Papst Franziskus: Begegnung mit den ehrenamtlichen Helfern des Weltjugendtages

APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS 
NACH PANAMA AUS ANLASS DES 34. WELTJUGENDTAGES
(23.-28. JANUAR 2019)

BEGEGNUNG MIT DEN EHRENAMTLICHEN HELFERN DES WELTJUGENDTAGS

ANSPRACHE DES HEILIGEN VATERS

Stadion Rommel Fernández (Panama)
Sonntag, 27. Januar 2019

[Multimedia]


 

Liebe ehrenamtliche Helfer,

bevor wir diesen Weltjugendtag beschließen, wollte ich mich mit euch allen treffen, um jedem von euch für den Dienst zu danken, den ihr in diesen Tagen und während der letzten Monate vor dem Weltjugendtag geleistet habt.

Ich danke Bartosz, Stella Maris del Carmen und Maria Margarida dafür, dass sie uns ihre Erfahrungen in erster Person mitgeteilt haben. Für mich war es sehr wichtig, euch zuzuhören und mir der Gemeinschaft bewusst zu werden, die entsteht, wenn wir uns verbinden, um einander zu dienen! Wir erfahren, wie der Glaube einen völlig neuen Geschmack und neue Kraft erhält: Der Glaube wird lebendiger, dynamischer und realer. Man erfährt eine Freude – wir sehen sie hier –, eine andere Freude, die sich aus der Gelegenheit ergibt, Seite an Seite mit den anderen zu arbeiten, um einen gemeinsamen Traum zu erreichen. Ich weiß, dass ihr alle das erfahren habt.

Ihr wisst jetzt, wie einem das Herz klopft, wenn man eine Mission lebt, und dies nicht, weil jemand es euch erzählt hat, sondern weil ihr es erlebt habt. Ihr habt hautnah erfahren, was es heißt: »Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt« (Joh 15,13).

Ihr habt auch schwierige Augenblicke durchleben müssen, die euch verschiedene Opfer abverlangt haben. Wie du uns sagtest, Bartosz, man erfährt auch seine eigenen Schwächen. Das Schöne ist, dass diese Schwächen dich in deinem Einsatz nicht gestoppt haben und auch nicht zur zentralsten oder wichtigsten Sache geworden sind. Du hast sie im Dienst erfahren, ja; als du versuchtest, die anderen ehrenamtlichen Helfer und die Pilger zu verstehen und ihnen zu dienen, gewiss; doch du hattest den Mut, dich nicht davon bremsen zu lassen, dich nicht lähmen zu lassen und bist weitergegangen. Unsere Grenzen, unsere Schwächen sollen uns nicht lähmen! Weitermachen, mit unseren Fehlern – an denen wir später arbeiten –, mit unseren Schwächen … weitermachen; und so ist die Schönheit, darum zu wissen, dass wir gesandt sind, die Freude, darum zu wissen, dass wir über allen Schwierigkeiten eine Mission haben, die wir voranbringen müssen. Lasst nicht zu, dass die Grenzen, die Schwächen und auch nicht die Sünden uns bremsen und hindern, die Mission zu leben. Denn Gott uns ruft, das zu tun, was wir können, und um das zu bitten, was wir nicht können. Zugleich wissen wir, dass seine Liebe uns nach und nach ergreift und verwandelt (vgl. Apostolisches Schreiben Gaudete et exsultate, 49-50). Erschreckt nicht, wenn ihr eure Schwächen seht; erschreckt auch nicht, wenn ihr eure Sünden seht: Steht wieder auf und geht weiter, immer weiter! Bleibt nicht am Boden liegen, verschließt euch nicht, macht weiter mit dem, was euch belastet, macht weiter, denn Gott vergibt alles! Lernen wir von den vielen, die wie Bartosz den Dienst und die Mission an die erste Stelle gesetzt haben, und du wirst sehen, dass das Übrige hinzukommen wird.

Danke euch allen, dass ihr in diesen Tagen selbst für die kleinsten, die alltäglichsten und scheinbar unbedeutendsten Details aufmerksam gewesen und zur Verfügung gestanden seid – wie das Anbieten eines Glases Wasser – und gleichermaßen die großen Dinge begleitet habt, die viel Planung verlangt haben. Ihr habt jede Einzelheit mit Freude, Kreativität und Einsatz und mit viel Gebet vorbereitet. Denn die Dinge, über die gebetet wurde, spürt und lebt man in der Tiefe. Das Gebet gibt all dem, was wir tun, Stärke und Lebendigkeit. Wenn wir beten, entdecken wir, Teil einer Familie zu sein, die größer ist, als wir sehen und uns vorstellen können. Wenn wir beten, bringen wir die Kirche „ins Spiel“, die uns unterstützt und uns vom Himmel begleitet, und die Heiligen, die uns den Weg vorgezeichnet haben, vor allem aber bringen wir, wenn wir beten, Gott „ins Spiel“, damit er wirken und dabei sein und siegen kann.

Ihr habt eure Zeit, eure Energie, eure Fähigkeiten zur Verfügung gestellt, um von diesem Treffen zu träumen und es zu gestalten. Ihr hättet genauso gut andere Dinge wählen können; ihr wolltet euch engagieren. Das ist ein Wort, das man auslöschen will: Engagement. Durch das Engagement wachst ihr, werdet ihr groß, so, wie ihr seid, aber mit Engagement. Das Beste geben, um das Wunder nicht nur der Brotvermehrung, sondern der Vermehrung der Hoffnung zu ermöglichen. Und ihr, wenn ihr euer Bestes gebt, euch engagiert, dann bewirkt ihr das Wunder der Vermehrung der Hoffnung. Wir brauchen die Vermehrung der Hoffnung. Danke! Danke für all das! So zeigt ihr noch einmal, dass es möglich ist, auf die eigenen Interessen zugunsten der anderen zu verzichten. Wie es auch du getan hast, Stella Maris. Ich habe die Zeugnisse schon vorher gelesen, darum konnte ich das hier schreiben; und als ich das deine gelesen habe kamen mir fast die Tränen. Du hast dein Eigeninteresse zurückgesteckt: du hattest jeden Cent zusammengekratzt, um am Weltjugendtag in Krakau teilnehmen zu können, aber dann darauf verzichtet, um die Beerdigung drei deiner Großeltern bezahlen zu können. Du hast darauf verzichtet, um deine Wurzeln zu ehren, und das macht dich zu einer Frau, einer Erwachsenen, das macht dich mutig. Du hast darauf verzichtet, an etwas teilzunehmen, was dir gefiel und wovon du geträumt hattest, um deiner Familie helfen zu können und sie zu unterstützen, um deine Wurzeln in Ehren zu halten, um dort zu sein. Und der Herr war gerade dabei, ohne dass du es erwartet und gedacht hättest, für dich das Geschenk des Weltjugendtags in deinem Land vorzubereiten. Dem Herrn gefallen solche Scherze, dem Herrn gefällt es, so auf die Großzügigkeit zu antworten: er übertrifft immer an Großzügigkeit. Du gibst ihm so ein bisschen, und er gibt dir so ein Riesenmenge! So ist der Herr, was sollen wir machen? Er liebt uns auf diese Weise. Wie Stella Maris haben auch viele von euch auf allerlei Weise Verzicht geleistet. Viele von euch haben auf etwas verzichtet … Denkt jetzt einmal nach: Auf was habe ich verzichtet, um ehrenamtlicher Helfer zu werden? Denkt einen Moment nach … Ihr habt, so erinnert ihr euch, Träume zurückstellen müssen, um euch um euer Land und eure Wurzeln zu kümmern. Dies segnet der Herr immer; er lässt sich an Großzügigkeit nicht übertreffen. Jedes Mal, wenn wir etwas, was uns gefällt, zum Wohl der anderen und insbesondere der Schwächsten oder zugunsten unserer Wurzeln, wie es unsere Großeltern und unsere alten Menschen sind, aufschieben, gibt es uns der Herr hundertfach zurück. An Großzügigkeit kannst du ihn nicht übertreffen, denn niemand kann ihn an Großzügigkeit, niemand an Liebe übertreffen. Freunde, gebt und es wird euch gegeben werden und ihr werdet erfahren, wie der Herr über euch ein »gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß« (Lk 6,38) ausgießen wird. So heißt es im Evangelium.

Liebe Freunde, ihr habt eine Erfahrung von einem lebendigeren, wirklicheren Glauben gemacht; ihr habt die Kraft gelebt, die aus dem Gebet und der Neuheit einer anderen Freude entsteht, die Frucht der Arbeit Seite an Seite auch mit Personen ist, die euch unbekannt waren. Jetzt kommt der Augenblick der Aussendung: Geht hinaus, erzählt, geht hinaus, bezeugt, geht hinaus und gebt das weiter, was ihr gesehen und gehört habt. Tut das nicht mit vielen Worten, sondern so, wie ihr es hier getan habt, mit einfachen Gesten, mit alltäglichen Gesten, die verwandeln und alles neumachen, mit diesen Gesten, die es schaffen, „Wirbel“ zu machen, einen konstruktiven „Wirbel“, einen „Wirbel“ der Liebe. Ich erzähle euch etwas: Als ich am ersten Tag angekommen bin, war da auf der Straße eine Frau mit einem Hut, eine ältere Frau, eine Großmutter; sie stand da, nahe am Absperrzaun, wo ich mit dem Auto vorbeifuhr. Sie hatte eine Plakat, auf dem stand: „Auch wir Großmütter wissen, wie man Wirbel macht!“ Und sie fügte hinzu: „mit Weisheit“. Tut euch mit den Großeltern zusammen, um „Wirbel“ zu machen; das wird ein heftiger Wirbel, ein genialer! Habt keine Angst, geht und sprecht. Die Frau kam mir so alt vor, und ich habe sie nach ihrem Alter gefragt: sie war 14 Jahre jünger als ich. Wie peinlich!

Bitten wir den Herrn um seinen Segen. Er möge eure Familien und eure Gemeinschaften und alle Menschen segnen, denen ihr in der nächsten Zeit begegnen werdet. Stellen wir unser Herz, alles, was wir im Herzen tragen, auch unter den Mantel der Heiligen Jungfrau. Sie möge euch begleiten. Und wie ich euch in Krakau gesagt habe: Ich weiß nicht, ob ich beim nächsten Weltjugendtag dabei sein werde, aber ich versichere euch, dass Petrus gewiss da sein und euch im Glauben stärken wird. Geht kraftvoll und mutig voran und bitte – ich bin ein Sünder – vergesst nicht, für mich zu beten.

Danke!

[Gebet]

Und jetzt erteile ich euch den Segen. Nehmen wir in unser Herz all das hinein, was wir sind, das, was wir ersehnen, die Menschen, mit denen wir in diesen Tagen zusammengearbeitet haben, die anderen ehrenamtlichen Helfer, die Leute, denen wir begegnet sind. Nehmen wir in unser Herz unsere Freunde hinein, damit auch sie den Segen empfangen. Und nehmen wir in unser Herz auch die hinein, die uns nicht gern haben, unsere Feinde – jeder von uns hat welche –, damit Jesus auch sie segne. Und alle zusammen können wir weitergehen.

[Segen]

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Quelle

Papst Franziskus beim Weltjugendtag: Programm veröffentlicht

Dieses Mal im Januar: Anders als sonst findet der Weltjugendtag nicht im Sommer, sondern wegen klimatischer Bedingungen im Januar statt. Ziel der jungen Pilger wird Panamá sein, mit dabei auch Papst Franziskus. Der Vatikan gab das Programm der Papstreise an diesem Dienstag bekannt.

Unter dem Titel „Siehe ich bin die Magd des Herrn, Mir geschehe, wie du gesagt hast“ werden sich vom 22. bis zum 27. Januar 2019 junge Menschen in Zentralamerika versammeln. Es wird der 34. Internationale Weltjugendtag sein, wieder mit Papstbeteiligung.

Papst Franziskus wird am 23. von Rom aus aufbrechen und nach seiner Ankunft am 24. Januar zunächst die offiziellen Termine wahrnehmen, er wird vom Staatspräsidenten empfangen und zu den Vertretern von Staat und Gesellschaft sprechen.

