Der Mensch als Person von der Empfängnis an!

Das menschliche Herz beginnt 21 Tage nach der Empfängnis zu schlagen. Und wir haben unsere eigene einzigartige DNA von der ersten Sekunde an. Das ist weder #Ideologie noch #Religion, es ist #Grundlegende Biologie.

Papst besorgt über „Niedergang der menschlichen Beziehungen“

Papst mit Pfadfinderhut  (Vatican Media)

Gerade für junge Menschen ist es sehr wichtig, „echte Beziehungen zu pflegen und nicht nur virtuelle“. Das hat Papst Franziskus an diesem Freitag gegenüber katholischen Pfadfindern und Pfadfinderinnen aus Frankreich betont.

„In der Gesellschaft erleben wir allzu oft einen Niedergang der menschlichen Beziehungen und einen Mangel an vertrauenswürdigen Vorbildern für junge Menschen. Das wird alles durch die derzeitige Gesundheitskrise noch schwieriger: Sie hat die Möglichkeiten, sich mal zu treffen und Freundschaften zu schließen, reduziert.“

Umso wichtiger seien Gruppen wie die der „Scouts Unitaires de France“ – so heißt der Verband, den der Papst empfing und der dieses Jahr sein 50-jähriges Jubiläum feiert.

„Träumen – und handeln“

„Eure Bewegung ist ein Zeichen der Ermutigung für junge Leute, denn sie lädt sie dazu ein, zu träumen, zu handeln. Und den Mut zu haben, mit Hoffnung in die Zukunft zu blicken.“

Auch die Pfadfinderinnen und Pfadfinder seien dazu aufgerufen, „für eine extrovertiertere Kirche und eine menschlichere Welt“ einzutreten – sowie für einen stärkeren Schutz der Schöpfung.Zum Nachhören: Papst Franziskus empfängt französische Pfadfinder*innen

Sich nicht von den Egoismen der Welt entmutigen lassen

„Dank eurer Beziehung zur Natur steht ihr dafür ein, dass die Achtung vor anderen Menschen und vor der Umwelt Hand in Hand gehen. Wir können uns nicht vormachen, dass wir unsere Beziehung zur Natur und zur Umwelt verbessern können, ohne auch die grundlegenden Beziehungen unter uns Menschen zu verbessern.“

Sie sollten sich von den „Egoismen der Welt“ nicht entmutigen lassen und sich nicht in sich selbst verschließen: Mit diesem Appell, den er gern an junge Leute richtet, zitierte Franziskus aus dem Apostolischen Schreiben „Christus vivit“, das er 2019 nach einer Bischofssynode zum Thema Jugendpastoral verfasst hat.

„Der Herr will euch, liebe Jugendliche, als seine Werkzeuge“

„Vergesst nicht: Der Herr lädt uns ein, ohne Angst mit der missionarischen Verkündigung überall hinzugehen, egal, wo wir uns befinden und mit wem wir zusammen sind: im Wohnviertel, beim Studium, beim Sport, wenn wir mit Freunden ausgehen, bei ehrenamtlichen Tätigkeiten oder bei der Arbeit, immer ist es gut und angebracht, die Freude des Evangeliums zu teilen… Der Herr will euch, liebe Jugendliche, als seine Werkzeuge, um Licht und Hoffnung auszustrahlen. Er will auf euren Mut zählen, auf eure Frische und euren Enthusiasmus.“

(vatican news – sk)

Abtreibung und das Menschenrecht auf Leben

Kardinal Gerhard Ludwig Müller Foto: Daniel Ibanez / CNA Deutsch

Kardinal Gerhard Ludwig Müller im Gespräch mit Lothar C. Rilinger (*)

23 March, 2021 / 7:55 AM

Die Abtreibung ist nichts anderes als die Tötung eines Menschen – eines ungeborenen Menschen zwar, aber eines, der nach christlicher Auffassung vom ersten Augenblick der Empfängnis als imago Dei, als Ebenbild Gottes, angesehen wird. Der noch nicht geborene Mensch wird im Rahmen des geltenden staatlichen Rechtes nicht als volles Rechtssubjekt angesehen, obwohl er schon erbberechtigt ist, anders ist es nicht zu erklären, dass seine Tötung zwar als rechtswidrig angesehen wird, aber gleichwohl in den ersten drei Monaten seiner Existenz und nach einer Beratung für straflos erklärt wird. Damit steht fest, dass der ungeborene Mensch, sollten die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, getötet werden darf, ohne dass der Staat diese Tötungshandlung für verwerflich erklärt und sanktioniert. Damit macht der Staat letztendlich keinen strafrechtlichen Unterschied mehr zwischen der Zerstörung einer eigenen Sache und der Tötung eines ungeborenen Menschen. Diese Negierung kann nicht ohne Konsequenzen sein. Wir wollen deshalb hierüber mit dem Theologen und Philosophen Kardinal Gerhard Ludwig Müller sprechen und uns einer Frage nähern, die durch die Wahl des amerikanischen Präsidenten Joseph Biden an Aktualität gewonnen hat.

Lothar C. Rilinger: Können Sie sich vorstellen, dass in der rechtlichen Qualifikation eines menschlichen Lebewesens ein Unterschied besteht, je nachdem, ob es geboren oder noch nicht geboren ist?

Kardinal Gerhard Ludwig Müller: Die Rechtsordnung zielt auf das Zusammenleben der Menschen auf der Basis der Moral, die sich vor allem in der Anerkennung der fundamentalen Menschenrechte ausdrückt. Wir sind überzeugt, dass der wirkliche, und nicht nur der abstrakt gedachte, also leibhaftige Mensch niemals als Zweck und Instrument für etwas anderes existiert. Das ist die Grundlage unseres Menschenbildes und das Kriterium für alle Ethik. Das Gegenteil ist der Ausgangspunkt aller Inhumanität. Stalin meinte, dass die Gefangenen des GULAG nur soweit noch ein Recht auf Leben haben, als sie z.B. für den Bau des Weißmeerkanals von Nutzen sind. Himmler, der Chef der berüchtigten SS, sagte, ihn interessiere „das Leben von tausend russischen Weibern nur solange, bis sie den Bau eines Panzergrabens für die Wehrmacht fertig gestellt haben.“ Und das sind nur zwei besonders drastische Beispiele der abgrundtiefen Menschenverachtung in den Polit-Ideologien unserer Zeit. Wenn man der Meinung ist, es gäbe zu viele Menschen auf unserem Planeten, die die Ressourcen verbrauchen, kann man deswegen nicht die Tötung von Menschen im Mutterleib propagieren und praktizieren, ohne sich als Menschenverächter zu entlarven. Dies sagt auch Papst Franziskus ganz drastisch, auf den sich die Vertreter einer Reproduktionsgesundheit (sprich: Abtreibung) ansonsten sehr gern berufen.

Wenn sowohl der ungeborene, als auch der geborene Mensch als Ebenbild Gottes angesehen werden und dass deshalb kein Unterschied in der rechtlichen Einstufung als Mensch gemacht wird, verfügt deshalb der ungeborene Mensch wie der geborene über das Grund- und Menschenrecht auf Leben?

Es gibt viele Menschen, die die Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschen nicht teilen, weil sie überhaupt nicht an Gott als unseren Schöpfer und Richter glauben. Eine dominante ideologische Richtung denkt sozialdarwinistisch. Das heißt: Wer sich im Lebenskampf durchsetzt, hat Recht und definiert es. Andere halten es sogar für eine Form von höherer Humanität, wenn nur – ihrem Urteil nach – „lebenswertes“ Leben geboren, also krankes Leben beseitigt wird, um zukünftiges Leiden zu vermeiden. Oder im Falle von Mehrlings-Schwangerschaften soll nur das Kind überleben, das den Eltern nach den eigenen Bedürfnissen und Vorlieben passt. In China hat man jahrzehntelang eine brutale, menschenverachtende Ein-Kind-Politik betrieben und Frauen zur Tötung ihres eigenen Kindes gezwungen. Wer nach den in der geistig-sittlichen Natur gelegenen Grundrechten denkt oder die letzten Kriterien für das Menschenbild dem geoffenbarten Wort Gottes entnimmt, kann niemals einen gerechten Grund finden, einen unschuldigen Menschen zu töten.

Wenn der Mensch sowohl im ungeborenen als auch im geborenen Zustand über das Menschenrecht auf Leben verfügt, können Sie sich vorstellen, dass gleichwohl in der rechtlichen Beurteilung bezüglich des Rechtsschutzes ein Unterschied gemacht wird?

