Auszug aus: Andrea Tornielli: Das Geheimnis von Pater Pio und Karol Wojtyla


1. EIN TREFFEN AN EINEM
APRILNACHMITTAG

Freitag, 30. April 1999. In Rom hat schon die Invasion der Pilger begonnen, die zur Seligsprechung von Pater Pio von Pietrelcina gekommen sind, des Kapuziners mit den Wundmalen, des „Heiligen vom Gargano“. Ein Heiliger, der bei manchen umstritten ist, der von vielen als „politisch inkorrekt“ angesehen wird, als Symbol einer urtümlichen, wenig modernen Religiosität. Ein Heiliger, der vom christlichen Volk geliebt, sehr geliebt wird.

Ich sehe sie in Gruppen daherkommen, die Pilger, mit ihren blauen Hütchen und den weißen Halstüchern, auf denen das Bild des Paters aufgedruckt ist. Auf dem Platz vor der vatikanischen Basilika wird gerade getestet, ob die Übertragungsanlage funktioniert, und Tausende von jungen Leuten stimmen Gesänge zu Ehren von Johannes Paul II. an. Während ich mit raschem Schritt auf die von der Schweizergarde errichtete Absperrung zugehe, werfe ich einen letzten Blick auf diese Vorhut des Popolo di Padre Pio, „der Gemeinde Pater Pios“, auf diese einfachen Leute, die zur Seligsprechung des stigmatisierten Kapuziners in die Hauptstadt geeilt sind. Im Grunde stellt das, was jetzt gleich geschehen soll, in gewisser Weise eine Revanche dar, gerade für sie. Oder, besser gesagt, keine Revanche, sondern der Beweis, dass, wenn auch langsam, in einem Zeitmaß, das wir nicht verstehen, in der Kirche doch Gerechtigkeit geschieht: Diese unbequeme, blutvolle Persönlichkeit, die so stark dem Traditionalismus anhing und so wenig in die Zeit zu passen schien, die so sehr angefeindet und manchmal auch verfolgt worden war von Prälaten, die nicht immer uneigennützig waren, und sogar von manchen Päpsten, wird nun gleich seliggesprochen werden. Waren die kirchenrechtlichen Sanktionen, die im Laufe seines langen und mühevollen Lebens gegen ihn verhängt worden waren, ungerecht? Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, darüber zu diskutieren. Das, was zählt, ist die Tatsache, dass dieser Ordensmann mit dem ungepflegten Bart und dem unverwechselbaren apulischen Akzent sie im Gehorsam angenommen und sich seinen Oberen unterworfen hat. Er hat gelitten, viel gelitten — nicht nur körperlich, gepeinigt von den Stigmata, sondern auch geistig. Er hat darunter gelitten, nicht verstanden zu werden von seinen Oberen, von Leuten aus der kirchlichen Hierarchie, die des Gewandes, das sie trugen, nicht immer würdig waren. Er ist auch vom Teufel im Laufe seines Lebens versucht worden, zu wiederholten Malen. Er war ein Kapuziner, der von Gott sprach, ohne dabei irgendwelche Abstriche zu machen; der den Glauben in seiner vollen Gestalt vorlegte, der von Jesus und von der Gottesmutter sprach, der die wirksame Gegenwart jenes personalen Wesens, das der Satan, der Versucher ist, nicht verschwieg. Er war ein Kapuziner, der einen guten Teil seines Lebens im Beichtstuhl verbrachte, der dort als Vermittler jener göttlichen Gnade wirkte, die es jedem Menschen ermöglicht, wieder von Neuem zu beginnen und die Reinheit der Taufe wiederzuerlangen. Wie viele Menschen sind nach San Giovanni Rotondo gekommen, wie viele haben sich vor diesem Beichtstuhl niedergekniet! Wie viele Männer und Frauen, wie viele Schwestern und Mütter, wie viele Eltern und Kinder … Sie riss nicht ab, die Prozession der Gläubigen, der einfachen Gläubigen, in jenem abgelegenen Kloster auf dem Gargano, aus dem dann auch ein großes Krankenhaus entstanden ist, Casa Sollievo della Sofferenza1. Wie viel Leiden und Elend haben die Ohren dieses Ordensmannes gehört, wie viele Häupter haben seine Hände gesegnet, die stets verborgen waren in diesen eigenartigen fingerlosen wollenen Handschuhen, die er auch im Sommer trug, um die Stigmata zu bedecken, die Spuren der Kreuzesnägel, die ihm das Fleisch durchbohrten und ihm unaussprechliche Schmerzen verursachten. Viele, wirklich sehr viele sind nach San Giovanni Rotondo gekommen, als Pater Pio noch am Leben war. Viele, sehr viele besuchen diesen Ort auch weiterhin, jetzt, wo er nicht mehr da ist. Viele Gnaden sind dort geschenkt worden, viele Wunder haben sich ereignet, aber vor allem viele Bekehrungen. Ich denke an diesen ganzen breiten Strom von Gutem, den die göttliche Vorsehung auf die verwundete und leidende Menschheit gelenkt hat. Ich denke an das Gesicht, das dieser ungebildete Kapuziner — der so wenig auf einer Linie liegt mit einer gewissen modernen Theologie, mit gewissen Vertretern der kirchlichen intellighenzia2, die die Volksreligiosität mit Argwohn betrachten, als ob sie ein archaisches Phänomen wäre, das man exorzieren müsste — machen würde, wenn er heute über den Petersplatz gehen würde.