Zuerst die offiziellen Termine

Nach einem Treffen mit dem Bischöfen Zentralamerikas am selben Tag findet abends dann das offizielle Willkommen für den Papst beim WJT statt.

Am Freitag den 25. Januar steht der Papst zuerst einer Bußliturgie vor, in der Vergangenheit hatte der Papst immer auch Beichte gehört. Nachmittags wird ein Kreuzweg gebetet.

Am Samstag feiert der Papst die Messe gemeinsam mit Priestern, Ordensleuten und geistlichen Bewegungen, dabei wird er auch den Altar der Basilika Santa Maria la Antigua weihen.

Bußfeier, Kreuzweg, Abschlussmesse

Das Mittagessen wird er gemeinsam mit jungen Gläubigen einnehmen, auch das ein Element schon aus vergangenen Weltjugendtagen.

Der Abend läutet dann den Höhepunkt des WJT ein, Papst Franziskus feiert mit den jungen Menschen im Metro Park der Stadt eine Vigilfeier. Am Sonntag findet dann die große Zentral- und Abschlussmesse des WJT statt.

Abschließend besucht der Papst noch ein Sozialzentrum in der Stadt, trifft die freiwilligen Helfer des WJT und wird dann offiziell verabschiedet. Die Ankunft in Rom ist dann für Montag, den 28. Januar vorgesehen.

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BOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS ZUM 33. WELTJUGENDTAG 2018

»Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden« (Lk 1,30)

Liebe Jugendliche,

der Weltjugendtag 2018 ist ein weiterer Schritt auf dem Weg der Vorbereitung auf den Internationalen Weltjugendtag, der im Januar 2019 in Panama stattfinden wird. Diese neue Etappe auf unserem Pilgerweg fällt in das Jahr, für das die Ordentliche Versammlung der Bischofssynode zum Thema Die Jugend, der Glaube und die Berufungsunterscheidung einberufen wurde. Das ist eine gute Fügung. Die Aufmerksamkeit, das Gebet und das Nachdenken der Kirche werden auf euch Jugendliche gerichtet sein, verbunden mit dem Verlangen, das wertvolle Geschenk, das ihr für Gott, für die Kirche und für die Welt seid, anzunehmen und vor allem aufzunehmen.

Wie ihr schon wisst, wollen wir uns auf diesem Weg vom Beispiel und der Fürsprache Marias begleiten lassen, der jungen Frau aus Nazareth, die Gott zur Mutter seines Sohnes erwählt hat. Sie ist mit uns auf dem Weg zu dieser Synode und zum Weltjugendtag in Panama. Im vergangenen Jahr haben wir uns leiten lassen von den Worten ihres Lobgesangs »Denn der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49) und wir haben dabei gelernt, uns des Vergangenen zu erinnern. In diesem Jahr nun wollen wir gemeinsam mit ihr auf die Stimme Gottes hören, die uns ermutigt und die notwendige Gnade schenkt, um seinem Ruf antworten zu können: »Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden« (Lk 1,30). Das sind die Worte, die der Bote Gottes, der Erzengel Gabriel, an Maria, eine einfache junge Frau in einem kleinen Dorf in Galiläa richtete.

1. Fürchte dich nicht!

Man kann gut nachvollziehen, dass Maria angesichts der plötzlichen Erscheinung des Engels und seines geheimnisvollen Grußes »Sei gegrüßt du Begnadete, der Herr ist mit dir« (Lk 1,28) ziemlich verwirrt war und überrascht von dieser ersten Offenbarung ihrer Identität und ihrer Berufung, die ihr ja noch nicht bewusst waren. Maria erschrickt wie auch andere Personen in der Heiligen Schrift vor dem Geheimnis und dem Anruf Gottes, der sie mit der Größe der eigenen Bestimmung konfrontiert und sie zugleich ihre ganze kreatürliche Niedrigkeit fühlen lässt. Der Engel, der tief in ihr Herz blickt und das erkennt, sagt zur ihr: »Fürchte dich nicht!« Gott erkennt auch unser Herz. Er sieht die Herausforderungen, vor denen wir im Leben stehen, besonders, wenn wir vor grundlegenden Entscheidungen stehen, von denen abhängt, wer wir sein und was wir in dieser Welt tun werden. Es geht hier um den „Schauer“, den wir angesichts solcher Entscheidungen über unsere Zukunft, unseren Lebensstand und unsere Berufung empfinden. In diesen Momenten sind wir erst einmal durcheinander und in vielen Befürchtungen gefangen.

Und was sind eure Ängste, liebe Jugendliche? Was macht euch im Innersten Sorgen? Eine unterschwellige Angst in vielen von euch ist die Angst davor, nicht geliebt zu sein, nicht geschätzt, nicht akzeptiert zu werden für das, was ihr seid. Es gibt heute viele junge Menschen, die beim Versuch, sich den oft künstlichen und hochtrabenden Standards anzupassen, das Gefühl haben, anders sein zu müssen, als sie es in Wirklichkeit sind. Ständig bearbeiten sie digital ihre Selbstportraits und verstecken sich hinter Masken und falschen Identitäten, was manchmal fast dazu führt, dass sie selbst ein „Fake“ werden. Viele sind darauf versessen, eine möglichst große Zahl an „Likes“ zu erhalten. Und aus diesem Gefühl des Ungenügens entspringen viele Ängste und Unsicherheiten. Andere fürchten keine affektive Sicherheit zu finden und allein zu bleiben. Für viele kommt angesichts der unsicheren Verhältnisse am Arbeitsmarkt die Angst hinzu, keine befriedigende berufliche Bestätigung zu finden, die eigenen Träume nicht verwirklichen zu können. Solche Ängste sind heute in vielen gläubigen wie auch nichtgläubigen Jugendlichen sehr präsent. Und auch diejenigen, die das Geschenk des Glaubens angenommen haben und ernsthaft ihre eigene Berufung suchen, sind sicher nicht ohne Befürchtungen. Manche denken: Vielleicht verlangt Gott zu viel von mir, vielleicht wird er zu viel verlangen; vielleicht werde ich auf dem Weg, den er mir zeigt, nicht wirklich glücklich, oder ich werde nicht auf der Höhe dessen sein, was er von mir verlangt. Andere fragen sich: Wenn ich den Weg gehe, den Gott mir zeigt, wer kann mir garantieren, dass ich in der Lage sein werde, diesen Weg bis zum Ende zu gehen. Verliere ich den Mut? Verliere ich die Begeisterung? Werde ich ein Leben lang durchhalten?

In den Momenten, wo Zweifel und Ängste auf unser Herz einstürmen, ist es nötig, unterscheiden zu können. Sie erlaubt uns, Ordnung in unsere Gedanken und Gefühle zu bringen, um richtig und weise zu handeln. Der erste Schritt zur Überwindung dieser Ängste besteht bei diesem Prozess darin, sie klar zu erkennen, damit man nicht Zeit und Energie an Phantasievorstellungen ohne Gesicht und ohne Bestand verliert. So lade ich euch alle ein, in euer Inneres zu schauen und euren Ängsten „einen Namen zu geben“. Fragt euch also: In dieser konkreten Situation heute, in der ich mich befinde, was fürchte ich, was macht mir am meisten Angst? Was blockiert mich und was hindert mich daran weiterzukommen? Warum habe ich nicht den Mut, die wichtigen Entscheidungen zu treffen, die ich tun muss? Habt keine Angst davor, ehrlich auf eure Ängste zu schauen, sie als das zu erkennen, was sie sind, und mit ihnen ins Reine zu kommen. Die Bibel verschweigt nicht das menschliche Gefühl der Angst und auch nicht die vielen Gründe, die sie hervorrufen können. Abraham hatte Angst (vgl. Gen 12,10f.), Jakob hatte Angst (vgl. Gen 31,31; 32,8), und Mose ebenso (vgl. Ex 2,14; 17,4), auch Petrus (vgl. Mt 26,69ff) und die Apostel (vgl. Mk 4,38-40; Mt 26,56). Selbst Jesus erlebte Angst und Beklommenheit, wenn auch auf einer ganz anderen Ebene (vgl. Mt 26,37; Lk 22,44).

»Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?« (Mk 4,40). Diese Ermahnung Jesu an seine Jünger lässt uns verstehen, dass es oft gar nicht der Unglaube ist, der unseren Glauben behindert, sondern die Angst. Nach dem Identifizieren unserer Ängste muss uns die Arbeit der Unterscheidung dann helfen, sie zu überwinden, indem wir uns dem Leben öffnen und indem wir in Ruhe die Herausforderungen angehen, die es uns beschert. Gerade für uns Christen sollte die Angst nie das letzte Wort haben, sondern Anlass sein, einen Glaubensakt gegenüber Gott zu vollziehen … und auch gegenüber dem Leben! Das bedeutet, an die grundsätzliche Güte der Existenz zu glauben, die Gott uns geschenkt hat. Das bedeutet, darauf zu vertrauen, dass er alles zu einem guten Ende führen wird – auch durch Begleitumstände und Missgeschicke hindurch, die uns oft rätselhaft bleiben. Wenn wir hingegen unsere Ängste nähren, neigen wir dazu, uns in uns selbst zu verschließen, uns zu verbarrikadieren, um uns gegen alles und jeden zu verteidigen, was uns aber nicht weiterkommen lässt. Wir müssen reagieren! Niemals sich verschließen! In der Heiligen Schrift finden wir 365 Mal den Ausdruck „Fürchte dich nicht“ – mit all seinen Varianten –, so als ob sie uns damit sagen wollte, dass der Herr uns für jeden Tag des Jahres die Freiheit von unseren Ängsten wünscht.

Die Unterscheidung wird unentbehrlich, wenn es um die Suche nach der eigenen Berufung geht. In der Tat ist diese meist nicht sofort und auch nicht ganz klar zu erkennen, aber mit der Zeit wird man immer besser verstehen. Die Unterscheidung, die in diesem Fall zu treffen ist, sollte nicht als eine individuelle Anstrengung der Selbstbeobachtung verstanden werden, die dazu dient, unsere inneren Mechanismen zur Stärkung und Erlangung eines gewissen Gleichgewichts besser zu verstehen. In diesem Fall kann der Mensch zwar gestärkt daraus hervorgehen, aber er bleibt doch im begrenzten Horizont seiner Möglichkeiten und Sichtweisen verschlossen. Die Berufung hingegen ist ein Ruf von oben, und die Unterscheidung besteht in diesem Fall vor allem darin, sich dem Anderen, der ruft, zu öffnen. Dazu ist die Stille des Gebets notwendig, um auf die Stimme Gottes zu hören, die im Gewissen erklingt. Er klopft an die Tür unseres Herzens, wie er es bei Maria getan hat, und er ist voll Sehnsucht danach, sich durch das Gebet mit uns anzufreunden, durch die Heilige Schrift zu uns zu sprechen, uns seine Barmherzigkeit im Sakrament der Versöhnung zu schenken und mit uns eins zu werden in der Eucharistie.