Nicht nur an die Christ-Gläubigen, sondern an alle Menschen richtet das II. Vatikanische Konzil die Mahnung, die eine Magna Charta des Lebens auf der Grundlage der unveräußerlichen Menschenrechte ist: „Was ferner zum Leben selbst in Gegensatz steht, wie jede Art Mord, Völkermord, Abtreibung, Euthanasie und auch der freiwillige Selbstmord; was immer die Unantastbarkeit der menschlichen Person verletzt, wie Verstümmelung, körperliche oder seelische Folter und der Versuch, psychischen Zwang auszuüben; was immer die menschliche Würde angreift, wie unmenschliche Lebensbedingungen, willkürliche Verhaftung, Verschleppung, Sklaverei, Prostitution, Mädchenhandel und Handel mit Jugendlichen, sodann auch unwürdige Arbeitsbedingungen, bei denen der Arbeiter als bloßes Erwerbsmittel und nicht als freie und verantwortliche Person behandelt wird: all diese und andere ähnliche Taten sind an sich schon eine Schande; sie sind eine Zersetzung der menschlichen Kultur, entwürdigen weit mehr jene, die das Unrecht tun, als jene, die es erleiden. Zugleich sind sie in höchstem Maße ein Widerspruch gegen die Ehre des Schöpfers.“ (Gaudium et spes, 27).

Es besteht rechtlich gesehen, die nicht rechtswidrige Möglichkeit, einen Menschen in Notwehr zu töten. Kann die rechtliche Konsequenz dieser Rechtsfigur auch auf die Abtreibung übertragen werden, dass also die Tötung ungeborenen Lebens unter bestimmten Voraussetzungen für nicht rechtswidrig erklärt wird? Ich denke hierbei an die rechtliche Regelung, wonach bei Vorliegen bestimmter Indikationen die Rechtswidrigkeit ausgeschlossen ist.

Es gibt kein Recht (!), einen Menschen zu töten, weil dies dem 5. Gebot widerspricht. Bei der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung muss der Angreifer in Kauf nehmen, durch die gerechten Abwehrmaßnahmen gegen seine Übergriffe auf das Leben anderer selber zu Schaden zu kommen. Wenn der Angreifer außer Gefecht gesetzt ist, gibt es ohnehin kein Recht, ihn dann noch zu töten. Gefangene zu töten ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (wie 1946 das Nürnberger Kriegsverbrechertribunal wegweisend feststellte). Auch aus der umstrittenen Todesstrafe für Schwerverbrecher, die hier nicht diskutiert werden soll, kann auf keinen Fall die Tötung eines unschuldigen Kindes im Mutterleib als Recht abgeleitet werden. Ich wundere mich über den eklatanten Widerspruch der politischen Eliten, die die Todesstrafe für Verbrecher ablehnen und zugleich die Tötung von unschuldigen Kindern mit dem Selbstbestimmungsrecht seiner eigenen Eltern oder dem Nutzen der Gesellschaft rechtfertigen.

Es wird inzwischen gefordert, das ungeborene Kind bis eine logische Sekunde vor der Geburt straflos und sogar rechtmäßig töten zu dürfen. Kann dies als Ausfluss des Selbstbestimmungsrechts der Frau angesehen werden?

Das ist der Gipfel der Inhumanität, dass der lebende, leibhaftig existierende Mensch zu einer frei verfügbaren Sache gemacht wird. Bei den Sexualdelikten gegen Kinder und Jugendliche haben wir zu Recht (und leider viel zu spät) den Perspektivenwechsel vom Täter zum Opfer vollzogen. Das Lebensrecht des Kindes steht haushoch über dem Selbstbestimmungsrecht der Eltern. Wir müssen vom Leben des Kindes und nicht von den Bedürfnissen und Interessen derer herdenken, denen es im Wege steht und die ihm gewaltsam das Leben nehmen. Beim Selbstbestimmungsrecht geht es um die Freiheit von Fremdbestimmung, die ich aber auch einem anderen gewähren muss. Die Kinder sind den Eltern nur zur Erziehung anvertraut. Die Eltern hingegen sind nicht Herr über Leben und Tod ihrer eigenen Kinder. Man könnte sagen, die ungeborenen Kinder können nicht das Unrecht in die Welt hineinschreien, das ihnen durch den Mord an ihrem Leben angetan wird. Sie sind auch nicht in der Lage, später ihre Peiniger zur Rechenschaft zu ziehen. Aber das ist die Aufgabe der Christgläubigen und aller Menschen guten Willens, für die Schwachen einzutreten, auch wenn man dafür verleumdet wird. „Tu deinen Mund auf für die Stummen, für das Recht aller Schwachen.“ (Buch der Sprichwörter, 31, 8).

Können Sie sich vorstellen, dass die Abtreibung als eine Form der Empfängnisverhütung angesehen werden kann?

Empfängnisverhütung bedeutet, dass kein Mensch gezeugt und damit zur Existenz gebracht wird, während Abtreibung die Tötung eines gezeugten und damit existierenden Menschen ist. Die Methoden der Empfängnisverhütung sind ein anders Thema, müssen sich aber auch ethischen Kriterien stellen.

Die Straflosstellung der Abtreibung kann nur dann erfolgen, wenn die Frau sich zuvor über die Konsequenzen der Abtreibung hat beraten lassen. Halten Sie es für gerechtfertigt, dass sich die Kirche aus der Beratungspraxis zurückgezogen hat, mit der Folge, dass die Beratung jetzt im Wesentlichen nur noch als Formsache angesehen wird, um die gesetzlichen Voraussetzungen für die Straflosstellung der Tötung zu erfüllen?

Das Rechtssystem von Pflicht-Beratung und Freistellung der Abtreibung von rechtlichen Sanktionen gibt es in Deutschland und Österreich sowie in der Schweiz für junge Frauen bis zum Alter von 16 Jahren. Die Kirche ist katholisch-universal. Sie vertritt überall auf der ganzen Welt das unbedingte Lebensrecht der ungeborenen, der geborenen, der gesunden und kranken, der jungen und alten Menschen. Sie kann ihren Einsatz für die grundlegenden Menschrechte nicht abhängig machen von Gunst und Rechtsauffassungen der jeweils in den Staaten Herrschenden. Sie muss prophetisch, mutig und frei, aber auch kritisch-konstruktiv auf die Gewissensbildung und Rechtsauffassung einwirken.

Nach geltendem Recht wird die Abtreibung als rechtswidrige und schuldhafte Straftat, gleichwohl aber als straflos angesehen. Halten Sie es deshalb für gerechtfertigt, die Werbung für eine Straftat zuzulassen?

Es ist unlogisch, die Abtreibung moralisch zu verurteilen und als schweres Unrecht abzulehnen und zugleich die Propaganda für die „Tötung des Kindes“ (II. Vatikanum, Gaudium et spes, 51) zu legalisieren.

Da die Abtreibung in den ersten drei Monaten zwar als rechtswidrig erklärt wird, aber gleichwohl als straflos, ist das Recht auf Leben aufgeweicht worden. Können Sie sich vorstellen, dass durch diese Straflosstellung der Abtreibung die rechtliche Figur geschaffen wurde, um das Recht auf Leben geborener Menschen einschränken zu können?

Diese Rechtskonstruktion ist unlogisch, aber aus dem politischen Tauziehen zu erklären. Man wollte die Mütter nicht mit dem Strafrecht zur Fortsetzung der Schwangerschaft zwingen. Doch hat man die Begründung des Strafrechts durch die Moral dadurch nolens volens mit verheerenden Folgen für das öffentliche Moralbewusstsein preisgegeben. Auch ist die Grenze von drei Monaten willkürlich. Entweder ist der Mensch mit dem Beginn seiner leiblichen Existenz vom Augenblick der Empfängnis an eine Person und (nach Immanuel Kant) somit Zweck an sich oder er ist und bleibt sein Leben lang eine Sache (= Menschenmaterial), über die andere nach willkürlichen Kriterien verfügen können. Wenn man Menschen im Mutterleib oder Strafgefangene oder politisch missliebige Personen zur Organbank herabwürdigt, dann steht grundsätzlich das Leben jedes Menschen zur Disposition der politisch und finanziell Mächtigen.

