PATER PIO — DAS JAHR 1912

Aber da kam noch eine andere Prüfung hinzu. Einige Wochen später, befürchtete Pater Pio er verliere das Augenlicht. «Gesundheitlich fühle ich mich besser, aber es gibt mir zu denken, dass die Sehkraft nicht wiederkommen will, doch will ich hoffen, dass der Herr mich wenigstens vor dem Erblinden der Seele bewahrt.»

«Blaubart» macht weiter …

Am 13. Januar schreibt er: «In leiblicher Hinsicht geht es mir ziemlich gut, so weit ich die Sehkraft ausnehme, die nicht zurückkommen will. In moralischer Hinsicht, sage ich Ihnen nur, dass Blaubart mich durchaus nicht loslassen will. Er macht mir immer von neuem zu schaffen, aber es ist wahr, auch Jesus ist bei mir. Und gestatten Sie mir den Ausdruck: Er stopft mich dauernd mit Tröstungen voll, so dass ich sie schon fast nicht mehr verdauen kann.»

Doch sein Leben dürfte nicht leicht gewesen sein, nein, bei weitem nicht! «Blaubart will sich nicht geschlagen geben, schreibt er an Pater Agostino am 18. Januar 1912. Er hat nahezu alle Gestalten angenommen. Seit mehreren Tagen kommt er mich besuchen mit andern von seinen Satelliten, bewaffnet mit Stecken und Eisengerät und, was noch schlimmer ist, unter Ihrer eigenen Gestalt. Wer weiss, wie oft er mich aus dem Bett geworfen hat, wobei er mich durch das Zimmer schleifte. Aber Geduld! Jesus, die liebe Muttergottes, der kleine Engel, der heilige Joseph und der heilige Vater Franziskus sind nahezu immer bei mir» (1,58).

Tröstungen …

Wie oft wurde Pater Pio von da an, und das während seines ganzen Lebens, vom Dämon und seinen Schergen misshandelt!. .. Denn Blaubart wusste sehr wohl, dass Pater Pio seinem Jesus nie etwas abschlug und so weit ging, bereit zu sein, IHN auf dem Weg der Erlösung, der bis zum Golgota hinaufführt, zu begleiten. Und das durfte der Böse selbstverständlich nicht zulassen. «Blaubart mit mehreren seinesgleichen hört nicht auf, mich zu schlagen, fast muss ich sagen, mich zu Tode zu prügeln, ausgenommen am Mittwoch. Aber der Monsieur (diese Bezeichnung verwendet Pater Pio, wenn er vom HERRN redet) und die übrigen edlen, himmlischen Persönlichkeiten ermutigen mich gänzlich mit ihren häufigen Besuchen … Vom Donnerstag bis zum Samstag wird gelitten und man leidet sehr. Das ganze Schauspiel seines Leidens bietet sich mir dar. Und stellen Sie sich vor, ob es da mitten drin noch einen Trost geben kann! In diesen Tagen, mehr denn je, verstärkt unser gemeinsamer Feind all seine Anstrengungen, um mich zu verderben und zu vertilgen, wie er es mir immer wieder zu verstehen gibt» (an Pater Agostino im Januar 1912 ohne nähere Zeitangabe 1,60).

«Die Besuche der gewohnten Persönlichkeiten setzen sich fort und werden immer häufiger; die Kämpfe jedoch lassen nicht nach. Diese Kosaken, wie mir scheint, haben es mehr mit diesen Personen zu tun, die mich lieben, als mit mir» (an Pater Agostino, am 28. Februar 1912 1,63).

«Gestern, am Fest des heiligen Joseph, schreibt Pater Pio am 21. März (der Brief wurde wahrscheinlich am Vortag geschrieben oder angefangen) habe ich, Gott allein weiss, wie viele Zärtlichkeiten zu verspüren bekommen, am meisten nach der Messe, so dass ich sie jetzt noch empfinde. Es brannten mir der Kopf und das Herz; aber es war ein Feuer, das mir gut tat. Der Mund verkostete die ganze Süsse dieses makellosen Fleisches des Sohnes Gottes. Oh, wenn es mir doch in diesem Augenblick gelänge, für immer in meinem Herzen diese Tröstungen zu begraben, wie ich sie noch als Ganzes verspüre, so wäre ich gewiss in einem Paradiese! Wie sehr mich doch Jesus froh macht! Wie süss ist sein Geist! Ich bin ganz beschämt und ich vermag nichts anderes zu tun, als zu weinen und zu wiederholen: Jesus meine Speise! …

Was mich am meisten betrübt, ist dass ich eine so grosse Liebe Jesu mit so viel Undank vergelte … Er hat mich immer gern und zieht mich näher an sich. Er hat meine Sünden vergessen und man möchte sagen, dass er sich nur an seine Barmherzigkeit erinnert … Jeden Morgen kommt er zu mir herein und lässt in mein armes Herz all seine Güte hinüberströmen. Ich möchte, wenn es mir möglich wäre, mit meinem Blute die Orte abwaschen, wo ich so viele Sünden begangen, wo ich so vielen Seelen Ärgernis gegeben habe!»

Es handelt sich da selbstverständlich um fromme Übertreibungen, wie sein Beichtvater es beurteilt.

«Vom Donnerstagabend bis Samstag, berichtet Pater Pio weiter in diesem Brief an Pater Agostino, wie auch am Dienstag ist es ein schmerzliches Trauerspiel für mich. Es scheint mir dann, das Herz, die Hände und die Füsse seien von einem Schwert durchbohrt; so gross ist der Schmerz, den ich fühle. Unterdessen hört der Dämon nicht auf, mir unter all seinen schrecklichen Gestalten zu erscheinen und mich auf eine wirklich grausige Art zu schlagen. Aber es lebe die Liebe Jesu, der mich mit seinen Besuchen für alles belohnt!» (1,68).

Da sieht man es, nur eins gilt in seinen Augen: Jesu Liebe.

Jesus nachfolgen bis ans Ende

Man versteht, dass Pater Pio eines Tages einem seiner geistlichen Söhne erklärte: «Um Jesus wirklich zu lieben, muss man ein zweiter Jesus seinl» Er begehrt zu leiden, aber aus Liebe. Er schaut das Kreuz auf den Schultern dessen an, den er liebt, er begreift dessen unendlichen Wert. Es ist das Pfand der Liebe, es ist die Quelle der Liebe. Immer mehr will Pater Pio das Leben Christi inkarnieren, er will Jesus in seiner Todesangst und in seinem Leiden begleiten und mit IHM aus Liebe gekreuzigt werden. Die schmerzliche Wonne dieses mystischen Leidens wird immer von den entsetzlichen Grausamkeiten Satans begleitet. Wild stürzt sich der Dämon auf Pater Pio, wie er sich auch auf den Verurteilten am Karfreitag gestürzt haben wird … Am 31. März 1912, einem Palmsonntag, gesteht er Pater Benedetto: «In diesen Kartagen werde ich mehr als je masslos niedergebeugt von diesem Blaubart. Ich bitte Sie daher, mich lebhaft dem Herrn zu empfehlen, damit er mich nicht diesem gemeinsamen Feind als Beute überlasse» (1,71). Aber das gehört zu den Leiden, die Jesus zulässt, er weiss es wohl: «Im Leiden ist Jesus noch näher; schreibt er an Pater Agostino am 2. April, ER schaut her, er ist es, der um Mühen, um Tränen bettelt … ; er braucht sie für die Seelen … » (1, 72).

Andauernder Kampf

Ohne Unterbruch muss er die teuflischen Angriffe erdulden … «Ich war noch im Bett, bekennt er am 18. April 1912 dem Pater Agostino, da wurde ich von diesen Kosaken heimgesucht. Sie verprügelten mich auf eine so barbarische Weise, dass ich es als eine gar grosse Gnade erachte, dass ich es ertragen konnte, ohne daran zu sterben. Es war eine Prüfung, lieber Vater, die weit über meine Kräfte hinaus ging. Aber der gütige Jesus, der dem Blaubart gestattete, mich so zu misshandeln, unterliess es nicht, mich nachher zu trösten und zu stärken im Geiste. Mit knapper Not konnte ich mich zum göttlichen Gefangenen begeben, um zu zelebrieren. Nach beendigter Messfeier unterhielt ich mich mit Jesus, um ihm Dank zu sagen. Oh wie lieblich war das mit dem Paradies gehaltene Zwiegespräch an diesem Morgen! Es war derart, dass, selbst wenn ich es wollte, ich es nicht vermöchte, es in menschliche Sprache zu übersetzen, ohne dass es seinen tiefen, himmlischen Sinn verlöre. Jesu Herz und das meine, gestatten Sie mir den Ausdruck, haben sich in eins verschmolzen. Es waren nicht mehr zwei Herzen, die schlugen, sondern eins. Mein Herz hatte sich verloren, wie ein Wassertropfen, der sich in einem Meer verliert … Der Mensch kann es nicht fassen, dass wenn das Paradies in ein Herz sich ergiesst, dieses betrübte, verbannte, schwache, sterbliche Herz es nicht ertragen kann, ohne zu weinen … » (1,74).

Maria …

Von Zeit zu Zeit findet man in den Briefen Pater Pios einige Worte auf Französisch. Sein Briefpartner, Pater Agostino, antwortete ihm auch gelegentlich in dieser Sprache: «J’ai recu tes livres, tres bien! Je salue la famille entiere, tous les amis! – Deine Bücher habe ich bekommen, das ist sehr gut! Ich grüsse deine Familie und alle Freunde!» Das ist zu lesen in einem Brief vom 20. April 1912.

Am ersten Mai antwortet ihm Pater Pio: «Oh, was für ein schöner Monat, dieser Maimonat! Oh le joli mois que le mois de mai! C’est le plus beau de l’annee! Es ist der schönste im Jahr!» aber humorvoll schliesst er dann auf Italienisch: «Ihre Anfrage das Französisch betreffend (wer hat es ihn gelehrt?) muss ich mit Jeremia beantworten: «A a a nescio loqui! Ich kann doch nicht reden» (Jer 1,6).

Aber in diesem Brief vom ersten Mai lässt Pater Pio seine glühende, zarte Liebe, die er zur Jungfrau Maria hegt, durchblicken:
« Wie doch dieser Monat treffend die Freundlichkeiten und die Schönheit Mariens verkündet! … Wie oft habe ich dieser Mutter die mühseligen Ängste meines aufgewühlten Herzens anvertraut! Und wie oft hat sie mich getröstet! … Das arme Mütterchen, wie gross ist doch ihre Liebe zu mir. Ich habe es von neuem erfahren dürfen beim Aufblühen dieses herrlichen Monats. Wie sehr war sie doch besorgt um mich, als sie mich heute Morgen an den Altar begleitete. Es schien mir, als hätte sie an nichts zu denken, als nur an mich, indem sie mir das Herz ganz mit heiligen Empfindungen erfüllte … Hätte ich doch nur eine so laute Stimme, um alle Sünder der ganzen Welt einzuladen, die Madonna zu lieben. Aber da dies nicht in meiner Macht liegt, so habe ich meinen kleinen Schutzengel gebeten und ich werde ihn noch bitten, an meiner Statt dieses Amt zu übernehmen. Der Teufel fährt fort, mich zu terrorisieren … » (1, 76)

Auf diesen Brief antwortet Pater Agostino am 5. Mai 1912 auf Französisch: «Oh ja, der Maimonat ist wirklich hübsch, weil er besonders ein Marienmonat ist! Es ist der Monat der Liebe zu dieser vielgeliebten Mutter. Du kannst Dir die grosse Freude vorstellen, die ich empfand, als ich Deinen letzten Brief las. Es schien mir, der Schutzengel habe mir geschrieben. Mögest Du gesegnet sein, mein Sohn! Mögen Jesus und Maria allzeit verherrlicht werden in allen Geschöpfen … Höre nicht auf die Lügen des Seelenfeindes! Liebe zu Jesus, Vertrauen auf Maria und nichts ist zu befürchten! Dein kleiner Engel möge Dir diesen Brief auslegen!» (1, 79).

« Wie froh ich bin! Wir wollen uns freuen, mein lieber Vater, es lebe die Freude!» So beginnt Pater Pio sein Antwortschreiben vom 20. Mai an Pater Agostino und er fügt hinzu: «Jesus und Maria fahren fort, mir Eltern zu sein. 0 Pater, wer kann Ihnen die Tröstungen beschreiben, die mich das liebe Himmelsmütterchen in diesem Monat verkosten lässt. In diesem zugefrorenen Leib fahle ic:h beständig, dass sich da ein Herz einschliesst, das mich brennt … » (1,82).