Ich schaue mir die Pilger an und beobachte dann die mittlere Loggia der vatikanischen Basilika. Ein riesiges Tuch mit dem Bild von Pater Pio aus Pietrelcina wird in

1 „Haus der Linderung des Leidens“.
2 Eine Gruppe der wissenschaftlich Gebildeten.

wenigen Stunden auf diesem Platz, der als das Herz der Christenheit gilt, enthüllt werden, sobald der greise Papst die lateinische Seligsprechungsformel gesprochen haben wird. Ich denke an die große, grenzenlose Freude all derer, die in ihren — oft ärmlichen — Häusern ein Bild des „Heiligen vom Gargano“ hängen haben, an die, die ihn immer angerufen haben, an die, die ihn geliebt haben. Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, während ich die bereits müden Pilger betrachte, die aus ihren Bussen aussteigen, mit ihren Picknicktüten und ihren Klappstühlchen, mit denen sie im Sitzen an der Zeremonie teilnehmen können.

Dann schaue ich nach oben zum Apostolischen Palast, in dessen Räumen Johannes Paul II. gerade arbeitet, der erste polnische Papst der Kirchengeschichte. Ihm schreibt man den entscheidenden Stoß zu, der zum Fall des Kommunismus geführt hat, und zweifellos hat er, der aus dem Osten gekommen ist, um die Welt daran zu erinnern, dass der Eiserne Vorhang die Völker und die Kulturen nicht zu trennen vermag, zum Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus im Jahre 1989 beigetragen. Die Welt, die sich nunmehr für befriedet hielt, hat dann neue Kriege gesehen, im Nahen Osten und auch in Europa, nur wenige hundert Kilometer von uns entfernt im ehemaligen Jugoslawien. Die Kämpfe des Kosovo-Krieges sind eben erst zu Ende. Welch ein Irrtum ist es, die Gestalt dieses Giganten des 20. Jahrhunderts allein mit politischen oder geopolitischen Maßstäben zu messen! Wer Johannes Paul II. kennengelernt hat, wer ihn hat beten sehen, hegt keinen Zweifel daran, dass dieser Papst, der gleich Pater Pio zur Ehre der Altäre erheben wird, ein Mystiker ist, ein Mystiker, der fähig ist, die Geschichte, die Vergangenheit, die Gegenwart und auch die Zukunft im Lichte des Glaubens zu lesen, im Lichte des Handelns Gottes. Es sind völlig unterschiedliche Geschichten, die von Pater Pio von Pietrelcina, mit bürgerlichem Namen Francesco Forgione, und die von Johannes Paul II., mit bürgerlichem Namen Karol Wojtyla. Es sind verschiedene Geschichten, weit voneinander entfernte Wege, die doch so sehr vereint sind durch das Leiden und durch die vollständige Hingabe an den Willen Gottes in jedem Augenblick der Existenz. Und es sind Geschichten, die begonnen haben, sich an einem Aprilabend im Jahre 1948 zu überschneiden, als ein junger polnischer Priester auf den Gargano hinaufsteigt, nach einer stundenlangen Zugfahrt, um diesen Pater persönlich kennenzulernen, von dem in Rom viele reden. Und diese Geschichten sind dazu bestimmt, sich noch weiter zu überschneiden. An ihrem Ende ist dieser magere polnische Priester mit den hohlen Wangen Papst geworden, er hat in seinem eigenen Fleisch das Leiden kennengelernt, er ist dem Tod ganz nahegekommen durch die Kugeln, die der türkische Attentäter am 13. Mai 1981 abgefeuert hat. Und jetzt bereitet er sich darauf vor, auf diesem selben Platz, der ihn fast zum Märtyrer hätte werden lassen, Pater Pio seligzusprechen. Derselbe Ordensmann, auf den der Bannstrahl des Heiligen Offiziums3 niedergefahren war, wird jetzt der Kirche als Beispiel vor Augen gestellt.