DER MENSCH VON DER EMPFÄNGNIS AN

https://twitter.com/redusa21/status/1314041542659596290?s=20

Amniotic Sac“ – Die „Fruchtblase

Gläubige aller Religionen beten gemeinsam für ein Ende der Pandemie

Das Gebet des Papstes in Santa Marta aus Anlass des vom ›Hohen Komitee für die Brüderlichkeit aller Menschen‹ ausgerufenen Tags des Gebets

14 Mai 2020

Zu Beginn der Frühmesse in der Kapelle des Gästehauses Santa Marta am Donnerstag, 14. Mai,  verwies Papst Franziskus darauf, dass dieser Tag dem Gebet und dem Fasten gewidmet ist, um ein Ende der Pandemie zu erbitten: »Das ›Hohe Komitee für die Brüderlichkeit aller Menschen‹ hat heute einen Tag des Gebets und des Fastens ausgerufen, um Gott um Barmherzigkeit und Gnade zu bitten in diesem tragischen Augenblick der Pandemie. Wir sind alle Brüder und Schwestern. Der heilige Franz von Assisi sagte: ›Alle Brüder und Schwestern‹. Und daher sind wir, Männer und Frauen aller Religionszugehörigkeiten, heute im Gebet und in der Buße vereint, um die Gnade der Heilung von dieser Pandemie zu erbitten.«

In seiner Predigt sprach der Papst mit Bezug auf die Erste Lesung aus dem Buch des Propheten Jona (3,1-10) über die Bedeutung von Gebet und Buße zur Abwendung der Coronavirus-Pandemie sowie aller anderen Pandemien, wie Kriegen, Hunger und Bildungsnotstand, unter denen die Menschheit leidet. Die Gläubigen aller religiösen Traditionen seien zum gemeinsamen Gebet aufgerufen, jeder gemäß seiner eigenen Kultur, denn alle Menschen seien Brüder und Schwestern. Er sagte:

In der Ersten Lesung haben wir die Geschichte von Jona gehört, im Stil der damaligen Zeit. Da in der Stadt Ninive irgendeine Pandemie herrschte – wir wissen es nicht genau, vielleicht eine »moralische Pandemie« – sollte die Stadt eigentlich zerstört werden (vgl. V. 4). Und Gott sendet Jona, um zu verkündigen: Gebet und Buße, Gebet und Fasten (vgl. V. 7-8). Angesichts jener Pandemie erschrak Jona zunächst und floh (vgl. Jona 1,3). Dann rief ihn der Herr zum zweiten Mal, und er willigte ein hinzugehen, um dies zu verkündigen (vgl. Jona 3,1-3). Und heute beten wir alle, Brüder und Schwestern jeder religiösen Tradition: ein Tag des Gebets und des Fastens, der Buße, der vom »Hohen Komitee für die Brüderlichkeit aller Menschen« ausgerufen wurde. Jeder von uns betet, die Gemeinden beten, die Religionsgemeinschaften beten, sie beten zu Gott: alle als Brüder und Schwestern, vereint in der Brüderlichkeit, die uns in diesem Augenblick des Schmerzes und der Tragödie vereint.

Wir hatten diese Pandemie nicht erwartet. Sie ist gekommen, ohne dass wir sie erwartet hätten, aber jetzt ist sie da. Und viele Menschen sterben. Viele Menschen sterben allein, und viele Menschen sterben, ohne dass man etwas tun kann. Oft kann der Gedanke kommen: »Mich trifft es nicht, gottlob bin ich verschont geblieben.« Aber denk an die anderen! Denk an die Tragödie und auch an die wirtschaftlichen Folgen, die Folgen für die Bildung, die Folgen… an das, was danach kommen wird. Und darum beten wir heute alle, als Brüder und Schwestern jeder Religionszugehörigkeit zu Gott. Vielleicht wird es einige geben, die sagen: »Das ist doch religiöser Relativismus, und das kann man nicht tun.« Wieso kann man das nicht tun, zum Vater aller Menschen beten? Jeder betet so, wie er es vermag, wie er es von der eigenen Kultur empfangen hat. Wir beten nicht gegeneinander, diese religiöse Tradition gegen jene, nein! Wir sind alle vereint als Menschen, als Brüder und Schwestern. Wir beten zu Gott wie es der eigenen Kultur, der eigenen Tradition, dem eigenen Glauben entspricht, aber als Brüder und Schwestern, die zu Gott beten. Das ist wichtig! Als Brüder und Schwestern, die fasten und Gott um Vergebung für unsere Sünden bitten, damit der Herr Erbarmen mit uns habe, damit der Herr uns vergeben möge, damit der Herr diese Pandemie beenden möge. Heute ist ein Tag der Brüderlichkeit, an dem wir auf den einen Vater schauen: Brüder und Schwestern und Vaterschaft. Tag des Gebets.

Im vergangenen Jahr, ja noch im November vergangenen Jahres, wussten wir nicht, was eine Pandemie ist: Sie ist gekommen wie eine Sintflut, sie ist urplötzlich gekommen. Jetzt wachen wir etwas auf. Es gibt jedoch noch viele andere Pandemien, an denen Menschen sterben, und wir merken es nicht, wenden unseren Blick ab. Wir sind etwas verantwortungslos angesichts der Tragödien, die in diesem Augenblick in der Welt geschehen. Ich möchte euch nur auf eine offizielle Statistik der ersten vier Monate dieses Jahres hinweisen, in der es nicht um die Coronavirus-Pandemie, sondern um eine andere Pandemie geht. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sind 3.700.000 Menschen an Hunger gestorben. Es gibt die Pandemie des Hungers. In vier Monaten fast vier Millionen Menschen. Das heutige Gebet, in dem wir den Herrn bitten, dieser Pandemie Einhalt zu gebieten, muss uns an die anderen Pandemien in der Welt denken lassen. Es gibt viele davon! Die Pandemie der Kriege, des Hungers und viele andere. Aber wichtig ist, dass wir heute – gemeinsam und dank des Muts, den das »Hohe Komitee für die Brüderlichkeit aller Menschen« gehabt hat – gemeinsam eingeladen sind zu beten, jeder der eigenen Tradition entsprechend, und einen Tag der Buße, des Fastens und auch der Nächstenliebe zu halten, als Hilfe für die anderen. Das ist wichtig. Im Buch Jona haben wir gehört, dass der Herr, als er sah, wie das Volk reagiert hat – dass es umgekehrt war –, dass der Herr da innehielt, dass er abließ von dem, was er tun wollte.

Möge Gott dieser Tragödie Einhalt gebieten, möge er dieser Tragödie Einhalt gebieten. Möge Gott uns gnädig sein und auch den anderen schlimmen Pandemien Einhalt gebieten: der Pandemie des Hungers, des Krieges, der Kinder ohne Bildung. Und darum bitten wir als Brüder und Schwestern, alle gemeinsam. Gott segne uns alle und sei uns gnädig.

Der Papst lud alle, die die sakramentale Kommunion nicht empfangen können, mit einem vom heiligen Alfons von Liguori formulierten Gebet zur geistlichen Kommunion ein. Es folgte eine Zeit der Anbetung und der eucharistische Segen. Anschließend dankte Papst Franziskus einem für die Übertragung der Messe über Videostream zuständigen Tontechniker an seinem letzten Arbeitstag für seinen Dienst. Er sagte wörtlich: »Ich möchte heute Herrn Tommaso danken, dem Tontechniker, der heute hier für die Übertragung tätig ist. Er hat uns bei diesen Übertragungen begleitet, er arbeitet im Dikasterium für Kommunikation und geht in Pension; heute ist sein letzter Arbeitstag. Der Herr segne ihn und begleite ihn in seinem neuen Lebensabschnitt.« Zum Abschluss wurde in der Kapelle des Gästehauses Santa Marta die österliche marianische Antiphon Regina Caeli angestimmt.

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Quelle: Osservatore Romano 14. Mai 2020

VOM LEBENSDIENST DER FRAU — 2. MARIA, UNSER LEBEN

Maria, unser Leben

Im „salve regina“ grüßen wir Maria als „unser Leben“. Vita, dulcedo et spes nostra, salve! Besteht dieser Titel zurecht? Ist er vielleicht einer augenblicklichen Überschwänglichkeit, einer spontanen Begeisterung des Dichters entsprungen? Ist er vereinbar mit dem Wort des Herrn, indem er selbst sich als das Leben bezeichnet? Ist der Anruf theologisch haltbar?

Die Anrufung Mariens als „vita“ ist zunächst begründet im Dogma von der Unbefleckten Empfängnis. Der Tod hat ja seinen Ursprung in der Sünde. Nur durch die Sünde ist der Tod in die Welt gekommen (vgl. Röm. 5, 12). Der Tod ist die ausdrückliche Strafe, die Gott auf die Übertretung des Paradiesgebotes gesetzt hatte, aber diese Strafe ist eine dem Wesen der Sünde entsprechende immanente Folge. Jede Sünde geht ans Leben. Die läßlich Sünde ist Schwächung, Minderung des Leben, die schwere Sünde Tötung des Lebens. Wenn Paulus sagt „Wie demnach durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, und so der Tod auf alle Menschen übergegangen ist, weil alle gesündigt haben“ (Röm. 5,12), dann darf der Tod nicht auf das leibliche Leben beschränkt werden. Der Verlust des Gnadenlebens fällt zusammen mit der ersten Sünde, sie koinzidieren. Die schwere Sünde selbst ist der Tod. Sie zieht als konsequente Folgerung auch den Tod des leiblichen Lebens nach sich. Der Mensch in der schweren Sünde trägt keimhaft den Tod in sich. Er gebiert im Lauf seines Lebens den Tod, der seine Früchte zeitig in einem Heer von Krankheiten, in einem Meere von Not und Leiden und Tränen, in den tausendfachen Formen des leiblichen Sterbens und schließlich im ewigen Tod, in der ewigen Verdammnis. Das ist der Tod in seiner letzten Vollendung, in seiner definitiven Gestalt, die Statik des Todes. „Das ist der zweite Tod“ (Apok. 20, 15).

