Corona-Krise in Indien: Kamillianer an vorderster Front

Massengräber und Krematorien, denen das Brennholz ausgeht – dramatische Lage in Indien  (AFP or licensors)

Angesichts der neuen massiven Corona-Welle in Indien kämpft der Kamillianerorden in 15 indischen Bundesstaaten aktiv gegen eine Ausbreitung des Virus. Die Lage in dem asiatischen Land ist dramatisch: Es fehlt an Sauerstoff, Krankenhausbetten und Medikamenten.

Federico Piana und Anne Preckel – Vatikanstadt

„Indien registriert seit mehr als einer Woche mehr als 300.000 Fälle täglich. Wir befinden uns in einer beispiellosen zweiten Covid-Welle, die Neuinfektionen haben Höchststände erreicht“, sagt im Interview mit uns Pater Baby Ellickall, Provinzial des Kamillaner-Krankenpfleger-Ordens in Indien. „Es mangelt an Krankenhausbetten, Sauerstoff, antiviralen und anderen Medikamenten.“

Ausmaß geht über Berichte hinaus

Dabei sei das Ausmaß der Krise noch größer als berichtet. So liege die Zahl der Infizierten seit Beginn der Pandemie weit über den angegebenen 19 Millionen, die Zahl der Todesopfer gehe jeden Tag in die Tausende. Ein Höchststand dieser zweiten Corona-Welle werde um den 15. Mai herum erwartet: „Dann könnten die Todeszahlen ins Unendliche steigen“, befürchtet der Ordensmann, den Radio Vatikan in Bangalore im Bundesstaat Karnataka erreichte.

Das massiv grassierende Virus bringe das ohnehin schon prekäre nationale Gesundheitssystem in Bedrängnis, so der Provinzial weiter. So stehen die Strukturen in der Hauptstadt Neu Delhi kurz vor dem Zusammenbruch. Krankenhäuser und die Regierung des Bundesstaates Delhi hatten in dramatischen Appellen von der Zentralregierung Sauerstofflieferungen für Corona-Patienten gefordert. Medien berichten über dramatische Zustände in Krankenhäusern und provisorischen Ambulanzen sowie über Krematorien, die die massive Zahl von Corona-Toten nicht mehr bewältigen könnten. 

Kamillianer helfen in 15 indischen Bundesstaaten

Der Kamillianer-Orden bemühe sich angesichts der Extremsituation darum, die Nothilfe im ganzen Land voranzutreiben, so Pater Baby Ellickall. Von staatlicher Seite fehle es hier leider an Koordination, merkt er an. „Unsere Antwort auf Covid bestand darin, auf die beiden sichtbaren Dimensionen der Krise zu reagieren: Gesundheitsversorgung und humanitäre Unterstützung. Die Aktionen vor Ort, die auch in Zusammenarbeit mit Einrichtungen anderer Religionen und NGOs durchgeführt werden, sind wirklich ein Segen für Tausende von Familien, Schulen, Waisenhäuser und Dörfer.“ Auch aus Deutschland und anderen Länder, darunter Indiens Erzrivalen Pakistan und China, erreichen medizinische Güter das Land.

Nachdem die Zahl der Neuinfektionen in Indien zu Jahresbeginn unter 10.000 pro Tag gefallen war, hatte das Land die Corona-Beschränkungen fast vollständig aufgehoben. Seit März steigen die Fallzahlen wieder stark an, was Experten auch auf eine neue Virusmutation sowie religiöse Massenveranstaltungen zurückführen. Für die vergangenen Woche verzeichnet die John Hopkins Universität mit 2,6 Millionen Neuinfektionen und mehr als 23.000 Todesfällen einen Höchststand. Für Sonntag wurden 392.000 Neuinfektionen gemeldet, 10.000 weniger als tags zuvor. 3.700 Menschen starben offiziell an der Viruserkrankung, rund 200 mehr als am Samstag. Wie Pater Ellickall schätzen Experten die Dunkelziffer aber als sehr viel höher ein.

