Das Heilige Haupt Christi als Sitz der göttlichen Weisheit

Die Verehrung des Heiligen Hauptes Christi als Sitz der göttlichen Weisheit geht zurück auf Offenbarungen des Heilandes an Theresia Higginson († 1905).

Es würde jedoch über den bescheidenen Rahmen dieser Schrift hinausgehen, wenn wir das Leben dieser englischen Mystikerin ausführlich darlegen wollten. Wir verweisen dafür auf die Lebensbeschreibung der Theresia Higginson von Cecil Kerr. Nur kurz zusammenfassend sei hier das Wichtigste aus ihrem Leben und von ihren Offenbarungen wiedergegeben.

Theresia Helena Higginson wurde am 27. Mai 1844 zu Holywell in England geboren. Ihr Vater stammte aus einer tiefkatholischen Familie; ihre Mutter, von Geburt aus protestantisch, war in ihrer Jugend zur katholischen Kirche übergetreten.

Theresia war von den acht Kindern der Familie Higginson das dritte; es war unter anderem das lebhafteste und fröhlichste. Aber schon von frühester Kindheit an übte Theresia im geheimen Buße und Abtötung. Ihren ersten Unterricht erhielt die Kleine im elterlichen Hause. Im Alter von zwölf Jahren kam sie ins Kloster von Nottingham, wo sie neun Jahre lang studierte und mit großem Eifer Fortschritte machte in der Frömmigkeit und in der opferbereiten Liebe zu Jesus. Im Jahre 1865 kehrte sie in ihr Elternhaus zurück. Hier unterstützte sie ihre Angehörigen mit dem Erlös feiner Handarbeiten.

Bald aber kam die Zeit, da der Heiland diese auserwählte Seele ins öffentliche Leben führen wollte. Im Jahre 1871 brach in der Pfarrei St. Alexander in Bootle eine ansteckende Krankheit aus, die viele Opfer forderte. Pfarrer Powell, Rektor der dortigen Pfarrschule, musste wegen Mangel an Lehrkräften seine Unterrichtsanstalt schließen. In dieser Verlegenheit wandte er sich an die Leiterin der Normalschule von Mount Pleasant in Liverpool, die ihm Theresia Higginson als Lehrerin empfahl.

Theresia Higginson begann gleich den Unterricht zu erteilen; da sie jedoch keinen pädagogischen Unterricht genossen hatte, sollte sie auf Anraten der Oberin noch ein Jahr Spezialstudien machen. Darnach erst könnte sie eine endgültige Anstellung als Lehrerin erhalten. Pfarrer Powell aber drängte Theresia, sofort an den gerade stattfindenden Prüfungen teilzunehmen. Sie gehorchte und bestand das Examen glänzend.

Die Eltern waren jedoch mit dem Lehrerinnenberuf ihrer Tochter nicht recht einverstanden. In ihrer Gewissensnot fragte deshalb Theresia den heiligmäßigen Ignatius Spencer um Rat. Dieser bestärkte jedoch Theresia in ihrem Vorhaben, Lehrerin zu werden. Jedoch kam Theresia nicht nach Bootle, sondern 1872 zunächst zur Dorfschule von Orrell bei Wigan, und im folgenden Jahre zur Marienschule in Wigan. Mit warmem Aposteleifer widmete sie sich ihrem neuen Berufe. Von allen Schülerinnen war sie geachtet und geliebt. Zugleich aber zog der Heiland sie immer inniger an sich. Am Karfreitag 1874 schenkte der Heiland ihr während der Passionsschauung, die sie von jetzt ab fast jeden Freitag erlebte, Seine heiligen Wundmale. Jedoch betete Theresia, der Heiland möge ihr die sichtbaren Wundmale wegnehmen, ihr aber stattdessen noch größere Schmerzen gewähren. Ihr Wunsch ging in Erfüllung. Jedoch haben manche Priester und andere ihre nahstehende Personen die Stigmen, besonders an ihren Händen, sehen dürfen.