Weil Maria als die Unbefleckt Empfangene vor aller Sünde bewahrt wurde, stand sie nicht unter dem Gesetz des Todes. Die Kirche hat die Frage offengelassen, ob Maria den leiblichen Tod auf sich genommen hat oder nicht. In der Enzyklika „Munificentissimus Deus“ heißt es: „Maria ist, nachdem sie ihren irdischen Lebenslauf vollendet hatte, mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen worden“. Aber es ist doch die Meinung nahezu aller Theologen, dass Maria gestorben ist. Wenn wir den Gedanken der Miterlöserschaft Mariens zu Ende denken, hat Maria freiwillig aus Liebe zu Christus und seinem Werk den Tod erlitten. Aber dieser Tod wäre durchaus kein Widerspruch gegen den Anruf „Leben“.

Diese Anrufung stützt sich weiter auf das denkbar innige Christusverhältnis Mariens. Weil kein Mensch in einer solchen Christusverbundenheit, in einer solch intimen und intimsten Christusnähe gelebt hat wie sie, muss sie auch der vitalste Mensch, die vitalste Frau sein, die es jemals gegeben hat und geben wird. Wenn schon ein hl. Paulus von sich sagen konnte: „Nicht mehr ich lebe, Christus lebt in mir“ (Gal. 2, 20), wie sehr mag dann dieses Wort auf Maria zutreffen! Hier ist nicht zuerst an die leibliche Nähe Mariens zu Christus gedacht. Auch diese war einzigartig. Jedes Menschenkind ist immer nur zur Hälfte Kind seiner Mutter, es ist ebensosehr Kind seines Vaters. Weil aber das männliche Zeugungsprinzip bei der Empfängnis Mariens ausgeschaltet ist, ist Christus dem Fleische nach ganz und gar Kind Mariens. Niemals hat es ein Kind gegeben, das so „auf seine Mutter gekommen ist“ wie Christus auf Maria. Diese Ähnlichkeit zwischen Mutter und Kind sucht vergeblich eine Parallele.

Viel wesentlicher aber als diese leibliche Nähe ist die geistige. Maria ist ihrem göttlichen Sohn nahe in Glaube, Hoffnung und Liebe. Die Väter betonen immer wieder, dass Maria Mutter Christi ist „prius mente quam ventre“. Sie hatte ihn zunächst im Schoß ihres Geistes und Herzens und dann im Schoß ihres Leibes empfangen. Nach einem Wort des heiligen Augustinus lebt der Menschen nicht dort, wo er lebt, sondern dort wo er liebt. Maria, die gratia plena, ist auch die caritate plena. Sie liebt Christus mit der ungebrochenen natürlichen und übernatürlichen Liebeskraft eines fraulichen Herzens. Immerzu weilen ihre Gedanken bei ihrem göttlichen Sohn. Sie teilt seine Freuden und Leiden, seine Anliegen und Sorgen, soweit überhaupt ein Mensch Gott zu folgen vermag. Was die Liebeslieder aller Zeiten gesungen haben über die Hingabe des Geliebten an den Geliebten, über ihre Sehnsucht nach ihm, ist im Verhältnis Mariens zu Christus unerhört kühne Wirklichkeit geworden. Maria geht ganz auf in Jesus Christus. Im restlosen und rastlosen Dienst an ihn findet sie die Erfüllung ihres Lebens.

Jede Liebe eint, jede Liebe bindet. Vom Maß der Liebe Mariens können wir den Grad der „Einheit“ bestimmen, die zwischen Maria und Christus bestanden haben muss. Es ist eine Einheit, die bis an die äußerste Grenze des Möglichen geht, wie sie überhaupt zwischen Gott und dem Geschöpf denkbar ist. Die Liebe Mariens duldet keinerlei Trennung von Jesus Christus. Paulus stellt die Frage: „Wer vermag uns zu scheiden von der Liebe Christi?“ „Etwa Trübsal oder Bedrängnis, oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?“ Er führt fast erschöpfend alle Belastungsproben für seine Christusliebe an. Aber Paulus kann sich schlechterdings nichts denken, das seine Christusliebe beeinträchtigen könnte. So darf er voller Vertrauen sagen: „Aber in alledem bleiben wir siegreich durch den, der uns geliebt hat. Ich bin überzeugt: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Herrschaften, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Mächte, weder Hohes noch Niederes, noch sonst etwas Erschaffenes vermag uns von der Liebe Gottes zu scheiden, die da ist in Christus Jesus unserem Herrn“ (Röm. 8, 35f.).

Dieses Wort gilt a fortiori von Maria. Wir können uns gar nicht vorstellen, dass Maria sich von der Seite Christi getrennt hat. Das ließ ihre Liebe nicht zu. Sie ist mit ihm gezogen während der drei Jahre seiner öffentlichen Tätigkeit durch ganz Palästina und hat alle Entbehrungen und Strapazen eines solchen unruhigen Lebens geteilt; sie ist ihm auch bis unter das Kreuz gefolgt, wo ihr Schoß die erste Ruhestätte ihres toten Sohnes wurde.

Die Unbefleckte Empfängnis Mariens und ihre einmalige Christusgemeinschaft lassen auf eine Fülle des Lebens schließen, die wir nur dunkel ahnen können, so dass die Anrufung „vita“ berechtigt zu sein scheint. Aber die Anrufung besagt mehr. Sie preist Maria nicht als das Leben schlechthin. Das ist Jesus Christus. Sie preist Maria als unser Leben. Es geht in diesem Anruf um die Beziehung Mariens zu uns. Er stellt ihr Leben in seiner Bedeutung für unser Leben heraus. Es geht hier um die heil- und lebenvermittelnde Rolle Mariens. Die heil- und lebenspendende kommt ihr nicht zu.

Das vitale Verhältnis Mariens zu uns geben wir wieder mit dem uns so lieb und vertraut gewordenen Wort „Mutter“. Kaum ein Marienlied ist so verbreitet und so beliebt beim katholischen Volk wie das Lied: Maria zu lieben. Dieses Lied besingt die kindliche Liebe, die der Katholik zu Maria, seiner himmlischen Mutter, hegt. Dieser Gedanke ist deutlich ausgesprochen in der zweiten Strophe: „Du bist ja die Mutter, dein Kind will ich sein.“

Maria ist unser Leben, unsere Mutter in einem zweifachen Sinne, in einem indirekt ontischen und präzeptorischen Sinne. Die indirekt ontische Grundlage der Mutterschaft Mariens betonen nachdrücklich Väter und Theologen. Vielleicht bezeugt Gottfried von Vendôme diese Mutterschaft am klarsten. „Die wahrhaft gute Maria gebar Christus und in Christus die Christen. Es ist also die Mutter Christi Mutter der Christen.“ Eadmerus argumentiert folgendermaßen: „O Herrin, wenn dein Sohn durch dich unser Bruder geworden ist, bist nicht dann auch du durch ihn unsere Mutter?“ Eine ähnliche Argumentation finden wir beim heiligen Anselm. Wie die Väter, lehren auch die Päpste. In der Enzyklika „Ad Diem Illum“ von Pius X heißt es: „Ist Maria nicht etwa Mutter Christi?“ „Also ist sie auch unsere Mutter. Im Schoße seiner reinsten Mutter hat Jesus Christus Fleisch angenommen. Er hat sich auch einen geistigen Leib gebildet, zusammengefügt aus denen, die an ihn glauben. Man kann also sagen: als Maria den Heiland im Schoß trug, da trug sie alle darin, deren Leben im Leben des Heilandes eingeschlossen war. Wir alle, die wir Christus zugehören und nach den Worten des Apostels ‹Glieder seines Leibes sind, von seinem Fleisch und Bein› (Eph. 5, 20), wir sind aus Maria geboren worden als ein Leib, der mit dem Haupte verbunden ist. Deshalb werden wir im geistlichen und mystischen Sinne Kinder Mariens genannt, und sie ist unser aller Mutter dem Geiste nach, aber wirklich Mutter, da wir Glieder Christi sind.“ Pius XII nennt Maria in Mystici corporis die „Hochheilige Gebärerin aller Glieder Christi“. Er unterstreicht sehr kräftig diese Gedanken in „Haurietis Aquas“.