Aber auch die Auseinandersetzung und der Dialog mit den anderen ist wichtig, mit unseren Brüdern und Schwestern im Glauben, die mehr Erfahrung haben und uns helfen, besser zu sehen und zwischen den verschiedenen Optionen zu wählen. Der junge Samuel erkennt die Stimme des Herrn nicht sofort, als er sie hört, und so läuft er dreimal zu Eli, dem betagten Priester, der ihm schließlich die richtige Antwort auf den Ruf des Herrn vorsagt: »Wenn er dich ruft, dann antworte: Rede, Herr; denn dein Diener hört“ (1 Sam 3,9). Ihr sollt wissen, dass ihr euch in euren Zweifeln auf die Kirche verlassen könnt. Bestimmt gibt es gute Priester und Ordensleute wie auch gläubige Laien, von denen viele selbst jung sind, die euch als ältere Brüder und Schwestern im Glauben begleiten können; vom Heiligen Geist beseelt, werden sie euch helfen können, eure Zweifel aufzulösen und Gottes Plan für eure persönliche Berufung zu lesen. Der „Andere“ ist dabei nicht notwendig der Geistliche Begleiter, sondern jeder, der uns dabei hilft, uns für die unendlichen Reichtümer des Lebens zu öffnen, die Gott uns gegeben hat. Es ist notwendig, in unseren Städten und Gemeinden Räume zu schaffen, wo es möglich ist zu wachsen, zu träumen und neue Horizonte zu erschließen! Verliert nie den Geschmack an der Freude der Begegnung und der Freundschaft, den Geschmack daran, gemeinsam zu träumen und mit den anderen unterwegs zu sein. Authentische Christen scheuen nicht davor zurück, sich anderen gegenüber zu öffnen, ihre Lebensräume zu teilen und sie so in Orte der Brüderlichkeit zu verwandeln. Lasst nicht zu, liebe Jugendliche, dass der Lichtglanz der Jugend in der Dunkelheit eines geschlossenen Raumes erlischt, in dem das einzige Fenster zur Welt der Computer und das Smartphone ist. Öffnet die Türen eures Lebens weit! Lasst zu, dass eure Räume und Zeiten von konkreten Menschen bewohnt werden, von tiefen Beziehungen, mit denen ihr authentische und reale Erfahrungen in eurem täglichen Leben teilen könnt.

2. Maria!

»Ich habe dich beim Namen gerufen« (Jes 43,1). Der erste Grund, keine Angst zu haben, ist genau die Tatsache, dass Gott uns beim Namen ruft. Der Engel, der Bote Gottes, hat Maria bei ihrem Namen gerufen. Es gehört zum Wesen Gottes, Namen zu geben. Bei der Schöpfung ruft er jedes Geschöpf mit seinem Namen ins Dasein. Hinter dem Namen verbirgt sich eine Identität, die in allem, in jedem Menschen, einzigartig ist, jenes innerste Wesen einer Person, das im letzten nur Gott ganz kennt. Dieses göttliche Vorrecht wurde dann auch dem Menschen zuteil, als Gott ihm erlaubte, den Tieren, Vögeln und auch seinen Kindern einen Namen zu geben. (Gen 2,19-21;4,1). Viele Kulturen teilen diese tiefe biblische Sichtweise, indem sie im Namen die Offenbarung des tiefsten Geheimnisses eines Lebens, die Bedeutung einer Existenz, erkennen.

Wenn er einen Menschen beim Namen nennt, offenbart ihm Gott gleichzeitig seine Berufung, seinen Plan der Heiligkeit und Güte, durch den dieser Mensch zum Geschenk für andere wird und der ihn einzigartig macht. Und auch wenn der Herr die Horizonte eines Lebens erweitern will, gibt er der berufenen Person einen neuen Namen, wie er es bei Simon tut, als er ihn „Petrus“ nennt. Von da her stammt der Brauch, beim Ordenseintritt einen neuen Namen anzunehmen, um damit eine neue Identität und eine neue Beauftragung anzudeuten. Der göttliche Ruf, der persönlich und einzigartig an jeden von uns ergeht, verlangt von uns, dass wir den Mut haben, uns vom gleichmacherischen Druck der Gemeinplätze zu befreien, damit unser Leben wirklich ein ursprüngliches und unwiederholbares Geschenk für Gott, für die Kirche und für andere ist.

Liebe Jugendliche, das Beim-Namen-gerufen-sein ist also ein Zeichen unserer großen Würde in den Augen Gottes, seiner Vorliebe für uns. Und Gott nennt jeden von euch beim Namen. Ihr seid das „Du“ Gottes, kostbar in seinen Augen, würdig seiner Zuneigung und von ihm geliebt (vgl. Jes 43,4). Nehmt freudig diesen Dialog auf, den Gott Euch anbietet, diesen Appell, den er an euch richtet, indem er Euch beim Namen ruft.

3. Du hast Gnade bei Gott gefunden

Der Hauptgrund, warum Maria keine Angst haben muss, besteht darin, dass sie bei Gott Gnade gefunden hat. Das Wort „Gnade“ bedeutet unentgeltliche, nicht geschuldete Liebe. Wie sehr ermutigt uns dieses Wissen darum, dass wir uns Gottes Nähe und Hilfe nicht erst verdienen müssen, indem wir im Voraus ein „Spitzenzeugnis“ voller Verdienste und Erfolge vorlegen! Der Engel sagt Maria, dass sie bei Gott bereits Gnade gefunden hat, und nicht, dass sie ihr erst in Zukunft zuteil wird. Und schon die Formulierung der Worte des Engels lässt uns verstehen, dass die göttliche Gnade bleibend ist, nicht etwas Vorübergehendes oder Momentanes, und deshalb wird sie niemals weniger. Auch in Zukunft wird uns die Gnade Gottes immer unterstützen, besonders in Zeiten der Prüfung und der Finsternis.

Die fortwährende Gegenwart der göttlichen Gnade ermutigt uns, unsere Berufung mit Zuversicht anzunehmen, was von uns ein treues Bemühen verlangt, das jeden Tag erneuert werden muss. Der Weg der Berufung ist nicht ohne Kreuze: Da gibt es nicht nur die anfänglichen Zweifel, sondern auch die häufigen Versuchungen, denen man auf dem Weg begegnet. Das Gefühl der Unzulänglichkeit begleitet den Jünger Christi bis zum Ende, aber er weiß, dass die Gnade Gottes mit ihm ist.

Die Worte des Engels gehen auf die menschlichen Ängste ein und lösen sie kraft der in ihnen enthaltenen guten Nachricht auf: Unser Leben ist kein reiner Zufall und kein bloßer Überlebenskampf, sondern jeder von uns ist eine von Gott geliebte Geschichte. „Gnade in seinen Augen gefunden zu haben“ bedeutet, dass der Schöpfer eine einzigartige Schönheit in unserem Sein wahrnimmt und einen prächtigen Entwurf für unser Leben hat. Dieses Bewusstsein löst sicherlich nicht alle Probleme und beseitigt auch nicht die Unsicherheiten des Lebens, aber es hat die Kraft, es in der Tiefe zu verwandeln. Das Unbekannte, das der nächste Tag für uns bereithält, ist dann keine obskure Bedrohung mehr, die es zu überleben gilt, sondern eine Gnadenzeit, die uns gegeben ist, um die Einzigartigkeit unserer persönlichen Berufung zu leben und sie mit unseren Brüdern und Schwestern in der Kirche und in der Welt zu teilen.

4. Mut in der Gegenwart

Von der Gewissheit, dass Gottes Gnade mit uns ist, kommt die Kraft zum Mut in der Gegenwart: Mut, um das voranzubringen, was Gott hier und jetzt, in jedem Bereich des Lebens von uns verlangt; Mut, um die Berufung zu ergreifen, die Gott uns zeigt; Mut, um unseren Glauben zu leben, ohne ihn zu verstecken oder zu schmälern.

Ja, wenn wir uns der Gnade Gottes öffnen, dann wird das Unmögliche zur Wirklichkeit. »Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?« (Röm 8,31). Gottes Gnade berührt das Heute eures Lebens, sie „packt“ euch, so wie ihr seid, mit all euren Ängsten und Grenzen, doch offenbart sie auch die wunderbaren Pläne Gottes! Ihr Jugendlichen sollt hören, dass jemand wirklich Vertrauen in euch hat: Ihr sollt wissen, dass der Papst sich auf euch verlässt, dass die Kirche sich auf euch verlässt! Und ihr, verlasst euch auf die Kirche!

Der jungen Maria wurde eine wichtige Aufgabe anvertraut, eben weil sie jung war. Ihr Jugendlichen habt Kraft, ihr steht in einer Phase des Lebens, in der die Energien gewiss nicht fehlen. Nutzt diese Kraft und diese Energien, um die Welt zu verbessern, und beginnt damit in eurem direkten Umfeld. Ich möchte, dass euch in der Kirche wichtige Verantwortungen anvertraut werden und man den Mut hat, euch Raum zu geben; und ihr, bereitet euch vor, diese Verantwortungen zu übernehmen.

Ich lade euch ein, noch einmal die Liebe Marias zu betrachten: eine aufmerksame, dynamische, konkrete Liebe. Eine kühne Liebe, die ganz auf Selbsthingabe abzielt. Eine Kirche, die von diesen marianischen Eigenschaften durchdrungen ist, wird immer eine Kirche im Aufbruch sein, die über ihre eigenen Grenzen hinausgeht, um die empfangene Gnade überfließen zu lassen. Wenn wir uns vom Beispiel Marias anstecken lassen, werden wir jene Nächstenliebe konkret leben, die uns antreibt, Gott über alles und mehr als uns selbst zu lieben sowie die Menschen zu lieben, mit denen wir den Alltag teilen. Und wir werden auch den lieben, der uns an sich wenig liebenswert scheinen könnte. Es ist eine Liebe, die zum Dienst und zur Hingabe wird – insbesondere gegenüber den Schwächsten und Ärmsten –, die unsere Gesichter verwandelt und uns mit Freude erfüllt.

Ich möchte mit den schönen Worten aus einer berühmten Predigt des heiligen Bernhard über das Geheimnis der Verkündigung schließen. Diese Worte bringen zum Ausdruck, wie die ganze Menschheit auf Marias Antwort wartet: »Du hast gehört, o Jungfrau, du sollst einen Sohn empfangen und gebären: nicht von einem Menschen, so hast du gehört, sondern vom Heiligen Geist. Der Engel wartet auf Antwort. […] Herrin, auch wir warten auf das Wort des Erbarmens. […] Durch ein kurzes Wort von dir sollen wir neu geschaffen und ins Leben zurückgerufen werden. […] So liegt der ganze Erdkreis dir zu Füßen und wartet. […] Gib unverzüglich deine Antwort, heilige Jungfrau« (Homilia in Laudibus Virginis Matris 4,8: Sancti Bernardi Opera, Hg. Leclercq/Rochais, Bd. 4, Rom 1966, 53).

Liebe Jugendliche, der Herr, die Kirche und die Welt warten auch auf eure Antwort auf den einzigartigen Ruf, den jeder und jede in diesem Leben hat! Während der Weltjugendtag von Panama näher rückt, lade ich euch ein, euch auf dieses unser Treffen mit der Freude und der Begeisterung dessen vorzubereiten, der an einem großen Abenteuer teilnehmen will. Der Weltjugendtag ist etwas für Mutige! Nicht für Jugendliche, die es bloß bequem haben wollen und sich vor den Schwierigkeiten drücken. Nehmt ihr die Herausforderung an?

Aus dem Vatikan, am 11. Februar 2018,

dem 6. Sonntag im Jahreskreis,
Gedenktag Unserer Lieben Frau in Lourdes

FRANZISKUS

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Quelle

Botschaft von Papst Franziskus zum XXXII. Weltjugendtag 2017

BOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS
ZUM XXXII. WELTJUGENDTAG
2017

»Der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49)

 

Liebe junge Freunde,

nun sind wir nach unserem wunderbaren Treffen in Krakau, wo wir gemeinsam den 31. Weltjugendtag und das Jubiläum der Jugendlichen im Rahmen des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit gefeiert haben, wieder unterwegs. Wir ließen uns vom heiligen Johannes Paul II. und von der heiligen Faustyna Kowalska, den Aposteln der Göttlichen Barmherzigkeit, leiten, um auf die Herausforderungen unserer Zeit eine konkrete Antwort zu geben. Wir machten eine große Erfahrung der Solidarität und der Freude, und wir gaben der Welt ein Zeichen der Hoffnung. Die verschiedenen Fahnen und Sprachen waren nicht Grund zu Streit und Spaltung, sondern boten Gelegenheit, die Pforten der Herzen zu öffnen und Brücken zu bauen.

