass Frauen Zugang zum Dienst des festen Lektors und Akolythen haben – und dass ihnen diese Dienste durchaus auch mit einem liturgischen Akt übertragen werden können, der den institutionellen Charakter des Ganzen hervorhebt.

Franziskus erläutert, dass er mit seiner Entscheidung die Empfehlungen verschiedener Bischofssynoden aufgreife. „In diesen vergangenen Jahren hat es eine Weiterentwicklung in der kirchlichen Lehre gegeben. Dabei wurde deutlich, dass bestimmte Dienste, die die Kirche eingerichtet hat, die Taufe und das königliche Priestertum, das jeder Christ im Taufsakrament empfängt,  als Grundlage haben.“

Dementsprechend lädt der Papst dazu ein, die Dienste, die von Laien übernommen werden können, als etwas „wesensmäßig Anderes“ zu sehen als die Ämter, „die durch das Sakrament der Weihe übertragen werden“.

Eine Frau am Ambo

Eine Frau am Ambo

Nur ein Wort wird gestrichen: das Wort „männlich“

In der deutschen Übersetzung lautet der neuformulierte Paragraph des Kirchenrechts, der sich im Kapitel „Pflichten und Rechte der Laien“ findet, jetzt so: „Laien, die das Alter und die Begabung haben, die durch Dekret der Bischofskonferenz dafür bestimmt sind, können durch den vorgeschriebenen liturgischen Ritus für die Dienste des Lektors und des Akolythen auf Dauer bestellt werden, die Übertragung dieser Dienste gewährt ihnen jedoch nicht das Recht auf Unterhalt oder Vergütung von seiten der Kirche.“

Bisher hatte der Satz mit der Formulierung „Männliche Laien“ begonnen. Gestrichen wird also nur ein Wort, nämlich „männlich“.

„Gemeinsame Mitverantwortung aller Getauften in der Kirche“

Seinem „Motu proprio“ hat der Papst einen erläuternden Brief an den Präfekten der Glaubenskongregation, den spanischen Kardinal Luis Ladaria, beigefügt, in dem er die theologischen Gründe seiner Entscheidung ausführt. „Im Horizont der vom Zweiten Vatikanischen Konzil angestoßenen Erneuerung“ – hier steht im Italienischen „rinnovamento“ und nicht „aggiornamento“ – „ist heute immer stärker zu spüren, dass die gemeinsame Mitverantwortung aller Getauften in der Kirche unbedingt wiederentdeckt werden muss. Das gilt besonders für die Sendung der Laien.“

Johannes Paul II. mit der englischen Königin, die nominelles Oberhaupt der anglikanischen Weltkirche ist

Johannes Paul II. mit der englischen Königin, die nominelles Oberhaupt der anglikanischen Weltkirche ist

Franziskus zitiert dann aus dem Schlussdokument der Sonder-Bischofssynode für das Amazonasgebiet aus dem Jahr 2019, das die Synodenväter per Abstimmung beschlossen und ihm überreicht hatten. „Die Kirche in Amazonien muss darauf dringen, dass Männern und Frauen gleichermaßen Dienstämter übertragen werden“, steht dort zu lesen (95). Und weiter unter Verweis auf die in Amazonien breit verankerten kleinen missionarischen kirchlichen Gemeinschaften: „Dies ist die Kirche der getauften Frauen und Männer, die wir vor allem im Bewusstsein der in der Taufe empfangenen Würde, aber auch durch Förderung von Dienstämtern bestärken müssen.“

Keine Priesterweihe von Frauen, aber…

In seinem Brief an den Kardinal zitiert Franziskus die Worte seines heiligen Vorgängers Johannes Paul II., „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden“ (Ordinatio Sacerdotalis, 22. Mai 1994). Doch dann fügt Franziskus hinzu: „Was die nicht durch Weihe übertragenen Dienste betrifft, ist es aber möglich – und erscheint es heute geboten –, diese Einschränkung zu überwinden“.

„Den Laien beiderlei Geschlechts Zugang zum Dienst des Akolythen und des Lektors zu geben“, so erklärt der Papst, „indem man das auf der Taufe gründende allgemeine Priestertum aller Gläubigen ernstnimmt, wird die Anerkennung für den wertvollen Beitrag erhöhen, den so viele Laien, auch Frauen, schon seit langem zum Leben und zur Sendung der Kirche leisten.“ Das gelte erst recht, wenn ihnen ihr Dienst „durch einen liturgischen Akt“, eine richtiggehende „Amtseinsetzung“ übertragen werde.

Papst Franziskus bei einer Auslandsreise mit einer Journalistin

Papst Franziskus bei einer Auslandsreise mit einer Journalistin

„Stabilität, öffentliche Anerkennung und ein Mandat durch den Bischof“

Franziskus setzt darauf, wie er abschließend formuliert, dass „die Entscheidung, auch Frauen diese Dienste zu übertragen, in der Kirche die Teilnahme aller Gläubigen am Werk der Evangelisierung stärken“ wird. Schließlich brächten die nun auch offiziell für Frauen zugänglichen Ämter „Stabilität, öffentliche Anerkennung und ein Mandat durch den Bischof mit sich“.

Die Verfügung des Papstes ist durch ein vertieftes theologisches Nachdenken über die betreffenden Dienste möglich geworden. Nach dem Konzil hat die Theologie die Bedeutung von Lektoren und Akolythen neu entdeckt – nicht nur im Hinblick auf das Weihepriestertum, sondern auch und vor allem im Hinblick auf das in der Taufe gründende allgemeine Priestertum der Gläubigen. Hier, in der Dynamik zwischen diesen beiden Arten von Priestertum, sind die Dienste angesiedelt, um die es im „Motu Proprio“ von Papst Franziskus geht.