Sorge um Helfer, die ihr Leben riskieren

Die Schriftstellerin Arundhati Roy veröffentlichte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ einen emotionalen Hilfsappell. Den Krematorien in Delhi sei das Brennholz ausgegangen, schreibt sie, Parks und Parkplätze würden derzeit zu Verbrennungsstätten umfunktioniert. Dramatisch sei die Lage auch auf dem Land. In zahlreichen Dörfern stürben die Menschen „an leicht behandelbaren Krankheiten wie Durchfall und Tuberkulose“, schreibt Roy: „Wie sollen sie mit Covid zurechtkommen?“

Das Hilfswerk missio Aachen zeigt sich in großer Sorge um Helfer in Indien. Unter den Opfern der zweiten Corona-Welle seien viele engagierte Ehrenamtliche, Priester oder Ordensleute, sagt Präsident Dirk Bingener. Die Kirche in Indien habe während der Corona-Pandemie vielen Menschen geholfen. Nun schreibe ein Projektpartner aus dem Bundesstaat Jharkand: „Wir leben alle in Angst und Schrecken.“

(vatican news/kna – pr)

Caritas-Zentrum ist ein Weg der Zusammenarbeit zwischen Christen

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Auch in einem Caritas-Zentrum der Camillianer-Patres war der Papst am Samstag, an der Peripherie der Hauptstadt. Auf 1.000 Quadratmetern bieten dort 70 Mitarbeiter Gesundheits-Dienstleistungen für jeweils etwa 400 Menschen. Die katholische Kirche wird in Georgien, auch wenn sie geradezu winzig klein ist, doch besonders wegen ihrer Caritas-Arbeit sehr geschätzt. Das Zentrum begrüßte Franziskus mit Blumen und Jubel. Am Fuße der kleinen Bühne, also zu Füßen des Papstes, saßen Kinder und haben vatikanische und georgische Fahnen geschwungen. Nach einer kleinen Ansprache des Direktor des Caritas-Zentrums sprach der Papst zu den Anwesenden.

Die Mitarbeiter dieses Caritas-Zentrums repräsentierten alle karitativen Einrichtungen des Landes, betonte Papst Franziskus in seinen Grußworten. Jedem dieser Mitarbeiter – auch in den anderen des Landes – gelte seine Wertschätzung. Er betont den ökumenischen Wert der Caritas in Georgien. Denn obwohl der Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und der georgisch-orthodoxen eher schwierig ist, kommt in das Caritas-Zentrum unabhängig von Religion jeder, der Hilfe braucht. „Eure Tätigkeit ist ein Weg der geschwisterlichen Zusammenarbeit zwischen den Christen dieses Landes und zwischen Gläubigen verschiedener Riten. Dieses Zusammentreffen im Zeichen der Nächstenliebe des Evangeliums ist ein Zeugnis der Gemeinschaft und fördert den Weg zur Einheit. Ich ermutige euch, auf diesem anspruchsvollen und fruchtbaren Weg voranzuschreiten“, sagte Franziskus. Auch einer der Direktoren des Zentrums, der Papst Franziskus in einer Ansprache begrüßte, betonte den ökumenischen Wert ihrer Arbeit. Das Heilige Jahr der Barmherzigkeit zeige, dass sie keine Grenzen zwischen den Konfessionen kenne und sich im Zentrum alle um die Bedürftigen kümmerten, mit großem Herzen, auch ohne viele Mittel.

Die Armen und schwachen Menschen seien das „Fleisch Christi“, betont der Papst. Und genau deswegen rufen sie die Christen jeder Konfession auf den Plan, ohne Eigeninteressen zu handeln. „Daher, liebe Brüder und Schwestern, habt ihr eine große Sendung! Fahrt fort, die Nächstenliebe in der Kirche zu leben und sie in der gesamten Gesellschaft mit der Begeisterung der Liebe, die von Gott kommt, zum Ausdruck zu bringen.“

Doch Franziskus wäre nicht Franziskus wenn er nicht auch die Bedürftigen, die in das Caritas Zentrum kommen, persönlich ansprechen würde. Einen ganz besonderen Gruß richtete er an sie: „Ich freue mich, ein wenig bei euch sein zu können und euch zu ermutigen: Gott verlässt euch nie, er ist euch immer nahe und bereit, euch zuzuhören und euch in den schwierigen Momenten Kraft zu geben“, muntert er sie auf. Jesus liebe sie ganz besonders, versicherte Franziskus. Nach seiner Ansprache tanzte eine Gruppe von Jungs und Mädchen in traditioneller georgischer Tracht für den Papst, der vom Oberkörper sehr ruhig war, doch sich durch schnelle Beinarbeit auszeichnet. Doch der Höhepunkt war für Papst Franziskus sicher der Tanz eines kleinen Mädchen im roten Kleid mit vier Rollstuhlfahrern, die zum Abschluss alle Tänzer auf der Tanzfläche vereint. Ein sichtlich gerührter Papst sieht zum Abschluss aus der Mitte der Tänzer Tauben aufsteigen.

(rv 01.10.2016 pdy)