Neue innere Zerrissenheit

Aber der Teufel lässt sein armes Opferlamm auch nicht eine Minute in Ruhe. Pater Pio sehnt sich nach dem Tode, er behauptet, sich klar bewusst zu sein, dass er der unermesslichen Liebe Gottes nicht entspricht. Am 17. Juni 1912 schreibt er an Pater Agostino: «Ich spüre, dass, wenn Jesus mir weiterhin am Morgen, bevor er sich mit mir vereint, das Herz und die Eingeweide verbrennt, werde ich ihm nicht mehr widerstehen können und werde aufbrechen … Oh könnte ich doch wirklich dahingehen und zwar bald … » Auch das noch eine fromme Übertreibung. Es stimmt zwar, je näher wir zu Gott kommen, um so grösser wird die Erfahrung unsrer Unwürdigkeit und einer noch fehlenden Seelenreinheit (1,87).

So schreibt ihm denn sein Trostbote, Pater Agostino, am 19. Juni 1912 wieder auf Französisch: «Denken Sie nicht mehr an die Sünden, denken Sie an die unendliche Güte Jesu; denken Sie an die ewige Liebe, denn eines Tages wird die Seele nach dieser Liebe beurteilt werden … » (1,88).

Und immer kommen diese schrecklichen Teufelsangriffe wieder. Pater Pio erklärte am 28. Juni 1912, welch fürchterliche Nacht er verbracht hatte: «Die letzte Nacht habe ich sehr schlecht verbracht. Ungefähr von zehn Uhr an, wo ich mich zu Bett begeben habe, bis um fünf Uhr morgens hat dieser Kosake nichts anderes getan, als mich beständig zu verprügeln. Zahlreich waren die teuflischen Eingebungen, die er mir in den Sinn kommen liess; Gedanken der Verzweiflung, des Misstrauens Gott gegenüber.

Aber es lebe Jesus! Denn ich habe mich abgeschirmt, indem ich Jesus wiederholte: Deine Wunden sind mein Verdienst.

Ich glaubte wirklich, es wäre die letzte Nacht meines Daseins oder ich würde den Verstand verlieren, wenn ich nicht stürbe. Doch gepriesen sei Jesus, dass nichts von all dem geschehen ist. Morgens um fünf Uhr, als der Kosak wegging, nahm eine solche Kälte mich ganz in Besitz, dass es mich vom Kopfe bis zum Fuss wie Espenlaub erschaudern liess, nein wie ein dem heftigsten Sturm ausgesetztes Schilfrohr hab ich gezittert. Das dauerte ein paar Stunden. Es lief mir Blut aus dem Mund.

Schliesslich kam das Jesuskindlein, dem ich sagte, ich wolle nur seinen Willen tun. Es tröstete mich und befreite mich von den Leiden der Nacht. O Gott, wie mein Herzchen da klopfte, wie meine Wangen bei diesem göttlichen Kindelein glühten! Die nun darauf folgende Nacht habe ich ganz mit dem leidenden Heiland verbracht. Auch ich habe recht viel gelitten; aber auf eine ganz andere Art als in der Nacht zuvor. Das war ein Schmerz, der mir gar kein Übel zugefügt hat. Er vermehrte in mir immer mehr das Vertrauen auf Gott; ich fühlte mich immer mehr zu Jesus hingezogen. Ohne irgend ein Feuer in meiner Nähe fühlte ich mich innerlich ganz verbrennen. Ohne irgend eine Schlinge am Leib, fühlte ich mich eng mit Jesus verschlungen. Von tausend Flammen fühlte ich mich entbrennen, die mich aufleben und ersterben liessen. Infolgedessen litt ich, lebte
und starb ich fortwährend … » (1,89).

So also verbrachte Pater Pio die Nacht! Der Dämon der ihn praktisch nie verliess, hinderte ihn manchmal sogar am Schreiben. In einern Brief vom 9. August 1912 gesteht er Pater Agostino: «Es ist eigentlich schon lange her, dass ich Ihnen zu schreiben wünschte, aber Blaubart hat mich
daran gehindert. Ich sagte, er habe mich daran gehindert, denn jedes Mal wenn ich mich Ihnen zu schreiben entschloss, da überfielen mich sehr heftige Kopfschmerzen, so dass es schien, er würde auf der Stelle platzen und hinzu kam ein gar stechender Schmerz im rechten Arm, was es mir verunmöglichte, die Feder in der Hand zu halten» (1,93).

Der «Feuerpfeil»

Aber da geht es noch einen Schritt weiter in der Nachfolge des göttlichen Gekreuzigten. Am 26. August 1912 schreibt Pater Pio all Pater Agostino: « … Hören Sie also, was mir am vergangenen Freitag zugestossen ist (es war also am 23. August). Ich befand mich in der Kirche, um Dank zu sagen für die Messe, als ich schlagartig mich am Herzm mit einem so lebendigen und glühenden Feuerpfeil verletzt fühlte, dass ich meinte daran zu sterben. Es fehlen mir die passenden Worte, um Sie die Eindringlichkeit und die Wirkkraft dieser Flamme verstehen zu lassen; ich bin in der Tat unfähig, Ihnen das ausdrücken zu können. Glauben Sie mir das? Die Seele, die das Opfer solcher Tröstungen wird, verstummt. Es schien mir, als würde ich von einer unsichtbaren Kraft gänzlich ins Feuer hineingetaucht … Mein Gott, welches Feuer! Welche Wonne!

Von diesen Liebesverzückungen habe ich viele erlebt und es dauerte unterschiedlich lange, dass ich wie ausserhalb dieser Welt geblieben bin. Zu andern Malen war dieses Feuer weniger eindringlich; diesmal hingegen, hätte es nur einen Augenblick, eine Sekunde, länger gedauert, hätte sich meine Seele vom Leibe getrennt… und sie wäre mit Jesus auf und davon. Oh wie schön ist es doch ein Opferlamm der Liebe zu werden. Aber wie geht es zur Zeit meiner Seele?»

Und Pater Pio hat den nun folgenden Satz auf Französisch geschrieben:
«Mein lieber Pater, gegenwärtig hat Jesus seinen Feuerspeer hinausgezogen, doch die Wunde ist tödlich … (Mon cher Père, à présent, Jésus a retiré son javelot de feu, mais la blessure est mortelle … )» Und dann setzt er auf Italienisch fort: «Doch sollen Sie nicht meinen, dass Blaubart mich in Ruhe lässt … » (1,95).
Nun das kann man sich ohne Mühe vorstellen!

Dritte Teufelstaktik: Briefe verschwinden lassen

Satan hört nicht auf zornig zu sein! Er wird eine neue Kriegslist erfinden, um Pater Pio zu ermüden, er wird ihm Briefe verschwinden lassen!…
«Ich habe die Briefe sorgfältig gesucht, aber ich habe sie nicht gefunden…» schreibt er auf Französisch an Pater Agostino am 4. oder 5. September 1912 (1,96). Auf dieser Postkarte, die der Teufel überallhin befördern liess, finden wir Poststempel von Pietrelcina, Rom, San Marco in Lamis.
Diese ganze Briefmarkensammlung wird in einem Nachwort zu einem Brief, den Pater Agostino am 7. September an Pater Pio geschrieben hatte, in einem auf Griechisch verfassten Satz erklärt. Am Ende dieses Briefes schrieb der Pfarrer von Pietrelcina die folgende eidesstattliche Erklärung: «Pietrelcina, den 25. August 1919. Ich, Unterzeichneter, bezeuge an Eides statt, dass Pater Pio, nachdem er diesen Brief bekommen hat, mir wörtlich den Inhalt desselben erklärt hat. Von mir befragt, wie er ihn denn habe lesen und erklären können, da er nicht einmal das griechische Alphabet kenne, hat er mir geantwortet: «Sie sollen es wissen, der Schutzengel hat mir alles erklärt!» An Stelle des Siegels: der Erzpriester Salvatore Pannullo» (1,97).

Die Engel

Die Schutzengel beherrschen nämlich das Griechisch! Pater Pio selber gesteht es am 20. September 1912: « … Die himmlischen Persönlichkeiten hören nicht auf, mich zu besuchen und mich im voraus das berauschende Glück der Seligen verkosten zu lassen. Und wenn die Sendung unsres Schutzengels gross ist, so ist die des meinigen sicher noch grösser, da er mir ja auch als Lehrer dienen muss, um mir die andern Sprachen auszulegen» (1,98). Das ist eben Engelshumor! …

Humor braucht nun Pater Pio auch, um sogar Satan zu beschämen: «Wissen Sie, an was sich der Teufel neuestens heranmacht? schreibt er am 14. Oktober an Pater Agostino. Er wollte nicht, dass Sie durch den letzten Ihnen zugesandten Brief benachrichtigt würden, über den Krieg, den er
gegen mich führt. Und da ich, wie üblich, nicht auf ihn hören wollte, begann er sogleich mir einzuflüstern: « Wie sehr würdest du doch Jesus besser gefallen, wenn du jede Beziehung zu Deinem geistlichen Vater abbrechen würdest. Er ist für Dich ein ziemlich gefährliches Wesen, ein
Anlass zu grosser Zerstreuung für Dich. Die Zeit ist sehr kostbar. Vergeude sie nicht mit diesem gefährlichen Briefwechsel mit Deinem. Vater. Verwende diese kostbare Zeit, um für Deine Gesundheit zu beten, die in grosser Gefahr ist. Wenn du in diesem Zustand weiter machst, wisse, dass die Hölle immer offen steht für Dich.» Auf einen solchen Teufelsvorschlag antwortete ich ganz offensichtlich mit beissendem Spott: «Ich muss Ihnen mein Unrecht eingestehen. Bisher ging ich von einer falschen Voraussetzung aus. Ich hielt Sie für nicht so geeignet zur geistlichen Leitung. Es tut mir indessen sehr leid, Sie nicht zu meinem Leiter annehmen zu können, da mein Vater dieses Amt schon seit langem ausübt und unsere Beziehungen haben einen solchen Stand erreicht, dass es mir nicht gelingt, sie einfach so abzuwürgen. Aber reisen Sie herum, lassen Sie sich was einfallen, um Seelen zu finden, die werden Sie vielleicht zum Seelenführer nehmen, da Sie ja auf diesem Gebiet tüchtig sind.»

Man kann verstehen, dass die Kosaken diese Antwort nicht besonders hoch geschätzt haben, denn wie Pater Pio genauer angibt: «Es war da mehr als nur einer, auch wenn nur einer gesprochen hatte. Sie stürzten sich also auf mich, verfluchten mich und verprügelten mich arg, drohten mir, mich zu vertilgen, wenn ich mich nicht entschliesse, meinen Sinn im Hinblick auf unsere Beziehungen zu ändern … Sie dürfen mir jedoch glauben, mein Pater, dass die Leiden mich beglücken. Jesus selber will ja meine Leiden, er braucht sie für die Seelen. Aber ich frage mich, welche Erleichterung ich ihm durch meine Leiden schenken kann?! Was für ein Los! Oh, zu welcher Höhe hat doch der gütigste Jesus meine See Je erhoben? Nachts beim Schliessen der Augen sehe ich den Schleier versinken und das Paradies sich vor mir öffnen. Und erfreut durch diese Schau,
schlafe ich mit einem Lächeln süsser Seligkeit auf den Lippen und dem Ausdruck vollkommener Gelassenheit auf der Stirn ein. Dabei verlasse ich mich auf meinen kleinen Begleiter seit meiner Kindheit, dass er mich wecken kommt und wir so zusammen dem Geliebten unsrer Herzen das Morgenlob anstimmen» (1,100).

Zweispännige geistliche Führung

Im Oktober dieses Jahres 1912 beklagt sich Pater Benedetto da San Marco in Lamis, dass er nichts mehr von Pater Pio zu lesen bekomme. Dieser antwortete ihm am 21. Oktober, dass er keineswegs ihm missfallen, oder ein zweideutiges Spiel mit ihm spielen möchte. Er bittet ihn deshalb, er möge sich doch alle Briefe, die er Pater Agostino geschrieben habe, zusenden lassen, denn dieser war immer sein Beichtvater gewesen und er allein ist auf dem laufenden über das, was in seinem Innern vorgeht.

So schrieb denn am 20. Oktober Pater Benedetto vom Kloster San Marco la Catola aus an Pater Agostino: «Möge Eure Paternität im heiligen Gehorsam den ganzen Briefwechsel mit Pater Pio und dies mit seiner Zustimmung und gemäss dem in folgende Worte gefassten Willen Jesu
selber mir zusenden: «Wenn mein Zustand bei Ihnen Anteilnahme und Mitleid erweckt, bitte ich Sie, mir eine Gunst zu erweisen, immer innerhalb der Grenzen einer möglichen Nachsicht, die stets die Tochter der Gerechtigkeit selber ist, nämlich Ihnen den ganzen Briefwechsel übergeben zu lassen, den ich dem Pater Lektor zugesandt habe, und das mit der Auflage, alles geheim zu halten, da dies der Auftrag Jesu ist.» Sie wissen also dass dies nicht eine Willkür von meiner Seite, etwa der Wunsch ist solche Dokumente zu besitzen, die zur Verherrlichung Gottes und zur‘ Ehre unsres gemeinsamen und liebsten Paters Pio dienen werden.»