Aus Gesundheitsrücksichten kehrte Theresia 1875 nach Hause zurück, übernahm aber 1877 wieder eine Anstellung an der von Jesuiten errichteten Schule in Sabden bei Clitheroe.

Trotz aller Arbeiten und Sorgen als Lehrerin vertiefte sie hier ihr inneres Leben noch immer mehr. Schon als Kind hatte sie oft Engelscharen gesehen, die, in Andacht versunken, das hochheilige Sakrament umgaben. Dieses Schauspiel genoss sie jetzt noch öfters. Auch erfreute sie sich der wirklichen fühlbaren Gegenwart ihres geliebten Herrn. Jedoch litt Theresia auch oft unter quälenden, lästigen Angriffen der höllischen Geister.

In Sabden, wo nur einmal in der Woche die hl. Messe gefeiert und die hl. Kommunion ausgeteilt wurde, erhielt Theresia zum ersten Male die heilige Kommunion aus der Hand des göttlichen Heilandes. Manchmal geschah dies von jetzt ab sogar drei- oder viermal am selben Tag. Im Jahre 1875, am Feste des Hl. Herzens Jesu, empfing sie eine der größten Gnaden des mystischen Lebens: der Heiland erwählte sie in einer wunderbaren Anschauung zu seiner Braut und steckte ihr ein Dornenringlein an die Hand. Dadurch wollte der Heiland sie vorbereiten zur Sendung, die Er ihr bald anvertrauen würde.

Wegen Krankheit musste Theresia zu Beginn des Jahres 1879 Sabden verlassen. Die Sommermonate verbrachte sie bei ihrer Mutter und Schwester zu Neston in Cheshire. Hier wurde ihr erstmalig am Herz-Jesu-Fest 1879 während der Hl. Messe die Offenbarung über die göttliche Weisheit Jesu Christi und die vom Heiland gewünschte Verehrung seines Hl. Hauptes als Sitz der göttlichen Weisheit zuteil. Theresia schaute die göttliche Weisheit als einen leuchtenden Kristall mit unzähligen Augen, in dem sich das ganze Weltall spiegelte und der ein strahlendes Licht aussandte gleich „tausend Sonnen“. Es wurde ihr mitgeteilt, dass das göttliche Herz in all seinen Regungen und Handlungen ganz unter dem Einflusse dieser Weisheit stehe, und dass die Verehrung des Hl. Herzens durch die Verehrung des Hl. Hauptes als Sitz der ewigen Weisheit, vollendet werden müsse.

Als dann noch im selben Jahre Theresia, auf Wunsch des ihr gut bekannten Pfarrers Powell eine Stelle als Lehrerin zu Bootle übernahm, war es vor allem in der St. Alexanderkirche dortselbst, dass sie vom Heiland immer wieder aufgefordert wurde, die Andacht zum Hl. Haupte Christi, als dem Sitz der göttlichen Weisheit bekannt zu machen und zu verbreiten. – Theresia schreibt über eine dieser Visionen im Gehorsam ihrem Seelenführer Pfarrer Powell wie folgt:

„Es ist der Wille unseres vielgeliebten und göttlichen Herrn, dass sein heiliges Haupt als Sitz der göttlichen Weisheit angebetet werde; nicht nur das Haupt (ich will sagen, wie wir seine heiligen Hände und Füße anbeten) sondern das Haupt als Heiligtum der Seelenkräfte und der intellektuellen Fähigkeiten und in ihnen die Weisheit, die alle Liebe des heiligsten Herzens und alle Handlungen des ganzen Herzens Jesu unseres Herrn und Gottes geleitet hat … Dieses Haupt ist eine Welt von unendlicher Weite, ein Meer von ungeheuren Tiefen, eine Sonne von unerreichbarem Lichte, die nie untergeht, und es sind unermessliche Höhen unausgesprochene Geheimnisse der Vollkommenheit und Schönheit. – Unser vielgeliebter und gütiger Herr gab jedoch die Zeit nicht genau an, da diese Andacht öffentlich werden wird; doch ließ er mich erkennen dass jeder, der sein Hl. Haupt in dieser Weise verehre, auf sich selbst die auserwähltesten Gaben des Himmels herabziehe.“

In einem anderen Briefe berichtet Theresia von einer Vision am Himmelfahrtstage.

