Pius XII.: Über den kirchlichen Gehorsam

Papst Pius XII., portraitiert von Luis Fernández-Laguna Foto: Luis Fernández García / Wikimedia (CC BY-SA 3.0)

Von Thorsten Paprotny

Papst Pius XII. richtete am 23. September 1950 an die Priester das Apostolische Mahnwort „Menti nostrae„. Er erinnert an die Dimensionen der Heiligkeit des Priesterlebens. Ein Wort, das an Kleriker gerichtet ist, dürfen auch gläubige Laien, also Weltchristen – damals wie heute – vernehmen, studieren und bedenken.

Pius bittet eindringlich darum, „dass die Bemühungen der Hirten und Priester, die das christliche Volk anleiten sollen, das Böse zu meiden, die Gefahren zu überwinden und nach Heiligkeit zu streben, von Tag zu Tag wirksamer werden“. Die Priester, als Diener Christi, leben „mitten im Volke“, so sind sie also „mit seinen Entbehrungen und Leiden, körperlichen und seelischen Nöten vertraut“: „Doch kann das Priesteramt seine volle Wirksamkeit, die ganz den Forderungen dieser unserer Zeit entspräche, nur dann entfalten, wenn die Priester ihrem Volk durch den voranleuchten; sie sollen würdige »Diener Christi« sein, treue »Verwalter der Geheimnisse Gottes« (vgl. 1 Kor 4, 1), wirksame »Helfer Gottes« (vgl. 1 Kor 3, 9) ausgerüstet zu jedem guten Werk (vgl. 2 Tim 3, 17).“ Durch Heiligkeit sollen sie sich auszeichnen: „Das ist die Aufgabe, die ihr frei und freudig auf euch genommen habt: seid heilig, wie euer Dienst heilig ist.“

Der Priester solle seine Augen zu jeder „auf Christus richten“. Pius XII. erinnert deutlich und zu Recht an den kirchlichen Gehorsam: „Wie das priesterliche Leben von Christus ausgeht, so muss es jederzeit voll und ganz auf ihn gerichtet sein. Christus aber ist das Wort Gottes, das nicht verschmähte, die menschliche Natur anzunehmen; das hier auf Erden lebte im Gehorsam gegen den Willen des Ewigen Vaters; das um sich den Glanz der Liebe verbreitete; das in Armut lebte.“ Christliche Vollkommenheit beruhe auf der Demut: „Der Priester vertraue nicht auf seine eigene Kraft, freue sich nicht zu sehr über seine Gaben, hasche nicht nach Achtung und Lob der Menschen; er strebe nicht gierig nach höheren Ämtern, sondern ahme Christus nach, »der nicht kam um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen« (Mt 20,28).“

Alle Gläubigen mögen auch heute ernsthaft bedenken, was Pius XII. über den gebotenen kirchlichen Gehorsam sagt: „Das Streben nach dieser im Lichte des Glaubens erstrahlenden Demut führt den Menschen zur Aufopferung des eigenen Willens in schuldigem Gehorsam. Christus selbst hat in der von ihm gegründeten Gemeinschaft eine rechtmäßige Autorität eingesetzt, die seine eigene beständig weiterführt, daher gehorcht dem göttlichen Erlöser selber, wer den kirchlichen Vorgesetzten gehorcht.“

Dieses Wort gilt. Es ist die Lehre der Kirche, zu der wir uns im Credo bekennen. Darf jemand aus der Schar der zum priesterlichen Dienst Erwählten kirchlichen Ungehorsam billigen oder sogar fordern? Vielleicht sind auch Sie durch manche Stellungnahmen verunsichert oder irritiert? Jeder von uns, auch jeder Kleriker, wird sich für das, was er sagt und tut, eines Tages verantworten müssen. Wir sind dazu bestellt, füreinander zu beten, nicht einander zu richten.