Von dieser Epoche an steht man also vor einer kollegialen geistlichen Führung für die Seele Pater Pios, wie man das benennen könnte. Alles, was Pater Pio an Pater Agostino schreibt, gilt auch für Pater Benedetto und umgekehrt. Pater Pio wird also dem einen oder dem andern schreiben, oder gar beiden in übereinstimmendem Wortlaut. Andere Male Wird er sie bitten, sich gegenseitig seine Briefe zukommen zu lassen. Was übrigens meistens ziemlich einfach war, da die Patres Agostino und Benedetto im gleichen Kloster lebten.

Was den Teufel betrifft, so scheint er auf die Verlegenheit Pater Pios Wert zu legen, wenn es ihm gelingt, ihm Briefe seines geistlichen Vaters zu entwenden. «Da jene (Dämonen) nicht im Stande sind, meine Beständigkeit zu besiegen: Ihnen über ihre Nachstellungen zu berichten, haben sie
sich an dieses andere Extrem herangemacht, sie möchten mich der Ratschläge berauben, die Sie mir mittels Ihrer Briefe, als meiner einzigen Ermutigung, nahegelegt haben, und ich werde es zur Ehre Gottes und zu ihrer Beschämung ertragen» (An Pater Agostino vom 5. November 1912
1,102).

Pater Pio weiss sehr wohl, warum er so vielen Schwierigkeiten ausgesetzt ist. In diesem selben Brief schreibt er: «Hat mich nicht vielleichtJesus angefordert und erwählt als eins seiner Opferlämmer? Und der süsseste Jesus hat mich leider die ganze Bedeutung eines Opferlammes verstehen lassen. Es ist also notwendig, liebes Väterchen, bis zum «Es ist vollbracht» und «In deine Hände» hinzugelangen … »
Mit andern Worten, Pater Pio hat so eben begriffen, dass es nur eins zu tun gilt, sich Gott aufzuopfern und sich von IHM zusammen mit Jesus ans Kreuz nageln zu lassen, um nach dem je eigenen Mass am Werk der Erlösung teilzunehmen. Was für eine furchtbar anspruchsvolle Berufung ist doch das!

Immer noch im selben Brief erzählt Pater Pio von einem seiner schwierigen Kämpfe, den er gegen diese unseligen Entgnadeten auszutragen hatte. Seinen Schutzengel hatte er lange umsonst zu Hilfe gerufen, ohne Erfolg. Als dieser sich endlich einstellte, «da schnauzte ich ihn hart an, weil er so lange auf sich hatte warten lassen, während ich es nicht hatte fehlen lassen, ihn mir zu Hilfe zu rufen. Um ihn zu bestrafen, wollte ich ihm nicht ins Gesicht blicken, ich wollte mich entfernen, ich wollte mich ihm entziehen. Aber er, der arme Kleine holte mich fast weinend ein, fasste mich beim Schopf, bis ich den Blick erhob, ihm ins Gesicht starrte und sein tiefstes Bedauern feststellte. Und dann … : «Dir bin ich immer nahe, mein geliebter junger Mensch, sagte er, ich bewege mich immer um dich herum mit dieser Zuneigung, die deine Dankbarkeit zum Geliebten deines Herzens in mir hervorrief. Diese meine Zuneigung wird auch mit deinem Erdenleben nicht erlöschen. Ich weiss ja dass dein grossmütiges Herz für unsern gemeinsamen Geliebten schlägt. Du würdest alle Gebirge
überwinden und alle Wüsten durchqueren, um IHN zu suchen, IHN wiederzusehen, um IHN in diesen äussersten Augenblicken wieder zu umarmen und um IHM zu sagen, er möge doch bald diese Kette zerreissen, die dich mit dem Leib vereint hält … aber du musst noch eine kleine Weile
warten … » Und der Engel erklärte ihm, Gott möchte ihn ja gern zu sich nehmen, aber die Vorsehung wolle, dass er noch hienieden bleibe. So sind eben die Engel!. ..

Vierte Teufelstaktik: die Tintenflecken

Pater Agostinos Antwort vom 6. November 1912 ist auf französisch verfasst. Der Teufel hatte einen riesigen Tintenfleck darauf gemacht, wodurch er vollständig unlesbar wurde. Der Pfarrer von Pietrelcina, Don Salvatore Pannullo, bezeugt, dass er «ein Kruzifix darauf gelegt, ihn mit
Weihwasser besprengt und die heiligen Exorzismen gebetet habe». Und dann konnte man ihn lesen, der Klecks war verschwunden.

Noch ein anderer Angriff! Am 18. November 1912 erklärt Pater Pio:
«Mein Gott, was für ein Martyrium ist doch diese Versuchung zur Eitelkeit. Sie scheint ganz unbedeutend, aber dann muss man sich vom Gegenteil überzeugen lassen. Man muss durch dieses Feuer hindurchgegangen sein, um deren äusserste Aufdringlichkeit zu begreifen … »

Wie wird Pater Pio diese Versuchung überwinden?

«Um zu siegen, ist es notwendig den Blick auf die Menschheit Jesu geheftet zu halten. Jesus, seine geliebte Mutter und das Engelchen zusammen mit den Übrigen ermutigen mich fortwährend, indem sie nicht aufhören mir zu wiederholen: wer ein Opferlamm genannt werden wolle, der
müsse all sein Blut hingeben. Zu kämpfen, wenn man einen so zärtlichen Vater zur Seite hat, ist süss und tröstlich» (1,104).

Aber Pater Pio ist sich der ausserordentlichen Gunsterweise, die er von Gott empfangen hat, gar wohl bewusst. «Ich möchte Ihnen, und wäre es auch nur für einen Augenblick, meine Brust aufdecken, um sie das Wundmal sehen zu lassen, das der gütigste Jesus liebevoll in diesem meinem Herzen geöffnet hat, schreibt er am 3. Dezember 1912 an Pater Agostino, … Er fordert von mir als Belohnung nur Liebe; aber bin ich ihm diese etwa nicht schuldig aus Dankbarkeit? … Er hat sich so in mein Herz verliebt, dass er mich gänzlich von seinem göttlichen Feuer entbrennen
lässt, von seinem Feuer der Liebe… wenn Jesus uns so glücklich macht auf Erden, wie wird es erst im Himmel sein?!»

Und nun vielleicht etwas, das uns aus unsrer Lauheit und unsrem Mangel an Glauben wachrütteln wird. Pater Pio fährt fort: «Manchmal frage ich mich, ob es denn Seelen gibt, die ihr Herz nicht vom Feuer der göttlichen Liebe entbrennen fühlen, besonders wenn sie sich vor IHM im Sakrament befinden. Mir scheint das unmöglich, hauptsächlich aber wenn dies einen Priester oder einen Ordensmann betrifft… So grosses Vertrauen setze ich auf Jesus: sogar wenn ich die Hölle vor mir offen sähe und mich am Rande des Abgrunds befände, so hätte ich kein Misstrauen, würde nicht verzweifeln, würde auf ihn vertrauen… Wer weiss, wie oft, wenn nicht ER mir seine Hand hingestreckt hätte, mein Glauben gewankt hätte, meine Hoffnung, meine Nächstenliebe sich vermindert hätten, mein Verstand sich verdunkelt hätte, wenn nicht Jesus, die ewige Sonne ihn
erleuchtet hättel … » Und dann noch im selben Brief redet Pater Pio von einer tiefen Freude: «Am 27. des vergangenen Monats (November 1912) sind mein Vater und mein Bruder aus Amerika zurückgekehrt und sie sind bei guter Gesundheit … » (l, 105).

Antwort auf die Teufelstaktik

Aber mit dem Kosaken lernt Pater Pio immer neue, überraschende Abenteuer kennen. «Mein kleiner Engel hatte mir nahe gelegt, ich solle beim Eintreffen eines Briefes von Ihnen, ihn mit Weihwasser besprengen, ehe ich ihn öffne, so schreibt er am 13. Dezember 1912 an Pater Agostino. Und so habe ich es denn auch mit Ihrem letzten Brief gemacht. Aber wer kann die Wut beschreiben, die Blaubart empfand! Er möchte mich um jeden Preis erledigen … In der letzten Nacht hat er sich mir vorgestellt unter den Gesichtszügen eines unsrer Patres und er übermittelte mir einen strengen Befehl vom Pater Provinzial, Ihnen nicht mehr zu schreiben. Denn es verstosse gegen die Armut und sei ein schweres Hindernis für die Vollkommenheit … Ich bekenne Ihnen meine Schwäche, mein Väterchen, ich habe bitterlich geweint, weil ich meinte, dies sei Wirklichkeit. Nie hätte ich auch nur im geringsten vermuten können, dies sei jedoch eine List Blaubarts, wenn nicht der kleine Engel mir die Täuschung enthüllt hätte … »

Aber das Postskriptum zu diesem Brief ist voller Humor: «Blaubart gerät noch mehr in Wut, wenn Sie französisch schreiben. Er hat es mir kundgetan. Zu seinem Verdruss schreiben Sie mir doch öfter in dieser Sprache» (1,107).

Er sehnt sich nach dem Himmel, das kann man verstehen, denn der Ringkampf, den er bestehen muss, ist schrecklich und andauernd. «Hienieden zu leben, mein Pater, langweilt mich. Es ist eine so bittere Qual für mich das Leben der Verbannung zu leben, dass ich fast, fast nicht mehr kann. Der Gedanke, dass ich jeden Augenblick meinen Jesus verlieren kann, macht mir solchen Kummer, dass ich ihn nicht beschreiben kann. Nur die Seele, die Jesus aufrichtig liebt, wird dies verstehen können … Doch Jesus hat mich viel mehr seine Stimme in meinem Herzen vernehmen lassen: «Mein Sohn, die Liebe lässt sich im Leiden erkennen. Du wirst es in deinem Geist sehr hart erfahren, aber noch härter wirst du es an Deinem Leib erleben.» Diese Worte bleiben für mich, lieber Pater, dunkel» (1,111).

Auf diese Weise schmiedet sich Gott allmählich sein Werkzeug. Pater Pio hatte bereits die vollständige Losschälung durch die Beherrschung seiner ganzen leiblichen Wirklichkeit erreicht: durch Krankheit und Leiden; aber auch die seiner seelischen und geistigen Wirklichkeit durch seine unaufhörlichen Kämpfe mit der gegen ihn entfesselten Hölle. Er war eingetreten in die vollumfängliche Nacht der Sinne, wie Johannes vom Kreuz sie beschrieben hat. Dann hatte sich seine Seele in der Seligkeit und in den Wonnen des Lichtes, der Schönheit, der Liebe, der Freude, der Reinheit dieses Gottbesitzens entfaltet.

In der Folge war dann Pater Pio in jene schmerzliche Nacht des Geistes eingetreten. Er fühlt, dass seine Seele vom unwiderstehlichen Hauch der Liebe zu Gott hingerissen wird, er schaut sich immer tief er in diesen Ozean der umwandelnden Vereinigung hineingezogen. Aber er spürt auch, dass, wenn sein Geist, seine menschliche Natur sich selber überlassen bleiben, sie eine absinkende Bewegung vollziehen. Sehr schmerzlich empfindet er; dass sein Geist, im eigentlichen Sinn des Wortes, ein Gefangener seines Leibes ist und deshalb sehnt er sich danach zu sterben.

In dieser entsetzlichen Prüfung weiss die Seele zeitweilig nicht, ob sie sich auf dem richtigen Weg befindet oder nicht. Sie meint, sie wäre durch Untreue völlig von Gott entfernt. Das Gefühl ihrer Sündhaftigkeit wächst ins Masslose hinan. Sie hat die schmerzende Empfindung, nicht vollkommen den Willen Gottes zu erfüllen. Die Prüfungen, wie die Versuchungen, das Ringen mit dem Teufel, das Pater Pio auf sich nehmen muss, lassen ihn manchmal vermuten, er sei vollständig von Gott abgeschnitten. So leidet nun der arme Pater Pio. Er ist, wie alle von Gott gezeichneten Seelen, in die entsetzliche Qual der Nacht des Geistes versenkt. So enthüllt ihm übrigens Gott selber seinen Zustand und offenbart ihm seine Pläne.

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Quelle: Pater Derobert – Pater Pio durchsichtig auf Gott hin – Geistliches Bildnis aus den Briefen Pater Pios gewonnen. Hovine Verlag, Belgien und Frankreich, 1990, 814 Seiten.