(vatican news)

Ist Katholizismus „rassistisch“ – Und wer ist eigentlich katholisch?

Diese Debatte würde ich dann doch gerne führen: Wir alle wissen, dass es in der Kirche Lager gibt. Viele derer, die sich progressiv oder liberal nennen, wollen Veränderungen in den lehramtlichen Positionen bei den klassischen Aufreger-Themen wie Frauenweihe, Sexualmoral, Zölibat, Leitung.

Und weil klar ist, dass sie sich mit diesen Veränderungswünschen oft nicht mehr im Rahmen der derzeit geltenden Lehre bewegen, sprechen sie von „Weiterentwicklung“, weil es ja Weiterentwicklung in der Lehre tatsächlich immer gegeben hat. Nicht allzu oft erwähnt wird dabei meist, dass über mögliche oder nicht mögliche Weiterentwicklung in unserer Kirche am Ende dann eben doch das Lehramt entschieden hat – und damit dann letztlich auch gesagt und bis heute gültig formuliert hat, was zum katholischen Bekenntnis gehört ist und was nicht.

Eine neue, fortwährend mitgeteilte Glaubensregel: Ja nicht dem anderen das Katholischsein absprechen

Dieser Hinweis wird vermutlich meist deshalb übergangen, weil man die eigene Überzeugung doch gerne als immer noch kirchlich, und sich selbst immer noch katholisch sehen würde. Und nicht wenige, von denen ich hier spreche, verdienen auch ihren Lebensunterhalt bei der Kirche. Und so stelle ich fest, dass untergründig eine neue Glaubensregel propagiert und massiv verteidigt wird. Sie lautet: Auf keinem Fall darf einer dem Anderen das Katholischsein absprechen. Dieser Satz wiederum wird nun häufig mit einer sachlich wie moralisch vorgetragenen Vehemenz formuliert, dass der Eindruck entsteht, dies sei nun das eigentliche Dogma des derzeitigen Diskurses.

Und um ein persönliches Wort zu sagen: Ja natürlich hat es immer Entwicklung der Lehre gegeben – und daran bin ich auch interessiert, sofern sie  nur immer neu und vertieft verstehen lässt, wie das Evangelium heute angeeignet und in die Welt hinein gesprochen und gelebt werden kann. Aber ich traue dabei dem Lehramt und mit ihr der Gesamtkirche immer noch zu, größer zu sein als ich selbst und einen Horizont zu haben, der weiter ist als mein eigener. Zudem ist dem Petrusnachfolger, durch Schrift und Tradition bestätigt, ein Charisma geschenkt, das in besonderer Weise der Bewahrung der Einheit und der inhaltlichen Integrität des Glaubens  dient. Daher orientiere ich mich im kritisch-loyalen Gespräch und zugleich aus innerer Überzeugung heraus in der Frage, wer oder was Kirche ist und was sie lehrt, besonders auch daran.

Der Umschlag in Respektlosigkeit

Nun zeigt sich freilich immer mehr, dass dieses Insistieren der liberaleren Kräfte auf „Weiterentwicklung“ immer häufiger umschlägt in eine eigentliche Respektlosigkeit vor dem Lehramt, an dem im Übrigen auch wir Bischöfe besonders Anteil haben. Und dabei wird dann deutlich, dass man vielfach gar nicht auf die Entscheidung des Lehramtes wartet, sondern erst dann zufrieden ist, wenn sich das Lehramt nach den eigenen Wünschen und Überzeugungen richtet. Und eine solche Einstellung wäre dann nach meiner Einschätzung tatsächlich eben nicht katholisch. G.K. Chesterton hat in diesem Sinn einmal den bemerkenswerten Satz gesagt: „Ich brauche keine Kirche, die mir erzählt, dass ich unrecht habe, wenn ich weiß, dass ich unrecht habe. Ich brauche eine Kirche, die mir sagt, dass ich unrecht habe, wenn ich glaube, dass ich recht habe.“

Die jüngste Äußerung des römischen Lehramtes als klärendes Responsum auf eine wichtige Frage wurde von weiten Teilen der Kirche in unserem Land schlichtweg abgekanzelt – in der Regel mit dem Hinweis, dass sei weder theologisch noch humanwissenschaftlich auf der Höhe und damit unterkomplex und eigentlich gar nicht wert, sich näher damit zu befassen. So, als wären diejenigen, die sich mit der Erarbeitung solcher Texte in Rom befassen, einschließlich des ihm zustimmenden Papstes, lauter Leute, deren Horizont auf keinen Fall größer und weiter, sondern in jedem Fall enger und kleiner sei als all derer, die sich schon lange das wünschen, was sie „Weiterentwicklung“ nennen – und hinter das sie vermutlich auch dann nicht zurückgehen würden, wenn das Lehramt definitiv anders entscheiden würde; was es etwa im Blick auf die Möglichkeit der Priesterweihe der Frau ja schon getan hat.