„Es war am frühen Morgen des Himmelfahrtstages, als ich unseren göttlichen Herrn sah, wie man ihn auf den Bildern des Hl. Herzens darstellt, ausgenommen, dass um sein Hl. Haupt noch ein Licht von unvergleichlichem Glanze und unvergleichlicher Schönheit strahlte. Es war wie eine Sonne, in der zwölf prächtige Edelsteine funkelten, die alle Farben des Regenbogens wiedergaben. Und in dem Haupte sah ich einen Ozean von unendlicher, klarer und ruhiger Tiefe, und die glänzenden Strahlen der Sonne durchdrangen ihn in seiner ganzen Tiefe, und es spiegelten sich in ihm alle Schönheiten der Sonne. Die zwölf Steine strahlten gleich Diamanten, ihre grünen, grünlichgelben, purpurnen, roten Lichter und alle Regenbogenfarben aus. Und in der Mitte des Lichtmeeres gewahrte ich ein (alles durchdringendes) Auge. Die Majestät dieses Schauspiels brachte mich derart außer mir, dass ich mehrere Stunden unfähig war, mich auch nur zu bewegen. Der Geist des Menschen ist zu schwach, seinen Verstand zu schwerfällig, um diese gewaltige Größe der Gottheit zu verstehen, zu fassen oder zu beschreiben, und es dünkt mich ein Wunder, nach einem kleinen Blick darein, noch zu leben … Das Licht verbreitete sich von allen Teilen seiner heiligen Person aus. Und aus seinem Hl. Herzen, das von Dornen umgeben und von einem Kreuze überragt war, sah ich Flammen hervorbrechen. Darüber schwebte ein silberweißes Licht in Gestalt einer Taube, und die Strahlen der Sonne umgaben das ganze mit einer außerordentlichen Lichtfülle.“

Über eine andere Heilanderscheinung am 27. Mai 1880 berichtet Theresia wie folgt:

„An diesem Morgen sah ich während der hl. Messe, da die geweihte Hostie bei der Wandlung emporgehoben wurde, sozusagen den ganzen himmlischen Hof in Anbetung niedergesunken; alsdann verschwand alles in eine Lichtflut, deren leuchtende Pracht von der Hl. Person unseres Herrn Jesus Christus herrührte.

Eine strahlende Sonne von wunderbarer Schönheit und Klarheit glänzte um sein Hl. Haupt und warf ihr Licht in die Tiefen seines Hl. Herzens. Hierauf ließ der Heiland mich sehr deutlich erkennen, dass die Zeit nahe, da Er der Welt den Wunsch, der Ihn sozusagen verzehrt, offenbare, Sein Hl. Haupt als Sitz der göttlichen Weisheit angebetet und verehrt zu sehen.“

Am 2. Juni 1880 teilte ihr der Heiland den Tag mit, an dem das Fest zu Ehren seines Hl. Hauptes gefeiert werden soll. Sie schrieb darüber ihrem Seelenführer u. a.:

„Unser geliebter göttlicher Herr verlangte von mir, Ihnen in seinem Auftrage mitzuteilen, Er wünsche, dass Sein Hl. Haupt als Sitz der göttlichen Weisheit öffentlich angebetet und verehrt werde; Er bestimmte auch, dass der Freitag in der Oktav des Festes des Hl. Herzens als Fest zu Seiner Ehre genannt werde, um Ihm an diesem Tage ganz besonders Genugtuung zu leisten und Seine Verzeihung zu erflehen; denn Er sagt: „Sieh, Meine geliebte Tochter, man bekleidet Mich als Narr und spottet Meiner in der Wohnung Meiner Freunde. Man krönt mich zum Hohne, Mich, der Ich der Gott der Weisheit und aller Wissenschaft bin, Mich den König der Könige, den Allmächtigen, den Unwiderstehlichen; man reicht Mir ein Zepter, um Mich zu verhöhnen. Ich wünsche, dass man diese Andacht, über die Ich Mich so oft mit dir unterhalten habe, bekannt mache, und Ich will, dass der erste Freitag nach dem Feste Meines Hl. Herzens als Tag des Festes zur Ehre Meines Hl. Hauptes als Sitz der göttlichen Weisheit vorbehalten werde und dass man Mir für alle Beleidigungen und für alle Sünden, die fortwährend gegen Mich begangen werden, öffentliche Anbetung darbringe.“ Er sagte auch, dass man wegen der Schwierigkeiten; die eintreten könnten und die sich gewiss einstellen, sich nicht entmutigen lassen soll, und dass die Kreuze zahlreich sein werden. „Jeder, der helfen wird, diese Andacht zu verbreiten, wird tausendmal gesegnet sein … Unser geliebter Herr sagt, dass all das, was er denen verheißen hat, die Sein Hl. Herz würdig lieben und verehren, auch jenen im Überfluss zuteil werde, die Ihn durch diese Andacht verehrten oder andere zu dieser Verehrung aneiferten.“

Einige Zeit später schreibt Theresia: „Als ich Freitag dem Hl. Sakramente meine gewöhnliche Besuchung machte, sah ich mit den Augen des Geistes Jesus gleichsam durch ein glühendes Feuer verzehrt; … und unser Herr ließ mich nun wieder etwas von dem innigen Wunsche empfinden, Sein Hl. Haupt verehrt zu sehen, so wie ich es schon erklärt habe. Ich sah, wie die göttliche Weisheit die Erlösung des Menschen geleitet hat, wie die hl. Seele Jesu Christi dabei mitwirkte, und ich verlor mich in Staunen und Bewunderung über das, was ich sah. Ich weiß selbst nicht mehr die Hälfte dessen, was ich wahrnahm; aber der brennende Wunsch Jesu prägte sich in mir äußerst tief ein.“

 

Und weiter schreibt Theresia Higginson:
„Ich sehe auch, wie durch die Andacht zum Sitze der göttlichen Weisheit der Heilige Geist sich unserem Verstand zu erkennen gibt, oder wie seine Eigenschaften sich in der Person des Sohnes Gottes offenbaren. Je mehr wir die Andacht zum Hl. Haupt üben, desto mehr werden wir das Wirken des Heiligen Geistes in der Seele bemerken, und desto besser werden wir den Vater, den
Sohn und den Heiligen Geist, die, obgleich dreifach in der Person, doch nur ein Wesen sind, erkennen und lieben. Ich denke, dass unser geliebter Herr unsere Gebete erhören müsste, falls wir
anfingen, ihn dreimal täglich durch sein kostbares Blut, sein Kreuz und sein Leiden zu bitten, die Entwicklung dieser Andacht beschleunigen zu wollen; denn unser Wunsch ist im Vergleich zu der brennenden Glut seines Wunsches nur ein winzig kleiner Funke. Oh, ich kann nicht verstehen, wie Er so sehr wünschen kann, Sich in dieser Weise verehrt zu sehen, Er, der Allmächtige, und dennoch die Erfüllung seines intensiven Wunsches in die Länge ziehen lässt. Gleichwohl
weiss ich, dass seine Wege unerforschlich sind, und dass alles, was Er will, notwendigerweise geschehen muss und sich gewiss ereignen wird.“

Am 15. Juni 1880 hatte Theresia wieder eine Offenbarung des Heillandes. Sie schreibt darüber:

„Unser gütiger und geliebter Herr zeigte mir, welch große Verherrlichung der anbetungswürdigen Dreifaltigkeit und seiner Hl. Menschheit durch diese Andacht zuteil werde, und er sagte zu mir, mich nicht zu entmutigen, wenn andere sie nicht sofort aufnehmen; denn jene, die jetzt die größten Gegner zu schein seien, ersetzten dies durch ihren Eifer in der Zukunft; dass sein Wille allmächtig ist, und dass er aus allem, dessen sich die Menschen bedienen könnten und sich
bedienten, um den Fortschritt dieser Andacht aufzuhalten, Mittel machen werde, sie zu verbreiten.
Am Himmelfahrtsfeste 1881 berichtet Theresia Higginson wieder folgendes über
ihre Schauungen:
„Als ich mich niederkniete, um die dreimal Hl. Dreifaltigkeit für die große Glorienerfahrung der Hl. Menschheit an diesem Tage anzubeten, fand ich mich von der höchsten Glut und Herrlichkeit der Sonne der göttlichen Gerechtigkeit ergriffen und aufgelöst, und ich hörte Lobpreisungen, Freudengesänge, die sich wiederholten und auf der Erde widerhalten; es erschallten Hymnen der
Dankbarkeit und der Bewunderung angesichts des Sitzes der göttlichen Weisheit. Ich sah alsdann in dem großen Kristall sich die Glorie, die der dreimal Hl. Dreifaltigkeit durch die Andacht zum Hl. Haupte zuteil werden wird, widerspiegeln, und ich sah die unberechenbare Zahl der Seelen, die ihr Licht inden Schoß der wahren Kirche und schließlich zum Throne Gottes führen wird.

Ich sah auch, dass dies ein Hauptmittel für die Bekehrung unseres armen, so geliebten Englands sein wird, und dass der Tag nicht mehr fern sei, an dem es seinen Verstand dem Glauben unterwerfen und durch diese Andacht die große Sünde des Abfalls vom Glauben bis zu einem gewissen Grad wieder gut machen wird, und dass der Name Mariä und ihres Sohnes durch unser Volk mehr geehrt werden, als es sie jemals entehrt hat.“

Am Fronleichnamsfest (19. Juni 1881) erschien ihr wieder der Heiland und belehrte sie abermals über seine Wünsche:

„Alsdann kam Er wirklich und zog mich an sich wie einen Regentropfen in den Ozean. Er stellte mir wieder Seinen großen Wunsch vor, den Sitz der göttlichen Weisheit verehrt zu sehen, und unterwies mich folgendermaßen: dass die unerschaffene Weisheit, Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist ist, und dass Gott der Sohn, das Bild der unerschaffenen Weisheit Gottes, da Er Mensch wurde, für sich selbst das Hl. Haupt als Wohnung errichtet hat; denn „die Weisheit hat sich ein Haus gebaut“. Und wie Jesus uns versprochen hat, immer bei uns zu bleiben, so werden Er und der Geist der Wahrheit Seine Kirche bis zum Ende der Zeiten führen, regieren und erleuchten.

Und ich sah Ihn einer Sonne gleich; die den Dampf von der Erde an sich zog; so werden auch Seelen, von den Strahlen dieser Sonne der Gerechtigkeit erwärmt und durch ihr Licht geleitet, emporsteigen zum großen, glänzenden Thron, um die Allerheiligste Dreifaltigkeit und Einheit Gottes anzubeten … Jesus aber schien eine Krone von Feuer zu tragen, die sein Hl. Haupt verzehrte und bis in Sein Gehirn hineinbrannte, und Er sagte: „Sieh, welch brennenden Wunsch Ich habe, Mein Hl. Haupt in der Weise verehrt zu sehen wie Ich es dir offenbart habe“.