Christlicher Glaube und Dämonenlehre*

Die Kongregation für die Glaubenslehre hat einen Fachtheologen damit beauftragt, die vorliegende Studie anzufertigen. Die Kongregation empfiehlt sie nachdrücklich als sichere Grundlage, um die Aussage des kirchlichen Lehramtes über „Christlicher Glaube und Dämonenlehre” neu zu bekräftigen. Wir veröffentlichen die deutsche Übersetzung des Originaltextes in französischer Sprache, der in der französischen Wochenausgabe des „L’Osservatore Romano” nachgelesen werden kann.

Im Laufe der Jahrhunderte hat die Kirche immer wieder die verschiedenen Formen des Aberglaubens und einer Besessenheit gleichkommenden Furcht vor dem Satan und den Dämonen sowie die verschiedenen Kultformen und entarteten Gefolgschaftsriten für diese Geister verworfen (1). Es wäre deshalb ungerecht, zu behaupten, das Christentum habe die Weltherrschaft Christi vergessen und habe den Teufel zum Lieblingsthema seiner Verkündigung gemacht, indem es die Frohbotschaft vom auferstandenen Herrn in eine Botschaft des Terrors verkehrt habe. Der hl. Johannes Chrysostomus erklärte den Christen der damaligen Zeit: „Es ist für uns kein Vergnügen, zu euch über den Teufel zu sprechen. Doch die Lehraussagen, zu denen er Anlaß gibt, werden euch von Nutzen sein” (2). Es wäre wirklich ein unverzeihlicher Irrtum, im Blick auf die Vergangenheit sich so zu verhalten, als ob die Erlösung schon alle ihre Früchte gezeitigt hätte, ohne daß es notwendig wäre, sich im Kampf gegen den einzusetzen, von dem das Neue Testament und die Lehrmeister des geistlichen Lebens immer wieder sprechen.

Die Not unserer Tage

Auch heute könnte man diesem Irrtum verfallen. Von vielen Seiten wird nämlich die Frage gestellt, ob man nicht in diesem Punkt die katholische Lehre überprüfen sollte, und zwar sollte man dabei mit der Heiligen Schrift anfangen. Manche sind der Ansicht, daß jedwede Stellungnahme unmöglich sei, geradeso, als ob man die Frage einfach auf sich beruhen lassen könne. Sie führen ins Feld, daß die Bücher der Heiligen Schrift es nicht zuließen, sich für oder gegen die Existenz des Satans und seiner Dämonen auszusprechen. Weit häufiger jedoch wird die Existenz des Teufels offen in Zweifel gezogen. Manche Kritiker meinen, die Haltung Christi in dieser Frage ausmachen zu können. Sie geben, an, daß keines der Herrenworte die Wirklichkeit der Dämonen weit als erwiesen hinstelle. Dort, wo die Existenz der Dämonenwelt bejaht würde, werde lediglich das entsprechende jüdische Schrifttum wiedergegeben, oder die Stellen hingen von der neutestamentlichen Überlieferung und nicht von Christus ab, da sie nicht Teil der zentralen Frohbotschaft seien, noch unseren Glauben fördern und uns damit freistellen, sie aufzugeben.

Andere wiederum, weit objektiver, aber gleichzeitig radikaler, nehmen die Aussagen der Heiligen Schrift über die Dämonen in ihrer wörtlichen Bedeutung; sie fügen aber sofort hinzu, daß sie in der Welt von heute unannehmbar seien, auch für Christen. Auch sie geben diese Stellen auf. Für einige schließlich hat die Idee vom Satan, welchen Ursprung sie auch immer hat, keine Bedeutung mehr. Da unsere Verkündigung zögere, die Idee vom Satan zu rechtfertigen, büße sie ihre Glaubwürdigkeit ein und stelle die Verkündigung Gottes in den Schatten, die allein nur unser ganzes Interesse verdient. Für die einen wie für die anderen seien die Namen Satan oder Teufel nichts anderes als Personifikationen, die dem Mythos entstammen oder irgendeine Aufgabe zu erfüllen haben. Sie hätten nur den Sinn, den Einfluß des Bösen und der Sünde auf die Menschheit dramatisch zu unterstreichen. Lediglich also eine Redeweise, die unsere Zeit entmythologisieren sollte, um für die Gläubigen einen neuen Weg zu finden, ihnen die Verpflichtung einzuschärfen, mit ganzer Kraft gegen das Böse in der Welt zu kämpfen.

Diese Stellungnahmen, die immer wieder mit dem Anschein der Wissenschaftlichkeit vorgetragen und von Zeitschriften und gewissen theologischen Wörterbüchern verbreitet werden, können nur die Geister verwirren. Die Gläubigen, die daran gewöhnt sind, die Botschaft Christi und die Schriften der Apostel ernst zu nehmen, haben dann nämlich den Eindruck, daß derartige Auffassungen einen Wandel in der öffentlichen Meinung auf diesem Gebiet herbeiführen wollen. Diejenigen unter ihnen, die eine Kenntnis der theologischen Wissenschaften und vor allem der Bibelwissenschaft besitzen, fragen sich, wohin dieser Prozeß der Entmythologisierung führen wird, der im Namen einer bestimmten Hermeneutik in die Wege geleitet wird.

In Anbetracht von Postulaten dieser Art und als Antwort auf den ihnen eigenen Denkprozeß, müssen wir uns vor allem kurz mit dem Neuen Testament befassen, um uns in diesen Fragen auf sein Zeugnis und seine Autorität stützen zu können.

Das Neue Testament
und das damit unmittelbar zusammenhängende Schrifttum

Bevor wir in Erinnerung rufen, mit welcher geistigen Unabhängigkeit Jesus den herrschenden Meinungen seiner Zeit begegnet ist, ist es von Bedeutung anzumerken, daß nicht alle seine Zeitgenossen den gleichen Engel- und Dämonenglauben hatten, wie ihn heute einige ihnen zuzuschreiben scheinen und von dem Jesus selbst abhängig gewesen wäre. Eine Anmerkung, mit der die Apostelgeschichte die Polemik beleuchtet, die durch eine Erklärung des hl. Paulus unter den Mitgliedern des Synedriums entstanden war, unterrichtet uns darüber, daß die Sadduzäer im Gegensatz zu den Pharisäern „weder Auferstehung noch Engel oder Geister” annahmen, d. h. sie glaubten, nach der Textauslegung einiger guter Exegeten, weder an die Auferstehung noch an Engel und Dämonen (3). So scheint sich die Auffassung der Zeitgenossen Jesu über Satan, Engel und Dämonen in zwei gänzlich entgegengesetzte Auffassungen zu teilen. Wie kann man daher behaupten, Jesus und mit ihm die Schriftsteller des Neuen Testamentes hätten in der Ausübung und Übertragung der Gewalt der Teufelsaustreibung an andere nichts weiter getan als kritiklos die Ideen und Praktiken ihrer Zeit anzuwenden? Sicherlich, Christus und noch mehr die Apostel waren Kinder ihrer Zeit und machten sich deren Kultur zu eigen. Doch hat Jesus Christus auf Grund seiner göttlichen Natur und der Offenbarung, die mitzuteilen er gekommen war, seine Umwelt und seine Zeit überragt und sich von ihrem bestimmenden Einfluß freigemacht. Es genügt übrigens, die Bergpredigt zu lesen, um sich von seiner geistigen Freiheit und von seiner Überlieferungstreue zu überzeugen (4). Als der Herr die Bedeutung seiner Erlösungstat offenbarte, mußte er deshalb mit den Pharisäern rechnen, die, wie er, an eine zukünftige Welt glaubten, an eine unsterbliche Seele, an die Geisterwelt und an die Auferstehung. Er mußte aber auch den Sadduzäern Rechnung tragen, die diesen Glauben nicht zuließen. Als die Pharisäer ihn anklagten, die Dämonen zusammen mit dem Anführer der bösen Geister auszutreiben, hätte er sich ihren Unterstellungen entziehen können, indem er sich den Sadduzäern anschloß. Doch dadurch hätte er sein Wesen und seine Sendung geleugnet. Er mußte also, ohne den Glauben an die Geisterwelt und die Auferstehung aufzugeben, den er mit den Pharisäern gemeinsam hatte, sich von ihnen lossagen und sich in nicht geringerem Maße auch den Sadduzäern widersetzen. Wenn man also heute behaupten will, daß die Aussagen Jesu über den Satan nur einer seiner kulturellen Umwelt entlehnten Lehre Ausdruck gäben, erscheint dies von vornherein als eine Auffassung, die sehr wenig über die damalige Zeit und die Persönlichkeit des Meisters informiert ist. Wenn Christus diese Redeweise benutzt hat, wenn er sie vor allem durch sein Heilshandeln in die Praxis übersetzt hat, dann deshalb, weil sie eine Lehre zum Ausdruck bringt, die wenigstens zum Teil zur Kenntnis und zur Erlangung des Heiles notwendig ist, das er gebracht hat.

Das persönliche Zeugnis Jesu

Auch die wichtigsten Heilungen der Besessenen wurden von Christus in Augenblicken gewirkt, die in den Berichten über seine Heilstätigkeit entscheidend sind. Seine Teufelsaustreibungen stellten die Frage nach seiner Sendung und seiner Person und gaben ihr eine Orientierung, wir es die Reaktionen darauf hinreichend zeigen, die sie auslösten (5). Ohne den Satan jemals zum Mittelpunkt seiner Verkündigung zu machen, sprach Jesus von ihm nur in den offensichtlich entscheidenden Augenblicken, und zwar in wichtigen Erklärungen. Zunächst einmal hat Jesus sein Öffentliches Wirken damit begonnen, daß er es auf sich genommen hat, vom Teufel in der Wüste versucht zu werden. Der Bericht des Markus ist gerade wegen seiner Nüchternheit eindringlich, wie es auch der Bericht von Matthäus und Lukas ist (6). Vor diesem Gegenspieler hat Christus dann in der Bergpredigt gewarnt und auch im Gebet, das er die Seinen gelehrt hat, dem „Vaterunser”, wie heute viele Exegeten (7) zugeben, die sich dabei auf das Zeugnis zahlreicher Liturgien stützen (8). In den Gleichnissen hat Jesus dem Satan die Rolle des Widersachers seiner Verkündigung zugewiesen (9), wie zum Beispiel im Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker des Hausvaters (10), Simon Petrus hat er angekündigt, daß die „Mächte der Hölle” versuchen werden, die Kirche zu überwältigen (11), daß der Satan verlangen würde, ihn zusammen mit den übrigen Aposteln zu sieben (12). In dem Augenblick, als er den Abendmahlssaal verließ, hat Christus erklärt, daß das Kommen des „Fürsten dieser Welt” unmittelbar bevorstehe (13). Im Garten Getsemani, als die Soldaten Jesus ergriffen, um ihn gefangenzunehmen, hat er gesagt, daß die Stunde „der Mächte der Finsternis” gekommen war (14). Nichtsdestoweniger wußte er und hat er es auch im Abendmahlssaal erklärt, „daß der Fürst dieser Welt bereits gerichtet ist” (15). Diese Taten und die Aussagen fügen sich gut in das Ganze ein, sie wiederholen sich immer wieder und stimmen auch inhaltlich überein.; sie sind nicht zufällig, und es ist nicht möglich, sie wie erfundene Begebenheiten zu behandeln, die es zu entmythologisieren gilt. Andernfalls müßte man annehmen, daß das Bewußtsein Jesu, dem man Klarheit und Selbstbeherrschung vor den Richtern bescheinigen muß, gerade in diesen kritischen Stunden von eingebildeten Hirngespinsten heimgesucht worden sei und seinem Wort jede Festigkeit gefehlt habe. Dies wiederum wäre im Widerspruch mit dem Eindruck der ersten Hörer und Leser seiner Frohbotschaft. Es zwingt sich deshalb die Schlußfolgerung förmlich auf: Der Satan, dem Jesus mit seinen Teufelsaustreibungen entgegengetreten ist, dem er begegnet ist in der Wüste und in der Stunde seines Leidens, kann nicht einfachhin das Produkt der menschlichen Gabe sein, Märchen erzählen zu können und Ideen zu personifizieren; er kann nicht das sich verirrt habende Überbleibsel einer primitiven Kultursprache sein.