Kirchlichkeit bestimmt sich durch Glaubensinhalte

Tatsächlich aber hat unsere Kirche schon fast 2000 Jahre lang lehramtlich auf Konzilien oder durch päpstliche Entscheidungen geurteilt, was katholisch ist und was nicht – und eben dadurch die Glaubenseinheit gewahrt. Immer und immer wieder ist in vergangenen Zeiten dann der entscheidende Spruch gefolgt, wer aufgrund seiner inhaltlichen (!) Überzeugungen im „Anathema“ sei, also im „Bann“, in der „Verdammung“ oder ähnlich – für welche Übersetzung man sich auch entscheiden mag. Aber damit war stets auch klar: Die Kirche hat festgestellt, dass bestimmte abweichende Überzeugungen dazu führen, dass man sich selbst aus einer Gemeinschaft entfernt, die ja besonders auch durch gemeinsame inhaltliche Überzeugungen gebildet wird. Das Zweite Vatikanische Konzil hat auf diese Anathema-Praxis aus guten Gründen verzichtet – ohne aber je die vorangehende Praxis damit für nichtig zu erklären. Auch das letzte Konzil wollte – so Papst Johannes XXIII. in der Eröffnungsrede – Irrtümer richtig stellen und die überlieferte Wahrheit unverfälscht erklären. Aber neu und tiefer und mit den Mitteln der Barmherzigkeit – und weniger der Strenge.

Sind Lehramtstreue Rassisten?

Da sich nun aber in der Kirche in Deutschland abzeichnet, dass eine Mehrheit der Gläubigen, vereint auch mit einigen Bischöfen, vielen aus der akademischen Theologie und der pastoralen Mitarbeiterschaft die Lösungen in den so genannten Reizthemen im Sinne der liberaleren Positionen wünscht, gehen manche ihrer Protagonisten nun immer offensiver und schamloser zum Gegenangriff über. „Katholisch“ scheint nun eigentlich genau das, was sie selbst meinen – und gerade nicht mehr, was das Lehramt sagt.

Jüngst hat etwa die Tübinger Dogmatik-Professorin Johanna Rahner in der Frage nach der Frauenweihe lehramtstreue Katholikinnen und Katholiken, und damit einschließlich den Papst, zu „Rassisten“ erklärt, zumindest wenn der Wortlaut der KNA-Meldung stimmt, die das Portal katholisch.de aufgegriffen und mit reißerischer Überschrift verarbeitet hat (Link siehe unten). Damit würde Frau Rahner in einer bisher nicht gekannten Zuspitzung der Ausdrucksweise in einen wachsenden Chor derer einstimmen, die inzwischen auch gerne sagen, die eigentlichen Spalter in der Kirche seien diejenigen, die aus Respekt vor dem Lehramt und eigener Überzeugungen an der geltenden, und nun ja, tatsächlich katholischen Lehre festhalten und sie verkünden. Zudem möchte ich fragen: Welche Effekte produziert man mit einer solchen Verwendung des Begriffes „Rassismus“ bei den Menschen, die tatsächlich Opfer von Rassismus sind?

Umgekehrte Verhältnisse

Hier stehen wir also an einem Punkt ziemlich umgedrehter Verhältnisse. Die weithin geteilte und mit großer Vehemenz fortwährend wiederholte neue Glaubensregel lautet: Niemand möge dem anderen bitteschön erklären dürfen, was er sage, sei nicht katholisch. Dafür aber dürfen die sich in der Mehrheit Wähnenden inzwischen schamlos solche Gläubigen Spalter und sogar Rassisten nennen, die sich der geltenden Lehre verpflichtet wissen. Und natürlich findet dabei die Tatsache, dass die Positionen, die in Deutschland Mehrheiten zu haben scheinen, weltweit keineswegs mehrheitlich geteilt werden, kaum Berücksichtigung. Auch dieser bisweilen geringschätzige Blick auf die Weltkirche ist historisch gesehen nicht wirklich neu bei uns und hat auch nicht immer erfreuliche Konsequenzen gezeitigt.

Seltsame Welt

Was dann auch noch beinahe grotesk wirkt: Wir Bischöfe, die eigentlich in besonderer Verantwortung für die katholische Lehre sind und das auch feierlich versprochen haben, ermöglichen durch unsere Zustimmung die Verwendung von Kirchensteuermitteln für die die Finanzierung bestimmter Medien und ermöglichen damit eine große Bühne, auf der wir selbst (ich fühle mich zumindest gemeint) als „Rassisten“ bezeichnet werden dürfen – ohne dass sich großer Widerspruch regt oder ohne dass eine Redaktion bei aller sehr gerne zugestandenen journalistischen Freiheit, überlegt, was sie da produziert. Auch haben wir Bischöfe Mitverantwortung dafür, wer an unseren Fakultäten katholische Theologie unterrichten darf. Eigenartige Welt, nicht wahr? Ich bin jedenfalls der Ansicht, dass das eine Debatte wert ist.

Was ich aber nicht möchte: Dass nun über diesen Text von mir auch wieder nur in Hatespeech oder zugespitzter Polemik diskutiert wird. Vermutlich sind die wesentlichen Fragen darin: Wie begreifen wir uns tatsächlich als katholische Kirche mit inhaltlichen Verbindlichkeiten? Was kann und soll das Lehramt?  Oder wo sind auch Grenzen für Beliebigkeit in der Auslegung dessen, was wir für das Evangelium halten? Und schließlich auch noch: Wo sind im Diskurs verbale Grenzen und was ist wirklich „rassistisch“ und wer „spaltet“ tatsächlich?