Am Ende des Weltjugendtags in Krakau gab ich das nächste Ziel unseres Pilgerwegs vor, der uns mit Gottes Hilfe 2019 nach Panama führen wird. Auf diesem Weg wird uns die Jungfrau Maria begleiten, die von allen Geschlechtern seliggepriesen wird (vgl. Lk 1,48). Der neue Abschnitt unserer Reise schließt an den vorhergehenden an, in dessen Mittelpunkt die Seligpreisungen standen, treibt uns aber an weiterzugehen. Es liegt mir nämlich am Herzen, dass ihr unterwegs nicht nur die Vergangenheit im Gedächtnis behaltet, sondern auch Mut in der Gegenwart und Hoffnung für die Zukunft habt. Diese Haltungen sind stets in der jungen Frau von Nazaret lebendig und kommen in den Themen der drei nächsten Weltjugendtage klar zum Ausdruck. Dieses Jahr (2017) werden wir über den Glauben Marias nachdenken, die im Magnificat sagte: »Der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49). Das Thema des nächsten Jahres (2018) – »Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden« (Lk 1,30) – wird uns über die mutige Liebe, mit der die Jungfrau die Botschaft des Engels aufnahm, meditieren lassen. Der Weltjugendtag 2019 wird sich hingegen auf die hoffnungsvolle Antwort Marias an den Engel beziehen: »Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast« (Lk 1,38).

Im Oktober 2018 wird die Kirche die Bischofssynode über das Thema Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsfindung abhalten. Wir werden uns darüber austauschen, wie ihr jungen Menschen die Erfahrung des Glaubens inmitten der Herausforderungen unserer Zeit lebt. Wir werden auch der Frage nachgehen, wie ihr einen Plan für euer Leben reifen lassen und dabei eure Berufungen in weitem Sinn, das heißt die Berufung zur Ehe, die Berufung im weltlichen und beruflichen Bereich oder zum geweihten Leben und zum Priestertum, erkennen könnt. Mein Wunsch ist, dass der Weg zum Weltjugendtag in Panama und der Weg der Synode gut miteinander abgestimmt sind.

Unsere Welt braucht keine „Sofa-Jugendlichen“

Nach dem Lukasevangelium macht Maria sich nach dem Empfang der Botschaft des Engels und ihres Ja, die Mutter des Erlösers zu werden, auf den Weg und eilt ihre Cousine Elisabet zu besuchen, die im sechsten Monat schwanger ist (vgl. 1,36.39). Maria ist sehr jung. Was ihr verkündigt wurde, ist ein riesengroßes Geschenk, doch es bringt auch sehr große Herausforderungen mit sich. Der Herr hat ihr seine Nähe und seine Hilfe zugesagt, aber in ihrem Verstand und ihrem Herzen sind viele Dinge noch unklar. Dennoch schließt sich Maria nicht zu Hause ein, sie lässt sich nicht von der Angst oder vom Stolz lähmen. Maria ist nicht der Typ dafür, der – um es sich gut gehen zu lassen – ein Sofa braucht, auf dem man es sich bequem und gemütlich macht. Sie ist keine Sofa-Jugendliche! (vgl. Ansprache bei der Gebetsvigil, Krakau, 30. Juli 2016). Wenn ihre alte Cousine Unterstützung braucht, dann verliert sie keine Zeit und macht sich sofort auf den Weg.

Die Strecke bis zum Haus der Elisabet ist lang, zirka 150 Kilometer. Aber vom Heiligen Geist angetrieben kennt das Mädchen von Nazaret keine Hindernisse. Die Tage der Reise haben ihr sicher geholfen, über das wunderbare Geschehen, von dem sie betroffen war, nachzudenken. So geschieht es auch mit uns, wenn wir uns auf Pilgerfahrt begeben. Auf dem Weg kommen uns die Ereignisse unseres Lebens in den Sinn, wir können deren Bedeutung reifen lassen und unsere Berufung vertiefen, die sich dann in der Begegnung mit Gott und im Dienst an den anderen zeigt.

Der Mächtige hat Großes an mir getan

Die Begegnung zwischen den beiden Frauen – dem jungen Mädchen und der alten Frau – ist von der Gegenwart des Heiligen Geistes erfüllt und voller Freude und Staunen (vgl. Lk 1,40-45). Wie die Kinder in ihren Leibern tanzen die beiden Mütter gleichsam vor Glück. Vom Glauben Marias berührt ruft Elisabet aus: »Selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ« (V. 45). Ja, eine der großen Gaben, welche die Jungfrau Maria erhalten hat, ist der Glaube. An Gott zu glauben ist ein unschätzbares Geschenk, es muss aber auch angenommen werden; und Elisabet preist Maria dafür. Sie antwortet ihrerseits mit dem Lobgesang des Magnificat (vgl. Lk 1,46-55), in dem wir das Wort finden: »Der Mächtige hat Großes an mir getan« (V. 49).

Dieses Gebet Marias ist ein revolutionäres Gebet, das Lied eines Mädchens voll Glauben, das sich seiner Grenzen bewusst ist, aber der Barmherzigkeit Gottes vertraut. Diese mutige junge Frau dankt Gott, weil er auf ihre Niedrigkeit geschaut hat, sie dankt für sein Heilswerk, das er an seinem Volk, an den Armen und Niedrigen vollbracht hat. Der Glaube ist die Herzmitte der ganzen Geschichte Marias. Ihr Lied hilft uns, das Erbarmen des Herrn als Antriebskraft der Geschichte zu begreifen, sowohl der persönlichen Geschichte eines jeden von uns als auch der ganzen Menschheit.

Wenn Gott das Herz eines jungen Mannes, eines jungen Mädchens berührt, werden diese zu wirklich großen Taten fähig. Das „Große“, das der Mächtige im Leben Marias getan hat, spricht zu uns auch von unserer Reise durch das Leben, die kein sinnloses Umherziehen ist, sondern eine Pilgerschaft, die trotz aller Ungewissheiten und Leiden in Gott ihre Erfüllung finden kann (vgl. Angelus, 15. August 2015). Ihr werdet mir sagen: „Pater, ich bin doch so eingeschränkt, ich bin ein Sünder, was kann ich tun?“ Wenn der Herr uns ruft, bleibt er nicht bei dem stehen, was wir sind oder getan haben. In dem Augenblick, in dem er uns ruft, schaut er vielmehr auf das, was wir tun könnten, auf all die Liebe, die freizusetzen wir imstande sind. Wie die junge Maria könnt auch ihr es zulassen, dass euer Leben ein Werkzeug wird, um die Welt besser zu machen. Jesus ruft euch, eure Spur im Leben zu hinterlassen, eine Spur, die die Geschichte kennzeichnet – eure Geschichte und die vieler anderer (vgl. Ansprache bei der Gebetsvigil, Krakau, 30. Juli 2016).

Jugendlicher sein bedeutet nicht, keine Verbindung zur Vergangenheit zu haben

Maria ist kaum über das Jugendalter hinaus wie viele von euch. Dennoch stimmt sie im Magnificat das Lob ihres Volkes und seiner Geschichte an. Dies zeigt uns: Jugendlicher sein bedeutet nicht, keine Verbindung zur Vergangenheit zu haben. Unsere persönliche Geschichte fügt sich in eine lange Reihe ein, in einen gemeinschaftlichen Weg, der uns in den Jahrhunderten vorangegangen ist. Wie Maria gehören auch wir einem Volk an. Und die Geschichte der Kirche lehrt uns, dass auch dann, wenn sie stürmische Meere durchquert, die Hand Gottes sie führt und schwierige Momente überwinden lässt. Die echte Erfahrung von Kirche ist nicht wie ein Flashmob, zu dem man sich verabredet, um eine Performance durchzuführen und um dann wieder seines Weges zu ziehen. Die Kirche trägt eine lange Tradition in sich, die von Generation zu Generation weitergegeben wird und dabei durch die Erfahrung jedes einzelnen bereichert wird. Auch eure Geschichte findet ihren Platz innerhalb der Geschichte der Kirche.

Die Vergangenheit im Gedächtnis behalten dient auch dazu, das neuartige Eingreifen Gottes, das er in uns und durch uns verwirklichen will, anzunehmen. Und dies hilft uns, uns zu öffnen, um als seine Werkzeuge, als Mitarbeiter seiner Heilspläne ausgewählt zu werden. Auch ihr jungen Menschen könnt Großes vollbringen, wichtige Verantwortung übernehmen, wenn ihr das barmherzige und allmächtige Handeln Gottes in eurem Leben erkennt.

Ich möchte euch einige Fragen stellen: Auf welche Weise „speichert“ ihr eure Erinnerung der Ereignisse, die Erfahrungen eures Lebens „ab“? Was macht ihr mit den Tatsachen und Bildern, die sich in euer Gedächtnis eingeprägt haben? Manche – besonders jene, denen von den Umständen des Lebens Wunden geschlagen wurden – hätten Lust, ein „Reset“ der eigenen Vergangenheit durchzuführen und vom Recht auf das Vergessen Gebrauch zu machen. Ich möchte euch aber daran erinnern, dass es keinen Heiligen ohne Vergangenheit und keinen Sünder ohne Zukunft gibt. Die Perle entsteht aus einer Verletzung der Auster! Mit seiner Liebe kann Jesus unsere Herzen heilen und unsere Wunden in echte Perlen verwandeln. Wie der heilige Paulus sagt, kann der Herr seine Kraft in unserer Schwachheit erweisen (vgl. 2 Kor 12,9).

Unsere Erinnerungen dürfen jedoch nicht alle angehäuft sein wie im Speicher auf der Festplatte. Und es ist auch nicht möglich, alles in einer virtuellen „Cloud“ abzulegen. Man muss lernen, dafür zu sorgen, dass die Geschehnisse der Vergangenheit zu einer dynamischen Wirklichkeit werden, über die man nachdenken und aus der man Lehren und Bedeutung für unsere Gegenwart und Zukunft ziehen kann. Es ist eine beschwerliche, aber notwendige Aufgabe, den roten Faden der Liebe Gottes zu entdecken, der unser ganzes Leben durchzieht.

Viele sagen, dass ihr jungen Menschen gedankenlos und oberflächlich seid. Dem stimme ich überhaupt nicht zu! Man muss aber zugeben, dass es in unserer Zeit nötig ist, die Fähigkeit wiederzuerlangen, über das eigene Leben nachzudenken und es auf Zukunft hin zu gestalten. Eine Vergangenheit zu haben ist nicht gleichbedeutend damit, eine Geschichte zu haben. Wir können in unserem Leben viele Erinnerungen haben, doch wie viele davon bilden wirklich unser Gedächtnis? Wie viele haben eine Bedeutung für unsere Herzen und helfen uns, unserem Leben einen Sinn zu verleihen? Die Gesichter der Jugendlichen in den social media tauchen auf vielen Fotos auf, die mehr oder weniger reale Ereignisse erzählen. Wir wissen hingegen nicht, wieviel davon „Geschichte“, sprich Erfahrung ist, die erzählenswert ist als auch Ziel und Sinn in sich birgt. Die TV-Programme sind voll von sogenannten Reality-Shows, aber es sind keine echten Geschichten, sondern nur Augenblicke, die vor einer Fernsehkamera ablaufen, bei denen die Personen planlos in den Tag hinein leben. Lasst euch nicht durch dieses falsche Bild der Wirklichkeit irreleiten! Seid die Hauptdarsteller eurer Geschichte und bestimmt eure Zukunft!

In Verbindung bleiben mit Blick auf das Beispiel Marias

Man sagt von Maria, dass sie alle Worte bewahrte und in ihrem Herzen erwog (vgl. Lk 2,19.51). Dieses einfache Mädchen aus Nazaret lehrt uns beispielhaft, die Erinnerung an die verschiedenen Begebenheiten des Lebens zu bewahren, diese aber auch zusammenzufügen und aus den Teilstücken ein einheitliches Ganzes zu bilden wie bei einem Mosaik. Wie können wir uns in diesem Sinne konkret einüben? Ich mache euch dazu einige Vorschläge.