Das paulinische Schrifttum

Es ist richtig, daß der hl. Paulus, wenn er in großen Zügen im Römerbrief die Lage der Menschheit vor Christus zusammenfaßt, die Sünde und den Tod personifiziert, deren furchtbare Macht er aufzeigt. Es handelt sich dabei aber im Gesamten seiner Lehraussagen um ein. Wort, das nicht das Ergebnis einer rein literarischen Quelle ist, sondern seines wachen Bewußtseins von der Bedeutung des Kreuzes Christi und der Notwendigkeit der Glaubensentscheidung, die er verlangt. Andererseits setzt Paulus Sünde und Satan nicht gleich; in der Sünde sieht Paulus nämlich vor allem das, was sie wesentlich ist: ein personaler Akt des Menschen und auch der Zustand der Schuld und Verblendung, in den der Satan den Menschen effektiv zu stoßen und zu belassen versucht (16). Auf diese Weise unterscheidet Paulus sehr klar den Satan von der Sünde. Der Apostel, der gegenüber dem „Gesetz der Sünde, das er in seinen Gliedern fühlt”, vor allem sein Unvermögen ohne den Beistand der göttlichen Gnade bekennt (17), ist derselbe, der mit äußerster Entschiedenheit fordert, dem Satan zu widerstehen (18), sich nicht von ihm beherrschen zu lassen, ihm keine Gelegenheit oder Nachgiebigkeit einzuräumen (19) und ihn mit Füßen zu treten (20). Denn für ihn ist Satan ein persönliches Wesen, „der Gott dieser Welt” (21), ein hinterlistiger Widersacher, der verschieden ist von uns Menschen und von der Sünde, die er uns einflüstert. Wie das Evangelium, sieht ihn auch der Apostel wirksam werden im geschichtlichen Verlauf der Welt, in dem, was er als das „Geheimnis der Bosheit” bezeichnet (22). Er sieht den Teufel im Unglauben, der sich weigert, den Herrn Jesus anzuerkennen (23), und auch in der Verirrung des Aberglaubens (24); er sieht ihn in der Verführung, die die Treue der Kirche zu Christus ihrem Bräutigam, bedroht (25) und schließlich in dem endzeitlichen Abfall, der zur Anbetung des Menschen führt, der sich an die Stelle Gottes setzt (26). Sicher ist, daß der Satan zur Sünde verführt, aber er ist verschieden von dem Bösen, das er vollbringen läßt.

Die Geheime Offenbarung und das Johannesevangelium

Die Geheime Offenbarung ist vor allem das großartige Gemälde, auf dem die Macht und Herrlichkeit des auferstandenen Christus aufstrahlt in den Zeugnissen seiner Frohbotschaft. Sie verkündet den Triumph des Lammes, das geschlachtet wurde; doch würde man sich sehr täuschen hinsichtlich des Wesens dieses Sieges, sähe man nicht in ihm das Ende eines langen Kampfes, an dem sich mittels der menschlichen Mächte, die sich dem Herrn Jesus widersetzen, Satan und seine Engel — die einen verschieden von den anderen — sowie deren irdische Gefolgsleute beteiligen.

Es ist gerade die Geheime Offenbarung, die das Rätselhafte der verschiedenen Namen und Symbole Satans in der Heiligen Schrift unterstreicht und damit ihre Identität endgültig enthüllt (27). Die Tätigkeit Satans vollzieht sich in allen Jahrhunderten der Menschheitsgeschichte unter den Augen Gottes.

Es überrascht deshalb nicht, daß im Johannesevangelium Jesus vom Teufel spricht und ihn den „Fürsten dieser Welt” bezeichnet (28). Sicher, der Einfluß des Teufels auf den Menschen ist innerer Art, aber er ist unmöglich, in seiner Erscheinung nur eine Personifizierung der Sünde und der Versuchung sehen zu wollen. Jesus weiß, daß sündigen „Sklave” sein bedeutet (29), aber er setzt deshalb nicht Satan mit Sklaverei und Sünde gleich, die sich in der Sklaverei kundtut. Der Teufel übt auf die Sünder nur moralischen Einfluß aus, und zwar in dem Maße, in dem jeder einzelne seinen Einflüsterungen nachgibt (30). Frei führen sie seine „Wünsche” aus (31) und tun „sein Werk” (32). Nur in diesem Sinn und in diesem Maße ist der Satan ihr „Vater” (33), weil zwischen ihm und dem Gewissen des Menschen immer ein geistiger Abstand bleibt, der die teuflische „Lüge” von der Zustimmung scheidet, die man ihr geben oder verweigern kann (34), und zwar auf die gleiche Weise, wie zwischen Christus und uns immer der Abstand zwischen „Wahrheit”, die er offenbart und zu glauben vorstellt, und dem Glauben, mit dem wir diese Wahrheit aufnehmen, existiert.

Aus diesem Grund haben die Väter der Kirche in der aus der Heiligen Schrift genährten Überzeugung, daß der Satan und die Dämonen die Widersacher der Auferstehung sind, es nicht unterlassen, die Gläubigen an deren Existenz- und Wirksamkeit zu erinnern.

Die allgemeine Lehre der Väter

Bereits im 2. Jahrhundert nach Christus schrieb Meliton von Sardes sein Werk „Über den Dämon” (35), und es würde schwer sein, auch nur einen der Väter zu finden, der diese Frage mit Schweigen übergangen hätte. Natürlich waren die Väter, die den göttlichen Heilsplan in der Geschichte darstellten, vor allem Irenäus und Tertullian, besonders darum bemüht, die Wirksamkeit des Teufels aufzuzeigen. Irenäus und Tertullian sind dann in der Folgezeit dem Gnostischen Dualismus und Marcion entgegengetreten. Nach ihnen sind es Viktorin von Pettau und der hl. Augustinus. Der hl. Irenäus lehrte, daß der Teufel ein „abgefallener Engel” ist (36), dem Christus, indem er in seiner Person dem Kampf dieses Widersachers gegen uns auf sich genommen hat, zu Beginn seiner öffentlichen Tätigkeit entgegentreten mußte (37). Noch ausführlicher und eindringlicher stellt Augustinus das Wirken des Teufels im Kampf der „beiden Städte” dar, die ihren Ursprung im Himmel haben, als die ersten Geschöpfe Gottes, die Engel, dem Herrn ihre Treue bzw. Untreue erwiesen (38); in der Gemeinschaft der; Sünder sah Augustinus den mystischen „Leib” des Teufels (39), wovon dann später auch der hl. Gregor der Große in. seinen. „Moralia” zum Buch Job spricht (40). Offensichtlich hat die Mehrzahl der Väter mit Origines die Idee der Unkeuschheitssünde der gefallenen Engel aufgegeben und sahen in ihrem Stolz — d.h. in dem Wunsch, sich über ihr geschöpfliches Dasein hinaus zu erheben, ihre Unabhängigkeit zu behaupten und sich für Gott halten zu lassen — den tiefsten Grund für ihren Fall. Neben diesem Vergehen aus Stolz hoben aber auch viele Väter die Bosheit dieser Engel gegenüber den Menschen hervor. Für Irenäus hat der Abfall des Teufels mit seiner Eifersucht bei der Erschaffung des Menschen begonnen. Er hat den Menschen zur Auflehnung gegen seinen Schöpfer anzustiften versucht (41). Nach Tertullian habe der Satan, um den Heilsplan Christi zu durchkreuzen, in den heidnischen Mysterien die von Christus eingesetzten Sakramente nachgeäfft (42). Die Väterlehre hält sich also im Wesentlichen treu an die Aussagen und Weisungen des Neuen Testamentes.

Das 4. Laterankonzil (1215) und seine Aussage über die Dämonen

Es ist richtig, daß in den nahezu zwei Jahrtausenden der Kirchengeschichte das: kirchliche Lehramt nur wenige im eigentlichen Sinn dogmatische Erklärungen zur Dämonenlehre abgegeben hat. Der Grund liegt wohl darin, daß sich nur selten, ja genaugenommen nur zweimal, Gelegenheit dazu geboten hat. Die wichtigere dieser Erklärungen erfolgt zu Beginn des 13. Jahrhunderts, als sich ein Wiederaufleben des manichäischen und priscillianischen Dualismus mit dem Auftauchen der Katharer und Albigenser bemerkbar machte. Die dogmatische Aussage von damals, deren Formulierung sich in einem vertrauten doktrinären Rahmen bewegt, kommt dieser Mentalität sehr nahe, weil sie den Blick auf das Universum und seine Erschaffung durch Gott miteinbezieht: „Wir glauben fest und bekennen mit aufrichtigem Herzen…, daß Gott der eine Ursprung aller Dinge ist, der Schöpfer der sichtbaren, und unsichtbaren, der geistigen und körperlichen. Er hat in seiner allmächtigen Kraft zu Anfang der Zeit in gleicher Weise beide Ordnungen der Schöpfung aus dem Nichts geschaffen, die geistige und körperliche, d. h. die Engelswelt, die irdische Welt und dann die Menschenwelt, die gewissermaßen beide umfaßt, da sie aus Geist und Körper besteht. Denn der Teufel und die anderen bösen Geister sind von Gott ihrer Natur nach gut geschaffen, aber sie sind durch sich selbst schlecht geworden. Der Mensch jedoch sündigte auf Eingebung des Teufels” (43).

Der Kern dieser Darlegung ist nüchtern. Über den Teufel und die Dämonen begnügt sich das Konzil, festzustellen, daß sie Geschöpfe des einzigen Gottes sind. Sie sind nicht schon von ihrem Wesen her böse, sondern sie wurden es durch ihren eigenen freien Willensentscheid. Weder ihre Zahl noch die Ursache ihres Falles, noch der Umfang ihrer Macht werden genannt. Diese Fragen, die nicht das dogmatische Problem angehen, wurden den Diskussionen der scholastischen Theologie überlassen.

Die Feststellung des Konzils jedoch bleibt trotz ihrer prägnanten Kürze von grundlegender Bedeutung, da sie eine Verlautbarung des bedeutendsten Konzils des 13. Jahrhunderts darstellt und in seinem Glaubensbekenntnis klar herausgestellt wird, dem geschichtlich gesehen die Erklärung gegen die Katharer und Waldenser nur um weniges vorausgeht (44) und das in Verbindung steht mit der Verurteilung, die einige Jahrhunderte vorher über den Priscillianismus ausgesprochen war (45). Dieses Glaubensbekenntnis verdient daher besondere Beachtung. Es verwendet den üblichen Aufbau der dogmatischen Glaubensbekenntnisse und kann leicht unter sie eingereiht werden, angefangen vom Konzil von Nizäa. Nach dem angeführten Text wird das Problem aus unserer Sicht in zwei miteinander zusammenhängenden und gleichermaßen für den Glauben wichtigen Themen zusammengefaßt: Die Aussage über den Teufel, mit der wir uns vor allem zu beschäftigen haben, folgt einer Erklärung über Gott, den Schöpfer aller Dinge, der ,,sichtbaren und unsichtbaren”, das heißt der körperlichen Wesen und der Engel.

Das erste Thema des Konzils:
Gott, der Schöpfer der „sichtbaren“ und „unsichtbaren“ Wesen

Die Aussage über den Schöpfergott und die Formel, mit der sie ausgedrückt wird, sind von besonderer Wichtigkeit für unseren Fragenkreis, weil sie so alt sind, daß ihre Wurzeln bis hin zu der Lehre des hl. Paulus reichen. Der Apostel erklärt nämlich, indem er den auferstandenen Christus verherrlicht, daß dieser Christus seine Herrschaft über alle Geschöpfe ausübt „im Himmel, auf der Erde und unter der Erde” (46), ,,in der gegenwärtigen und in der zukünftigen Welt” (47). Paulus spricht weiterhin von der Präexistenz Christi und lehrt, daß er „alles, im Himmel und auf Erden, die sichtbaren und die unsichtbaren Wesen, geschaffen hat” (48). Diese Lehre von der Erschaffung der Welt hatte sehr bald an Bedeutung für den christlichen Glauben gewonnen, weil nämlich die Gnosis und der Marcionismus lange Zeit hindurch, noch vor dem Manichäismus und dem Priscillianismus die Schöpfungslehre zu Fall bringen, suchten. Die ersten Glaubensbekenntnisse gehen deshalb regelmäßig darauf ein, daß „die sichtbaren wie die unsichtbaren Wesen” alle von Gott geschaffen sind. Diese Lehre wurde ausdrücklich vom, Konzil von Nizäa und Konstantinopel (49) sowie vom Konzil von Toledo (50) festgestellt. Sie wurde in Glaubensbekenntnissen vorgelesen, deren sich die großen Kirchen bei der Tauffeier bedienten (51). Sie wurde auch in das große Eucharistiegebet des hl. Jakobus von Jerusalem (52), des hl. Basilius in Kleinasien und in Alexandrien (53) und der übrigen Kirchen des Orients aufgenommen (54). Bei den griechischen Vätern findet sich diese Lehre seit Irenäus (53) und außerdem in der „Expositio fidei” des hl. Athanasius (56). Im Westen begegnet sie uns bei Gregor von Elvira (57), beim hl. Augustinus (58), beim hl. Fulgentius (59) und anderen.