Pius XII. schreibt weiter: „In unserer Zeit, welche die Grundlagen der Autorität freventlich zu erschüttern sucht, ist es unbedingt notwendig, dass der Priester, der den Sinn fest auf die Gebote des Glaubens richtet, eben diese Autorität anerkennt und nach Gebühr ihr folgt, nicht nur als der notwendigen Sicherung der Religion und der Gesellschaft, sondern auch als der Grundlage seiner persönlichen Heiligung. Während die Feinde Gottes in verbrecherischer List Einzelne aufstacheln und sie zu einem Widerstand gegen die Weisungen ihrer heiligen Mutter, der Kirche, verführen, loben Wir die große Schar der Priester und ermuntern sie väterlich, ihren christlichen Gehorsam klar zu zeigen und die unbedingte Treue gegen Christus und gegen die von ihm eingesetzte Obrigkeit aufrecht zu erhalten, da sie »für würdig erfunden wurden, um des Namens Jesu willen Schmach zu leiden« (Apg 5, 41), und nicht nur Schmach, sondern Verfolgungen, Kerker, ja selbst den Tod.“ Pius XII. ruft auch zur Milde auf, die aber ausgerichtet ist auf Christus und Seine Kirche: „Ferner erstrahle euer apostolischer Eifer im Lichte größter Milde. Wenn es auch unumgänglich unser aller Pflicht ist, die Irrtümer zu widerlegen und die Laster zu bekämpfen, so darf dennoch der Priester niemals das Gefühl des Mitleids verlieren.“ Wer Irrtümer benennt, tut dies nicht, als sei er selbst zum Richter bestellt: „Die Irrtümer müssen mit aller Kraft bekämpft werden, doch die irrenden Brüder muss man lieben und durch Liebe auf den Weg des Heils zurückführen.“ Und das ist nicht weniger wichtig: Nicht nur vom kirchlichen Gehorsam, sondern auch von der christlichen Liebe ist niemand dispensiert.

Pius XII. gibt praktische Ratschläge: „Die jungen Seminaristen sollen schon früh lernen, ihren Oberen kindlichen und aufrichtigen Gehorsam zu leisten. So werden sie später auch ihren Bischöfen bereitwillig gehorchen, nach der Mahnung des glorreichen Bekenners Christi, Ignatius von Antiochien: »Gehorchet alle dem Bischof, wie Jesus Christus dem Vater gehorcht hat« (Ad Smyrnaeos, VIII, 1). »Wer den Bischof ehrt, wird von Gott geehrt; wer hinter dem Rücken des Bischofs handelt, dient dem Teufel« (Ebd., IX, 1, 714, 715). »Tut nichts ohne den Bischof, hütet euren Leib, wie den Tempel Gottes, liebt die Einigkeit, flieht die Zwietracht, seid Nachahmer Jesu Christi, wie er der Nachahmer seines Vaters war« (Ad Philadelphienses VII, 2).“ Ist das nur an Seminaristen adressiert? Klingen Pius‘ Worte für Sie altmodisch – oder unerwartet aktuell?

Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen. Wir alle spüren in diesen Tagen der Wüste den Hunger nach der Feier der heiligen Messe, scheint mir, nach dem Brot des Lebens und nach der vollen Teilhabe an den Sakramenten. Die Worte des großen Papstes Pius XII., den viele einfach gläubige Katholiken wie einen Heiligen verehren, scheinen mir sehr bedenkenswert und beherzigenswert zu sein. Im Geist der gotteskindlichen Demut denke ich in diesen Tagen oft darüber nach, besonders im Gebet für die Einheit der Christen und der Kirche. Ja, Papst Pius XII. hat an die Kleriker geschrieben. Zum Streben nach Heiligkeit sind wir alle aufgerufen – und dazu, Christus und Seiner Kirche treu zu sein. Dieses päpstliche Mahnschreiben ist fast 70 Jahre alt. Es spricht in unsere Zeit. Vielleicht wäre es gut, in diesen nicht einfachen Zeit der Corona-Pandemie die Worte von Pius XII. zu lesen und darüber nachzudenken.

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Quelle

Lesen Sie auch die Apostolische Exhoration „Menti Nostrae“ von Papst Pius XII.

VOM LEBENSDIENST DER FRAU — 2. MARIA, UNSER LEBEN

Maria, unser Leben

Im „salve regina“ grüßen wir Maria als „unser Leben“. Vita, dulcedo et spes nostra, salve! Besteht dieser Titel zurecht? Ist er vielleicht einer augenblicklichen Überschwänglichkeit, einer spontanen Begeisterung des Dichters entsprungen? Ist er vereinbar mit dem Wort des Herrn, indem er selbst sich als das Leben bezeichnet? Ist der Anruf theologisch haltbar?