Am Ende eines jeden Tages können wir für einige Minuten innehalten, um uns an die schönen Augenblicke, an die Herausforderungen und an alles, was gut und was schlecht gelaufen ist, zu erinnern. So können wir vor Gott und uns selbst die Gefühle der Dankbarkeit, der Reue und des Vertrauens zum Ausdruck bringen. Wenn ihr wollt, könnt ihr das auch in einem Heft aufschreiben, in einer Art geistlichem Tagebuch. Das bedeutet, im Leben, mit dem Leben und über das Leben zu beten, und sicher wird es euch helfen, die großen Dinge besser zu verstehen, die der Herr für jeden von euch tut. Wie der heilige Augustinus sagte, können wir Gott in den weiten Gefilden unseres Gedächtnisses finden (vgl. Bekenntnisse, Buch X,8,12).

Wenn wir das Magnificat lesen, wird uns bewusst, wie sehr Maria das Wort Gottes kannte. Jeder Vers dieses Liedes hat eine Parallelstelle im Alten Testament. Die junge Mutter Jesu kannte die Gebete ihres Volkes gut. Sicherlich haben ihre Eltern und Großeltern sie ihr beigebracht. Wie wichtig ist doch die Glaubensweitergabe von einer Generation an die andere! Es liegt ein verborgener Schatz in den Gebeten, die uns unsere Ahnen lehren, in der gelebten Spiritualität innerhalb der Kultur der einfachen Leute, die wir Volksfrömmigkeit nennen. Maria sammelt das Glaubenserbe ihres Volkes und setzt es zu ihrem ganz eigenen Lied zusammen, das aber zugleich Lied der gesamten Kirche ist. Und die ganze Kirche singt es mit ihr. Damit auch ihr jungen Menschen ein Magnificat singen könnt, das ganz von euch kommt, und euer Leben zu einem Geschenk für die gesamte Menschheit machen könnt, ist es wesentlich, dass ihr an die geschichtliche Tradition und das Beten derer anknüpft, die vor euch gelebt haben. Deshalb ist es auch wichtig, die Bibel – das Wort Gottes – gut zu kennen, sie jeden Tag zu lesen und mit eurem Leben in Beziehung zu setzen, das heißt die Tagesereignisse im Lichte all dessen zu lesen, was der Herr euch in der Heiligen Schrift sagt. Während des Gebets und bei der betenden Lektüre der Bibel (der so genannten Lectio divina) erwärmt Jesus eure Herzen und schenkt euren Schritten Licht, auch in den dunkelsten Augenblicken eures Lebens (vgl. Lk 24,13-35).

Maria bringt uns auch bei, in einer eucharistischen Haltung zu leben, das heißt Dank zu sagen, das Lob Gottes zu pflegen und sich nicht nur auf Probleme und Schwierigkeiten zu versteifen. Die Bitten von heute werden in der Dynamik des Lebens morgen zum Grund des Dankes. So sind auch eure Teilnahme an der heiligen Messe und die Momente der Feier des Sakraments der Versöhnung zugleich Gipfel und Ausgangspunkt: Euer Leben wird jeden Tag in der Vergebung erneuert und zu einem immerwährenden Lob des Allmächtigen: »Vertraut dem Gedenken Gottes: […] sein Gedächtnis ist ein Herz, das weich ist vor Mitgefühl, das Freude daran hat, jede Spur des Bösen in uns auszulöschen« (Predigt bei der heiligen Messe zum Weltjugendtag, Krakau, 31. Juli 2016).

Wir haben gesehen, dass das Magnificat aus dem Herzen Marias in dem Augenblick hervorkommt, als sie ihrer alten Cousine Elisabet begegnet. Mit ihrem Glauben, ihrem scharfen Blick und ihren Worten hilft sie der Jungfrau Maria, die Größe des göttlichen Handelns in ihr und der ihr anvertrauten Sendung besser zu begreifen. Und ihr, seid ihr euch der außergewöhnlichen Quelle des Reichtums bewusst, welche die Begegnung zwischen jungen und alten Menschen darstellt? Wieviel Bedeutung messt ihr den Alten, euren Großeltern bei? Richtigerweise strebt ihr danach, flügge zu werden, und tragt große Träume im Herzen. Doch ihr bedürft auch der Weisheit und der Weitsicht der älteren Menschen. Während ihr die Flügel im Wind ausbreitet, ist es wichtig, dass ihr eure Wurzeln entdeckt und das Staffelholz von den Menschen übernehmt, die vor euch da waren. Um eine sinnvolle Zukunft aufzubauen, muss man die Ereignisse der Vergangenheit kennen und ihnen gegenüber Stellung beziehen (vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Amoris laetitia, 191.193). Ihr jungen Menschen habt die Kraft, die alten Menschen haben das Gedächtnis und die Weisheit. So wie Maria gegenüber Elisabet, so richtet auch ihr euren Blick auf die älteren Menschen, auf eure Großeltern. Sie werden euch Dinge erzählen, die euren Verstand begeistern und eure Herzen rühren.

Schöpferische Treue, um neue Zeiten aufzubauen

Es ist wahr, dass ihr noch nicht viele Jahre „auf dem Buckel“ habt und es euch daher schwer fallen mag, der Tradition den gebührenden Wert beizumessen. Haltet euch wohl vor Augen, dass dies nicht heißt, Traditionalist zu sein. Nein! Wenn Maria im Evangelium sagt, »der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49), meint sie damit, dass jenes „Große“ noch nicht zu Ende ist, dass es sich vielmehr weiterhin in der Gegenwart verwirklicht. Es handelt sich nicht um eine ferne Vergangenheit. Die Vergangenheit im Gedächtnis behalten zu können heißt nicht, nostalgisch zu sein oder an einer bestimmten Zeit der Geschichte zu hängen, sondern seine eigenen Ursprünge erkennen zu können, um immer zum Wesentlichen zurückzukehren und sich mit schöpferischer Treue in den Aufbau neuer Zeiten hineinzustürzen. Es wäre ärgerlich und würde niemandem helfen, wenn wir eine lähmende Erinnerung beibehielten, die immer dieselben Dinge auf die gleiche Weise tun lässt. Ein Geschenk des Himmels ist es dagegen zu sehen, dass viele von euch mit ihrem Nachforschen, ihren Träumen und Fragen gegen die Vorstellung angehen, dass die Dinge nicht auch anders sein können.

Eine Gesellschaft, die nur die Gegenwart gelten lässt, neigt auch dazu, all das gering zu schätzen, was man aus der Vergangenheit ererbt, wie zum Beispiel die Einrichtung der Ehe, des geweihten Lebens und des Priesterberufs. Diese werden dann schließlich als bedeutungslos angesehen, als Auslaufmodelle. Man meint besser in sogenannten „offenen“ Situationen zu leben und sich im Leben wie in einer Reality-Show zu verhalten, ohne Ziel und Zweck. Lasst euch nicht täuschen! Gott ist gekommen, um die Horizonte unseres Lebens in jeder Hinsicht zu erweitern. Er hilft uns, der Vergangenheit den gebührenden Wert zu geben, um eine glückliche Zukunft besser gestalten zu können: Das ist aber nur möglich, wenn man die Liebe authentisch lebt – in Erfahrungen, die sich darin verwirklichen, dass wir den Ruf des Herrn wahrnehmen und ihm folgen. Und das ist das Einzige, was uns wirklich glücklich macht.

Liebe junge Freunde, ich empfehle euren Weg nach Panama wie auch den Vorbereitungsprozess der nächsten Bischofssynode der mütterlichen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an. Ich lade euch ein, zweier wichtiger Ereignisse im Jahr 2017 zu gedenken: dreihundert Jahre der Wiederauffindung des Gnadenbildes Unserer Lieben Frau von Aparecida in Brasilien und die Hundertjahrfeier der Erscheinungen von Fatima in Portugal, wo ich mich, so Gott will, im nächsten Mai als Pilger hinbegebe. Der heilige Martin von Porres, einer der Schutzpatrone Lateinamerikas und des Weltjugendtags 2019, hatte in seinem bescheidenen täglichen Dienst die Angewohnheit, Maria als Zeichen seiner Sohnesliebe die schönsten Blumen zu schenken. Pflegt auch ihr wie er eine vertraute, freundschaftliche Beziehung mit der Muttergottes. Vertraut ihr eure Freude, eure Fragen und Sorgen an. Ich versichere euch, ihr werdet es nicht bereuen!

Die junge Frau von Nazaret, die auf der ganzen Welt tausend Gesichter und Namen angenommen hat, um ihren Söhnen und Töchtern nahe zu sein, möge für jeden von uns Fürbitte halten und uns helfen, die großen Werke zu besingen, die der Herr in uns und durch uns vollbringt.

Aus dem Vatikan, am 27. Februar 2017,
Gedenktag des hl. Gabriel von der schmerzhaften Jungfrau

FRANZISKUS

 

Erzbischof von Panama vertraut der Jungfrau von Fatima den Weltjugendtag an

Der Erzbischof von Panama, Monsignore José Domingo Ulloa, hat die Realisierung des Weltjugendtages (WJT) in Panama im Jahr 2019 im Rahmen des 100-jährigen Jubiläums der Marienerscheinungen unter den Schutz der Jungfrau von Fatima gestellt.

„Dir vertrauen wir den Weltjugendtag an. Dir vertrauen wir besonders die Kinder, die Jugendlichen und die Familien an. Die Botschaft, die du uns in der Cova da Iria gegeben hast, kann auch heute für jeden Panamaer gelten“ so der Erzbischof am 21. Februar vor einer offiziellen Nachbildung der Originalstatue Unserer Lieben Frau von Fatima, die nach Panama gebracht worden war.

Von der Statue der Jungfrau von Fatima gibt es nur zwei offizielle Nachbildungen, die durch die ganze Welt pilgern.

Die Nachbildung, die nun in Panama ist, wird bis zum 30. März 2017 dort bleiben und die verschiedenen Diözesen des Landes besuchen.

In seiner Predigt bei der Hl. Messe zum Empfang des Pilgerbildnisses in der Kirche El Chorrillo, drückte Monsignore Ulloa vor der schönen Statue seine Dankbarkeit gegenüber Gott für diesen „historischen Moment“ aus.

Heute haben wir das Privileg, eine der Repliken bei uns zu haben. Heute können wir sagen, dass es ist, als wären wir in Fatima“ versicherte er.

Er erinnerte auch daran, dass die Panamaer in diesem Jubiläumsjahr den vollkommenen Ablass gewinnen können, ohne dass sie dafür nach Portugal reisen müssen, und er lud sie ein, an den Wallfahrten teilzunehmen.

„Das Wunder, das Unsere Liebe Frau von Fatima in Panama wirken möchte, ist die Bekehrung vieler von uns“ so der Erzbischof.

 

Zeitplan

Am 2. März wird um 15.00 Uhr ein Treffen mit den Kinder in der Basilika Minor Don Bosco stattfinden.

In der Diözese Santiago de Veraguas wird die Statue vom 3. bis 5. März verweilen. Am letzten Tag wird das Land dem Unbefleckten Herzen Mariens geweiht werden.

In der Diözese Penonomé wird sich das Bildnis vom 5. bis 7. März befinden, in der Diözese David vom 10. bis zum 13. März, in der Diözese Chitré vom 13. bis zum 16. März und in der Erzdiözese Panama vom 16. bis zum 30. März.

Am 25. März, dem Fest der Verkündigung des Herrn, wird im nationalen Heiligtum vom Herzen Mariens um 16.00 Uhr eine Eucharistiefeier stattfinden und von dort aus wird sich ein Pilgerzug bis hin zum Küstenstreifen aufmachen, wo ein meditierter Rosenkranz gebetet und eine Pozession abgehalten werden wird.

Am 26. März um 14.00 Uhr wird eine Begegnung mit den Jugendlichen der Pfarrei des heiligen Franziskus in La Chorrera stattfinden.

Abschließend wird um 6.30 Uhr am Morgen des 30. März der Rosenkranz gebetet und vom Nuntius in Panama, Monsignore Andrés Carrascosa Coso, in der Fatima-Kirche in El Chorrillo eine Hl. Messe gefeiert werden.

