Corona-Folgen: Caritas Internationalis warnt vor Hungerkrisen

Langer Arm der Corona-Krise: schon jetzt wird sichtbar, dass die Folgen der Pandemie den ohnehin schon ärmsten Ländern besonders zusetzen werden

Caritas Internationalis warnt vor verheerenden Folgen der Corona-Pandemie in den ärmsten Weltregionen und ruft die internationale Gemeinschaft zu „mutigen und umgehenden Maßnahmen“ auf, um das Schlimmste abzuwenden. Unter anderem schlägt der Verband die Aufhebung von Sanktionen und zusätzliche Mittel zur Hungerbekämpfung vor.

„Leider kündigt sich an, dass das Nachbeben der Pandemie noch komplizierter und tödlicher sein wird als die Auswirkungen des Virus selbst, insbesondere für die am stärksten gefährdeten Gemeinschaften in den ärmsten Ländern“, heißt es in einem Statement des Caritas-Dachverbandes von diesem Mittwoch.

Am schlimmsten betroffen: Afrika

Die globalen Abschottungsmaßnahmen und Deregulierung der Weltwirtschaft aufgrund der Corona-Pandemie hätten vor allem denjenigen Ländern zugesetzt, die ohnehin schon aufgrund von Katastrophen wie Überschwemmungen, Dürren, Heuschreckeninvasionen und Missernten unter Nahrungsmittelknappheit litten.

Am schlimmsten betroffen seien viele Länder Afrikas, doch auch Bevölkerungen im Nahen Osten, Lateinamerika und Asien stünden bereits „am Rande einer schweren Nahrungsmittelkrise, die zur Unterernährung von Kindern und zum Verhungern der Erwachsenen führt“. Die Zahl der Menschen, die am Rande des Hungers stehen, werde sich infolge von COVID-19 verdoppeln und könnte 230 Millionen erreichen, gibt Caritas Internationalis Schätzungen des Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen wieder. Besonders verwundbar seien Migranten und Binnenvertriebene. Auch etwa Rückkehrer nach Venezuela müssten mit Hunger rechnen.

Mutige Maßnahmen notwendig

Angesichts dieser Not brauche es „mutige und kühne Maßnahmen“ der internationalen Gemeinschaft, um das Schlimmste abzuwenden, appelliert der Generalsekretär von Caritas Internationalis, Aloysius John: „Wir sind uns bewusst, dass wir vor einem atypischen Notfall stehen, bei dem die wichtigsten Geberländer am stärksten von dem Virus betroffen sind“, räumt John ein. Allerdings sei eine „Umleitung internationaler Hilfe, um auf nationale Bedürfnisse zu reagieren, nicht die richtige Lösung“, gibt er zu bedenken. Vielmehr brauche es zusätzliche Mittel zur Unterstützung der am stärksten gefährdeten Gemeinschaften.

Auch fordert der Caritas-Dachverband eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Libyen, Iran, Venezuela und Syrien, um die Einfuhr von Medikamenten, medizinischer Ausrüstung und Grundbedarfsgütern für die Bevölkerung zu ermöglichen. Kirchen und Hilfsprogramme müsse ermöglicht werden, „Mikro-Entwicklungsprogramme“ durchführen zu können. Auch müsse der Zugang zu Binnenvertriebenen und Flüchtlingslagern garantiert werden, um humanitäre Hilfe leisten zu können.

Mit dem Aufruf schließe man sich Papst Franziskus an, der angesichts der Corona-Pandemie zu „kreativer globaler Solidarität“ aufgerufen hat.

(vatican news – pr)

LESEN SIE AUCH:

Italiens Caritas: Die Menschen über der Armutsgrenze halten

Menschenleer: Der Vorplatz des Mailänder Doms (ANSA)

Eine der besorgniserregensten Konsequenzen der Krise, die die Weltgemeinschaft aufgrund der Verbreitung des Coronavirus derzeit lebt, ist die Tatsache, dass viele Menschen ihre Arbeit verlieren und Mühe haben, sich und ihre Familien mit dem Notwendigsten zu versorgen. Daran erinnerte auch Papst Franziskus in seiner Frühmesse an diesem Samstag. Gleichzeitig rief er die kirchlichen Einrichtungen auf, mit Großzügigkeit und Entschiedenheit auf diese Krise in der Krise zu reagieren.