Die Anrufung Mariens als „vita“ ist zunächst begründet im Dogma von der Unbefleckten Empfängnis. Der Tod hat ja seinen Ursprung in der Sünde. Nur durch die Sünde ist der Tod in die Welt gekommen (vgl. Röm. 5, 12). Der Tod ist die ausdrückliche Strafe, die Gott auf die Übertretung des Paradiesgebotes gesetzt hatte, aber diese Strafe ist eine dem Wesen der Sünde entsprechende immanente Folge. Jede Sünde geht ans Leben. Die läßlich Sünde ist Schwächung, Minderung des Leben, die schwere Sünde Tötung des Lebens. Wenn Paulus sagt „Wie demnach durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, und so der Tod auf alle Menschen übergegangen ist, weil alle gesündigt haben“ (Röm. 5,12), dann darf der Tod nicht auf das leibliche Leben beschränkt werden. Der Verlust des Gnadenlebens fällt zusammen mit der ersten Sünde, sie koinzidieren. Die schwere Sünde selbst ist der Tod. Sie zieht als konsequente Folgerung auch den Tod des leiblichen Lebens nach sich. Der Mensch in der schweren Sünde trägt keimhaft den Tod in sich. Er gebiert im Lauf seines Lebens den Tod, der seine Früchte zeitig in einem Heer von Krankheiten, in einem Meere von Not und Leiden und Tränen, in den tausendfachen Formen des leiblichen Sterbens und schließlich im ewigen Tod, in der ewigen Verdammnis. Das ist der Tod in seiner letzten Vollendung, in seiner definitiven Gestalt, die Statik des Todes. „Das ist der zweite Tod“ (Apok. 20, 15).

Weil Maria als die Unbefleckt Empfangene vor aller Sünde bewahrt wurde, stand sie nicht unter dem Gesetz des Todes. Die Kirche hat die Frage offengelassen, ob Maria den leiblichen Tod auf sich genommen hat oder nicht. In der Enzyklika „Munificentissimus Deus“ heißt es: „Maria ist, nachdem sie ihren irdischen Lebenslauf vollendet hatte, mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen worden“. Aber es ist doch die Meinung nahezu aller Theologen, dass Maria gestorben ist. Wenn wir den Gedanken der Miterlöserschaft Mariens zu Ende denken, hat Maria freiwillig aus Liebe zu Christus und seinem Werk den Tod erlitten. Aber dieser Tod wäre durchaus kein Widerspruch gegen den Anruf „Leben“.

Diese Anrufung stützt sich weiter auf das denkbar innige Christusverhältnis Mariens. Weil kein Mensch in einer solchen Christusverbundenheit, in einer solch intimen und intimsten Christusnähe gelebt hat wie sie, muss sie auch der vitalste Mensch, die vitalste Frau sein, die es jemals gegeben hat und geben wird. Wenn schon ein hl. Paulus von sich sagen konnte: „Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir“ (Gal. 2, 20), wie sehr mag dann dieses Wort auf Maria zutreffen! Hier ist nicht zuerst an die leibliche Nähe Mariens zu Christus gedacht. Auch diese war einzigartig. Jedes Menschenkind ist immer nur zur Hälfte Kind seiner Mutter, es ist ebensosehr Kind seines Vaters. Weil aber das männliche Zeugungsprinzip bei der Empfängnis Mariens ausgeschaltet ist, ist Christus dem Fleische nach ganz und gar Kind Mariens. Niemals hat es ein Kind gegeben, das so „auf seine Mutter gekommen ist“ wie Christus auf Maria. Diese Ähnlichkeit zwischen Mutter und Kind sucht vergeblich eine Parallele.

Viel wesentlicher aber als diese leibliche Nähe ist die geistige. Maria ist ihrem göttlichen Sohn nahe in Glaube, Hoffnung und Liebe. Die Väter betonen immer wieder, dass Maria Mutter Christi ist „prius mente quam ventre“. Sie hatte ihn zunächst im Schoß ihres Geistes und Herzens und dann im Schoß ihres Leibes empfangen. Nach einem Wort des heiligen Augustinus lebt der Menschen nicht dort, wo er lebt, sondern dort wo er liebt. Maria, die gratia plena, ist auch die caritate plena. Sie liebt Christus mit der ungebrochenen natürlichen und übernatürlichen Liebeskraft eines fraulichen Herzens. Immerzu weilen ihre Gedanken bei ihrem göttlichen Sohn. Sie teilt seine Freuden und Leiden, seine Anliegen und Sorgen, soweit überhaupt ein Mensch Gott zu folgen vermag. Was die Liebeslieder aller Zeiten gesungen haben über die Hingabe des Geliebten an den Geliebten, über ihre Sehnsucht nach ihm, ist im Verhältnis Mariens zu Christus unerhört kühne Wirklichkeit geworden. Maria geht ganz auf in Jesus Christus. Im restlosen und rastlosen Dienst an ihn findet sie die Erfüllung ihres Lebens.