Zu dieser seinsmäßigen Grundlage kommt der ausdrückliche Wunsch Christi hinzu, der uns seine Mutter als christliches Erbe hinterlässt. Zu den letzten sieben Worten des Herrn am Kreuz gehört auch das Wort an seine Mutter: „Weib, siehe da deinen Sohn.“ Und das entsprechende Wort an Johannes: „Sohn, siehe da deine Mutter.“ Wir müssen uns die Situation vor Augen halten, in der diese Worte gesprochen sind. Es ist das letzte Wort des sterbenden Herrn an seine Mutter, bzw. an seinen Lieblingsjünger Johannes. Es handelt sich also um das Vermächtnis Christi. Mit dem Wort: „Weib, siehe da deinen Sohn“ drängt sich der Herr von Maria als seine Mutter. Es ist bemerkenswert, dass uns die Schrift an keiner Stelle ein Herrenwort überliefert hat, in dem Christus Maria mit dem Mutternamen angesprochen hat. Aber hier am Kreuz geht Christus einen Schritt weiter: er sagt sich von ihr als Sohn los und übergibt ihr einen anderen Sohn, den Johannes. Das Wort bohrt sich wie ein Schwert in das Herz Mariens. Aber auch bei diesem Wort bleibt Maria sich selbst als der Magd des Herrn treu. Keine Faser ihres Herzens begehrt auf. Ihr Wille ist ganz eins mit dem Willen ihres Sohnes. Christus hat sich geopfert, weil er selbst es wollte. Von derselben Freiwilligkeit ist das Opfer Mariens unter dem Kreuz getragen. Diese Freiwilligkeit wurzelt in ihrer Liebe. Nur der Liebende ist wahrhaftig frei. Mariens Opfer will sich nach Möglichkeit dem Opfer ihres Sohnes angleichen und dessen würdig sein. So kann Mystici Corporis sagen: „Sie hat, immer mit ihrem Sohn aufs innigste verbunden, ihn auf Golgotha zusammen mit dem gänzlichen Opfer ihrer Mutterrechte und ihrer Mutterliebe dem ewigen Vater dargebracht als die neue Eva für alle Kinder Adams.“ „Wem Gott eine Tür zumacht, dem öffnet er ein Fenster“ heisst ein Sprichwort. Das bewahrheitet sich auch unter dem Kreuz. Der Sohn stellt seine Mutter eine ganz neue Aufgabe. Sie hat ja ihre Aufgabe an ihm selbst erfüllt. Er wird in wenigen Minuten sprechen „consummatum est“, „es ist vollbracht“. Damit hat aber auch seine Mutter an ihm ihre Aufgabe vollbracht.

Der Auferstandene und zur Rechten des Vaters thronende Herr bedarf keiner Mutter mehr. Sie erübrigt sich. Aber die Kirche, sein Leib, braucht eine Mutter. Alle Mutterliebe und Muttersorge, die Maria ihrem Sohn während seines Erdenlebens geschenkt hat, soll sie jetzt seinem Leib, der Kirche, zuwenden. Dasselbe mütterliche Verhältnis, das sie zu Jesus Christus hatte, hat sie jetzt zu seiner Kirche. In diesem Sinne sagt Mystische Corporis: „So war sie, schon zuvor Mutter unseres Hauptes dem Leibe nach, nun auch auf Grund eines neuen Titels des Leids und der Ehre im Geist Mutter aller seiner Glieder.“

Es gibt kein Vermächtnis, das heiliger, liebevoller gehütet und vollzogen würde als das Vermächtnis des Herrn an seine Mutter. Die Kirche als solche und jedes einzelne Glied an ihr erfahren täglich aufs neue die mütterliche Liebe und Sorge Mariens. Insofern Maria unsere Mutter ist, ist sie auch unser Leben.

Die Sorge einer Mutter ist immer das Leben ihrer Kinder! Zu welch heroischen Opfern ist nicht eine Mutter fähig, sobald das Leben ihres Kindes in Gefahr ist! Da schreckt die rechte Mutter vor nichts zurück. Sie ist bereit, ihr Leben einzusetzen, um das ihres Kindes zu retten. Das Kind selbst weiß um diese mütterliche Opferbereitschaft. Wenn es in Gefahr ist, ruft es unwillkürlich: Mutter. „Alle Not ruft Mutter.“ Wie viele Soldaten haben im Krieg sterbend nach der Mutter gerufen. Der Mensch weiß um den Ursprung seines Lebens. Er hat den instinktiven Glauben, dass der Mensch, der ihm das Leben schenkte, auch die Macht und Kraft hat, es in der Gefahr zu schützen und zu erhalten. Das Symbol für den Schutz, den die Mutter ihrem Kind gewährt, ist Mutters Schürze. Das ängstliche, verfolgte Kind flüchtet sich unter die Schürze seiner Mutter und sucht dort Geborgenheit. Dort fühlt es sich in absoluter Sicherheit.

Was für das kleine Kind die Schürze der Mutter bedeutet, ist für uns der Schutzmantel Mariens. Wenn irgendjemand über unser Christusleben mit liebenden Augen wacht, dann Maria. Und wie oft ist dieses Leben bedroht! Satan, der nicht schläft, liegt immer auf der Lauer, uns dieses Leben zu rauben. Eine echte Marienverehrung ist der sicherste Schutz für alle Bedrohung dieses Lebens. Die wunderbaren Bekehrungen an ihren Gnadenorten sind eine fortwährende Bestätigung für die Anrufung „Du, unser Leben, sei gegrüßt“.

Das Wort: „Weib, siehe da deinen Sohn“ wird ergänzt durch das andere an Johannes gerichtete: „Sohn, siehe da deine Mutter.“ Der Herr kennt die Psyche der Frau. Er kennt die Not der Einsamkeit. Er hört die Klage der Frau: „Ich habe keinen Menschen. Niemand versteht mich. Ich bin so allein.“ Die Frau braucht mehr als eine wirtschaftliche Existenz, mehr als ein „Einkommen“ und „Auskommen“. Nach dem Tod des Herrn fehlt Maria alles: wirtschaftliche Sicherung und menschliche Geborgenheit. Sie ist „alleinstehend“. Der Herr sorgt sterbend für beides, indem er sie seinem Lieblingsjünger Johannes zur Obhut übergibt. Den jungfräulichen Jünger wird die Jungfrau anvertraut. Das Vermächtnis Christi wird auf der Stelle angetreten. „Von dieser Stunde an nahm sie der Jünger in sein Haus auf. Maria ist jetzt bei Johannes „zuhause“. Sie hat ein neues Heim gefunden.

Wie der Herr uns seiner Mutter anvertraut, so vertraut er auch umgekehrt seine Mutter uns an. Sie soll bei uns zuhause sein und Hausrechte haben. Nicht nur ihr Bild soll in unseren Häusern einen Ehrenplatz einnehmen, vor allem soll ihr Geist, der Geist des Christusglaubens und der Christusliebe, der Geist des Apostolates, der Geist der Heiligkeit, von uns, ihren Kindern, angenommen und gelebt werden. Dann ist sie durch uns und in uns zu Hause.

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Quelle: Josef Dreissen: „Christus Leitbild jeder Frau“, 312 Seiten, 1962

(Artikelbild dazu von mir [POS] ausgewählt)

Papst Franziskus an Religionstreffen: „Frieden kennt keine Grenzen“

Teilnehmerinnen am Madrider Friedenstreffen (ANSA)

„Zeugnis geben für die Kraft des ‚Geistes von Assisi‘, der Gebet zu Gott und Förderung des Friedens unter den Völkern bedeutet“: So beschreibt Papst Franziskus das Anliegen des Friedenstreffens der Religionen und Kulturen, das in die 33. Runde geht. Das von der SantʼEgidio-Gemeinschaft organisierte Treffen, das noch bis Dienstag in der spanischen Hauptstadt Madrid tagt, will Krieg, Gewalt und Rassismus eine klare Absage erteilen.

Silvia Kritzenberger – Vatikanstadt

Seit nunmehr 33 Jahren greift SantʼEgidio den „Geist von Assisi“ auf und verbreitet mit dem Friedenstreffen der Religionen die Botschaft des ersten großen Friedensgebets, das Johannes Paul II. im Oktober 1986 einberufen hatte. Die diesjährige Auflage, die vom 15. bis 17. September in Madrid stattfindet, steht unter dem Motto „Frieden ohne Grenzen“. Aus ganz Europa werden Tausende von Teilnehmern erwartet, die Krieg und das wachsende Klima von Gewalt und Rassismus nicht länger hinnehmen wollen.

Pilgerweg des Friedens

„Es ist eine Quelle der Freude zu sehen, dass dieser Pilgerweg des Friedens nie unterbrochen wurde, ja sogar weiterwächst“, beginnt die Botschaft, die Papst Franziskus zum Auftakt des Treffens an Kardinal Carlos Osoro Sierra, Erzbischof von Madrid, und die Teilnehmer geschickt hat.

Die Kraft des Gebets

Mit Verweis auf den Fall der Berliner Mauer vor 30 Jahren erinnert Franziskus an den Moment, als die „schmerzliche Spaltung des europäischen Kontinents, die so viel Leid verursacht hatte, beendet wurde“. An diesem Tag seien der Welt „neuer Frieden und Hoffnung“ gebracht worden. „Wir sind überzeugt davon, dass die Friedensgebete so vieler Söhne und Töchter Gottes zu diesem Fall beigetragen haben“, betont Franziskus.