Hier der erwähnte Link: https://www.katholisch.de/artikel/29498-rahner-nur-rassisten-gegen-gleichberechtigung-von-frauen-in-kirche


Und hier die Originalmeldung der Katholischen Nachrichtenagentur vom letzten Samstag:

Theologin: Nur Rassisten gegen Gleichberechtigung von Frauen

Stuttgart (KNA) Wer nicht für die Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche eintritt, ist nach Überzeugung der Tübinger Theologin Johanna Rahner «ein Rassist». Es gehe nicht an, von der gleichen Würde von Frauen und Männern zu sprechen, ihnen aber nicht die gleichen Rechte einzuräumen. Aktuelle pfeife der katholischen Kirche zurecht Gegenwind um die Ohren. Wörtlich sagte die Professorin: «Wer jetzt nichts tut, der tut trotzdem etwas.» Es gebe «eine Verpflichtung zum Widerstand». Rahner, die Vorsitzende des Katholisch-Theologischen Fakultätentages (KThF) ist, verlangte ein neues Kirchenrecht, um die innerkirchliche Gleichstellung von Frauen zu erreichen.

Mit dem geltenden Kirchenrecht seien die heutigen Probleme nicht zu lösen, so Rahner am Samstag in Stuttgart. Das Kirchenrecht sei nicht mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik zu vereinbaren. Würde der Staat die Kriterien, die er bei Gesprächen mit islamischen Verbänden nutze, an die katholische Kirche anlegen, hätte diese «schlechte Karten». Rahner äußerte sich bei einem Frauenforum, zu dem die Rottenburg-Stuttgarter Diözesanleitung sowie Diözesan- und Priesterrat in Württemberg eingeladen hatte. Der Stuttgarter Stadtdekan Christian Hermes sagte bei der Veranstaltung, die Kirche habe nicht gelernt, mit den Freiheitsrechten der Moderne klarzukommen; die Kirche sei «in einer dramatischen Sackgasse». Die katholische Reformdebatte Synodale Weg werde scheitern, so Hermes.

Der Rottenburger Generalvikar Clemens Stroppel ist es nach eigenem Bekunden ebenfalls leid, sich «jeden Tag an diesem Thema abarbeiten zu müssen». Die Verkündigung des Glaubens stehe in Frage. Der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst erneuerte seine Forderung, dass Frauen zu Diakoninnen geweiht werden könnten. Dies könne allerdings nicht ohne Zustimmung der Weltkirche geschehen. Diözesanratsprecher Johannes Warmbrunn sieht nach eigenem Bekunden «Gestaltungsmöglichkeiten», die genutzt werden könnten. Es gelte der Grundsatz: einfach machen. Es dürfe nicht zum Auszug aller reformorientierten Christen aus ihrer Kirche kommen. Erörtert wurde bei der Veranstaltung unter anderem auch, ob Frauen nicht beispielsweise die Sakramente der Taufe und der Krankensalbung spenden oder als Assistentin einer Eheschließung wirken könnten.

Hintergründe zum Thema Frauendiakonat — Alte Forderungen und neue Vatikan-Kommission

Pastoralreferentin mit Hostienschale © Harald Oppitz (KNA)

29.04.2020

Können Frauen in der katholischen Kirche zu Diakoninnen geweiht werden? Zum „Tag der Diakonin“ an diesem Mittwoch wird die Forderung einmal mehr laut. Außerdem hat Papst Franziskus erneut eine Theologen-Kommission einberufen.

Was sind Diakone?

Das Diakonen-Amt ist eines der ältesten der katholischen Kirche. Der griechische Begriff „diakonos“ bedeutet Diener oder Helfer. In den ersten Jahrhunderten wirkten Diakone in der Armen- und Krankenpflege oder als Gehilfen des Bischofs. Ab dem fünften Jahrhundert wurde die Diakonenweihe zur Durchgangsstufe auf dem Weg zur Priesterweihe. Die dritte Stufe ist die Bischofsweihe. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) belebte das Diakonat neu. Seit 1968 können verheiratete wie unverheiratete Männer zu sogenannten Ständigen Diakonen geweiht werden; sie streben also kein Priesteramt an.

Was machen Diakone?

Ständige Diakone dürfen unter anderem taufen, Wortgottesdienste leiten und predigen, auch in der Messfeier. Sie dürfen Trauungen leiten und beerdigen, nicht aber die Messe feiern oder Beichte hören.

Derzeit gibt es in Deutschland knapp 3.300 Ständige Diakone, weltweit rund 47.000 in 130 Ländern.

Und was ist mit Diakoninnen?

Weil Frauen nicht katholische Priesterinnen werden dürfen, ist ihnen auch die Weihe zur Diakonin verwehrt, solange diese als erste Stufe des Weiheamts angesehen wird und damit als untrennbar verbunden mit dem Priesteramt.

Aber gab es nicht in der frühen Christenheit Diakoninnen?

In der frühen Kirche waren Frauen, die heute manchmal als Diakoninnen bezeichnet werden, in speziellen Diensten tätig, etwa in der Glaubensunterweisung, der Armenfürsorge und bei seelsorglichen oder liturgischen Handlungen an anderen Frauen. Nach Ansicht vieler Experten war dieses Amt aber kein Weiheamt. Allerdings ist dies nicht endgültig erforscht, weshalb Papst Franziskus 2016 eine erste und kurz vor Ostern eine zweite Kommission zum Thema Frauendiakonat berufen hat. Auch unter Johannes Paul II. hatte es bereits eine Prüfung gegeben. Bei den Studien ging es, wie immer wieder betont wurde, um die Klärung historischer Fakten, nicht um eine Entscheidung für ein künftiges Amt.

Wo steht die Kommissionsarbeit?