Jede Liebe eint, jede Liebe bindet. Vom Maß der Liebe Mariens können wir den Grad der „Einheit“ bestimmen, die zwischen Maria und Christus bestanden haben muss. Es ist eine Einheit, die bis an die äußerste Grenze des Möglichen geht, wie sie überhaupt zwischen Gott und dem Geschöpf denkbar ist. Die Liebe Mariens duldet keinerlei Trennung von Jesus Christus. Paulus stellt die Frage: „Wer vermag uns zu scheiden von der Liebe Christi?“ „Etwa Trübsal oder Bedrängnis, oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?“ Er führt fast erschöpfend alle Belastungsproben für seine Christusliebe an. Aber Paulus kann sich schlechterdings nichts denken, das seine Christusliebe beeinträchtigen könnte. So darf er voller Vertrauen sagen: „Aber in alledem bleiben wir siegreich durch den, der uns geliebt hat. Ich bin überzeugt: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Herrschaften, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Mächte, weder Hohes noch Niederes, noch sonst etwas Erschaffenes vermag uns von der Liebe Gottes zu scheiden, die da ist in Christus Jesus unserem Herrn“ (Röm. 8, 35f.).

Dieses Wort gilt a fortiori von Maria. Wir können uns gar nicht vorstellen, dass Maria sich von der Seite Christi getrennt hat. Das ließ ihre Liebe nicht zu. Sie ist mit ihm gezogen während der drei Jahre seiner öffentlichen Tätigkeit durch ganz Palästina und hat alle Entbehrungen und Strapazen eines solchen unruhigen Lebens geteilt; sie ist ihm auch bis unter das Kreuz gefolgt, wo ihr Schoß die erste Ruhestätte ihres toten Sohnes wurde.

Die Unbefleckte Empfängnis Mariens und ihre einmalige Christusgemeinschaft lassen auf eine Fülle des Lebens schließen, die wir nur dunkel ahnen können, so dass die Anrufung „vita“ berechtigt zu sein scheint. Aber die Anrufung besagt mehr. Sie preist Maria nicht als das Leben schlechthin. Das ist Jesus Christus. Sie preist Maria als unser Leben. Es geht in diesem Anruf um die Beziehung Mariens zu uns. Er stellt ihr Leben in seiner Bedeutung für unser Leben heraus. Es geht hier um die heil- und lebenvermittelnde Rolle Mariens. Die heil- und lebenspendende kommt ihr nicht zu.

Das vitale Verhältnis Mariens zu uns geben wir wieder mit dem uns so lieb und vertraut gewordenen Wort „Mutter“. Kaum ein Marienlied ist so verbreitet und so beliebt beim katholischen Volk wie das Lied: Maria zu lieben. Dieses Lied besingt die kindliche Liebe, die der Katholik zu Maria, seiner himmlischen Mutter, hegt. Dieser Gedanke ist deutlich ausgesprochen in der zweiten Strophe: „Du bist ja die Mutter, dein Kind will ich sein.“

Maria ist unser Leben, unsere Mutter in einem zweifachen Sinne, in einem indirekt ontischen und präzeptorischen Sinne. Die indirekt ontische Grundlage der Mutterschaft Mariens betonen nachdrücklich Väter und Theologen. Vielleicht bezeugt Gottfried von Vendôme diese Mutterschaft am klarsten. „Die wahrhaft gute Maria gebar Christus und in Christus die Christen. Es ist also die Mutter Christi Mutter der Christen.“ Eadmerus argumentiert folgendermaßen: „O Herrin, wenn dein Sohn durch dich unser Bruder geworden ist, bist nicht dann auch du durch ihn unsere Mutter?“ Eine ähnliche Argumentation finden wir beim heiligen Anselm. Wie die Väter, lehren auch die Päpste. In der Enzyklika „Ad Diem Illum“ von Pius X heißt es: „Ist Maria nicht etwa Mutter Christi?“ „Also ist sie auch unsere Mutter. Im Schoße seiner reinsten Mutter hat Jesus Christus Fleisch angenommen. Er hat sich auch einen geistigen Leib gebildet, zusammengefügt aus denen, die an ihn glauben. Man kann also sagen: als Maria den Heiland im Schoß trug, da trug sie alle darin, deren Leben im Leben des Heilandes eingeschlossen war. Wir alle, die wir Christus zugehören und nach den Worten des Apostels ‹Glieder seines Leibes sind, von seinem Fleisch und Bein› (Eph. 5, 20), wir sind aus Maria geboren worden als ein Leib, der mit dem Haupte verbunden ist. Deshalb werden wir im geistlichen und mystischen Sinne Kinder Mariens genannt, und sie ist unser aller Mutter dem Geiste nach, aber wirklich Mutter, da wir Glieder Christi sind.“ Pius XII nennt Maria in Mystici corporis die „Hochheilige Gebärerin aller Glieder Christi“. Er unterstreicht sehr kräftig diese Gedanken in „Haurietis Aquas“.