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Quelle

Ansprache von Johannes Paul II. bei der Willkommenszeremonie zum Weltjugendtag 2000 – Petersplatz, 15. August 2000

diozesanwappen

Liebe Jungen und Mädchen des fünfzehnten Weltjugendtages, liebe Mitbrüder im Bischofsamt und im priesterlichen Dienst, liebe Ordensfrauen und -männer, liebe Erzieher, die ihr die jungen Leute begleitet! Willkommen in Rom! Ich danke Herrn Kardinal James Francis Stafford für die herzlichen Worte, die er an mich gerichtet hat. Mit ihm grüße ich Herrn Kardinal Camillo Ruini sowie die anwesenden anderen Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe. Ich danke auch den beiden Jugendlichen, die so eindrücklich die Gefühle von euch allen zum Ausdruck brachten, die ihr aus vielen Teilen der Welt hier zusammengekommen seid.

Ich empfange euch mit Freude, nachdem ich an der Basilika San Giovanni am Lateran, der Kathedrale von Rom, Station gemacht habe, um die römischen und italienischen Jugendlichen zu grüßen. Sie vereinen sich mit mir, um Euch als Brüder und Schwestern herzlich willkommen zu heißen.

Eure Gesichter erinnern mich an die jungen Generationen – ja sie machen sie gleichsam gegenwärtig –, denen ich in diesen Jahren am Ende des Jahrtausends im Laufe meiner apostolischen Reisen rund um die Welt begegnen durfte. Jedem rufe ich zu: Der Friede sei mit dir!

Der Friede sei mit dir, junger Freund aus Afrika:
aus Algerien,
aus Angola,
aus Benin,
aus Burkina Faso,
aus Burundi,
aus Kamerun,
aus Kap Verde
aus Tschad,
aus Kongo,
von der Elfenbeinküste,
aus Ägypten,
aus Eritrea,
aus Gabun,
aus Gambia,
aus Ghana,
aus der Republik Guinea,
aus Djibouti,
aus Guinea-Bissau,
aus Kenia,
von den Komoren,
von Mauritius,
aus Lesotho,
aus Liberia,
aus Lybien,
aus Madagaskar,
aus Malawi,
aus Mali,
aus Marokko,
von Mocambique,
aus Namibia,
aus Nigeria,
von der Republik Zentralafrika,
von der Demokratischen Republik Kongo,
aus Rwanda,
aus Senegal,
von den Seychellen,
aus Sierra Leone,
aus Südafrika,
vom Sudan,
aus Swasiland,
aus Tansania,
aus Togo,
aus Uganda,
aus Sambia,
aus Simbabwe.

Der Friede sei mit dir, junger Freund aus Amerika:
von den Antillen,
aus Argentinien,
von den Bahamas,
aus Belize,
aus Bolivien,
aus Brasilien,
aus Kanada,
aus Chile,
aus Kolumbien,
aus Costa Rica,
aus Kuba,
aus Ecuador,
von der Republik Salvador,
aus Guatemala,
aus Haiti,
aus Honduras,
aus Mexiko,
aus Nicaragua,
aus Panama,
aus Paraguay,
aus Peru,
aus Puerto Rico,
von der Dominikanischen Republik,
aus St. Lucia,
aus St. Vincent,
aus den Vereinigten Staaten,
aus Surinam,
aus Uruguay,
aus Venezuela.

Der Friede sei mit dir, junger Freund aus Asien:
aus Saudi-Arabien,
aus Armenien,
aus Bangladesch,
aus Kambodscha,
aus Bahrain,
aus Südkorea,
von den Vereinigten Arabischen Emiraten,
von den Philippinen,
aus Georgien,
aus Japan,
aus Jordanien,
aus Hong Kong,
aus Indien,
aus Indonesien,
aus dem Irak,
aus Israel,
aus Kasachstan,
aus Kirgisien,
aus Laos,
aus dem Libanon,
aus Macau,
aus Malaysia,
aus der Mongolei,
aus Myanmar,
aus Nepal,
aus Oman,
aus Pakistan,
aus Katar,
aus Singapur,
aus Syrien,
aus Sri Lanka,
aus Taiwan,
von den Palästinensischen Gebieten,
aus Thailand,
aus Osttimor,
aus Turkmenien,
aus Usbekistan,
aus Vietnam.

Der Friede sein mit dir, junger Freund aus Europa:
aus Albanien,
aus Österreich,
aus Belgien,
aus Weißrußland,
aus Bosnien-Herzegowina,
aus Bulgarien,
aus Zypern,
aus Kroatien,
aus Dänemark,
aus Deutschland,
aus England,
aus Estland,
aus Finnland,
aus Frankreich,
aus Griechenland,
aus Irland,
aus Italien,
aus Lettland,
aus Liechtenstein,
aus Litauen,
aus Luxemburg,
aus Mazedonien,
aus Malta,
aus Moldawien,
aus den Niederlanden,
aus Norwegen,
aus Polen,
aus Portugal,
aus dem Fürstentum Monaco,
aus der Tschechischen Republik,
aus der Republik San Marino,
aus Rumänien,
aus Rußland,
aus Schottland,
aus der Slowakischen Republik,
aus Slowenien,
aus Spanien,
aus der Schweiz,
aus Schweden,
aus der Türkei,
aus der Ukraine,
aus Ungarn,
aus Jugoslawien.

Der Friede sei mit dir, junger Freund aus Ozeanien:
aus Australien,
aus Guam,
aus Neuseeland,
aus Papua-Neuguinea.

Besonders herzlich begrüße ich die Gruppe der Jugendlichen, die aus den Ländern kommen, in denen Haß, Gewalt und Krieg dem Leben ganzer Bevölkerungsgruppen noch den Stempel des Leids aufdrücken: Euer aller Solidarität ist es zu verdanken, daß sie heute Abend da sein können. Ich spreche ihnen, auch in eurem Namen, die geschwisterliche Nähe unserer Versammlung zu. Mit euch erbitte ich für sie und für ihre Landsleute Tage des Friedens in Gerechtigkeit und Freiheit.

Meine Gedanken wandern schließlich zu den Jugendlichen anderer Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften, die an diesem Abend zusammen mit einigen ihrer Hirten hier sind: Der Welttag sei eine weitere Gelegenheit, um einander kennen zu lernen und gemeinsam den Geist des Herrn um das Geschenk der vollen Einheit unter allen Christen zu bitten!

Liebe Freunde aus den fünf Kontinenten! Ich freue mich, mit euch an diesem Abend das Jubiläum der Jugend feierlich zu eröffnen. Ihr Pilger auf den Spuren der Apostel, ahmt ihren Glauben nach!

Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit!

* * * * *

1. Liebe Freunde! Ihr habt mit allen möglichen Verkehrsmitteln unzählige Kilometer zurückgelegt, um hierher nach Rom an die Gräber der Apostel zu kommen. Erlaubt mir, daß ich an den Anfang der Begegnung mit euch eine Frage stelle: Was sucht ihr hier? Ihr seid da, um euer Jubiläum zu feiern: das Jubiläum der jungen Kirche. Eure Reise ist etwas Besonderes: Ihr habt euch auf den Weg gemacht, nicht nur zum Zeitvertreib oder der Kultur wegen. So laßt mich die Frage wiederholen: Was sucht ihr hier? Oder besser: Wen sucht ihr?

Darauf kann es nur eine einzige Antwort geben: Ihr seid gekommen, um Jesus Christus zu suchen! Doch dieser Jesus Christus sucht zuerst euch! Das Jubiläum feiern heißt ja nichts anderes als Jesus Christus zu feiern und ihm zu begegnen, dem Wort, das Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat.

Die Worte des Johannes-Prologs, die soeben verkündet wurden, sind gleichsam seine „Visitenkarte“. Sie laden uns dazu ein, den Blick auf sein Geheimnis zu lenken. Diese Worte sind eine Botschaft, die sich besonders an euch, liebe Jugendliche, richtet: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott“ (Joh 1,1-2).

Der Evangelist weist uns auf das Wort hin, das eines Wesens mit dem Vater von Ewigkeit her gezeugt ist als Gott von Gott und Licht vom Licht. So führt er uns ein in das Herz des göttlichen Lebens, aber er bringt uns auch zur Quelle der Welt: Denn dieses Wort steht am Anfang der ganzen Schöpfung: „Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist“ (Joh 1,3). Die gesamte geschaffene Welt war, noch bevor sie Wirklichkeit wurde, von Gott gedacht und von Ihm im ewigen Plan seiner Liebe gewollt. Wenn wir also auf die Welt in ihrer Tiefe schauen und uns dabei von der Weisheit und Schönheit, die Gott darin hineingelegt hat, in Staunen versetzen lassen, dann können wir schon in der Welt einen Spiegel jenes Wortes erfassen, das uns die biblische Offenbarung im Antlitz Jesu von Nazaret vollends enthüllt. In gewisser Weise ist die Schöpfung die erste „Offenbarung“ des Wortes.

2. Der Prolog fährt fort: „In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfaßt“ (Joh 1,4-5). Das Leben ist für den Evangelisten das Licht, und der Tod als Gegensatz zum Leben steht für die Finsternis. Durch das Wort ist alles Leben auf der Erde entstanden und im Wort findet es seine endgültige Vollendung.

Wenn Johannes das Leben mit dem Licht gleichsetzt, dann denkt dabei auch jenes besondere Leben, das nicht einfach in den biologischen Abläufen des menschlichen Organismus besteht, sondern aus der Teilhabe am Leben Jesu Christi selbst schöpft. Der Evangelist sagt: „Das wahre Leben, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt“ (Joh 1,9). Diese Erleuchtung wurde der Menschheit in der Nacht von Betlehem gewährt, als das ewige Wort des Vaters aus der Jungfrau Maria Fleisch annahm und als Mensch in diese Welt hineingeboren wurde. Seitdem hat jeder Mensch durch den Glauben am Geheimnis jenes Ereignisses teil und erfährt in gewissem Maß diese Erleuchtung.

Jesus Christus selbst wird sich eines Tages als Licht der Welt vorstellen: „Solange ihr das Licht bei euch habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichts werdet“ (Joh 12,36). Diese Mahnung geben Jesu Jünger von Generation zu Generation weiter und versuchen, sie im täglichen Leben umzusetzen. Im Hinblick auf diese Aufforderung wird Paulus schreiben: „Deshalb lebt als Kinder des Lichts! Das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor“ (Eph 5,8-9).

3. Das Herz des Johannes-Prologs ist die Botschaft: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (1,14). Kurz zuvor hatte der Evangelist erklärt: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden“ (1,10-12). Meine Lieben! Gehört ihr zu denen, die Jesus Christus aufgenommen haben? Eure Anwesenheit hier ist schon eine Antwort. In diesem Jubiläum „2000 Jahre nach Christi Geburt“ seid ihr nach Rom gekommen, um die Kraft des Lebens, die ihm innewohnt, in euch aufzunehmen. Ihr seid gekommen, um die Wahrheit über die Schöpfung neu zu entdecken und wieder über die Schönheit und den Reichtum der geschaffenen Welt staunen zu lernen. Ihr seid gekommen, um euch neu bewußt zu machen, welche Würde der Mensch hat, der als Bild und Gleichnis Gottes geschaffen ist.

Und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit“ (Joh 1,14). Ein zeitgenössischer Philosoph hat die Bedeutung des Todes im menschlichen Leben so betont, daß er sagen konnte: „Der Mensch lebt für den Tod“. Das Evangelium unterstreicht das Gegenteil: Der Mensch lebt für das Leben. Der Mensch ist von Gott berufen, am göttlichen Leben Anteil zu haben. Der Mensch ist also ein Wesen, das zur Herrlichkeit berufen ist.

Diese Tage, die ihr im Rahmen des Weltjugendtages in Rom gemeinsam verbringen werdet, sollen jedem einzelnen von euch helfen, einen klareren Blick auf die Herrlichkeit zu bekommen, die dem Sohn Gottes eigen ist und zu der wir in Ihm vom Vater berufen sind. Dafür muß euer Glaube an Christus wachsen und sich festigen.