Sieht man sich die Situation in Italien an, so gibt es derzeit kaum einen Unterschied zwischen dem traditionell reicheren Norden und dem Süden, wo generell mehr Menschen in sozialen Schwierigkeiten leben. Wie der Leiter der Mailänder Caritas, Luciano Gualzetti, im Interview mit Radio Vatikan berichtet, sei in den diözesanen karitativen Verteilstationen die Nachfrage nach Lebensmitteln sprunghaft angestiegen, auch Menschen, die bisher nicht bei der Caritas vorstellig wurden…

„Gleich nachdem die Gesundheitsbehörden die ersten Anweisungen erteilt haben, um die Verbreitung des Virus zu stoppen, haben wir versucht, den absolut unantastbaren Bedürfnissen der Menschen entgegenzukommen. Das bedeutet, den verletzlicheren Menschen nahe zu sein, die gleichzeitig diejenigen sind, die das größte Risiko einer Ansteckung eingegangen wären, wenn wir sie nicht mit einem Obdach und Nahrung versorgt hätten. Doch außerdem sind dies auch die Menschen, die am stärksten von den sozialen Folgen dieser Krise und Isolation betroffen sind, auch im Hinblick auf Verarmung.“

Dienste der Caritas wurden sofort ausgeweitet

Deshalb habe man sich in der Caritas sofort aktiviert, um eine Schließung zu verhindern und vielmehr die angebotenen Dienste auszuweiten, „um die Menschen zu unterstützen, die sofort ihre Arbeit verloren haben“, so Gualzetti. Viele der Menschen, die nun an die Tür der Caritas klopften, hätte man im Vorfeld dabei unterstützt, eine Arbeit zu finden und sich damit eine fragile Existenz aufzubauen. „Wir denken an diejenigen, die sofort nach Ausbruch der Krise ohne Arbeit dastanden, vielleicht, weil sie einen befristeten Vertrag hatten, der nicht verlängert wurde, oder an diejenigen, die alte Menschen betreuten, ihnen die Einkäufe in die Wohnung brachten und ähnliches. All das ist auf fatale Weise unterbrochen worden.“

Lebensmittelanfragen um 30 Prozent gestiegen

Dadurch würden nun viel mehr Lebensmittel als bisher in die Wohnungen der Bedürftigen verteilt, die nicht mehr in die Pfarrzentren kommen könnten, berichtet der Caritas-Leiter weiter. „Vor zwei Wochen haben wir in den diözesanen Verteilstellen eine um 30 Prozent erhöhte Nachfrage nach Lebensmitteln festgestellt, weil zum Beispiel jetzt die Kinder zu Hause sind, die bisher in der Schule gegessen haben. Und auch die Anzahl der Menschen, die beantragt haben, kostenlos in unseren wohltätigen Supermärkten einkaufen zu können, weil sie es sich in den normalen Supermärkten nicht mehr leisten können, ist um 25 Prozent angestiegen.“

Ein millionenschwerer Fonds zur Direkthilfe

Doch die Hilfe der Erzdiözese Mailand geht weit darüber hinaus. Wie Luciano Gualzetti berichtet, hatte der Erzbischof von Mailand, Mario Delpini, in der vergangenen Woche in Abstimmung mit der Stadtgemeinde einen Fonds für die Menschen aufgelegt, die auf dem Gebiet der Erzdiözese aufgrund der Krise seit dem 1. März ihre Arbeit verloren haben. Jeweils 2 Millionen Euro kommen von der Kirche und der Stadt Mailand. „Wir sammeln gerade die Anfragen dafür ein, und ab der kommenden Woche werden wir damit beginnen, denjenigen, die kein Einkommen mehr haben, ein kleines Gehalt auszuzahlen.“ Man versuche, so unterstreicht der Caritasverantwortliche, die Menschen „über der Armutsgrenze zu halten, denn wenn sie erst einmal darunter fallen, wird es umso schwieriger, sie wieder herauszuholen.“

„Wir hören wirklich einen Aufschrei: ,Wir haben Hunger’“

Dabei hat die Caritas viele verschiedene Kategorien von Menschen im Blick. Diejenigen, die sich in dieser Situation erstmals an die Caritas wenden, aber auch das fahrende Volk, das durch die Krise besonders hart getroffen ist. Denn, so erinnert Gualzetti, diese hätten nicht nur die Artisten, sondern auch ihre Tiere weiterhin zu versorgen, auch wenn Auftritte derzeit nicht möglich seien: „Wir hören wirklich einen Aufschrei: ,Wir haben Hunger’“, unterstreicht der Caritas-Leiter.