Zu dieser seinsmäßigen Grundlage kommt der ausdrückliche Wunsch Christi hinzu, der uns seine Mutter als christliches Erbe hinterlässt. Zu den letzten sieben Worten des Herrn am Kreuz gehört auch das Wort an seine Mutter: „Weib, siehe da deinen Sohn.“ Und das entsprechende Wort an Johannes: „Sohn, siehe da deine Mutter.“ Wir müssen uns die Situation vor Augen halten, in der diese Worte gesprochen sind. Es ist das letzte Wort des sterbenden Herrn an seine Mutter, bzw. an seinen Lieblingsjünger Johannes. Es handelt sich also um das Vermächtnis Christi. Mit dem Wort: „Weib, siehe da deinen Sohn“ drängt sich der Herr von Maria als seine Mutter. Es ist bemerkenswert, dass uns die Schrift an keiner Stelle ein Herrenwort überliefert hat, in dem Christus Maria mit dem Mutternamen angesprochen hat. Aber hier am Kreuz geht Christus einen Schritt weiter: er sagt sich von ihr als Sohn los und übergibt ihr einen anderen Sohn, den Johannes. Das Wort bohrt sich wie ein Schwert in das Herz Mariens. Aber auch bei diesem Wort bleibt Maria sich selbst als der Magd des Herrn treu. Keine Faser ihres Herzens begehrt auf. Ihr Wille ist ganz eins mit dem Willen ihres Sohnes. Christus hat sich geopfert, weil er selbst es wollte. Von derselben Freiwilligkeit ist das Opfer Mariens unter dem Kreuz getragen. Diese Freiwilligkeit wurzelt in ihrer Liebe. Nur der Liebende ist wahrhaftig frei. Mariens Opfer will sich nach Möglichkeit dem Opfer ihres Sohnes angleichen und dessen würdig sein. So kann Mystici Corporis sagen: „Sie hat, immer mit ihrem Sohn aufs innigste verbunden, ihn auf Golgotha zusammen mit dem gänzlichen Opfer ihrer Mutterrechte und ihrer Mutterliebe dem ewigen Vater dargebracht als die neue Eva für alle Kinder Adams.“ „Wem Gott eine Tür zumacht, dem öffnet er ein Fenster“ heisst ein Sprichwort. Das bewahrheitet sich auch unter dem Kreuz. Der Sohn stellt seine Mutter eine ganz neue Aufgabe. Sie hat ja ihre Aufgabe an ihm selbst erfüllt. Er wird in wenigen Minuten sprechen „consummatum est“, „es ist vollbracht“. Damit hat aber auch seine Mutter an ihm ihre Aufgabe vollbracht.

Der Auferstandene und zur Rechten des Vaters thronende Herr bedarf keiner Mutter mehr. Sie erübrigt sich. Aber die Kirche, sein Leib, braucht eine Mutter. Alle Mutterliebe und Muttersorge, die Maria ihrem Sohn während seines Erdenlebens geschenkt hat, soll sie jetzt seinem Leib, der Kirche, zuwenden. Dasselbe mütterliche Verhältnis, das sie zu Jesus Christus hatte, hat sie jetzt zu seiner Kirche. In diesem Sinne sagt Mystische Corporis: „So war sie, schon zuvor Mutter unseres Hauptes dem Leibe nach, nun auch auf Grund eines neuen Titels des Leids und der Ehre im Geist Mutter aller seiner Glieder.“

Es gibt kein Vermächtnis, das heiliger, liebevoller gehütet und vollzogen würde als das Vermächtnis des Herrn an seine Mutter. Die Kirche als solche und jedes einzelne Glied an ihr erfahren täglich aufs neue die mütterliche Liebe und Sorge Mariens. Insofern Maria unsere Mutter ist, ist sie auch unser Leben.