„Am 16. Juni 1881 ließ mich unser göttlicher Herr ahnen, dass es sich mit dieser besonderen Andacht wie mit dem Senfkorn verhält, obgleich so wenig bekannt und so wenig geübt wird sie doch die größte Andacht der Kirche in der Zukunft sein …

Er ermunterte mich zu beten, auf das alle, besonders die Andersgläubigen und alle armen Sünder, das wahre Licht, den wahren Glauben und die Ware Weisheit empfangen. Er ließ mich wahrnehmen, dass jene, welche diese Andacht üben, durch den Glanz dieses wahren Lichtes leuchten und durch dieselben mehr Seelen zu Gott zurückführen werden, als solche durch ihre Untreue verloren gingen. Und es schien mir das Maria mit mir zu ihrem Sohne betete, und dass er ihre Hände mit Gnaden und Segnungen für uns fühlte; dass um Maria eine neue Glorie erstrahlte, die der Widerschein der Glorie ist, die den Sitz der göttlichen Weisheit umgibt. Unser geliebter und gütiger Herr erneuerte darauf abermals alle durch ihn gemachten Versprechungen, jene, die diese Andacht pflegen oder in irgendeiner Weise verbreiten helfen, zu segnen.“

Bei ihren Anschauungen und mystischen Erlebnissen hatte Theresia Higginson auch schwere Prüfungen und Leiden zu erdulden. Auch teuflische Angriffe quälten sie recht oft. Der göttliche Meister aber wachte über seine Treueleidensbraut und stärkte sie durch den vertrautesten Umgang sowie durch die heilige Kommunion, die er ihr oft eigenhändig brachte.

In der Schule aber blieb Theresia die kleine, liebevolle Lehrerin. Hier merkte man nicht, dass sie so oft in der Ekstase mit dem Heiland reden durfte, dass sie seine Passion miterlebte und ganz in ihrer Sendung aufging, die Verehrung des Hauptes Christi zu verbreiten. Selbst die Gnade der Bilokation hatte ihr der Heiland verliehen. Während sie unter ihren Kindern wirkte oder auf inniger Weise im Gebet beim Heiland war, weilte sie des öfteren als Missionarin bei Negerstämmen in Südafrika oder bei Indianern in Amerika. Dies geschah nicht dem Geiste nach, sondern in leiblicher Wirklichkeit.

Theresia hatte manchmal auch schwere Seelenkämpfe zu bestehen. Ihre Seele war dann wie in Dunkelheit gehüllt; sie befand sich in der dunklen, läuternden Nacht, von der der heilige Johannes vom Kreuz in seinen mystischen Werken schreibt. In großer Geistesdürre und unter vielen Anstrengungen verrichtete sie dann ihre religiösen Übungen, die früher ihre höchste Wonne waren.

So geläutert durfte Theresia Higginson in der Nacht vom 23. Oktober 1887 die Gnade der mystischen Vermählung mit dem Heiland erleben. Dies geschah zu Clitheroe, wo sie bei ihrer Freundin Elisabeth Dawson zu Besuch weilte. Sie teilte dieses mystische Erlebnis gehorsamst ihrem Seelenführer mit. Trotz allem aber blieb sie immer die einfache, demütige Lehrerin, die in ihrer tiefen Vereinigung mit dem Heiland nach dem Vorbild der heiligen Jungfrau Maria in dankbarer Demut täglich das Magnificat jubelte. Ihr Durst nach Leiden und Opfer ging in dem großen Leitmotiv ihres Lebens auf: „Was Er will!“ 

Nach ihrer mystischen Vermählung war ihre Seele von Ruhe und Frieden erfüllt. Durch die Vermittlung des Pfarrers Snow fand Theresia nun Aufnahme im Kloster der heiligen Katharina in Edinburg (1887-1899). Hier lebte sie schlicht und einfach, stets bereit, allen zu helfen. Bald war sie in der Schule tätig, dann in der Sakristei, ja selbst in der Kirche. Mit feurigem Eifer machte sie das Kloster und die Umgebung mit der Verehrung des Hl. Hauptes bekannt.