Es ist Nachmittag, und ich bin in einem der kirchlichen Paläste auf der anderen Seite des Tibers mit einem alten Monsignore verabredet, mit einem Kanoniker von Sankt

3 „Heiliges Offizium“ ist die alte Bezeichnung für die „Kongregation für die Glaubenslehre“.

Peter, und zwar um mit ihm eben über Pater Pio zu sprechen. Er ist ein typischer Mann aus der Romagna, ein großer Kenner der lateinischen Sprache, ein treuer Mitarbeiter vieler Päpste, und er schätzt den stigmatisierten Mönch sehr. Seit vielen Jahren hat er infolge eines Schlaganfalls gewisse Schwierigkeiten beim Sprechen und beim Gehen, aber das hindert ihn nicht, die Messe zu feiern und noch andere pastorale Aktivitäten zu übernehmen, wenn auch als Pensionär. Gerade er war — ohne es zu wissen — der Vermittler eines „Wunders“, einer besonderen Gnade, die durch die Fürbitte von Pater Pio erlangt worden war, und zwar im Jahre 1962 auf die Bitte von Karol Wojtyla hin, als der zukünftige Papst noch der junge Weih-bischof und Kapitularvikar in Krakau war. Eine Geschichte, über die jahrelang nur getuschelt worden war und die dann nach der Wahl Johannes Pauls II. wieder ans Licht kam. Und ein Wunder, das nach strenger Logik gar nicht als solches bezeichnet werden kann, weil es niemals von der medizinischen Kommission der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse offiziell bestätigt und dokumentiert worden ist. Jedoch war bis zu diesem Moment niemand direkt zurückgegangen bis zu ihm, zu Mons. Guglielmo Zannoni, einem betagten Prälaten mit einem lächelnden Gesicht hinter einer dicken Brille, der jetzt, vor meinen Augen, in der Residenz der Kanoniker von Sankt Peter mit kurzen, schnellen Schritten seine Wohnung durchmisst, wobei er ein Bein leicht nachzieht. Er ist fünfundachtzig Jahre alt, stammt aus Rimini und trägt einen blauen Pullover aus schwerer Wolle, obwohl sich die milde Wärme des schon fortgeschrittenen Frühlings in Rom deutlich bemerkbar macht. Seine Füße stecken in einem Paar schwarzer Filzpantoffeln.

„Ich hab’s gleich für Sie … noch einen Moment Geduld!“, sagt er zu mir, während er sich vom einen Ende seines Arbeitszimmers zum anderen bewegt und sich an Schubladen, Mappen, Ordnern zu schaffen macht. Er ist auf der Suche nach ein paar Dokumenten, die er mir vorlegen will. Aus einer staubigen Mappe kommen alte Schwarz-Weiß-Aufnahmen zum Vorschein, die ihn an der Seite von Johannes XXIII. und Paul VI. zeigen. Aber die Briefe, die er sucht, tauchen noch nicht wieder auf. In der Zwischenzeit habe ich das Aufnahmegerät herausgeholt, weil ich hoffe, mit einem Interview in die Redaktion des Giornale4 zurückkehren zu können — und ich werde nicht enttäuscht werden.