Im Mai 2019 erklärte der Papst, die 2016 eingesetzte Kommission habe zu keinem einhelligen Ergebnis gefunden. Der neue Ausschuss muss seine Arbeit erst noch aufnehmen. Unter den Mitgliedern – fünf Frauen und fünf Männer – sind auch erklärte Gegner von Weiheämtern für Frauen.

Was fordern katholische Verbände?

Zum „Tag der Diakonin“, der seit 1997 jährlich am 29. April begangen wird, bekräftigen neben anderen die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB), das Netzwerk Diakonat der Frau und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ihre Forderungen nach einem Frauendiakonat. „Frauen halten das soziale und mitmenschliche Leben aufrecht. Das zeigt sich gerade eindrücklich in der Corona-Krise“, heißt es in einer aktuellen gemeinsamen Erklärung: „Fakt ist: Frauen verleihen der Botschaft Jesu Christi auf vielfältige Weise Gesicht, Hand und Fuß. Deshalb sollten sie zu Diakoninnen geweiht werden können, denn sie wirken als authentische Glaubenszeuginnen in einer lebendigen Kirche.“

Zumindest als eigenständiges Amt soll das Diakonat eingeführt werden, viele wünschen sich aber auch die Weihe von Priesterinnen. Nach Ansicht von kfd-Vize Agnes Wuckelt könnte der Papst sagen: „Wenn es für Amazonien, wenn es für Afrika, wenn es für die deutsche, österreichische oder schweizerische Kirche einen pastoralen Sinn macht, dann soll es den Frauendiakonat dort geben.“

Bekommen diese Forderungen Unterstützung von Bischöfen?

In Deutschland und einigen anderen Ländern ja. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hält eine Sondererlaubnis für den Frauendiakonat für nicht ausgeschlossen. Er sagte, er nehme es ernst, „dass der Ausschluss der Frauen von Weiheämtern als grundlegend ungerecht und unangemessen wahrgenommen wird in einer gesellschaftlichen Umgebung, die Frauen und Männer lange schon in ihren Rechten gleichstellt“.

Auch die Bischöfe Franz-Josef Overbeck (Essen), Franz-Josef Bode (Osnabrück), Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart) und Kardinal Christoph Schönborn (Wien) haben sich in letzter Zeit offen für die Diakonenweihe von Frauen ausgesprochen.

Warum berufen sich manche Befürworter auf Benedikt XVI.?

Sie haben dabei vor allem ein Schreiben des damaligen Papstes von 2009 im Blick. Darin hatte er deutliche Abstufungen betont zwischen dem Diakonenamt und denen des Bischofs und des Priesters. Dies wird oft als Absage an die Einheit des Weiheamts aufgefasst und als Spielraum für ein eigenes Amt einer Diakonin.

Und was sagt Papst Franziskus?

Er spricht sich zwar immer wieder für eine stärkere Beteiligung von Frauen aus, lehnt aber bisher Weiheämter für Frauen ab. Wer die Mitwirkung von Frauen in der Kirche nur mit der Zulassung zur Weihe stärken wolle, greife zu kurz und „klerikalisiere“ Frauen, schrieb er in seinem Schreiben zur Amazonas-Synode. Bei dem Bischofstreffen Ende Oktober war mehrfach die Forderung nach einem Diakonat für Frauen erhoben worden. Franziskus griff diese Anregung nicht unmittelbar auf, setzte aber wenig später die neue Kommission zu dem Thema ein.

Gottfried Bohl

(KNA)

Papst lässt Frauendiakonat erneut prüfen

Vatikanstadt. Papst Franziskus will die Frage des Frauendiakonats neu untersuchen lassen. Wie der Vatikan am Mittwoch, 8. April, mitteilte, richtete er eine eigene Studienkommission unter Leitung von Kardinal Giuseppe Petrocchi ein. Zum Sekretär ernannte der Papst Denis Dupont-Fauville, einen Mitarbeiter der Kongregation für die Glaubenslehre. Zu den zehn Mitgliedern des Gremiums gehören den Angaben zufolge die im schweizerischen Fribourg lehrende Theologin Barbara Hallensleben und der in Lugano tätige Priester und Dogmatiker Manfred Hauke. Fünf der Kommissionsmitglieder sind Frauen.

Die Einrichtung des Ausschusses erfolgte laut Mitteilung nach einem Gespräch des Papstes mit dem Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Luis Francisco Ladaria Ferrer. Bereits 2016 hatte Franziskus eine Kommission eingesetzt, um frühchristliche Aufgaben weiblicher Diakone zu untersuchen. Im Mai 2019 erklärte der Papst, die Arbeiten hätten wie schon zuvor Studien der Internationalen Theologenkommission zu keinem einhelligen Ergebnis geführt. Im Oktober 2019 wurde das Thema bei der Amazonas-Synode im Vatikan angesprochen. Das Schlussdokument hielt fest, eine Zulassung von Frauen zum Diakonat sei im Rahmen der Beratungen von einigen Synodenvätern vorgeschlagen worden.

Der Leiter der neuen Arbeitsgruppe, Kardinal Petrocchi, ist seit 2013 Erzbischof von L’Aquila und wurde 2018 von Franziskus ins Kardinalskollegium berufen. Der aus Paris stammende Kommissionssekretär und Priester Dupont-Fauville besitzt einen fachlichen Schwerpunkt auf frühkirchlicher Theologie und lehrte seit 2010 am Collège des Bernardins in der französischen Hauptstadt.