Unter den Hilfesuchenden, die sich an die Caritas wenden, sind neuerdings auch religiöse Gemeinschaften und Klöster, die sich normalerweise mit dem Verkauf ihrer Produkte über Wasser halten. „Wir versuchen, auch ihnen zu helfen, so wie den zahlreichen Familien, die ihren Pfarrer angerufen und um Hilfe dabei gebeten haben, Lebensmittel zu besorgen, wie Nudeln, Reis, Öl, Obst und Gemüse, aber auch Medikamente.“ Doch der Mensch lebt nicht vom Brot allein: auch die abrupte Unterbrechung aller sozialen Kontakte schlägt vor allem den älteren Menschen aufs Gemüt. „Deshalb haben wir unseren Jugendpastoraldienst aktiviert, und viele junge Menschen haben geantwortet und sich bereit erklärt, Lebensmittel und Medikamente zu den alten Leuten zu bringen, und an der Türschwelle ein paar Worte mit ihnen zu wechseln.“

Supermärkte im Visier der verzweifelten Menschen

Die Verzweiflung der Menschen beginnt an einigen Orten jedoch auch in Aggressivität umzuschlagen: es wird vor allem im Süden Italiens über Gruppen berichtet, die zu gezielten Raubzügen auf Supermärkte aufrufen, beispielsweise in Palermo, wo die Polizeipräsenz spürbar verstärkt wurde.

In dieser Situation täten die staatlichen und karitativen Institutionen ihr Bestes, um die Not zu lindern. Dazu sei jedoch die Solidarität aller nötig, erinnert Gualzetti. „Wir bringen alle Ressourcen auf, die wir zu Verfügung haben und versuchen, die freiwilligen Helfer zu orientieren, deren Einrichtungen vielleicht geschlossen haben, um ihnen eine andere Aufgabe zu geben. Aber das sind natürlich erhöhte Kosten, die wir aufbringen müssen. Außerdem müssen wir individuelles Schutzmaterial wie Gesichtsmasken kaufen – all das sind Kosten, die wir tragen müssen, um weiter arbeiten zu können.“

(vatican news – cs)

D: Kurienkardinal Cordes gegen Verweltlichung der Caritas

other559291_articolo

Kardinal Cordes

Der frühere Kurienkardinal Paul Josef Cordes hat katholische Kirche und Caritas in scharfen Worten aufgerufen, sich gegen Verweltlichung, Gottvergessenheit und Säkularisierung zu stemmen. Es dürfe kein „Gleichschalten mit dem säkularen Humanismus“ geben, sagte der 82-Jährige am Donnerstagabend in der Universität Freiburg. Er war Festredner bei einer Tagung zum 80. Geburtstag des Freiburger Theologen Heinrich Pompey. Cordes, der bis 2010 den päpstlichen Rat Cor Unum leitete, mahnte, die Frage nach Gott müsse Kern aller karitativen Arbeit der Kirche sein. Deshalb brauche es ein „neues Gottbewusstsein“. Gefährlich sei es, wenn sich die Caritas vom „Geist der Welt“ treiben lasse. „Eine religionslose Philanthropie wird dem Menschen nicht gerecht“, so Cordes.

Der Kardinal wandte sich auch gegen ein Aufgreifen fernöstlicher Elemente, etwa bei Kursen in christlichen Klöstern und Häusern. Im Blick auf Yoga, Tai Chi oder Quigong sprach Cordes von „heidnischen Methoden“, die das Christentum zerstören wollten. Diese Einflüsse erhielten viel zu häufig Platz „unter dem Dach der katholischen Kirche“, kritisierte er und forderte „mehr Eindeutigkeit“ anstelle eines „verderblichen Synkretismus“. Derzeit greife eine große Gottvergessenheit um sich, die den Menschen nur auf sich selbst zurückverweise und damit einsam mache. „Christen setzten nicht auf Selbsterlösung, sondern wissen, dass Gott Quelle allen Heiles ist. Diesen Schatz dürfen wir nicht verschleudern“, forderte Cordes.