Schon die biblische Geschichte von Jericho zeige, dass Mauern fallen, wenn man sie „mit Gebet und nicht mit Waffen belagert, mit Sehnsucht nach Frieden und nicht Eroberung, wenn die Menschen von einer guten Zukunft für alle träumen“. Dazu sei es notwendig, unaufhörlich in der Perspektive des Friedens zu beten und den Dialog voranzutreiben, so der Rat des Papstes: „Der Herr erhört das Gebet seines gläubigen Volkes.“

Das Geschenk Gottes nicht vergeuden

In den ersten zwei Jahrzehnten unseres Jahrhunderts hätten wir gesehen, wie Gottes Geschenk, das der Frieden ist, mit Kriegen und dem Bau neuer Mauern und Barrieren „vergeudet“ worden sei, beklagt Papst Franziskus in seiner Botschaft. Es sei töricht, „Räume zu schließen und Völker zu trennen, die einen gegen die anderen auszuspielen“. Vielmehr benötige unsere Welt – unser gemeinsames Haus – Liebe, Fürsorge, Respekt, die Menschheit Frieden und Brüderlichkeit. Statt Mauern, die trennen, brauche das gemeinsame Haus offene Türen, die helfen zu kommunizieren, einander zu treffen und zusammenzuarbeiten. Nur so könnten wir friedlich zusammenleben, die Vielfalt respektieren und unsere gemeinsame Verantwortung übernehmen. „Der Friede kennt keine Grenzen“, brachte es Franziskus auf den Punkt.

Die gemeinsame Sehnsucht nach Frieden

Als Gläubige seien wir uns bewusst, dass das Gebet die Wurzel des Friedens ist, hob Papst Franziskus in seiner Botschaft an die Vertreter der christlichen Kirchen und Gemeinschaften sowie der großen Weltreligionen hervor. Das Gebet, das zu Gott emporsteige, verbinde uns, lasse uns einander nah fühlen, ohne Verwirrung zu stiften. Schließlich würde uns in der Vielfalt unserer Erfahrungen und religiösen Traditionen doch die gemeinsame Sehnsucht nach Frieden verbinden.

Die Geschwisterlichkeit unter den Menschen fördern

Papst Franziskus erinnert in seiner Botschaft auch daran, dass er erst im Februar dieses Jahres in Abu Dhabi mit dem Großscheich von al-Azhar das „Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“ unterzeichnet hat. Ein Dokument, das die gemeinsame Verpflichtung enthalte, „das Vergießen von unschuldigem Blut zu stoppen und Kriegen, Konflikten, Umweltzerstörung und dem kulturellen und moralischen Niedergang, den die Welt derzeit erlebt, ein Ende zu setzen.“ Den Teilnehmern vertraute er die Aufgabe an, sich die Ziele dieses Dokuments zu eigen zu machen. Schließlich habe der Geist von Assisi, 800 Jahre nach dem Treffen des hl. Franz mit dem Sultan, auch die Arbeit inspiriert, die zum Dokument von Abu Dhabi geführt hat, betonte Franziskus.

(vatican news)

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DOKUMENT ÜBER DIE BRÜDERLICHKEIT ALLER MENSCHEN

APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS
IN DIE VEREINIGTEN ARABISCHEN EMIRATE 

(3.-5. FEBRUAR 2019)

DOKUMENT ÜBER

DIE BRÜDERLICHKEIT ALLER MENSCHEN

FÜR EIN FRIEDLICHES ZUSAMMENLEBEN IN DER WELT

[Multimedia]


 

VORWORT

 

Der Glaube lässt den Gläubigen im anderen einen Bruder sehen, den man unterstützt und liebt. Aus dem Glauben an Gott, der das Universum, die Geschöpfe und alle Menschen – aufgrund seines Erbarmens – mit gleicher Würde erschaffen hat, ist der Gläubige gerufen, diese menschliche Brüderlichkeit zum Ausdruck zu bringen, indem er die Schöpfung und das ganze Universum bewahrt und jeden Menschen unterstützt, besonders die am meisten Bedürftigen und die Ärmsten.

Ausgehend von diesem transzendenten Wert haben wir uns in verschiedenen Begegnungen, die von einer Atmosphäre der Brüderlichkeit und Freundschaft geprägt waren, über die Freuden, Leiden und Probleme der heutigen Welt im Hinblick auf den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt, die Errungenschaften in der Medizin, das digitale Zeitalter, die Massenmedien und Kommunikationsmittel ausgetauscht; über die Armut, die kriegerischen Auseinandersetzungen und das Leiden so vieler Brüder und Schwestern in verschiedenen Teilen der Welt, die hervorgerufen werden durch Wettrüsten, soziale Ungerechtigkeit, Korruption, Ungleichheit, moralischen Verfall, Terrorismus, Diskriminierung, Extremismus und viele weitere Ursachen.

Aus diesem brüderlichen und aufrichtigen Austausch, den wir hatten, und aus der Begegnung voller Hoffnung auf eine strahlende Zukunft für alle Menschen, entstand die Idee dieses »Dokuments über die Brüderlichkeit aller Menschen«. Das Dokument ist aufrichtig und sorgfältig durchdacht und soll eine gemeinsame Erklärung guten und aufrichtigen Willens sein, so dass es alle, die in ihren Herzen den Glauben an Gott und den Glauben an die Brüderlichkeit aller Menschen tragen, einlädt, sich zusammenzutun und gemeinsam daran zu arbeiten, und dass das Dokument so für die jungen Generationen zu einem Leitfaden einer Kultur des gegenseitigen Respekts wird, im Verständnis der großen göttlichen Gnade, die alle Menschen zu Brüdern macht.

 

DOKUMENT

 

Im Namen Gottes, der alle Menschen mit gleichen Rechten, gleichen Pflichten und gleicher Würde geschaffen hat und der sie dazu berufen hat, als Brüder und Schwestern miteinander zusammenzuleben, die Erde zu bevölkern und auf ihr die Werte des Guten, der Liebe und des Friedens zu verbreiten.

Im Namen der unschuldigen menschlichen Seele, die zu töten Gott verboten hat, wenn er sagt, dass jeder, der einen Menschen ermordet, so ist, als hätte er die ganze Menschheit getötet, und dass jeder, der einen Menschen rettet, so ist, als hätte er die ganze Menschheit gerettet.

Im Namen der Armen, Notleidenden, Bedürftigen und Ausgegrenzten, denen beizustehen nach Gottes Gebot alle verpflichtet sind, insbesondere alle vermögenden und wohlhabenden Menschen.

Im Namen der Waisen, Witwen, Flüchtlinge und aller, die aus ihren Häusern und Heimatländern vertrieben wurden, aller Opfer von Krieg, Verfolgung und Ungerechtigkeit; im Namen aller Schwachen, aller in Angst lebenden Menschen, der Kriegsgefangenen und der Gefolterten überall auf der Welt, ohne irgendeinen Unterschied.

Im Namen der Völker, die der Sicherheit, des Friedens und des gemeinsamen Zusammenlebens entbehren und Opfer von Zerstörung, Niedergang und Krieg wurden.

Im Namen der »Brüderlichkeit aller Menschen«, die alle umfasst, vereint und gleich macht an Würde.

Im Namen dieser Brüderlichkeit, welche durch die politischen Bestrebungen von Integralismus und Spaltung sowie durch maßlos gewinnorientierte Systeme und abscheuliche ideologische Tendenzen, die die Handlungen und Schicksale der Menschen manipulieren, entzweit wird.

Im Namen der Freiheit, die Gott allen Menschen geschenkt hat, als er sie frei geschaffen und mit dieser besonderen Würde auszeichnet hat.

Im Namen der Gerechtigkeit und der Barmherzigkeit, den Grundlagen des Wohlstands und den Eckpfeilern des Glaubens.

Im Namen aller Menschen guten Willens an allen Orten der Welt.

Im Namen Gottes und all dieser erklären Al-Azhar al-Sharif – mit den Muslimen von Ost und West – und die Katholische Kirche – mit den Katholiken von Ost und West – gemeinsam, dass sie die Kultur des Dialogs als Weg, die allgemeine Zusammenarbeit als Verhaltensregel und das gegenseitige Verständnis als Methode und Maßstab annehmen wollen.

Wir – die wir an Gott und an die endgültige Begegnung mit ihm und an sein Gericht glauben – verlangen ausgehend von unserer religiösen und moralischen Verantwortung mit diesem Dokument von uns selbst und den leitenden Persönlichkeiten in der Welt, von den Architekten der internationalen Politik und der globalen Wirtschaft, ein ernsthaftes Engagement zur Verbreitung einer Kultur der Toleranz, des Zusammenlebens und des Friedens; ein schnellstmögliches Eingreifen, um das Vergießen von unschuldigem Blut zu stoppen und Kriegen, Konflikten, Umweltzerstörung und dem kulturellen und moralischen Niedergang, den die Welt derzeit erlebt, ein Ende zu setzen.