Zu einer Zeit, da die Katharer im Westen wie die Bogomilen im Osten Europas den manichäischen Dualismus wiederaufleben ließen, konnte das Glaubensbekenntis des 4. Laterankonzils nichts Besseres tun, als diese Erklärung und ihre Formel, schon von jeher von grundlegender Bedeutung, wiederaufzunehmen. Bald darauf wurden Erklärung und Formel vom zweiten Konzil von Lyon (60), vom Konzil von Florenz (61) und Trient (62) wiederholt. Sie fanden auch Eingang in die Konstitution Dei Filius des Ersten Vatikanums (63), und zwar mit den nämlichen Begriffen, die auch das 4. Laterankonzil von 1215 gebrauchte. Es handelt sich deshalb um eine Lehraussage von grundlegender Bedeutung und um eine feststehende Glaubenslehre, die das Laterankonzil unter der Führung der göttlichen Vorsehung besonders herausgestellt hat, um damit seine Aussage über den Satan und die Dämonen zu verbinden. Damit hat das Konzil gezeigt, daß sich die Dämonenlehre, die schon an sich von Bedeutung ist, in den größeren Zusammenhang der Weltschöpfung und des Glaubens an die Engelwesen einfügt.

Zweites Thema des Konzils: Der Teufel

1. Der Text

Was die Aussage des Konzils über die Dämonen betrifft, so ist sie weit davon entfernt, nur ein aus den Umständen sich ergebender Zusatz zu sein, nach Art einer theologischen Schlußfolgerung oder Deduktion. Im Gegenteil. Sie erscheint als ein feststehender, seit langer Zeit angenommener Lehrsatz. Dies zeigt bereits die Formulierung des Textes. Nach der Aussage über die Erschaffung aller Dinge geht das Dokument zur Aussage über den Teufel und die Dämonen nicht wie zu einer logisch abgeleiteten Schlußfolgerung über. Es steht da nicht geschrieben: „Infolgedessen sind der Satan und die Dämonen als von ihrer Natur her gute Wesen erschaffen worden”, wie es notwendig gewesen wäre, wenn es sich dabei um eine neue, von der vorhergehenden abgeleitete Lehraussage gehandelt hätte. Sie stellt im Gegenteil das Vorkommnis mit dem Satan als “einen Beweis für die vorhergehende Feststellung, als ein Argument gegen den Dualismus dar. Das Dokument sagt daher: „Weil der Satan und die Dämonen von ihrer Natur her als gute Wesen erschaffen wurden…” Kurz gesagt, die Aussage, die sie betrifft, stellt sich als eine unangefochtene Feststellung des christlichen Bewußtseins dar. Es ist dies ein wichtiger Punkt des Dokumentes, und in Anbetracht der historischen Umstände konnte es gar nicht anders sein.

2. Die Vorgeschichte der Lehraussage:
Die positiven und negativen Formulierungen der Aussage (4.-5. Jahrhundert)

Seit dem 4. Jahrhundert hat nämlich die Kirche gegen die manichäische Lehre von den zwei gleich ewigen und entgegen gesetzten Prinzipien Stellung genommen (64). Im Osten wie im Westen hat sie mit Festigkeit die Lehre vertreten, daß Satan und die Dämonen von ihrer Natur her als gute Wesen erschaffen wurden, „Du mußt glauben”, sagt Gregor von Nazianz zu einem Neugetauften, „daß es kein böses Wesen noch eine Herrschaft des Bösen gibt, die nicht auf einen Seinsgrund zurückgehen, der entweder aus sich selber ist oder von Gott geschaffen wurde” (65).

Der Teufel wurde als ein Geschöpf Gottes gesehen, das in seinem Ursprung gut und strahlend wie das Licht war, das aber unglücklicherweise nicht in der Wahrheit verblieb, auf die es gegründet war (Joh 8, 44), sondern sich gegen den Herrn aufgelehnt hatte (66). Das Böse war also nicht in seiner Natur, sondern in einem freien und von seinem Willen abhängigen Akt (67). Aussagen dieser Art — die man inhaltlich gleich im Osten beim hl, Basilius (68), beim hl. Gregorius von Nazianz (69), beim hl. Johannes Chrysostomus (70), bei Dydimus von Alexandrien (71) und im Westen bei Tertullian (72), bei Eusebius von Vercelli (73), beim hl. Ambrosius (74) und beim hl. Augustinus (75) lesen kann — konnten gegebenenfalls eine feste dogmatische Form annehmen. Sie finden sich außerdem auch in der Form einer lehramtlichen Verurteilung oder eines Glaubensbekenntnisses.

Das Werk „De Trinitate”, das dem hl. Eusebius von Vercelli zugeschrieben wird, drückt die Wahrheit mit Festigkeit in der Form sich einander folgender Bannsprüche aus:

„Wenn jemand bekennt, daß in der Natur, in der der gefallene Engel erschaffen worden ist, nicht das Werk Gottes ist, sondern daß er aus sich selbst existiert und sich noch dahin versteigt, daß er ihm zuerkennt, seinen Seinsgrund in sich selbst zu finden, der sei im Banne.”

„Wenn jemand bekennt, daß der abgefallene Engel von Gott mit einer verderbten Natur erschaffen wurde und nicht sagt, daß er das Böse aus sich selbst durch sein eigenes Wollen empfangen hat, der sei im Banne.”

„Wenn jemand bekennt, daß der Satansengel die Welterschaffen hat — fern sei von uns ein solcher Glaube! — und nicht erklärt hat, daß jede Sünde seine Erfindung ist, der sei im Banne” (76).

Die Darstellung in Form von Bannsprüchen war damals kein Einzelfall. Sie findet sich auch im Commonitorium, das dem hl. Augustinus zugeschrieben wird und das im Hinblick auf den Abfall der Manichäer verfaßt worden war. Diese Unterweisung belegte mit dem Bann „denjenigen, der glaubt, daß es zwei Naturen gibt, die ihren Ursprung von zwei verschiedenen Prinzipien herleiten. Die eine Natur ist gut, sie stammt von Gott, die andere ist schlecht und ist nicht von ihm geschaffen” (77).

Diese Lehraussage wurde jedoch viel lieber in der direkten und positiven Form einer Glaubensaussage ausgedrückt. Delhi. Augustinus sagt zu Beginn seines Werkes „De Genesi ad litteram” folgendermaßen:

„Die katholische Lehre verlangt, daß wir glauben, daß die Dreifaltigkeit ein einziger Gott ist, der alle Wesen erschaffen und gebildet hat, die existieren und insofern sie existieren, und zwar in der Weise, daß jedes Geschöpf, sei es Geistwesen oder körperliches Wesen, oder um es kurz mit den Worten der Heiligen Schrift zu sagen: Sei es sichtbar oder unsichtbar, nicht der göttlichen Natur angehört, sondern von Gott aus dem Nichts erschaffen worden ist” (78).

Ebenso hat das erste Konzil von Toledo in Spanien bekannt, daß Gott der Schöpfer von „allen sichtbaren und unsichtbaren Wesen ist, und daß es außer ihm „keine göttliche Natur, keinen Engel, Geist und keine Macht gibt, die als Gott angesehen werden könnte” (79).

So wies Ende des 4. Jahrhunderts das christliche Glaubensbekenntnis — wie es gelehrt und gelebt wurde — zu diesem Punkt die beiden dogmatischen Aussagen, die positive und negative, auf, die wir acht Jahrhunderte später zur Zeit Innozenz III. und des 4. Laterankonzils antreffen.

Der hl. Leo der Große

In der Zwischenzeit kamen diese dogmatischen Aussagen durchaus nicht außer Brauch. Im 5. Jahrhundert sprach darüber der Brief Papst Leos des Großen an Turibius, Bischof von Astorga, — dessen Authentizität nicht in Zweifel gezogen werden kann — im selben Ton und mit der gleichen Klarheit. Unter den Irrlehren der Priscillianer, die von ihm verurteilt wurden, findet man auch folgende: „Die sechste Anmerkung (80) berichtet, daß sie behaupten, daß der Teufel niemals gut gewesen und seine Natur nicht ein Werk Gottes ist, sondern daß er aus dem Chaos und der Finsternis hervorgegangen ist, weil er keinen Urheber seines Seins hat, sondern er selbst das Prinzip und die Substanz jeglichen Übels ist, während hingegen der wahre Glaube, der katholische Glaube, bekennt, daß die Substanz aller Geschöpfe, der geistigen wie der körperlichen, gut ist und daß das Böse nicht eine Natur ist, da Gott, der Schöpfer des Alls, nur geschaffen hat, was gut ist. Deshalb wäre der Teufel selbst gut, wenn er in dem Zustand verblieben wäre, in dem er erschaffen worden war. Da er aber leider von seinen natürlichen Vorzügen einen schlechten Gebrauch gemacht hat und nicht in der Wahrheit geblieben ist (Joh 8, 44), hat er sich (ohne Zweifel) nicht in eine entgegengesetzte Substanz verwandelt, sondern hat sich vom höchsten Gut getrennt, dem er hätte anhangen sollen…“ (81).

Diese Lehraussage (angefangen von den Worten „der wahre Glaube, der katholische Glaube, bekennt …” bis zum Schluß) wurde für so bedeutsam gehalten, daß sie mit denselben Worten unter die Ergänzungen aufgenommen wurde, die im 6. Jahrhundert zu dem Buch „De ecclesiasticis dogmatibus” hinzugefügt worden sind, das Gennadius von Marseille zugeschrieben wird (82). Schließlich wird dieselbe Lehre auch autoritativ im Werk des hl. Fulgenlius „De fide seu de regula fidei ad Petrum” bekräftigt, wo die Notwendigkeit unterstrichen wird, „hauptsächlich zu glauben” und „fest zu glauben”, daß alles, was nicht Gott ist, Gottes Geschöpf ist und daß dies bei allen Wesen, den „sichtbaren und unsichtbaren”, der Fall ist „daß ein Teil der Engel irregegangen ist und sich freiwillig von ihrem Schöpfer abgewandt hat” (83). Es überrascht deshalb nicht, daß in einem solchen geschichtlichen Zusammenhang die „Statuta Ecclesiae antiqua” — eine kanonische Sammlung des 5. Jahrhunderts — unter die Fragen, die zur Prüfung des katholischen Glaubens der Kandidaten für das Bischofsamt bestimmt waren, auch die folgende aufgenommen wurde: „Ob der Teufel von Natur her schlecht ist oder durch seinen freien Willen so geworden ist” (84), eine Formel, die man in den Glaubensbekenntnissen wiederfindet, die von Innozenz III. den Waldensern auferlegt worden sind (85).

Das erste Konzil von Braga (6. Jahrhundert)

Die Lehre war also allgemein und bestimmt. Die zahlreichen Dokumente, die sie zum Ausdruck bringen und von denen wir die wichtigsten angeführt haben, bilden den lehrmäßigen Hintergrund, vor dem sich in der Mitte des 6. Jahrhunderts das erste Konzil von Braga abhebt. Vor diesem Hintergrund erscheint auch Kap. 7 dieser Versammlung nicht als ein isolierter Text, sondern als eine Synthese der Lehre des 4. und 5. Jahrhunderts in dieser Frage und vor allem der Lehre von Papst Leo dem Großen: „Wer sagt, der Teufel sei anfangs nicht als guter Engel von Gott erschaffen worden und sei seiner Natur nach nicht ein Werk Gottes, sondern behauptet, er sei aus der Finsternis aufgetaucht und habe keinen Schöpfer, sondern sei selbst das Prinzip und die Substanz des Bösen, wie es manichäische und priscillianische Lehre ist, der sei ausgeschlossen” (86).