„Gemäß meinen bescheidenen Möglichkeiten und ohne es zu wissen, bin ich zum Vermittler für ein Wunder geworden, das Karol Wojtyla von Pater Pio erbeten hat“, flüstert Mons. Guglielmo Zannoni, der sechzig Jahre als Priester im Dienste des Heiligen Stuhls verbracht hat. Schließlich gibt eine Schublade des Schreibtisches aus dunklem Nussbaum das so sehr gesuchte Dokumentenbündel frei. Es sind Dokumente, die vom Glauben sprechen, von der Bitte um Gnade, von Wundern — mit einem Wort: vom Christentum. Wenige Meter Luftlinie von seiner Wohnung im zweiten Stock der Domherrenkurie von Sankt Peter entfernt ist jetzt, an diesem Frühjahrsnach¬mittag mit seinem bleiernen Himmel, alles bereit für die Zeremonie.

„Im November 1962, während des Ökumenischen Konzils, des Zweiten Vatikanums, das gerade eröffnet worden war“, erzählt Zannoni, „war Karol Wojtyla, damals Weih-

4 II Giornale ist eine italienische Tageszeitung mit Sitz in Mailand.

bischof in Krakau, hier in Rom, um an der Arbeit des Konzils teilzunehmen. Er hatte einen Freund an der Kurie, einen Kommilitonen aus dem Seminar, den ich jeden Tag in der Kantine von Santa Marta beim Mittagessen traf: Mons. Andrzej Deskur, heute Kardinal. Eines Tages zeigte mir Deskur einen in Latein geschriebenen Brief und fragte mich, wie er ihn Pater Pio zukommen lassen könne.“ Der Brief, von dem der betagte Prälat noch eine verknitterte Kopie besitzt, ist auf den 17. November 1962 datiert und wurde von dem zukünftigen Papst geschrieben, als der im Pontificio Collegio Polacco, dem Päpstlichen Polnischen Kolleg, weilte:

„Ehrwürdiger Vater, ich bitte Dich, für eine Mutter von vier Töchtern zu beten, die vierzig Jahre alt ist und in Krakau in Polen lebt. Während des letzten Krieges war sie fünf Jahre lang als Gefangene in einem Konzentrationslager in Deutschland. Jetzt ist sie schwer krebskrank und schwebt in Lebensgefahr …“

Die Frau ist Wanda Poltawska, eine Altersgenossin und Freundin der Familie des Pontifex, Professorin für Psychiatrie. Damals war sie in Lebensgefahr wegen einer schweren Form von Darmkrebs: Die Ärzte waren schon zu dem Ergebnis gekommen, dass auch ein chirurgischer Eingriff keinen Sinn mehr habe, weil der zu entfernende Teil zu umfangreich sei.

„Ich habe Pater Pio gut gekannt“, erzählt Zannoni weiter, mit seinen lebhaften Augen, die mich aufmerksam betrachten und sich immer wieder auf die Säulenreihe jenes Platzes richten, der binnen Kurzem der Schauplatz der Seligsprechung sein wird. „Ich war eng befreundet mit Angelo Battisti, der in der Woche als Schreibkraft im Staatssekretariat arbeitete und dann für den Samstag und den Sonntag nach San Giovanni Rotondo fuhr und als Verwalter des Krankenhauses Casa Sollievo della Sofferenza fungierte. Ihm gab ich den Brief des Krakauer Weihbischofs mit der Bitte, ihn Pater Pio persönlich auszuhändigen.“ Battisti fuhr sofort los. „Sobald er im Kloster angekommen war, bat ihn der Pater, ihm das Schreiben vorzulesen“, erzählt der Monsignore mit einer von der Emotion belegten Stimme. „Nachdem er die Bitte angehört hatte, lautete der einzige Kommentar von Pater Pio: ,Angelino, dazu kann man nicht Nein sagen.“

Danach vergehen elf Tage im Schweigen. Dann überreicht Deskur seinem Freund Zannoni, den er jeden Tag in der Kantine trifft, einen zweiten Brief. Der Monsignore sorgt sofort dafür, dass er — auf dem üblichen Wege an sein Ziel gelangt, nämlich in die Hände von Pater Pio. „Das zweite Schreiben ist auf den 28. November 1962 datiert“, erläutert Zannoni, „und ebenso wie das vorige in Latein geschrieben.“