(kna 25.11.2016 cs)

Papst an Caritas-Dachverband: Seid Träger des Evangeliums

ossrom137144_articolo

Papst Franziskus

Die Rolle der Caritas als Träger des Evangeliums und Kämpfer gegen soziale Ausgrenzung stand im Zentrum der Ansprache, die Papst Franziskus an diesem Donnerstag für die Mitglieder des Caritas-Dachverbandes Caritas Internationalis vorbereitet hatte. Gemeinsam mit ihrem Präsidenten, dem philippinischen Kardinal Luis Antonio Tagle, wurden sie vom Papst in der vatikanischen Sala Clementina hinter verschlossenen Türen in Audienz empfangen.Evangelisierung und sozialer Dienst gehen Hand in Hand miteinander und die Kirche ist dazu aufgerufen, gegen soziale Ausgrenzung der Schwächsten der Gesellschaft zu handeln und sich für ihre Integration einzusetzen. An diese auch in seiner Apostolischen Exhortation betonte Dimension des karitativen Dienstes erinnerte Papst Franziskus die Vertreter der Caritas-Familie, die „nicht nur soziale Akteure“, sondern „kirchliche Organismen“ seien, „die die Mission der Kirche teilen“, so Papst Franziskus in der Ansprache, die den Mitgliedern in schriftlicher Form zur Verfügung gestellt worden war.

„Wie es in euren Statuten festgelegt ist, seid ihr dazu aufgerufen, „den Papst und die Bischöfe bei ihrem Dienst der Nächstenliebe zu unterstützen.´ Die heutigen sozialen Notlagen erfordern es, dass man eine, wie der Heilige Johannes Paul II. genannt hatte, ,neue Fantasie der Nächstenliebe´ ins Feld führt: diese konkretisiert sich nicht nur in der Wirksamkeit der geleisteten Hilfen, sondern vor allem in der Fähigkeit, sich dem Nächsten anzunähern und mit einem Verhalten von brüderlicher Teilhabe die Ärmsten zu begleiten.“

Er danke ihnen, so der Papst, im Namen der gesamten Kirche für ihren sozialen Einsatz. Gleichzeitig ermutigte er sie, in dieser Mission fortzufahren: „Macht weiter damit, die Nachricht des Evangeliums der Freude auf die ganze Welt zu tragen, vor allem zu denjenigen, die zurück gelassen werden, aber auch zu denen, die die Macht haben, Dinge zu ändern, denn es ist möglich, sie zu ändern. Die Armut, der Hunger, die Krankheuten, die Unterdrückung sind nicht vom Schicksal vorherbestimmt und dürfen nicht Dauerzustand bleiben. Im Vertrauen auf die Kraft des Evangeliums können wir tatsächlich dazu beitragen, die Dinge zu ändern oder wenigstens zu verbessern.“

Verhalten, das den Menschen erniedrige oder ausbeute, sei abzulehnen, betonte der Papst erneut eine oft von ihm gestellte Forderung. Er sei froh darüber, dass Caritas Internationalis eine Kampagne zum Thema Migration vorbereitet habe: „Ich hoffe, dass diese schöne Initiative die Herzen vieler für die Aufnahme von Flüchtlingen öffnen möge, damit sie sich wirklich in unseren Gemeinschaften wirklich „zu Hause“ fühlen können.“ Sie seien dazu aufgerufen, mit erneuertem Einsatz für Entwicklung und Friedensprozesse in den Ländern einzutreten, aus denen die Menschen auf der Suche nach einer besseren Zukunft flöhen, so der Appell des Papstes an die Caritas-Familie.

„Seid Stifter von Frieden und Versöhnung zwischen den Völkern, den Gemeinschaften und den Gläubigen. Stellt alle eure Energien und euren Einsatz zur Verfügung, um in Einklang mit den anderen Glaubensgemeinschaften zu arbeiten, die, wie ihr, die Würde der Person ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit rücken. Kämpft gegen die Armut und lernt gleichzeitig von den Armen. Lasst euch von ihrem einfachen und aufs Wesentliche konzentrierten Lebensstil, ihren Werten, ihrem Sinn für Solidarität und Teilhabe, von ihrer Fähigkeit, in Schwierigkeiten wieder aufzustehen inspirieren, vor allem aber von ihrer gelebten Erfahrung des leidenden Christus.“

(rv 17.11.2016 cs)