Die Sorge einer Mutter ist immer das Leben ihrer Kinder! Zu welch heroischen Opfern ist nicht eine Mutter fähig, sobald das Leben ihres Kindes in Gefahr ist! Da schreckt die rechte Mutter vor nichts zurück. Sie ist bereit, ihr Leben einzusetzen, um das ihres Kindes zu retten. Das Kind selbst weiß um diese mütterliche Opferbereitschaft. Wenn es in Gefahr ist, ruft es unwillkürlich: Mutter. „Alle Not ruft Mutter.“ Wie viele Soldaten haben im Krieg sterbend nach der Mutter gerufen. Der Mensch weiß um den Ursprung seines Lebens. Er hat den instinktiven Glauben, dass der Mensch, der ihm das Leben schenkte, auch die Macht und Kraft hat, es in der Gefahr zu schützen und zu erhalten. Das Symbol für den Schutz, den die Mutter ihrem Kind gewährt, ist Mutters Schürze. Das ängstliche, verfolgte Kind flüchtet sich unter die Schürze seiner Mutter und sucht dort Geborgenheit. Dort fühlt es sich in absoluter Sicherheit.

Was für das kleine Kind die Schürze der Mutter bedeutet, ist für uns der Schutzmantel Mariens. Wenn irgendjemand über unser Christusleben mit liebenden Augen wacht, dann Maria. Und wie oft ist dieses Leben bedroht! Satan, der nicht schläft, liegt immer auf der Lauer, uns dieses Leben zu rauben. Eine echte Marienverehrung ist der sicherste Schutz für alle Bedrohung dieses Lebens. Die wunderbaren Bekehrungen an ihren Gnadenorten sind eine fortwährende Bestätigung für die Anrufung „Du, unser Leben, sei gegrüßt“.

Das Wort: „Weib, siehe da deinen Sohn“ wird ergänzt durch das andere an Johannes gerichtete: „Sohn, siehe da deine Mutter.“ Der Herr kennt die Psyche der Frau. Er kennt die Not der Einsamkeit. Er hört die Klage der Frau: „Ich habe keinen Menschen. Niemand versteht mich. Ich bin so allein.“ Die Frau braucht mehr als eine wirtschaftliche Existenz, mehr als ein „Einkommen“ und „Auskommen“. Nach dem Tod des Herrn fehlt Maria alles: wirtschaftliche Sicherung und menschliche Geborgenheit. Sie ist „alleinstehend“. Der Herr sorgt sterbend für beides, indem er sie seinem Lieblingsjünger Johannes zur Obhut übergibt. Den jungfräulichen Jünger wird die Jungfrau anvertraut. Das Vermächtnis Christi wird auf der Stelle angetreten. „Von dieser Stunde an nahm sie der Jünger in sein Haus auf. Maria ist jetzt bei Johannes „zuhause“. Sie hat ein neues Heim gefunden.

Wie der Herr uns seiner Mutter anvertraut, so vertraut er auch umgekehrt seine Mutter uns an. Sie soll bei uns zuhause sein und Hausrechte haben. Nicht nur ihr Bild soll in unseren Häusern einen Ehrenplatz einnehmen, vor allem soll ihr Geist, der Geist des Christusglaubens und der Christusliebe, der Geist des Apostolates, der Geist der Heiligkeit, von uns, ihren Kindern, angenommen und gelebt werden. Dann ist sie durch uns und in uns zu Hause.

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Quelle: Josef Dreissen: „Christus Leitbild jeder Frau“, 312 Seiten, 1962

(Artikelbild dazu von mir [POS] ausgewählt)

Laien, Familie und Leben: neues Logo und neue Webseite

Laien, Familie Und Leben: Neues Logo & Webseite Screenshot / © Laityfamilylife.Va

Die neue Vatikanbehörde
hat am 1. September 2016 ihre Arbeit aufgenommen

Die neue Vatikanbehörde für die Laien, die Familie und das Leben, die am 1. September 2016 ihre Arbeit aufnahm, hat am gestrigen Mittwoch, dem 12. Juli 2017, ihr neues Logo und ihren neuen Interauftritt gestartet: www.laityfamilylife.va.

