Familien der Opfer des Tiananmen-Massakers fordern Aufklärung

Dem Blutbad in Peking fielen Hunderte zum Opfer. Einige Hinterbliebene haben sich nun mit einem offenen Brief an die Regierung gewandt. Die Polizei in Hongkong nahm unterdessen die prominente Organisatorin von Tiananmen-Gedenkveranstaltungen, Chow Hang-tung, fest.

Zum Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 in China haben Familien der Opfer eine gerechte Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der chinesischen Geschichte gefordert. Die in dem Netzwerk der „Mütter von Tian’anmen“ zusammengeschlossenen Angehörigen forderten in einem offenen Brief die Offenlegung der Wahrheit über das Massaker. Zugleich forderten sie Entschädigungen.

Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, heißt es in dem Schreiben, das die Menschenrechtsorganisation Human Rights in China (HRiC) zum Jahrestag am Freitag veröffentlichte.

„Blutbad ist Tabu für die Regierung“

„Aber 32 Jahre später sehen wir noch immer keinen offiziellen Versuch, die Informationen über das Blutbad zu entsiegeln und zu enthüllen“, so die Kritik in dem Brief. Das Massaker bleibe „ein Tabu für die Regierung“.

Bei dem Einsatz der Volksbefreiungsarmee gegen friedliche Demonstranten um den Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen) in Peking waren damals einige hundert Menschen getötet worden. Die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt. Tausende wurden verletzt und inhaftiert.

Juristin organisierte Mahnwachen

vor dem Hintergrund des Jahrestags hat die Polizei in Hongkong eine bekannte Demokratie-Aktivistin Gewahrsam genommen. Die Juristin Chow Hang-tung wurde am Freitagmorgen vor ihrem Büro von vier Polizisten in Zivil vorläufig festgenommen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Aktivistin wurde in einer schwarzen Limousine weggebracht.

Chow ist eine der stellvertretenden Vorsitzenden einer Allianz, die jedes Jahr am 4. Juni eine Mahnwache zum Gedenken an die Opfer der brutalen Niederschlagung von 1989 organisiert. Die Behörden in Hongkong hatten die Gedenkveranstaltung bereits zum zweiten Mal in Folge unter Verweis auf die Corona-Pandemie verboten.

Wie die AFP aus Polizeikreisen erfuhr, wurde Chow unter Paragraph 17a einer Verordnung festgenommen, die die Bekanntmachung ungesetzlicher Versammlungen verbietet. Chow hatte zuvor in einem Interview angedeutet, sie werde sich am Freitag zum Victoria-Park begeben, wo die Tiananmen-Mahnwache für gewöhnlich stattfindet.

Zehntausende widersetzten sich dem Versammlungsverbot

Im vergangenen Jahr hatten sich anlässlich des Jahrestages der Niederschlagung der studentischen Pro-Demokratie-Proteste zehntausende Menschen in Hongkong dem Versammlungsverbot widersetzt. Mehrere Demokratie-Aktivisten wurden wegen ihrer Teilnahme verurteilt, darunter auch Joshua Wong, einer der bekanntesten Vertreter der Demokratie-Bewegung.

Gegen den wachsenden Einfluss Pekings hatte es in Hongkong 2019 monatelange Massenproteste gegeben. Als Reaktion darauf erließ die chinesische Führung im vergangenen Jahr das umstrittene sogenannte Sicherheitsgesetz, das den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten erlaubt, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen.

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