„Ehrwürdiger Vater, die Frau aus Krakau, die Mutter von vier Töchtern, ist am 21. November, noch vor dem chirurgischen Eingriff, plötzlich genesen. Danken wir Gott dafür! Und ich danke ganz besonders Dir, ehrwürdiger Vater, auch in ihrem Namen und im Namen ihres Mannes und ihrer ganzen Familie.“

Der furchtbare Darmkrebs war auf einmal verschwunden. Wanda Poltawska ist am Leben, sie ist auch heute noch am Leben, am Tag vor der Seligsprechung von Pater Pio, siebenunddreißig Jahre nach der tragischen Krankheit und der unerklärlichen Genesung. „Niemand konnte sich damals vorstellen, dass dieser junge polnische Bischof, der nach Rom gekommen war, um am Konzil teilzunehmen, eines Tages Papst werden würde“, sagt Zannoni mit einem Lächeln zu mir, „niemand — außer Pater Pio.“ Einige Jahre später, kurz bevor er starb, wollte der stigmatisierte Ordensmann seine Korrespondenz vernichten. „Angelo Battisti war derjenige, der ihm half, seine Papiere in Ordnung zu bringen. Und als ihm die beiden Briefe mit der Unterschrift Karol Wojtylas in die Hände fielen, sagte Pater Pio: ,Bewahre du sie auf, denn sie werden eines Tages wichtig werden.“ So verwahrte der Mann, der als Schreibkraft im Staatssekretariat arbeitete, die Briefe in einer Schublade seiner Wohnung und vergaß sie. „Im Oktober 1978″, fährt Monsignore Zannoni fort, „sogleich nach der Wahl Papst Johannes Pauls II., holte Angelino Battisti sie heraus und gab mir eine Kopie davon. Auch wenn sie im Seligsprechungsprozess nicht offiziell berücksichtigt worden sind — sie haben doch dazu geführt, dass der Papst die Sache von Pater Pio in Betracht gezogen hat.“ Und in der Tat hatte Karol Wojtyla, als er Erzbischof von Krakau und Kardinal geworden war, dieses unerwartete Wunder, diese besondere Gnade, die auf die Fürbitte des Ordensmannes vom Gargano hin gewährt worden war, nicht vergessen. Er hatte ein Gesuch der polnischen Bischöfe an Papst Paul VI. initiiert, das um die Eröffnung eines Seligsprechungsprozesses für Pater Pio bat. „Und als er dann zum Papst gewählt worden war, hat er selbst dafür gesorgt …“, sagt Zannoni, während er den Vorhang vor dem Fenster seines Arbeitszimmers zur Seite schiebt und auf den Platz hinunterschaut.

„Es ist für mich eine große Genugtuung, eine große Freude“, flüstert er, während ein Lächeln über sein ganzes Gesicht geht. „Pater Pio hat viel gelitten, sehr viel, es hat eine Zeit gegeben, als man im Vatikan nicht einmal seinen Namen nennen durfte. Und zu mir, der ich zu den wenigen gehörte, die ihn verteidigten, sagte man, ich solle schweigen. Aber ich war sicher, dass er ein Heiliger war. Ich habe immer daran geglaubt und bin deswegen öfter zu ihm gefahren.“

Bevor ich gehe, mit den beiden Briefen, die in meiner Zeitung abgedruckt werden sollen, stelle ich dem Monsignore, dessen Gesicht vor Heiterkeit, ja vor Glück strahlt, nachdem er mir diese Geschichte erzählt hat, eine letzte Frage: „Monsignore, werden Sie auch bei der Zeremonie anwesend sein, die Johannes Paul II. feiern wird?“ — „Normalerweise gehe ich nicht hin, wegen meines Alters“, antwortet er mir, steht auf und geht noch einmal ans Fenster. „Aber Sie können sicher sein: In zwei Tagen werde ich, so Gott will, da sein und auf dem Petersplatz sitzen. Ja, ich werde auch da sein. Für mich gehört Pater Pio sozusagen zur Familie … Es wird ein großer Tag werden.“

_______

Quelle: Buch: Andrea Tornielli – Das Geheimnis von Pater Pio und Karol Wojtyla – Media Maria

Anlässlich der Lektüre dieses Artikels schauen Sie sich auch diesen Video-Clip an!