Wir rufen die Intellektuellen, die Philosophen, die Vertreter der Religionen, die Künstler, die Medienleute und die Kulturschaffenden in der ganzen Welt auf, die Werte des Friedens, der Gerechtigkeit, des Guten, der Schönheit, der menschlichen Brüderlichkeit und des gemeinsamen Zusammenlebens wiederzuentdecken, um die Bedeutung dieser Werte als Rettungsanker für alle deutlich zu machen und sie möglichst überall zu verbreiten.

Ausgehend von einer tiefen Reflexion über unsere gegenwärtige Realität, in Achtung vor ihren Erfolgen und im Miterleben ihrer Leiden, ihrer Unglücke und Katastrophen, kommt diese Erklärung zu der Überzeugung, dass Hauptursachen für die Krise der modernen Welt ein betäubtes menschliches Gewissen und eine Entfremdung von religiösen Werten sowie die Dominanz von Individualismus und materialistischen Philosophien ist, die den Menschen vergöttlichen und weltliche wie auch materielle Werte an die Stelle der höchsten und transzendenten Prinzipien setzen.

In Anerkennung der positiven Entwicklung, die unsere moderne Zivilisation in den Bereichen der Wissenschaft, der Technologie, der Medizin, der Industrie und des Wohlstands insbesondere in den entwickelten Ländern genommen hat, betonen wir, dass mit diesen großen und geschätzten historischen Fortschritten auch ein Verfall der Ethik, die internationales Handeln prägt, sowie eine Schwächung der geistlichen Werte und des Verantwortungsbewusstseins einhergeht. All dies trägt dazu bei, dass sich ein allgemeines Gefühl von Frustration, Einsamkeit und Verzweiflung ausbreitet, das viele dazu bringt, entweder in den Strudel des atheistischen und agnostischen Extremismus oder in einen religiösen Integralismus, Extremismus und blinden Fundamentalismus zu verfallen und so andere Menschen dazu führt, sich Formen der Abhängigkeit und der individuellen und kollektiven Selbstzerstörung zu ergeben.

Die Geschichte macht deutlich, dass religiöser wie nationaler Extremismus und Intoleranz in der Welt, sowohl im Westen als auch im Osten, etwas hervorgerufen haben, was man als Anzeichen eines »stückweisen Dritten Weltkriegs« bezeichnen könnte, Anzeichen, die in verschiedenen Teilen der Welt und unter verschiedenen tragischen Bedingungen bereits ihr grausames Gesicht gezeigt haben; Situationen, von denen nicht genau bekannt ist, wie viele Opfer, Witwen und Waisen sie hervorgebracht haben. Darüber hinaus gibt es andere Bereiche, die dabei sind, sich zum Schauplatz neuer Konflikte zu entwickeln, in denen es Spannungsherde und Anhäufungen von Waffen und Munition gibt, und zwar in einer global von Unsicherheit, Enttäuschung, Zukunftsangst und von kurzsichtigen wirtschaftlichen Interessen geprägten Situation.

Wir bekräftigen auch, dass die heftigen politischen Krisen, die Ungerechtigkeit und das Fehlen einer gerechten Verteilung der natürlichen Ressourcen – von denen nur eine Minderheit Reicher auf Kosten der Mehrheit der Erdbevölkerung profitiert – eine enorme Anzahl an Kranken, Bedürftigen und Toten hervorgebracht haben und weiterhin hervorrufen und tödliche Krisen verursachen, denen mehrere Länder ausgesetzt sind, trotz des natürlichen Reichtums und der Ressourcen der jungen Generationen, die sie kennzeichnen. Angesichts dieser Krisen, die dazu führen, dass Millionen von Kindern an Hunger sterben, die aufgrund von Armut und Unterernährung bereits bis auf die Knochen abgemagert sind, herrscht ein inakzeptables internationales Schweigen.

In diesem Zusammenhang wird deutlich, wie wichtig die Familie als grundlegender Kern der Gesellschaft und der Menschheit ist, um Kinder zur Welt zu bringen, aufzuziehen, heranzubilden und ihnen eine solide Moral und familiären Schutz zu bieten. Die Institution der Familie anzugreifen, sie zu verachten oder an der Bedeutung ihrer Rolle zu zweifeln, ist eines der gefährlichsten Übel unserer Zeit.

Wir bestätigen auch die Wichtigkeit des Wiedererwachens des Sinns für das Religiöse und der Notwendigkeit, ihn in den Herzen der neuen Generationen durch die gesunde Erziehung und die Annahme der moralischen Werte und der rechten religiösen Lehren wiederzubeleben, um den individualistischen, egoistischen, konfliktbeladene Tendenzen, dem Radikalismus und dem blinden Extremismus in all seinen Formen und Erscheinungen entgegenzutreten.

Das erste und wichtigste Ziel der Religionen ist es, an Gott zu glauben, ihn zu ehren und alle Menschen dazu aufzurufen zu glauben, dass dieses Universum von einem Gott abhängig ist, der es führt, der der Schöpfer ist, der uns mit seiner göttlichen Weisheit geformt hat und uns die Gabe des Lebens geschenkt hat, um sie zu behüten. Niemand hat das Recht, diese Gabe wegzunehmen, zu bedrohen oder nach seinem Gutdünken zu manipulieren. Im Gegenteil müssen alle diese Gabe des Lebens von ihrem Anfang bis zu ihrem natürlichen Tod zu bewahren. Deshalb verurteilen wir alle Praktiken, die das Leben bedrohen, wie die Genozide, die terroristischen Akte, die Zwangsumsiedlungen, den Handel mit menschlichen Organen, die Abtreibung und die Euthanasie sowie die politischen Handlungsweisen, die all dies unterstützen.

Ebenso erklären wir mit Festigkeit, dass die Religionen niemals zum Krieg aufwiegeln und keine Gefühle des Hasses, der Feindseligkeit, des Extremismus wecken und auch nicht zur Gewalt oder zum Blutvergießen auffordern. Diese Verhängnisse sind Frucht der Abweichung von den religiösen Lehren, der politischen Nutzung der Religionen und auch der Interpretationen von Gruppen von religiösen Verantwortungsträgern, die in gewissen Geschichtsepochen den Einfluss des religiösen Empfindens auf die Herzen der Menschen missbraucht haben: Die Gläubigen sollten dazu geführt werden, Dinge zu tun, die nichts mit der Wahrheit der Religion zu tun haben; sie sollten weltliche und kurzsichtige politische und wirtschaftliche Ziele verwirklichen. Deshalb bitten wir alle aufzuhören, die Religionen zu instrumentalisieren, um Hass, Gewalt, Extremismus und blinden Fanatismus zu entfachen. Wir bitten, es zu unterlassen, den Namen Gottes zu benutzen, um Mord, Exil, Terrorismus und Unterdrückung zu rechtfertigen. Wir bitten darum aufgrund unseres gemeinsamen Glaubens an Gott, der die Menschen nicht erschaffen hat, damit sie getötet werden oder sich gegenseitig bekämpfen, und auch nicht, damit sie in ihrem Leben und in ihrer Existenz gequält und gedemütigt zu werden. Denn Gott, der Allmächtige, hat es nicht nötig, von jemandem verteidigt zu werden; und er will auch nicht, dass sein Name benutzt wird, um die Menschen zu terrorisieren.

Dieses Dokument bekräftigt im Einklang mit den vorausgehenden Internationalen Dokumenten, die die Wichtigkeit der Rolle der Religionen im Aufbau des weltweiten Friedens hervorgehoben haben, das Folgende:

–    Die feste Überzeugung, dass die wahren Lehren der Religionen dazu einladen, in den Werten des Friedens verankert zu bleiben; dass sie dazu anregen, die Werte des gegenseitigen Kennens, der Brüderlichkeit aller Menschen und des allgemeinen Miteinanders zu vertreten; dass sie darauf hinwirken, dass die Weisheit, die Gerechtigkeit und die Nächstenliebe wiederhergestellt werden und der Sinn für die Religiosität unter den jungen Menschen wiedererweckt wird, um die neuen Generationen vor der Vorherrschaft des materialistischen Gedankenguts, vor der Gefahr der politischen Handlungsweisen der Gier nach maßlosem Gewinn und vor der Gleichgültigkeit zu schützen, die alle auf dem Gesetz der Kraft und nicht auf der Gesetzeskraft begründet sind.

–    Die Freiheit ist ein Recht jedes Menschen: ein jeder genießt Bekenntnis-, Gedanken-, Meinungs-, und Handlungsfreiheit. Der Pluralismus und die Verschiedenheit in Bezug auf Religion, Hautfarbe, Geschlecht, Ethnie und Sprache entsprechen einem weisen göttlichen Willen, mit dem Gott die Menschen erschaffen hat. Diese göttliche Weisheit ist der Ursprung, aus dem sich das Recht auf Bekenntnisfreiheit und auf die Freiheit, anders zu sein, ableitet. Deshalb wird der Umstand verurteilt, Menschen zu zwingen, eine bestimmte Religion oder eine gewisse Kultur anzunehmen wie auch einen kulturellen Lebensstil aufzuerlegen, den die anderen nicht akzeptieren.