Das Auftreten der Katharer (12. und 13. Jahrhundert)

Schon seit langer Zeit sind auch die konkrete Verfassung der Kreatur und der freie Willensakt, durch den der Teufel gefallen ist, Bestandteil des ausdrücklichen Glaubens der Kirche. Dem 4. Laterankonzil genügte es, diese Aussagen in sein Glaubensbekenntnis aufzunehmen, ohne sie dokumentieren zu müssen, da es sich hierbei um eine klar erkannte Glaubenswahrheit handelte. Diese Aufnahme die vom dogmatischen Gesichtspunkt her schon früher möglich gewesen wäre, war nun notwendig geworden, da die Irrlehre der Katharer einige alte manichäische Irrtümer sich zu eigen gemacht hatte. Zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert haben sich deshalb viele Glaubensbekenntnisse beeilen müssen, erneut zu bekräftigen, daß Gott der Schöpfer der „sichtbaren und unsichtbaren” Wesen und der Urheber der beiden Testamente ist, sowie genauer zu bestimmen, daß der Teufel nicht von Natur aus schlecht ist, sondern infolge einer freien Entscheidung (87). Die antiken dualistischen Auffassungen, die in ausgedehnte doktrinelle und spirituelle Bewegungen Eingang gefunden hatten, stellten also im südlichen Frankreich und in Norditalien eine wirkliche Gefahr für den Glauben dar. In Frankreich hat Ermengaud von Beziers einen Traktat gegen die Häretiker schreiben müssen, „die sagen und. glauben, daß die gegenwärtige Welt und alle sichtbaren Wesen nicht von Gott, sondern vom Teufel geschaffen worden sind”, und ein guter und allmächtiger Gott und ein böser Gott, nämlich der Teufel, existieren (88). In Norditalien hatte auch ein bekehrter ehemaliger Katharer, Bonacursus, zur Wachsamkeit aufgerufen und die verschiedenen Lehrmeinungen der Sekte genauer bestimmt (89). Kurz nach seiner Intervention gibt die „Summa contra haereticos”, die lange Zeit Praepositinus von Cremona zugeschrieben worden ist, für unser Problem noch besser den Einfluß der dualistischen Häresie auf die Lehre jener Epoche an, wenn sie die Darlegungen über die Katharer in folgender Weise beginnt:

„Der allmächtige Gott hat nur die unsichtbaren und unkörperlichen (Wesen) erschaffen. Was den Teufel betrifft, den dieser Häretiker den Gott der Finsternis nennt, so hat dieser die sichtbaren und körperlichen (Wesen) erschaffen. Nach dieser Aussage fügt der Häretiker hinzu, daß es zwei Prinzipien der Dinge gibt: das Prinzip des Guten, nämlich den allmächtigen Gott, und das Prinzip des Bösen, den Teufel. Ferner behauptet er, daß es zwei Naturen gibt: eine gute, die der unkörperlichen (Wesen), welche vom allmächtigen Gott erschaffen worden sind; andererseits eine schlechte, die der körperlichen (Wesen), welche vom Teufel erschaffen wurden. Der Häretiker, der sich in dieser Weise äußert, hieß früher Manichaeus, heute Katharer” (90).

Trotz ihrer Kürze ist diese Zusammenfassung bedeutsam wegen ihrer inhaltlichen Dichte. Wir können sie heute noch vervollständigen, indem wir auf das „Buch der zwei Prinzipien” Bezug nehmen, das von einem Theologen der Katharer kurz nach dem 4. Laterankonzil geschrieben worden ist (91). Diese kleine Summe für streitbare Anhänger dieser Seite beanspruchte, indem sie sich mit den Detailfragen der Beweisführung befaßte und sich auf die Heilige Schrift berief, die Lehre von dem einen Schöpfer zu widerlegen und die Existenz von zwei entgegengesetzten Prinzipien durch biblische Texte zu begründen (92). Neben dem guten Gott, so steht dort geschrieben, „müssen wir notwendig die Existenz eines anderen Prinzips, nämlich das des Bösen, anerkennen, das auf verderbliche Weise gegen den wahren Gott und gegen seine Schöpfung handelt” (95).

Die Bedeutung der Entscheidung des 4. Laterankonzils

Am Beginn des 15. Jahrhunderts waren diese Erklärungen weit davon entfernt, nur Theorien von intellektuellen Experten zu sein, sondern entsprachen einer Anzahl von irrigen Glaubensüber-Zeugungen, die von einer Menge kleiner, verzweigter, organisierter und aktiver Gemeinschaften gelebt und verbreitet wurden. Die Kirche hatte die Pflicht, einzuschreiten und energisch die Lehraussagen der vorhergehenden Jahrhunderte zu bekräftigen. Dies tat Papst Innozenz III., indem er die zwei genannten dogmatischen Aussagen in das Glaubensbekenntnis des 4. Ökumenischen Laterankonzils einfügte. Dieses wurde offiziell vor den Bischöfen verlesen und von ihnen approbiert. Mit erhobener Stimme gefragt: „Glaubt ihr diese (Wahrheiten) in allen Punkten?”, antworteten sie durch einstimmige Akklamation: „Wir glauben (sie)” (94). In seiner Gesamtheit ist also das Konzilsdokument „de fide”. Auf Grund seiner Natur und seiner Form, welche die eines Glaubensbekenntnisses sind, besitzt jeder seiner Hauptpunkte den gleichen dogmatischen Wert.

Man würde einem offensichtlichen Irrtum verfallen, wenn man verlangen würde, daß jeder Paragraph eines Glaubensbekenntnisses nur eine einzige dogmatische Aussage enthalten dürfte. Das würde bedeuten, sich für seine Auslegung einer Hermeneutik zu bedienen, die z. B. für ein Dekret des Konzils von Trient gültig wäre, bei dem gewöhnlich jedes Kapitel nur ein dogmatisches Thema behandelt: Die Notwendigkeit; sich auf die Rechtfertigung vorzubereiten (95), die Wahrheit der Realpräsenz Christi in der Eucharistie (96) usw. Der erste Paragraph des 4. Laterankonzils hingegen faßt in “derselben” Anzahl von Zeilen wie das Kapitel des Trienter Konzils über „die Gabe der Beharrlichkeit” (97) eine Vielzahl von Glaubensaussagen zusammen, die zum Teil schön definiert waren: Über die Einheit Gottes, die Trinität und die Gleichheit der Personen, die Einfachheit ihrer Natur, das Hervorgehen des Sohnes und des Heiligen Geistes. Dasselbe geschieht hinsichtlich der Schöpfung, “vor allem bei den beiden Abschnitten, die den Fragenkreis der von Gott erschaffenen geistigen und körperlichen Wesen sowie die Erschaffung des Teufels und seine Sünde betreffen. Es handelte :sich hierbei, wie wir festgestellt haben, um ebensoviele Punkte, die schon seit dem 4. und 5. Jahrhundert zur Lehre der Kirche gehörten. Dadurch, daß das Konzil sie in sein Glaubensbekenntnis einfügte, tat es nichts anderes, als daß es deren Zugehörigkeit zum allgemeinen Glaubensgut feierlich bekräftigte.

Die Existenz der dämonischen Wirklichkeit und die Aussage über ihre Macht gründen ferner nicht nur in diesen spezielleren Dokumenten allein, sondern finden auch einen weiteren, mehr generellen und weniger rigorosen Ausdruck in den Verlautbarungen der Konzilien, wo immer sie die Lage des Menschen ohne Christus beschreiben.

Die gemeinsame Lehre der Päpste und der Konzilien

In der Mitte des 5. Jahrhunderts, kurz vor dem Konzil von Chalzedon, hat der „Tomus” Papst Leos des Großen an Flavius den Sieg über den Tod und über den Teufel, der nach dem Hebräerbrief die Herrschaft über diesen innehat (98), als eines der Ziele der Heilsökonomie bestimmt. Als dann später das Konzil von Florenz über die Erlösung sprach, stellte es diese biblisch als eine Befreiung aus der Herrschaft des Teufels dar (99). Das Konzil von Trient erklärt, indem es die Lehre des hl. Paulus zusammenfaßt, daß der sündige Mensch „Satan und dem Tod Untertan ist” (100). Indem Gott uns erlöst hat, hat er „uns aus der Gewalt der Finsternis entrissen und uns in das Reich seines geliebten Sohnes versetzt, in dem wir Erlösung haben und Vergebung der Sünden” (101). Nach der Taufe eine Sünde zu begehen, bedeutet, „sich der Herrschaft Satans zu übergeben” (102). Dies ist in der Tat der ursprüngliche und universale Glaube der Kirche, der seit den ersten Jahrhunderten in der Liturgie der christlichen Initiation bezeugt ist, wenn die Katechumenen kurz vor der Taufe dem Satan abschworen, ihren Glauben an die allerheiligste Dreifaltigkeit bekannten und sich Christus, ihrem Erlöser, weihten (103).

Aus diesem Grund hat auch das II. Vatikanische Konzil, das sich mehr für die Gegenwart der Kirche als für die Lehre der Schöpfung interessierte, es nicht unterlassen, ,,zur Wachsamkeit gegenüber dem Wirken Satans und der Dämonen aufzurufen. Wie die Konzile von Florenz und Trient hat es mit dem Apostel daran erinnert, daß Christus uns „aus der Macht der Finsternis befreit” (104). Indem die Konstitution Gaudium et spes nach der Art des hl. Paulus und der Apokalypse die Heilige Schrift zusammenfaßt, sagt sie, daß unsere Geschichte, die Gesamtgeschichte, „ein harter Kampf ist gegen die Mächte der Finsternis, ein Kampf, der schon am Anfang der Welt begann und, nach dem Wort des Herrn, bis zum letzten Tag andauern wird” (105). An anderer Stelle wiederholt das II. Vatikanische Konzil die Ermahnungen des Epheserbriefes, „die Waffenrüstung Gottes anzulegen, um den Ränken des Teufels widerstehen zu können” (106).

Denn wir müssen, wie dieselbe Konstitution die Laien erinnert, „kämpfen gegen die finsteren Weltherrscher und die bösen Geister” (107). Es überrascht schließlich auch nicht, daß dasselbe Konzil, wo es die Kirche als das bereits begonnene Reich Gottes darzustellen beabsichtigt, auf die Wunder Jesu hinweist und zu diesem Zweck gerade die Exorzismen anführt (108). Es war genau in diesem Zusammenhang, daß Jesus das bekannte Wort gesprochen hat: „So ist also das Reich Gottes zu euch gekommen” (109).

Der Beweis aus der Liturgie

Was die Liturgie betrifft, auf die wir schon Verschiedentlich zu sprechen gekommen sind, so stellt sie ein besonderes Zeugnis dar, weil sie der konkrete Ausdruck des gelebten Glaubens ist. Wir dürfen aber nicht von ihr verlangen, daß sie auf unsere Neugier über die Natur der Dämonen, ihre Art und ihre Namen Auskunft erteilt. Die Liturgie begnügt sich damit, ihrer Aufgabe entsprechend nachdrücklich auf deren Existenz und die Gefahren hinzuweisen, die durch sie den Christen drohen. Begründet in der Lehre des Neuen Testamentes, bietet die Liturgie dafür viele direkte Hinweise, indem sie daran erinnert, daß das Leben der Getauften ein Kampf gegen die Welt, das Fleisch und die dämonischen Wesen ist, der mit der Gnade Christi und in der Kraft seines Geistes geführt wird (110).

Die Bedeutung der neuen Rituale

Dieser liturgische Beweis muß heute jedoch mit Behutsamkeit angewandt werden. Einerseits drohen die orientalischen Rituale und Sakramente mit ihrer später erfolgten Ausschmückung und ihrer komplexen Dämonologie uns fehlzuleiten. Andererseits laden uns die lateinischen liturgischen Dokumente, die im Lauf der Geschichte des öfteren überarbeitet worden sind, gerade wegen dieser Veränderungen zu ebenso umsichtigen Schlußfolgerungen ein. Unser antikes Rituale der öffentlichen Buße brachte mit Nachdruck das Wirken des Teufels auf die Sünder zum Ausdruck. Leider sind diese Texte, die im „Pontificale Romano” bis in unsere Tage überlebt haben (111), seit geraumer Zeit nicht mehr in Gebrauch. Vor 1972 konnte man auch noch die kirchlichen Sterbegebete beten, die an den Schrecken der Hölle und die letzten Anstürme Satans erinnerten (112); auch diese bezeichnenden Texte sind nun verschwunden. Das besondere Amt des Exorzisten ist gerade in unseren Tagen, wenn auch noch nicht völlig abgeschafft, so doch auf einen gelegentlichen Dienst reduziert und kann de facto nur noch mit Erlaubnis der Bischöfe ausgeübt werden (113), ohne daß ein besonderer Ritus für dessen Vollzug vorgesehen ist. Eine solche Regelung bedeutet natürlich nicht, daß der Priester nicht mehr die Macht zur Ausübung des Exorzismus hat, noch daß er ihn nicht mehr vollziehen darf. Dennoch verpflichtet uns dies, festzustellen, daß die Kirche dadurch, daß sie diesem Amt keine spezifische Handlungsweise mehr zuteilt, den Exorzismen nicht mehr die Bedeutung zuerkennt, die sie in den ersten Jahrhunderten gehabt haben. Diese Entwicklung verdient durchaus, in Erwägung gezogen zu werden.