4. Für diesen Glauben will ich vor euch, liebe Jugendliche, Zeuge sein am Grab des Apostels Petrus, zu dessen Nachfolger als Bischof von Rom mich der Herr berufen hat. Heute möchte ich Euch zunächst sagen: Ich glaube fest an Jesus Christus, unseren Herrn. Ja, ich glaube und mache mir die Worte des Apostels Paulus zu eigen: „Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20).

Ich denke daran, wie ich von Kindesbeinen an in meiner Familie gelernt habe, zu beten und mich Gott anzuvertrauen. Ich erinnere mich an das Gemeindeleben meiner Pfarrei in Wadowice und an das der Pfarrei Debniki in Krakau, die den Namen des hl. Stanislaus Kostka trägt. In ihnen empfing  ich eine Art Grundausbildung für das christliche Leben. Dann kann ich die Erfahrung des Krieges ebenso wenig vergessen wie die Jahre, in denen ich in der Fabrik arbeitete. Endgültig reifte meine Berufung zum Priester in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, als Polen besetzt war. Die Tragödie des Krieges ließ meine Lebensentscheidung reifen und gab ihr eine besondere Färbung. Dabei ging mir immer mehr ein Licht auf: Der Herr will, daß ich Priester werde! Bewegt denke ich an jenen Augenblick meines Lebens zurück, als ich am Morgen des 1. November 1946 die Priesterweihe empfing.

Mein Credo setzt sich fort in meinem gegenwärtigen Dienst an der Kirche. Als ich am 16. Oktober 1978 nach der Wahl auf den Stuhl Petri gefragt wurde: „Nimmst du an?“, da habe ich geantwortet: „Im Glaubensgehorsam gegenüber Christus, meinem Herrn, und im Vertrauen auf die Mutter Christi und seiner Kirche nehme ich ungeachtet der großen Schwierigkeiten an“ (Redemptor hominis, 2). Seitdem versuche ich, meiner Aufgabe nachzukommen, indem ich jeden Tag Licht und Kraft schöpfe aus dem Glauben, der mich an Christus bindet.

Doch ist mein Glaube – wie schon bei Petrus und bei jedem von uns – nicht nur mein eigenes Werk, meine Bindung an die Wahrheit Jesu Christi und der Kirche. Mein Glaube ist wesentlich und vor allem ein Werk des Heiligen Geistes, ein Geschenk seiner Gnade. Der Herr schenkt mir – wie auch euch – Seinen Geist, damit wir „Credo“ sagen können: Ich glaube. Dann nimmt uns der Herr in seinen Dienst, damit wir für ihn Zeugen sind in jedem Winkel der Erde.

5. Liebe Freunde! Warum wollte ich euch am Anfang eures Jubiläums dieses persönliche Zeugnis geben? Ich wollte dadurch klarmachen: Der Weg des Glaubens bahnt sich durch alle Erfahrung unseres Lebens. Gott wirkt durch die konkreten und persönlichen Ereignisse eines jeden von uns: durch sie zeigt sich uns das Wort, das Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat. Manchmal geschieht das auf wahrhaft geheimnisvolle Weise.

Liebe Jungen und Mädchen! Laßt nicht zu, daß die Zeit, die der Herr Euch schenkt, vorbeigeht, als wäre alles nur ein Zufall. Der hl. Johannes hat uns gesagt, daß alles in Christus geworden ist. Deshalb glaubt ganz fest an ihn! Er lenkt die Geschichte der einzelnen ebenso wie die der Menschheit. Sicher: Jesus Christus achtet unsere Freiheit, aber in allem, was das Leben an Freuden und Bitterkeiten bringt, lädt er uns unaufhörlich dazu ein, an Ihn zu glauben, an sein Wort, an die Wirklichkeit der Kirche und an das ewige Leben!

Denkt also nie, in Jesu Augen unbekannt zu sein wie Nummern einer anonymen Menge. Jeder von euch ist für Christus wertvoll, jeder ist ihm persönlich bekannt, jeden hat er liebend gern, auch wenn er auf Gleichgültigkeit stößt.

6. Liebe Freunde, ihr seid mit der ganzen Leidenschaft eurer Jugend auf das dritte Jahrtausend hin ausgerichtet. Lebt die Gelegenheit intensiv, die euch der Weltjugendtag bietet in dieser Kirche von Rom, die heute mehr denn je eure Kirche ist. Laßt euch vom Heiligen Geist formen! Macht die Erfahrung des Gebetes, indem ihr den Heiligen Geist in eure Herzen sprechen laßt. Beten heißt: ein bißchen von der eigenen Zeit Christus zur Verfügung stellen, sich ihm anvertrauen, still bleiben und ganz Ohr sein für sein Wort, damit es im Herzen nachhallen kann.

Schneidet euch in diesen Tagen, Augenblicke der Stille, des Gebetes und der Sammlung heraus, als gehe es um eine große Woche geistlicher Exerzitien. Bittet den Heiligen Geist, eure Herzen und Sinne zu erleuchten. Bittet ihn um das Geschenk eines lebendigen Glaubens, der eurem Leben einen bleibenden Sinn zu geben vermag, indem er es in Jesus Christus einfügt, das fleischgewordene Wort.

Die heilige Jungfrau Maria, die Jesus Christus durch das Wirken des Heiligen Geistes hervorgebracht hat, Salus Populi Romani (Heil des römischen Volkes) und Mutter aller Völker, die heiligen Petrus und Paulus sowie alle anderen Heiligen und Märtyrer dieser Kirche und eurer Kirchen, mögen euren Weg begleiten.

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Quelle

„Eine Art Karte“ auf dem Weg zur nächsten Synode

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Ausdruck jugendlicher Spiritualität: Weltjugendtage – RV

Jugend, Glauben, Berufung: Um dieses Thema kreist das Vorbereitungsdokument für die nächste Bischofssynode vom Oktober 2018. Es wurde an diesem Freitag vorgestellt. Der etwa zwanzig Seiten schlanke Text, zu dem auch wieder ein Fragebogen gehört, soll in Bistümern, Pfarreien, Orden und Verbänden weltweit das Nachdenken über eine Neujustierung der kirchlichen Jugendpastoral anstoßen.Erste Neuigkeit auf Seite eins: Auch Jugendliche können sich über eine Internetseite an der neuen Vatikanumfrage zur nächsten Synode beteiligen. Das erhöht die Chancen, dass ihre Vorstellungen in den Grundlagentext der Synode einfließen werden. Was der Vatikan an diesem Freitag präsentierte, war noch nicht dieser Grundlagentext namens „Instrumentum laboris“, sondern nach eigenen Angaben „eine Art Karte, … um eine Suchbewegung zu fördern“.

Ein erster Blick des Textes gilt der Lage von Jugendlichen in der rapide sich ändernden Welt von heute; die Rede ist von einer „hyper-vernetzten Generation“, umgeben von Multireligiosität, „Flüchtigkeit und Vorläufigkeit“. Der zweite, zentrale Textteil denkt darüber nach, wie man jungen Menschen heute helfen kann, Entscheidungen im Bereich von Ehe oder religiöser Berufung zu treffen; er betont die „Wichtigkeit der persönlichen Begleitung“ jedes Einzelnen auf einem solchen Weg, die Rolle des Gewissens und des Gesprächs mit Gott.

Das dritte Kapitel heißt „Die pastorale Tätigkeit“ und bemüht sich um einige konkrete Hinweise für Jugendpastoral – etwa den, dass „die Jugendlichen Subjekt und Objekt der Pastoral“ zugleich sein sollten. Die Gesellschaft behandle Jugendliche „oft wie eine unnütze oder unbequeme Sache“ – diesen Fehler dürfe die Kirche nicht machen.

Ausdrücklich würdigt der Text die Rolle der katholischen Weltjugendtage. Von tiefer Einsicht zeugt die Bemerkung, „dass sich zwischen der kirchlichen Sprache und der Sprache der Jugendlichen ein Abstand bildet, der schwierig zu überbrücken ist“. Im Fragebogen gibt es erstmals eigene Sparten für einzelne Kontinente; das soll den Redakteuren, die später das „Instrumentum laboris“ zusammenstellen, die Arbeit erleichtern. Insgesamt fällt im ganzen Vorbereitungsdokument der spirituelle Grundton auf; wer starke Worte sucht, etwa zum Thema Sexualmoral, wird hier nicht so richtig fündig.

(rv 13.01.2017 sk)

„Ein unvergessliches Fest der Jugend und des Glaubens“

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Erzbischof Gadecki & Papst Franziskus / Mazur/Episkopat.Pl

Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz dankt Papst Franziskus für seine liebevollen Worte

„Ich danke für die herzerfrischenden, liebevollen und warmen Worte, die Sie nicht nur an die Jugend, die in Krakau versammelt war, sondern auch an alle Gläubigen und Hirten der Polnischen Kirche gerichtet haben“, so schreibt der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, in einem Brief an Papst Franziskus. 

Wir veröffentlichen im Wortlaut den Volltext des Schreibens.

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Lieber Heilige Vater,

als Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz möchte ich Ihnen herzlich für die Wallfahrt in unsere Heimat aus Anlass des Weltjugendtages danken.

Die vergangenen Tage waren ein unvergessliches Fest der Jugend und des Glaubens. Es war ein Fest, das die Gemeinschaft des Geistes offenbart hat, die nicht nur Polen, sondern alle Menschen umschließt, die im Evangelium Christi ein solides Fundament des Friedens und der Sicherheit für alle Völker sehen. Alle Völker, welche in der barmherzigen Liebe Gottes die Hoffung für die Welt erkennen.

Ich danke für die herzerfrischenden, liebevollen und warmen Worte, die Sie nicht nur an die Jugend, die in Krakau versammelt war, sondern auch an alle Gläubigen und Hirten der Polnischen Kirche gerichtet haben. Die Anwesenheit des Nachfolgers Petri in unserer Heimat im Außerordentlichen Jahr der Barmherzigkeit und im Jahr des 1050. Jubiläums der Taufe Polens ist für uns ein besonderes Zeichen der Einheit, der Liebe und der Hingabe.

Wir sind Ihnen dankbar für die einnehmende Schlichtheit und Güte, welche Ihre Person unter uns ausstrahlte. Die Güte ist das Spiegelbild der Liebe, welcher Sie Ihr ganzes Leben und Ihren ganzen Dienst anvertraut haben.

Im Geist der Dankbarkeit für den Weltjugendtag, das 1050. Jubiläum der Taufe Polens und das Außerordentlichen Jahr der Barmherzigkeit werden wir im Oktober unsere Nationalwallfahrt zum Vatikan führen, um auf diese Weise unsere Dankbarkeit, Treue und Hingabe auszudrücken.

Mit ganzer Hingabe bitte ich um Ihren väterlichen Segen und das Gebet für mich und für die Kirche in Polen.

+ Stanisław Gądecki
Erzbischof von Posen
Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz

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Bilder vom Weltjugendtag und vom Besuch von Papst Franziskus in Polen kann man kostenlos beim Flickr-Auftritt der Polnischen Bischofskonferenz herunterladen: http://bit.do/krakow2016

Geben Sie bei der Verwendung folgende Quelle an:  Photos: Mazur/episkopat.pl

Die Nachwirkungen des Treffens mit dem Papst

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Weltjugendtagspilger Auf Dem Krakauer Marktplatz, (C) Michaela Koller

Fröhlichkeit, Gemeinschaft und Hoffnung auf eine Zukunft in Frieden und Freiheit

Von der nachhaltigen Wirkung des Weltjugendtags sind Oberhirten, Pilger und auch die Gastgeber fest überzeugt. Für Erzbischof Ludwig Schick aus Bamberg hat die Zusammenkunft von jungen Leuten aus der ganzen Welt zum gemeinsamen Feiern und Gebet hoffnungsstiftend gewirkt. „Auf den Straßen und Plätzen, beim Essen und Feiern herrschte große Fröhlichkeit, Gemeinschaft und Hoffnung auf eine gute Zukunft in Freiheit und Frieden für die ganze Welt“, erklärte er gegenüber ZENIT. Ruhe, Besinnlichkeit und Ernsthaftigkeit seien zugleich zu spüren gewesen. „Die Jugend ist besser, als oft behauptet wird, stärker als vermutet und hoffnungsvoller als geschätzt“, so Erzbischof Schick.