Die weiteren Mitglieder der Kommission sind Prof. Catherine Brown Tkacz (Lviv, Ukraine), Prof. Dominic Cerrato (Steubenville, USA), Prof. Santiago del Cura Elena (Burgos, Spanien), Prof. Caroline Farey (Shrewsbury, Großbritannien), Prof. James Keating (Omaha, USA), Prof. Angelo Lameri (Crema, Italien), Prof. Rosalba Manes (Viterbo, Italien) und Prof. Anne-Marie Pelletier (Paris, Frankreich).

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Quelle: Osservatore Romano 16/2020

Abschluss der Synode: Papst kündigt Reform der Amazonas-Seelsorge an

Papst Franziskus sieht die Kirche „auf gutem Weg zum synodalen Geist, auch wenn er noch nicht vollständig ist“. Er denke darüber nach, ob nicht die Synodalität zum Thema der nächsten Bischofssynode werden sollte, sagte er am Samstagabend zum Abschluss der Arbeiten der Amazonas-Sondersynode im Vatikan.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Sein eigenes Schlussdokument zur Synode werde er bis zum Jahresende zu schreiben versuchen, versprach der Papst unter dem Applaus der Teilnehmer des Bischofstreffens. „Damit nicht zuviel Zeit verstreicht. Alles hängt davon ab, ob ich Zeit zum Nachdenken finde.“

Ein Lob für Greta

Der Papst forderte, auf das am Samstag verabschiedete Schlussdokument der Synodenväter gestützt, einmal mehr eine „ökologische Umkehr“ der Christen, nach der auch der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel überzeugend rufe. Und er lobte en passant die „Friday for future“-Bewegung: „Auf den Demonstrationen der jungen Leute – der Bewegung von Greta – sind Plakate zu sehen, auf denen steht: Die Zukunft gehört uns! Also sagen Sie uns bitte nicht, dass es keine Zukunft gibt – sie gehört uns!“

Franziskus verurteilte Menschenhandel und Korruption in den Amazonas-Staaten. Am wichtigsten sei aus seiner Sicht aber eine „pastorale Umkehr“: „Die Verkündigung des Evangeliums ist dringend! Das Evangelium muss von diesen Kulturen verstanden, assimiliert, begriffen werden.“ Er erwähnte den Ruf der Synode nach „neuen Ämtern“ und erklärte, man müsse da „kreativ sein“ und „sehen, wie weit man da gehen kann“, betonte aber besonders die Notwendigkeit der Schaffung von Priesterseminaren für Indigene. „Es ist eine echte soziale Ungerechtigkeit, dass man den Ureinwohnern de facto den Weg des Seminars und des Priestertums nicht erlaubt!“

Neue Untersuchung zum Frauendiakonat angekündigt

Zur Debatte über ein Frauendiakonat sagte Franziskus, es solle noch einmal untersucht werden, „wie das Diakonat in der Urkirche aussah“. Die bisherige Kommission, die er auf diese Frage angesetzt hatte, sei „zu keinem klaren Urteil gekommen“. „Ich werde in Zusammenarbeit mit der Glaubenskongregation neue Personen in diese Kommission berufen und den Handschuh aufheben, den Sie mir hier hingeworfen haben!“
Frauen hätten im Amazonasgebiet eine große Bedeutung für die Weitergabe des Glaubens. „Wir haben immer noch nicht richtig verstanden, was die Frau in der Kirche ausmacht! Darum bleiben wir nur beim Thema der Funktion. Das ist zwar wichtig, doch die Rolle der Frau in der Kirche geht über das Funktionale weit hinaus…“

“ Keine Angst vor amazonischem Ritus ”

Zu einem auf der Synode vorgeschlagenen, eigenen amazonischen Ritus bemerkte Franziskus, das falle in die Kompetenz der Liturgie-Kongregation; ihr solle man doch bitte Vorschläge einreichen. „Von den 23 Kirchen mit eigenem Ritus, die das Schlussdokument erwähnt, haben fast alle ganz klein angefangen und haben heute eine teilweise erhebliche Eigenständigkeit als Kirchen sui iuris. Haben wir keine Angst vor Organisationen, die ein eigenes Erbe verwalten. Unsere Mutter Kirche wacht darüber, dass wir uns nicht spalten. Keine Angst!“

Franziskus kündigte eine Reihe konkreter Reformen zur Stärkung der Seelsorge im Amazonas-Gebiet an, darunter eine bessere Verteilung der Priester innerhalb der Länder Lateinamerika, damit auch bisher unterversorgte Gebiete seelsorgerisch besser betreut werden.

An Gegner: „Weil sie niemanden lieben, glauben sie Gott zu lieben“

Er würde sich wünschen, dass Ordensleute, aber auch angehende Diplomaten des Heiligen Stuhls während ihrer Ausbildung „mindestens ein Jahr in einem Missionsland verbringen“. Umgekehrt sollten Priester aus Missionsländern, die in Europa oder westlichen Ländern im Einsatz seien, sich dort nicht allzu behaglich einrichten, sondern auch wieder an die Rückkehr denken. Franziskus kündigte an, dass er im Vatikan-Dikasterium für ganzheitliche Entwicklung eine eigene Abteilung für Amazonien einrichten wird.