Das Logo — so erklärt ein Artikel auf der neuen Webseite — stelle „eine Umarmung“ dar, die „alle Laien und alle Familien der Welt“ umfasse. Auf dem von der Italienerin Anna Formaggio entworfenen Logo sieht man Laien, die die berühmten Kolonnaden Berninis stützen, die sie und die Familien wiederum „in einer Umarmung“ umschließen.

Sie stünden symbolhaft für die Frauen, Männer, Kinder, Jugendlichen, Senioren und Familien, die einerseits die Kirche bilden und andererseits „ihren mütterlichen Schutz“ empfangen.

Das Logo enthält auch eine Knospe, „die aus den Verlängerungen der Kolonnade vom Petersdom“ herauswächst, als Zeichen des Lebens, das aus den Familien entspringt.

Die neue Webseite ist in fünf Sprachen verfügbar: Englisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch und Spanisch.

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Quelle

Schönstätter wird Vatikan-Sekretär für Laien, Familie, Leben

Pater Alexandre Awi Mello – RV

Papst Franziskus hat den brasilianischen Schönstatt-Priester Alexandre Awi Mello zum Sekretär der Vatikanbehörde für Laien, Familie und Leben gemacht. Das teilte der Vatikan am Mittwoch mit. Der 46-jährige erhält damit den zweitwichtigsten Posten in der neu geschaffenen Großbehörde unter Leitung von Kardinal Kevin J. Farrell. Ernennungen an dem Vatikan-Ministerium standen bereits länger aus, die Behörde ging im vergangenen September an den Start. Untersekretäre hat der Papst noch keine ernannt. Laut Statuten kann der Sekretär der Laien-Behörde Laie sein, dieser Freiraum wurde mit Mellos Ernennung nicht ausgeschöpft.

Mello war bisher Direktor der Schönstatt-Bewegung in seinem Heimatland. Der 1971 in Rio de Janeiro Geborene studierte Philosophie und Theologie an der Päpstlichen Universität von Santiago de Chile und erwarb im Jahr 2000 einen akademischen Abschluss an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Vallendar. Derzeit beendet er eine Doktorarbeit zu Mariologie an der US-amerikanischen Dayton-Universität.

2001 wurde er als Mitglied der Schönstatt-Bewegung zum Priester geweiht. Von 2002 bis 2009 und ab 2012 übernahm Mello diverse Lehraufträge an katholischen Universitäten in Brasilien. 2007 arbeitete er mit dem Redaktions-Sekretariat der Generalkonferenz des lateinamerikanischen Episkopats in Aparecida zusammen. Eine prägende Erfahrung war für ihn die Zusammenarbeit mit dem damaligen Kardinal Jorge Mario Bergoglio – dem heutigen Papst Franziskus.

Bei der Schönstatt Bewegung war Mello auch für die Jugendarbeit zuständig. Mello ist Direktor der Zeitschrift „Tabor“ und veröffentlichte in Fachzeitschriften mehrere Artikel zu den Themen Seelsorge und Katechese.

Die Schönstatt-Bewegung ist eine weltweit in mehr als 40 Ländern vertretene katholische geistliche Gemeinschaft. Gegründet wurde sie 1914 vom Pallottinerpater Josef Kentenich (1885-1968) in Schönstatt, einem Stadtteil des rheinland-pfälzischen Vallendar. Im Zentrum der Gemeinschaft stehen die Verehrung der Gottesmutter Maria, eine intensive Frömmigkeit im Alltagsleben und eine engagierte Weitergabe des katholischen Glaubens in der Gesellschaft.

(kna 31.05.2017 pr)

Vatikanreform: Neue Aufgaben für Erzbischof Paglia

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Erzbischof Vincenzo Paglia

Erzbischof Vincenzo Paglia wird neuer Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, gleichzeitig übernimmt er das Amt des Großkanzlers des Instituts „Johannes Paul II.“ für Studien zu Fragen von Ehe und Familie. Das gab der Vatikan an diesem Mittwoch bekannt. Paglia war bisher Präsident des Päpstlichen Familienrates, der in einem neuen Dikasterium aufgeht.

Innerhalb des neuen Dikasteriums übernimmt Paglia nun diese neuen Aufgaben. Dass das Institut und die Akademie künftig eng mit dem neuen Dikasterium zusammen arbeiten werden, hatte der Papst schon am 4. Juni dieses Jahres bekannt gegeben.

Präsident des Päpstlichen Instituts „Johannes Paul II.“ wird der italienische Fundamentaltheologe und Musiker Pierangelo Sequeri, bislang Präsident der Theologischen Fakultät in Mailand.