–    Die Gerechtigkeit, die auf der Barmherzigkeit gründet, ist der Weg, der beschritten werden muss, um zu einem würdigen Leben zu gelangen, auf das jeder Mensch Anspruch hat.

–   Der Dialog, die Verständigung, die Verbreitung der Kultur der Toleranz, der Annahme des Anderen und des Zusammenlebens unter den Menschen würden beträchtlich dazu beitragen, viele wirtschaftliche, soziale, politische und umweltbezogene Probleme zu verringern, die einen großen Teil des Menschengeschlechts bedrängen.

–   Der Dialog unter den Gläubigen bedeutet, sich im enormen Raum der gemeinsamen geistlichen, menschlichen und gesellschaftlichen Werte zu begegnen und diese zugunsten der höchsten moralischen Tugenden einzusetzen, die von den Religionen erweckt werden; er bedeutet auch, die unnützen Diskussionen zu vermeiden.

–    Der Schutz der Gottesdienststätten – Tempel, Kirchen und Moscheen – ist eine von den Religionen, den menschlichen Werten, den Gesetzen und den internationalen Konventionen gewährleistete Verpflichtung. Jeder Versuch, die Gottesdienststätten anzugreifen oder sie durch Attentate oder Explosionen oder Zerstörungen zu bedrohen, ist eine Abweichung von den Lehren der Religionen sowie eine klare Verletzung des Völkerrechts.

–   Der verdammenswerte Terrorismus, der die Sicherheit der Personen im Osten als auch im Westen, im Norden als auch im Süden bedroht und Panik, Angst und Schrecken sowie Pessimismus verbreitet, ist nicht der Religion geschuldet – auch wenn die Terroristen sie instrumentalisieren –, sondern den angehäuften falschen Interpretationen der religiösen Texte, den politischen Handlungsweisen des Hungers, der Armut, der Ungerechtigkeit, der Unterdrückung, der Anmaßung; deswegen ist es notwendig, die Unterstützung für die terroristischen Bewegungen durch Bereitstellung von Geldern, Waffen, Plänen oder Rechtfertigungen und auch durch die medizinische Versorgung einzustellen und all dies als internationale Verbrechen anzusehen, die die weltweite Sicherheit und Frieden bedrohen. Man muss einen derartigen Terrorismus in all seinen Formen und Erscheinungen verurteilen.

–   Die Auffassung von Bürgerrecht fußt auf der Gleichheit der Rechte und Pflichten, unter deren Schutz alle die gleiche Gerechtigkeit genießen. Daher ist notwendig, sich dafür einzusetzen, dass in unseren Gesellschaften die Auffassung desvollwertigen Bürgerrechts festgelegt und auf eine diskriminierende Verwendung des Begriffs Minderheiten verzichtet wird. Diese bringt den Samen des Gefühls der Isolation und der Minderwertigkeit mit sich; sie bereitet der Feindseligkeit und dem Unfrieden den Boden und nimmt die Errungenschaften und die religiösen und zivilen Rechte einiger Bürger weg, während sie diese diskriminiert.

–   Es ist unbestreitbar, dass die Beziehung zwischen dem Westen und dem Osten von gegenseitiger Notwendigkeit ist und weder ersetzt noch vernachlässigt werden kann, damit beide durch den Austausch und Dialog der Kulturen sich gegenseitig kulturell bereichern. Der Westen könnte in der Kultur des Ostens Heilmittel für einige seiner geistigen und religiösen Krankheiten finden, die von der Vorherrschaft des Materialismus hervorgerufen wurden. Und der Osten könnte in der Kultur des Westens viele Elemente finden, die ihm hilfreich sind, sich vor der Schwachheit, der Spaltung, dem Konflikt und vor dem wissenschaftlichen, technischen und kulturellen Abstieg zu retten. Es ist wichtig, den religiösen, kulturellen und historischen Unterschieden Aufmerksamkeit zu schenken, die ein wesentlicher Bestandteil in der Bildung der Persönlichkeit, der Kultur und der Zivilisation des Ostens sind. Es ist auch wichtig, die allgemeinen gemeinsamen Menschenrechte zu festigen, um dazu beizutragen, ein würdiges Leben für alle Menschen im Westen und im Osten zu gewährleisten, wobei der Rückgriff auf eine doppelte Politik vermieden werden muss.

–   Es ist eine unabdingbare Notwendigkeit, das Recht der Frau auf Bildung, auf Arbeit und auf Ausübung der eigenen politischen Rechte anzuerkennen. Ferner muss darauf hingearbeitet werden, die Frau von allen historischen und sozialen Zwängen zu befreien, die gegen die Grundsätze des eigenen Glaubens und der eigenen Würde stehen. Es ist ebenso notwendig, sie vor der sexuellen Ausbeutung zu beschützen wie auch davor, als Ware oder Mittel zum Vergnügen oder zum finanziellen Gewinn zu behandelt zu werden. Daher muss man alle unmenschlichen Praktiken und volkstümlichen Bräuche, welche die Würde der Frau erniedrigen, einstellen und dafür arbeiten, dass die Gesetze geändert werden, welche die Frauen daran hindern, ihre Rechte voll zu genießen.

–   Der Schutz der Grundrechte der Kinder, in einer familiären Umgebung aufzuwaschen sowie Ernährung, Bildung und Beistand zu erhalten, ist eine Pflicht der Familie und der Gesellschaft. Diese Rechte müssen garantiert und geschützt werden, damit sie keinem Kind in keinem Teil der Welt fehlen oder verwehrt werden. Es muss jede Praxis verurteilt werden, welche die Würde der Kinder oder ihre Rechte verletzt. Desgleichen ist es wichtig, über die Gefahren zu wachen, denen sie – besonders im digitalen Bereich – ausgesetzt sind, und das Geschäft mit ihrer Unschuld und jede Verletzung ihrer Kindheit als Verbrechen anzusehen.

–  Der Schutz der Rechte der älteren Menschen, der Schwachen, der Menschen mit Behinderung und der Unterdrückten ist eine religiöse und soziale Forderung; er muss durch eine strenge Gesetzgebung und die Anwendung der diesbezüglichen internationalen Konvention gewährleistet und verteidigt werden.

Zu diesem Zweck verkünden und versprechen die Katholische Kirche und Al-Azhar in gemeinsamer Zusammenarbeit, dieses Dokument den Verantwortungsträgern, den einflussreichen Führungskräften, den Religionsvertretern in aller Welt, den zuständigen Organisationen auf regionaler und internationaler Ebene, den Organisationen der Zivilgesellschaft, den religiösen Institutionen und den Meinungsführern zu bringen; sie verkünden und versprechen, sich dafür einzusetzen, die in dieser Erklärung enthaltenen Grundsätze auf allen regionalen und internationalen Ebenen zu verbreiten, indem sie dazu auffordern, diese Grundsätze in Politik, Entscheidungen, Gesetzestexten, Studienprogrammen und Kommunikationsmaterialen umzusetzen.

Al-Azhar und die Katholische Kirche bitten, dass dieses Dokument Forschungs- und Reflexionsgegenstand in allen Schulen, in den Universitäten und in den Erziehungs- und Bildungseinrichtungen werde, um dazu beizutragen, neue Generationen zu bilden, die das Gute und den Frieden bringen und überall das Recht der Unterdrückten und der Geringsten verteidigen.

Abschließend hoffen wir darauf dass:

diese Erklärung eine Einladung zur Versöhnung und zur Brüderlichkeit unter allen Glaubenden, besser noch unter Glaubenden und Nichtglaubenden sowie unter allen Menschen guten Willens;

dass sie ein Aufruf sei an jedes wache Gewissen, das sich von der abweichenden Gewalt und dem blinden Extremismus lossagt; ein Aufruf an den, der die Werte der Toleranz und Brüderlichkeit, die von den Religionen gefördert und unterstützt werden, liebt;

dass sie ein Zeugnis für die Größe des Glaubens an Gott sei, der die getrennten Herzen eint und den menschlichen Geist erhebt;

dass sie ein Symbol für die Umarmung zwischen Ost und West, Nord und Süd sowie zwischen allen, die glauben, dass Gott uns erschaffen hat, damit wir uns kennen, unter uns zusammenarbeiten und als Brüder und Schwestern leben, die sich lieben.

Das hoffen und suchen wir zu verwirklichen, um einen universalen Frieden zu erreichen, den alle Menschen in diesem Leben genießen können.

 

Abu Dhabi, am 4. Februar 2019

 

   Seine Heiligkeit
Papst Franziskus
Großimam von Al-Azhar
Ahmad Al-Tayyeb