Die Medien bat der Papst, sich bei der Berichterstattung über das Synoden-Schlussdokument nicht „auf bestimmte disziplinarische Fragen zu versteifen“ – wohl eine Anspielung auf die Zölibatsfrage. „Kleine elitäre Gruppen“ innerhalb der katholischen Kirche würden wohl auch diesmal wieder versuchen, ihre Sicht der Dinge durchzusetzen, indem sie sich auf „Details“ stürzen und das „große Ganze“ aus dem Auge verlieren. Dem stellte der Papst ein Péguy-Zitat entgegen: „Weil sie nicht den Mut haben, auf der Seite der Welt zu sein, glauben sie, auf der Seite Gottes zu stehen. Weil sie nicht den Mut haben, sich im menschlichen Leben zu engagieren, glauben sie für Gott zu kämpfen. Weil sie niemanden lieben, glauben sie Gott zu lieben.“

„Manche denken, die Tradition wäre ein Museum, etwas Altes. Ich sage hingegen gern: Die Tradition ist die Bewahrung der Zukunft, nicht das Behüten der Asche. Sie ist wie die Wurzeln, durch die der Saft den Baum wachsen lässt, damit er Frucht bringt.“
(vatican news)

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Kardinal Müller: Piusbrüder, Frauendiakonat und Entlassungen

Kardinal Müller auf dem Petersplatz

Eine Einigung zwischen der traditionalistischen Piusbruderschaft und dem Vatikan ist laut Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller noch nicht in greifbarer Nähe. „Das braucht Zeit“, sagte der Präfekt der römischen Glaubenskongregation dem katholischen Sender EWTN. Nötig sei eine „tiefere Versöhnung, nicht nur die Unterzeichnung eines Dokuments“. Wer katholisch sein wolle, müsse unter anderem die Konzilien und die übrige kirchliche Lehre sowie die „hierarchische Gemeinschaft mit dem Ortsbischof, der Gemeinschaft aller Bischöfe und dem Heiligen Vater“ akzeptieren.

Zur Streitfrage der Liturgiereform im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) sagte Müller, es sei seit jeher katholische Auffassung, dass der Papst und Synoden das Recht und die Pflicht hätten, die „äußere Form der Liturgie“ neu zu gestalten. „Die Substanz der Liturgie ist durch die Offenbarung gegeben und kann von niemandem geändert werden“, fügte er hinzu. Das Interview wurde am Donnerstag als Video im Internet veröffentlicht; am Samstag erschienen schriftliche Auszüge in Sozialen Netzwerken.

Diakoninnenweihe „unmöglich“ 

Mit Blick auf eine von Papst Franziskus eingesetzte Studienkommission zu Diakoninnen in der Kirchengeschichte sagte Müller, der Papst beziehe sich dabei nicht auf das dreistufige katholische Weiheamt von Diakon, Priester und Bischof. Es gehe um Frauen, die in der frühen Kirche etwa als Helferinnen bei der Taufe von Frauen oder in karitativen Aufgaben tätig gewesen seien.

Eine Diakoninnenweihe schloss der Kardinal als „unmöglich“ aus. „Das wird nicht kommen“, so Müller. Überdies sei dies auch nicht nötig. Heute seien Frauen in der Kirche in höheren Verantwortungspositionen als die Diakoninnen der Antike.

Mitarbeiter besser behandeln

Ungewöhnlich offene Kritik übte der Kardinal an der angeblichen Entlassung von drei Mitarbeitern der Glaubenskongregation durch den Papst. Der Schritt war Ende 2016 bekanntgeworden und soll gegen den Willen Müllers erfolgt sein. Er sagte dazu im Interview, diese Geschichte sei wahr. Er wünsche sich „eine bessere Behandlung unserer Mitarbeiter beim Heiligen Stuhl“. Man dürfe nicht nur über die Soziallehre reden, sondern müsse sie auch respektieren, so der Kardinal.

Müller rückte die Personalentscheidung in die Nähe eines „alten höfischen Gebarens“, das Franziskus selbst kritisierte. Mitarbeiter könne man nur dann entlassen, wenn sie einen Fehler machten oder Voraussetzungen wie Rechtgläubigkeit, integre Lebensführung und Sachkompetenz nicht erfüllten.

(kap 28.05.2017 cs)

Dokument: Frauendiakonat, theologisch gesehen

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Die Internationale Theologische Kommission hat sich 2002 im Vatikan ausführlich mit dem Diakonat beschäftigt; dabei streifte das Gremium, das der Glaubenskongregation zugeordnet ist, immer wieder auch das Thema Frauendiakonat. Hier dokumentieren wir einige Auszüge aus dem Text, der 2003 veröffentlicht wurde.

„In apostolischer Zeit haben verschiedene Formen diakonischen Beistands für die Apostel und die Gemeinden, die von Frauen ausgeübt wurden, anscheinend institutionellen Charakter gehabt… (Der) historische Überblick zeigt, dass es tatsächlich ein Dienstamt der Diakonissen gegeben hat, das sich in den verschiedenen Regionen der Kirche unterschiedlich entwickelt hat. Es scheint klar, dass dieses Dienstamt nicht als das einfache weibliche Äquivalent des männlichen Diakonats aufgefasst wurde. Es handelt sich zumindest um eine kirchliche Aufgabe, die von Frauen ausgeübt und manchmal in der Liste der Dienstämter der Kirche vor dem Dienst des Subdiakons genannt wird. Wurde dieses Dienstamt durch eine Handauflegung übertragen, die vergleichbar ist mit der Handauflegung, mit der der Episkopat, der Presbyterat und der männliche Diakonat übertragen wurden? … Muss die Auflegung der Hände auf die Diakonissen mit der Handauflegung für die Diakone verglichen werden, oder gehört sie in die Reihe der Handauflegung auf den Subdiakon und den Lektor? Die Frage ist allein von den historischen Gegebenheiten her kaum zu entscheiden.“