Bischof Stefan Oster aus Passau erwartet, wie er auf seiner Facebook-Seite schrieb, dass die jungen Pilger nun als Einzelne mit einem Hunger nach geistlicher Erfahrung und dem Wunsch nach einem Aufbruch in der Kirche zurückkehrten. Von den Sakramenten und dem Herzen der Kirche aus wollten sie hinausgehen, die Welt zu verändern. „Sie wollen die Tiefe, das echte und das ganze Evangelium. Sie sehnen sich nach der Revolution der Liebe, von der der Heilige Vater so eindrucksvoll Zeugnis gibt. Und sie sind bereit, dafür Vieles in Kauf zu nehmen“, heißt es weiter in dem Eintrag.

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße geht in seiner Stellungnahme gegenüber ZENIT von einer nachhaltigen Stärkung des Glaubens durch den Weltjugendtag aus: „Ich bin überzeugt, dass dieses Erlebnis Teil der Glaubensbiografie aller Menschen wird, die dabei waren.“ Besonders beeindruckt habe ihn die internationale Vielfalt junger Menschen und ihre Glaubensfreude. Sie zeige: „Der Glaube an Jesus Christus ist jung.“

Weltjugendtagspilger Christian Hoferer, der aus Bayern nach Krakau gereist war, legte gegenüber ZENIT Zeugnis für die Bedeutsamkeit seiner Teilnahme am WJT ab: „Im Alter von Mitte 20 stehen bei mir nach dem Abschluss des Studiums wichtige Weichenstellungen für das Leben an. Manchmal hat man Zweifel, wie oder wo es jetzt genau weitergehen soll. Der Papst hat mir Mut gemacht, diese Weichenstellungen mit Frohsinn und im Vertrauen auf Gott zu treffen.“

Die Krakauerin Katarzyna Pilniakowska, die das Ereignis am Rande als Einheimische verfolgte, sagte im Interview: „Jeder wird Ihnen das sagen: Die Stadt ist nicht mehr dieselbe. All die jungen Menschen haben Krakau mit der Schönheit ihrer Gedanken verändert. Sogar ein Kunde von mir, der gar nicht an Gott glaubt, hat das festgestellt“, berichtet die Innenarchitektin. Beinah zwei Millionen junger Pilger besuchten ihre Heimatstadt vom 25. Juli 31. Juli und trafen sich auf den Höhepunkten mit Papst Franziskus.

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Quelle

„Der Herr des Risikos“ – Eine persönliche Bilanz des Weltjugendtags

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Einsatzkräfte und Pilger bei der Gebetswache am Samstag. Foto: CNA/Alan Holdren

Im Radio hörte ich heute morgen die Durchsage, die Stadt Wien wolle Maßnahmen ergreifen gegen das überhandnehmende Unsicherheitsgefühl ihrer Bürger. Es ist offensichtlich, dass die Menschen Angst haben. Die Reaktionen darauf sind der Rückzug ins Private, die Transformation der Angst in Wut und Hass auf Andere oder auch die Negierung und Verdrängung dieses ungewollten und störenden Gefühls, das nicht in unsere Welt des Wohlfühlens passt.

Der Weltjugendtag in Krakau gehörte hinsichtlich des Angstpotenzials zur vordersten Linie. Überschattet von der Ermordung des Priesters Jacques Hamel schien die Möglichkeit vor einem Anschlag auf hunderttausende junge Christen nicht unwahrscheinlich – vor allem, da der Papst selbst dabei war.

Ich gebe zu: Ich hatte Angst auf dem Weg zum „Campus Misericordiae“, dem Feld, das am Samstag und Sonntag zu einem Konzentrat der Katholischen Kirche werden sollte. Und ich wurde überrascht. Der Weltjugendtag in Krakau wurde für mich mehr, als ein katholisches Happening und ein Fest des Glaubens – es wurde zu einer Antwort auf die allgegenwärtige Frage unserer Generation, wie wir damit umgehen, dass unsere Welt zu verschwinden scheint.

Die Weltjugendtage sind immer stark vom Charakter des jeweiligen Gastgeberlandes geprägt. Was die meisten sich von Polen erwarteten waren übertriebene, leicht kitschige Frömmigkeitsformen, ein wenig Chaos und ein Haufen Plattenbauten.

Tatsächlich fanden sich jedoch tausende Jugendliche aus aller Welt in einer bezaubernden, unglaublich sauberen mittelalterlichen und barocken Stadt wieder, die nicht nur die historisch weniger verwöhnten amerikanischen Gruppen in sichtbares Staunen versetzte.

An unseren ersten Morgen in Krakau, kamen wir aus der Unterkunft raus, gingen um die Ecke und standen plötzlich vor einer riesigen gotischen Basilika, in der mehrere hundert Jugendliche aus verschiedenen Ecken der Welt gemeinsam Messe feierten. Dass diese auf Polnisch war, störte dabei niemanden. Ebenso erging es uns danach in jeder anderen der vielen schönen Kirchen in der Altstadt von Krakau. Überall wurde gebetet, die Messe gefeiert, gebeichtet. Die ganze Stadt schien voller Gebet, voller Anbetung zu sein. In der völlig überfüllten Dominikanerkirche, wurde nicht nur im Hauptschiff eine englische Messe gelesen, sondern gleichzeitig feierten mehrere Bischöfe und Priester ihre Messen in den Seitenkapellen – sowas hatte ich bis dahin nur im Petersdom erlebt.

Krakau wurde für eine Woche zu Rom – allerdings zu einer überraschend organisierten, sicheren und sauberen Version. Jeder, der diese Tage erlebt hat, hat ein Volk erlebt, dessen Glauben tatsächlich noch in volkskirchenartiger Weise lebendig ist. Es werden in den Vororten überall neue Kirche gebaut, es stehen bei jedem Wegkreuz Blumen (wenn auch zum Teil offensichtlich Kunstblumen) und in den zahlreichen Klöstern Krakaus sah man ungewohnt viele junge Ordensleute. Alles schien ein wenig anachronistisch, aber auf eine so lebendige Art, dass es keinen Zweifel über die Echtheit dieser emotionalen Spiritualität geben konnte.

Am beeindrucktesten zeigte sich der polnische Katholizismus jedoch in der überragenden Gastfreundschaft. Nicht nur die polnischen Gastfamilien übertrafen sich in rührender Großzügigkeit, sondern beinahe jeder schien seinen Teil beitragen zu wollen. Überall am Weg zum Campus Misericordiae stellten die Leute vor ihren Türen Tische mit Getränken und Wasserschläuchen für die Pilger auf. Kleine Kinder reichten am Straßenrand aufgeregt volle Wasserbecher und freuten sich sichtbar, wenn ein junger Mensch sich daran erfrischte. Jeder wollte Teil dieses großen Festes sein. Nicht ein Einziger regte sich darüber auf, dass am Wochenende Tag und Nacht Hunderttausende laut singend durch eigentlich ruhige Wohngegenden zogen – ganz abgesehen von der ständig aktiven Sirene von Polizei oder Krankenwagen, die auffällig präsent für Ordnung und Sicherheit sorgten.

Wenn Krakau Rom ist, dann ist der Heilige Johannes Paul II. der Papst. Überall wurde der „Missionar der Barmherzigkeit“ in Krakau und bei den Katechesen und Treffen des Weltjugendtages verehrt, zitiert und zum Fürsprecher der Jugend. In jeder Kirche findet sich ein Bild des polnischen Papstes, das eine treue Schar an Pilgern anzieht. Diese Verehrung Johannes Pauls II. scheint auch maßgeblich für das Verhältnis der Polen zu Papst Franziskus zu sein. Er ist das Kirchenoberhaupt und auch als Person sehr beliebt, aber der nationale Papst der Polen bleibt der Heilige Johannes Paul II. – was möglicherweise auch den Umgang der polnischen Kirche mit Differenzen in politischen Fragen erleichtert.

Der Höhepunkt des Weltjugendtages war ohne Zweifel die Vigil mit dem Papst am Samstag Abend. Während die Andacht der Jugendlichen bei der Heiligen Messe am Sonntag von der Hitze, der Masse und der riesigen Entfernung zum Altar beeinträchtigt wurde, war am Samstag Abend eine beeindruckende Konzentration der Pilger zu spüren. Die Vigil trug ganz deutlich die Handschrift von Papst Franziskus. Die Predigt des Papstes war die eines Hirten. Hier traf der Pontifex den Nerv dieser Generation:“Das Empfinden, dass in dieser Welt, in unseren Städten, in unseren Gemeinschaften kein Raum mehr ist, um zu wachsen, zu träumen, schöpferisch zu sein, auf Horizonte zu schauen, letztlich: um zu leben, ist eines der schlimmsten Übel, die uns im Leben geschehen können.“ Vor dieser Angst, der Verschlossenheit und der Lähmung warnte uns der Papst.

Gerade unsere Generation ist befallen davon, die Grausamkeiten der Welt und die sich in relativistischen Nichtigkeiten auflösenden Grundfesten unserer Kultur nicht mehr mit Rebellion, sondern mit Resignation zu beantworten. Nicht nur das führte der Papst uns deutlich vor Augen, sondern warnte auch vor der schädlichen Konsequenz vieler junger Menschen auf diese Situation – die Suche nach dem momentanen Glück in Bequemlichkeit und Konsum. Er nannte das“ein Sofa gegen jede Art von Angst oder Furcht“. Die Konsequenz daraus, so der Papst, ist“die lautlose Lähmung, die uns am meisten schaden kann, denn nach und nach versinken wir, ohne es zu merken, im Schlaf, sind duselig und benommen, während andere – vielleicht die lebendigeren, aber nicht die besseren – für uns über die Zukunft entscheiden.“ Auf dem sonst so lebendigen und lauten Feld war es still bei den Worten des Papstes. Er hatte recht, das wussten wir. Schonungslos ehrlich, legte Papst Franziskus dar, was der Preis dieser Droge der Bequemlichkeit ist – unsere Freiheit. Und er fragte uns“Wollt ihr eine verschlafene Jugend sein? Wollt ihr, dass andere über eure Zukunft entscheiden? Wollt ihr frei sein? Wollt ihr für eure Zukunft kämpfen?“

Ob nun beabsichtigt oder nicht, die Menge der Jugendlichen antwortete auf die Frage mit jubelnden Zurufen. Und der Papst sagte uns, wie, was und wer der Weg dahin ist: nicht durch das Errichten von Mauern, sondern durch das Bauen von Brücken, nicht auf dem Sofa liegend, sondern die Stiefel anziehend, in der Haltung der Barmherzigkeit gegen jeden, als“politisch Handelnde, Denker, gesellschaftliche Vorreiter“. Und mit Christus als dem“Herrn des Risikos“, dem zu folgen eine“gewisse Dosis an Mut“ erfordert.

Die starken Worte des Papstes wurden mitgenommen in die gemeinsame Anbetung des“Herrn des Risikos“ mit der Bitte um Barmherzigkeit. Dieser Abend mit der Predigt des Papstes und dem unglaublich verbindenden Erlebnis des gemeinsamen Ausrichtens aller Augen und Herzen auf Jesus in der Anbetung, war nicht nur für mich als Katholikin tief bewegend. Es war auch für die säkulare Welt ein politisch so nie erreichbares Bild der Gemeinschaft und des Friedens.

Die Jugendlichen auf dem Feld waren der laute und lebendige Beweis für die Worte des Papstes. Hier waren Hunderttausende, die eine Nacht auf einem Feld, unbequeme Isomatten, erdrückende Hitze und staubige Sandalen dem Samstagabend auf dem Sofa vorzogen. Hier waren fast zwei Millionen junge Menschen, die sich nicht aus Angst versteckten, sondern laut singend etwas wagten. Hier war der Beweis, dass unsere Generation doch nicht in Resignation versinkt, sondern den Mut hat, Risiken einzugehen, um die Freiheit zu kämpfen und Protagonisten der Geschichte zu werden.

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