Neue Zugehörigkeit des Instituts

Bislang gehörte das Institut zur Päpstlichen Lateranuniversität, Großkanzler der Uni ist der Päpstliche Kardinalvikar für das Erzbistum Rom, Agostino Vallini. Mit dem Wechsel des Instituts unter das Dach der neuen Vatikaninstitution war eine neue Benennung nötig geworden.

Der bisherige Präsident des Instituts, Prof. Livio Melina, scheidet aus seinem Amt aus.

 

(rv 17.08.2016 ord)

Laien, Familie und Leben: Bischof Farrell leitet neue Institution

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Familien, Laien und das Leben: Immer im besonderen Augenmerk des Papstes

Die neue Vatikanbehörde für „Laien, die Familie und das Leben” beginnt am 1. September mit ihrer Arbeit. Papst Franziskus setzte mit einem Rechtsschreiben (Motu Proprio), das der Vatikan an diesem Mittwoch veröffentlichte, die Institution formell ein. Leiter des neuen Dikasteriums wird Bischof Kevin Joseph Farrell von der Kongregation der Legionäre Christi. Bislang war Farrell Bischof von Dallas in den USA.

Der geborene Ire Farrell war vor seiner Ernennung zum Bischof von Texas 2007 unter anderem in Mexiko und als Seelsorger für spanischsprachige Katholiken im Erzbistum Washington tätig.

Die römische Kurie solle sich immer an die Bedürfnisse der Weltkirche anpassen, schreibt der Papst in dem Motu Proprio. Deswegen erfolge diese Umstrukturierung, bei der der Laienrat, der Familienrat und die Akademie für das Leben in der neuen Institution aufgehen. Die beiden Räte hören dann auf, unabhängig zu bestehen, während die Akademie lediglich unter die Leitung der neuen Institution fällt.

Ein weiterer Schritt der Reform

Damit geht die von Papst Franziskus angestoßene Strukturreform im Vatikan einen Schritt weiter. Während der Bischofssynode im Oktober hatte der Papst angekündigt, eine Vatikanbehörde zu gründen, die sich mit Laien, dem Thema Familie und dem Schutz für das Leben befassen soll. Am 4. Juni diesen Jahres war diese Behörde dann formell vom Papst approbiert worden. Es sei der „Abschluss einer wichtigen Etappe und der Beginn einer neuen“, so hatte der Papst bei seinem letzten Empfang für eine der Institutionen, den Laienrat, formuliert.

Mit der Errichtung gab der Vatikan gleichzeitig auch die Statuten des neuen Dikasteriums – wie die Institutionen im Vatikan genannt werden – bekannt. Sie gelten wie die Errichtung selber erst einmal ad experimentum und sollen nach einiger Zeit überprüft werden. Neu an dieser Institution ist, dass der Posten des Sekretärs von einem Laien besetzt werden kann, wie es in Artikel zwei der Statuten ausdrücklich heißt, und dass die Untersekretäre Laien sein sollen. Zu den Mitgliedern des Dikasteriums – so etwas wie der Verwaltungsrat – sollen ebenfalls Laien wie Kleriker, Verheiratete wie zölibatär Lebende gehören. Ernennungen hierzu wurden noch nicht bekannt.

Ebenfalls zur neuen Institution gehört das „Institut Johannes Paul II“ zu Studien von Ehe und Familie, das bislang der Päpstlichen Lateranuniversität angegliedert war.

Aufgaben des Dikasteriums

Zu den Aufgaben der neuen Institution – die weder als Kongregation noch als Päpstlicher Rat eingestuft wird – soll das Organisieren von internationalen Begegnungen wie etwa den Weltjugendtagen gehören. Sie soll sich um die „Sendung der Laien in Kirche und Welt“ kümmern, Fragen von Familienpastoral behandeln und Weiterbildungsinitiativen auf diesem Gebiet einrichten. Zur letzten Frage sehen die Statuten eine direkte Verbindung mit dem Päpstlichen Institut Johannes Paul II. für Ehe und Familie vor. Auch Fragen um das menschliche Leben herum, wie etwa die Fragen von Lebensschutz, Hilfe für Schwangere und Bioethik, gehören in die Kompetenz der neuen Einrichtung. Hierzu wird die Päpstliche Akademie für das Leben mit dem Dikasterium verbunden, sie soll vor allem mit Studien und Diskussion der Themen helfen.

(rv 17.06.2016 ord)