„Im Mittelalter haben Nonnen in Krankenhäusern und als Lehrerinnen faktisch die Aufgaben der Diakonie erfüllt, ohne allerdings zu diesem Dienst geweiht zu werden. Der Titel, dem kein Dienst mehr entspricht, wird Frauen gegeben, die zu Witwen oder Äbtissinnen eingesetzt werden. Bis zum 13. Jahrhundert werden Äbtissinnen manchmal Diakonissen genannt.“

„Das II. Vatikanum zeigt in der Beschreibung des ständigen Diakonats, den es wiederherstellt, ein Zögern… Es ist … beachtenswert, dass das Konzil in keiner Weise vorgibt, die Form des ständigen Diakonats, den es vorschlägt, wäre eine Restauration einer früheren Form. Das erklärt auch, warum manche Theologen den Ausdruck ,Restauration´ vermeiden, weil er leicht zur Vermutung führt, eine Gegebenheit solle auf ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden. Aber das II. Vatikanum beabsichtigt dies keinesfalls. Was es wiederherstellt, ist das Prinzip der Ausübung des ständigen Diakonats, und nicht eine besondere Form, die er in der Vergangenheit gehabt hat. Nachdem es die Möglichkeit geschaffen hat, den ständigen Diakonat wieder einzuführen, scheint das Konzil für Formen, die er in der Zukunft, bedingt durch pastorale Notwendigkeiten und kirchliche Praxis, haben wird, offen zu sein, so lange die Treue gegenüber der Tradition gewahrt bleibt.“

„Was die Ordination von Frauen zum Diakonat betrifft, sei angemerkt, dass sich aus dem bisher Dargelegten zwei wichtige Hinweise ergeben: 1. Die Diakonissen, die in der Überlieferung der frühen Kirche erwähnt werden, sind – entsprechend dem, was der Ritus der Einsetzung und die ausgeübten Funktionen nahe legen – nicht schlicht und einfach mit den Diakonen gleich zu setzen; 2. die Einheit des Weihesakraments, in der klaren Unterscheidung zwischen den Dienstämtern des Bischofs und der Presbyter auf der einen und dem diakonalen Dienstamt auf der anderen Seite, wird durch die kirchliche Tradition stark betont, vor allem durch die Lehre des II. Vatikanum und die nachkonziliare Lehre des Lehramts. Im Licht dieser Momente, die in der vorliegenden historisch-theologischen Untersuchung herausgestellt wurden, kommt es dem Amt der Unterscheidung, das der Herr in seiner Kirche eingerichtet hat, zu, sich mit Autorität zu dieser Frage zu äußern.“

Den vollständigen Text des Dokuments finden Sie hier

(rv 12.05.2016 sk)

Die Diskussion um den Diakonat der Frau: Zusammenfassung

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Papst Franziskus will mehr Klarheit über den Diakonat der Frau, wie die frühe Kirche ihn kannte. Im freien Austausch mit Ordensoberinnen aus allen Erdteilen sprach der Papst davon, eine Kommission einzurichten, die die Aufgaben der Diakoninnen der frühen Kirche klärt, um daraus etwaige Schlussfolgerungen für eine zukünftige kirchliche Praxis zu ziehen. Radio Vatikan stellt die wichtigsten Informationen zu diesem Thema für sie zusammen. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Audienz.

Im Gespräch mit Radio Vatikan bestätigte die Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, Schwester Katharina Ganz, die an der Audienz teilnahm, dass es die Oberinnen selbst gewesen seien, die die Frage nach dem Zugang zum Ständigen Diakonat an den Papst herangetragen hätten. Franziskus selbst habe darauf die Idee einer Studienkommission entwickelt. Hier finden Sie den Volltext der Audienz.

Eine Kommission, die sich eingehend mit dem Thema Diakonat beschäftigt hat, ist bereits im Jahr 2003 zusammengetreten. Es handelte sich hierbei um die Internationale Theologische Kommission, die der Glaubenskongregation zugeordnet ist. Bei seinen Beratungen streifte das Gremium auch immer wieder auch das Thema Frauendiakonat. Hier lesen Sie mehr.

Der Ständige Diakonat, der verheirateten Männern offen steht, wurde durch das II. Vatikanische Konzil wiederbelebt und ist heute die einzige Form der Berufung in der katholischen Kirche, die in Europa Zuwächse verzeichnet. Diakone dürfen bestimmte Sakramente spenden, etwa die Taufe, nicht aber die Eucharistie oder die Beichte. Die Diakonenweihe ist die unterste der drei Weihstufen in der Kirche, danach können die Priester- und die Bischofsweihe folgen. Hier finden Sie einen historischen Überblick über das Amt.

In der Frage der Priesterweihe für Frauen gibt es eine klare lehramtliche Entscheidung, die auch Papst Franziskus bestätigt hat: die Priesterweihe ist Männern vorbehalten, die Kirche hat keine Vollmacht, sie Frauen zu spenden. Dies betonte auch Vatikansprecher Pater Federico Lombardi als Reaktion auf die teils überschäumende Berichterstattung zu dem Thema.

Eine „heftige Debatte“ sieht Kurienkardinal Kaspar zu dem Thema voraus. Die Kirche sei in dieser diffizilien Frage zweigeteilt, so der emeritierte Kurienkardinal.

(rv 13.05.2016 gs/cs)