Ihr letzter Wirkungskreis war seit 1904 Chudleigh im südwestlichen England. Jedoch brach hier ihre schwache Gesundheit zusammen. Zusehends nahmen ihre Kräfte ab. Der Heiland ließ sie nochmals Sein Leiden miterleben und holte sie am 15. Februar 1905 zur ewigen Heimat ab.

Ihr Leichnam, der nach dem Tode eine fast überirdische Schönheit aufwies, wurde nach Neston überführt und dort in der Familiengruft neben Mutter Higginson beigesetzt.

Theresia Higginson war eine hervorragende Mystikerin. Pater Wilberforce O.P., aus dem Heilig-Kreuz-Kloster von Leicester, legt in einem Memorandum, das Cecil Kerr als Anhang ihrer Lebensbeschreibung veröffentlicht hat, Zeugnis ab für die heldenhafte Demut und Geduld, und für den hervorragenden Gehorsam und Opfergeist der Theresia. Generalvikar Snow, der 22 Jahre ihr Seelenführer war, wagt sogar den Ausspruch: „Ich erachte es als meine Pflicht, zu behaupten, dass Theresia nicht nur eine Heilige war, sondern auch eine der größten Heiligen, die der allmächtige Gott je in seiner Kirche erstehen ließ.“ Übrigens beweist ja auch die Tatsache, dass ihr Seligsprechungsprozess, der im Jahre 1932 in Rom eingeleitet worden ist, eindeutig, dass der Bischof, der ihn eingeleitet hat, und alle, die dazu mitgeholfen haben, von ihrer Heiligkeit überzeugt sind.

Dass Theresia Higginson noch nicht seliggesprochen worden ist, beweist nicht gegen ihre Heiligkeit und I die Glaubwürdigkeit ihrer Offenbarungen. Wir dürfen hier keine Parallele ziehen mit Theresia vom Kinde Jesu. Letztere hatte in ihrem Leben keine aussergewöhnlichen Anschauungen, Offenbarungen und Ekstasen. Ganz anders Theresia Higginson. Bei einer Person aber, die mit den Stigmen und mit so wichtigen und weittragenden Offenbarungen, die eine neue Andacht betreffen, begnadigt war, wäre es gerade jetzt zu verwundern, wenn die Seligsprechung jetzt schon erfolgt wäre. In derartigen komplizierten Fällen lässt sich die Kirche meistens sehr lange Zeit instruktive Beispiel dafür ist das grosse, ganz gleich geartete Vorbild von Theresia Higginson: Margareta Alacoque († 1690). Es wird doch jetzt niemand mehr bezweifeln, dass Margareta Alacoque eine wirklich grosse, ganz einzig begnadeter Heilige war. Und doch wurde sie erst 1864, also 174 Jahre nach ihrem Tode, seliggesprochen, und erst 1920 also 230 Jahre nach ihrem Tode kanonisiert. Ebenso muss der heilige Johannes Eudes († 1680), der als erster den liturgischen Kult des Heiligen Herzens Jesu einführte und im Brevier jetzt so ruhmvoll „Vater, Lehrer rund Apostel“ der Herz-Jesu -Andacht genannt wird, 229 Jahre auf seine Seligsprechung warten.                                   .

Wann wird der mystisch begnadeten Seele von Neston diese Ehre zuteil? Gott allein weiß es. Uns aber genügt zu wissen, dass sie eine außergewöhnlich reich begnadete Mystikerin war und dass die ihr zuteil gewordenen Offenbarungen um den einen Kerngedanken kreisen: die Verehrung des Hauptes Christi, als Sitz der göttlichen Weisheit.

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Quelle: Robert Ernst: Das Heilige Haupt Christi als Sitz der göttlichen Weisheit; Heiland, Mai-Juni 1956