Dennoch dürfen wir daraus nicht schließen, daß im liturgischen Bereich der Glaube nachgelassen oder sich sogar geändert habe. Das Römische Missale vom 1970 gibt weiterhin die Überzeugung der Kirche über das Eingreifen dämonischer Mächte wieder. Wie früher erinnert die Liturgie des ersten Fastensonntags die Gläubigen daran, wie Jesus den Versucher besiegt hat: Die drei synoptischen Berichte über seine Versuchung sind den drei Zyklen A, B, C der Lesungen der Fastenzeit vorbehalten. Das Protoevangelium, in dem der Sieg der Nachkommenschaft der Frau über jene der Schlange angekündigt wird (Gen 3, 15), liest man am 10. Sonntag des Jahreszyklus B und am Samstag der 5. Woche. Am Fest der Aufnahme Mariens und im Comune der allerseligsten Jungfrau wird aus der Apokalypse der Abschnitt 12, 1-6 gelesen, der die Drohung des Drachen gegen die Frau, die gebären sollte, schildert. Die Diskussion Jesu mit dem Pharisäer über Beelzebub (Mk 3, 20-35) findet sich unter den Lesungen des bereits genannten 10. Sonntags des Jahreszyklus B. Das Gleichnis vom Samenkorn und vom Unkraut (Mt 13, 36-46) liest man am Dienstag der 13. Woche. Die Ankündigung der Besiegung des Fürsten dieser Welt (Joh 12, 20-33) wird am 5. Sonntag der Fastenzeit im Jahreszyklus B gelesen und in der Woche ebenso Joh 14, 30. Von den Schriften der Apostel erscheint Eph 2, 1-10 am Montag der 29. Woche; Eph 6, 10-20 im Comune der Heiligen und am Donnerstag der 13. Woche. 1 Joh 3, 7-10 liest man am 4. Januar; das Fest des hl. Markus bietet den ersten Petrusbrief, der den Teufel auf der Suche nach seiner Beute darstellt, die er zu verschlingen beabsichtigt. Diese Zitate, die noch vermehrt werden müßten, um vollständig zu sein, bezeugen, daß die bedeutendsten biblischen Texte über den Teufel stets ein Teil der offiziellen Lesungen der Kirche sind.

Es ist wahr, daß das Ritual für die christliche Initiation der Erwachsenen in diesem Punkt geändert worden ist und den Teufel nicht mehr in gebieterischem Ton beschwört. Doch wendet man sich nun mit derselben Absicht in Form eines Gebetes an Gott (114), was eine weniger pathetische, aber ebenso wirksame Ausdruckweise ist. Es ist deshalb falsch zu behaupten, daß die Exorzismen vom neuen Taufritual abgeschafft worden seien. Der Irrtum ist so offenkundig, da das neue Ritual für das Katechumenat vor den gewöhnlichen, sog. „größeren” Exorzismen sogar noch „kleinere” Exorzismen eingefügt hat, die über die ganze Dauer des Katechumenats verteilt sind und in der Vergangenheit unbekannt waren (115).

Die Exorzismen bleiben also erhalten. Heute wie gestern bitten sie um den Sieg über „Satan”, „den Teufel”, „den Fürsten dieser Welt” und „die Mächte der Finsternis“. Die drei gewöhnlichen „Skrutinien“, bei denen wie früher die Exorzismen stattfinden, haben denselben negativen und positiven Zweck wie ehedem: „von der Sünde und vom Teufel befreien” und zur gleichen Zeit „in Christus bestärken” (116). Die Feier der Kindertaufe bewahrt ebenfalls, was auch immer man darüber sagt, einen Exorzismus (117), was nicht bedeutet, daß die Kirche diese Kinder als vom Satan besessen betrachtet; doch glaubt sie, daß auch sie aller Wirkungen der Erlösung Christi bedürfen. Vor der Taufe trägt nämlich jeder Mensch, das Kind wie der Erwachsene, das Zeichen der Sünde und der Einwirkungen Satans.

Was die Liturgie der privaten Beichte betrifft, so spricht sie heute weniger vom Teufel als früher. Aber die gemeinschaftlichen Bußfeiern haben ein antikes Gebet wieder aufgegriffen, das den Einfluß Satans auf die Sünder erwähnt (118). Im Krankenritual unterstreichen zwar, wie wir bereits erwähnt haben, die Sterbegebete nicht mehr die beunruhigende Gegenwart Satans, doch betet der Priester bei der Spendung der Krankensalbung, daß der Kranke „von der Sünde und von jeglicher Versuchung befreit werden möge” (119). Das heilige Öl wird als ein „Schutz” für Leib, Seele und Geist betrachtet (120). Ohne die Hölle und den Dämon zu nennen, weist „das Gebet „Commendo te” dennoch indirekt auf deren Existenz und Wirken hin, wenn Christus darin gebeten wird, den Sterbenden zu erretten und ihn in die Zahl seiner” Schafe und „seiner” Erwählten aufzunehmen. Diese Ausdrucksweise will offensichtlich beim Kranken und seiner Familie einen Schock vermeiden, verleugnet aber in keiner Weise den Glauben an das Geheimnis des Bösen.

In Kürze: Was die Lehre über die Dämonen betrifft, so ist die Stellung der Kirche klar und fest. Es ist wahr, daß im Lauf der Jahrhunderte die Existenz Satans und der Dämonen niemals zum Gegenstand einer expliziten Aussage ihres Lehramtes gemacht worden ist. Der Grund dafür ist, daß die Frage nie in dieser Form gestellt worden ist. Die Häretiker und die Gläubigen, die sich in gleicher Weise auf die Heilige Schrift stützten, stimmten darin überein, daß sie deren Existenz und deren wichtigste unheilvolle Taten anerkannten. Daher ist es heute, wenn die Wirklichkeit der Dämonen in Zweifel gezogen wird, notwendig — wie wir früher schon gesagt haben —, sich auf den konstanten und universalen Glauben der Kirche und auf dessen wichtigste Quelle, die Lehre Christi, zu beziehen. In der Lehre des Evangeliums und inmitten des gelebten Glaubens ist es nämlich, wo sich die Existenz der Welt der Dämonen als eine dogmatische Tatsache offenbart. Das heutige Unbehagen, das wir eingangs aufgezeigt haben, zieht also nicht nur einen zweitrangigen Bestandteil des christlichen Gedankengutes in Frage, sondern berührt den konstanten Glauben der Kirche, ihre Art, die Erlösung zu verstehen und zuallererst sogar das Bewußtsein Jesu selbst. Deshalb konnte Papst Paul VI., als er kürzlich von dieser „furchtbaren, geheimnisvollen und beängstigenden Wirklichkeit” sprach, mit Autorität feststellen: „Wer sich weigert, deren Existenz anzuerkennen, verläßt den Bereich der biblischen und kirchlichen Lehre; ebenso wer aus ihr ein in sich stehendes Prinzip macht, das nicht wie jegliche Kreatur von Gott seinen Ursprung hat, oder wer sie als eine Pseudo-Realität, als eine begriffliche und phantasievolle Personifizierung der unbekannten Ursachen unserer Übel erklärt” (121). Weder die Exegeten noch die Theologen sollten diese Warnung überhören.

Wir wiederholen daher, daß die Kirche, indem sie auch heute noch die Existenz der Dämonen unterstreicht, weder zu den dualistischen und manichäischen Spekulationen früherer Zeiten zurückzukehren noch einen für die Vernunft annehmbaren Ersatz anzubieten beabsichtigt. Sie will nur dem Evangelium und seinen Forderungen treu bleiben. Sie hat natürlich dem Menschen niemals gestattet, sich seiner Verantwortung zu entledigen, indem er seine eigene Schuld den Dämonen zuschreibt. Die Kirche hat nicht gezögert, gegen eine solche Ausflucht, wo sie sich ergab, aufzutreten und mit dem hl. Johannes Chrysostomus zu sagen: „Es ist nicht der Teufel, sondern die eigene Nachlässigkeil der Menschen die Ursache aller ihrer Versagen und aller Übel, die sie beklagen” (122).

Diesbezüglich zeigt die christliche Lehre mit ihrer entschiedenen Verteidigung der Freiheit und der Größe des Menschen und in der Betonung der Allmacht und der Güte des Schöpfers ein Nachgeben. Sie hat in der Vergangenheit stets verurteilt und wird immer verurteilen, daß man sich allzu leichtfertig als Vorwand auf einen dämonischen Einfluß beruft. Sie hat sowohl den Aberglauben wie die Magie abgelehnt und jegliche Kapitulation in der Lehre gegenüber dem Fanatismus und jeden Verzicht auf die Freiheit gegenüber der Macht verweigert. Mehr noch, wenn man von einem möglichen Eingriff Satans spricht, hat die Kirche stets wie bei den Wundern einer kritischen Überprüfung Raum gegeben. Auf diese Weise fordert sie Behutsamkeit und Umsicht. Denn es ist leicht, Opfer der Einbildung zu werden, sich von ungenauen Berichten verleiten zu lassen, die entweder unbeholfen weitererzählt oder irrig interpretiert weiden. In diesen wie in anderen Fällen ist es notwendig, zu unterscheiden und der Nachforschung und ihren Ergebnissen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.

Trotzdem aber ist die Kirche, treu dem Vorbild Christi, der Auffassung, daß die Ermahnung des Apostels Petrus zur „Nüchternheit” und Wachsamkeit immer aktuell ist (123). In unseren Tagen ist es sicherlich ratsam, sich vor einem neuen „Rausch” zu hüten. Aber auch das Wissen und die Macht der Technik können berauschen. Der Mensch ist heute stolz auf seine Entdeckungen, und oft mit Recht. Ist es jedoch in unserem Fall sicher, daß seine Analysen alle Phänomene geklärt haben, die für die Gegenwart der Dämonen charakteristisch sind und diese anzeigen? Gibt es zu diesem Punkt kein Problem mehr? Haben etwa die hermeneutische Analyse und das Studium der Väter die Schwierigkeiten in allen Texten beseitigt? Nichts ist weniger sicher. Gewiß, in anderen Zeiten herrschte eine gewisse Einfalt in der Furcht, an der Kreuzung unserer Wege eventuell einem Dämonen zu begegnen. Ist man aber heute nicht ebenso einfältig in der Erwartung, daß unsere Methoden bald das letzte Wort über die Tiefenschichten des Bewußtseins geben werden, wo die geheimnisvollen Beziehungen zwischen Seele und Leib, zwischen dem Übernatürlichen, dem Außernatürlichen und Menschlichen, zwischen Vernunft und Offenbarung sich einander durchdringen? Denn diese Fragen sind immer als umfangreich und verwickelt angesehen worden. Auch unsere heutigen Methoden haben wie die unserer Vorfahren Grenzen, die sie nicht zu übersteigen vermögen. Die Bescheidenheit, die auch eine vorzügliche Charaktereigenschaft der Intelligenz ist, muß ihre Rechte wahren und in der Wahrheit bleiben. Denn diese Tugend gestattet es dem Christen —wenn sie auch in besonderer Weise der Zukunft Rechnung trägt —, schon jetzt dem Beitrag der Offenbarung, kurz: dem Glauben, Raum zu geben.

Es ist in der Tat der Glaube, an den uns der Apostel Petrus verweist, wenn er uns einlädt, dem Teufel „fest im Glauben” zu widerstehen. Der Glaube nämlich lehrt uns, daß die Wirklichkeit des Bösen „ein lebendiges, geistiges, verführtes und verführendes Wesen ist” (124). Er vermag uns aber auch Vertrauen zu geben, indem er uns wissen läßt, dass die Macht Satans nicht die ihm von Gott gesetzten Grenzen überschreiten kann. Ebenso versichert er uns, daß der Teufel, wenn er uns zu versuchen imstande ist, uns dennoch niemals unsere Zustimmung abnötigen kann. Vor allem öffnet der Glaube das Herz für das Gebet, in dem er seinen Sieg und seine Krönung findet und uns erwirkt, daß wir in der Kraft Gottes über das Böse triumphieren.

Es ist gewiß, daß die Wirklichkeit der Dämonen, die konkret durch das bezeugt wird, was wir das Geheimnis des Bösen nennen, auch heute noch ein Rätsel bleibt, das das christliche Leben umgibt. Wir wissen nicht viel besser als die Apostel, warum der Herr es zuläßt, noch wie er es in den Dienst seiner Pläne stellt. Es könnte jedoch geschehen, daß in unserer Zivilisation, die so sehr einem weltlichen Horizontalismus huldigt, die unerwarteten heftigen Ausbrüche dieses Geheimnisses ein etwas feinfühligeres Empfinden für deren Verständnis vermitteln. Sie verpflichten den Menschen, in weitere Fernen, mehr in die Höhe und hinter die unmittelbaren Evidenzen zu schauen. Durch die Bedrohung und die Präpotenz des Bösen, die unseren Weg behindern, erlauben sie uns, die Existenz eines Jenseitigen zu erkennen und uns deshalb Christus zuzuwenden, um von ihm die Frohbotschaft von dem uns als Gnade angebotenen Heil zu hören.

* L’Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nummer 27, 4. Juli 1975, SS. 6-8 (Erster Teil), Nummer 28, 11. Juli 1975, SS. 8-10 (Zweiter Teil).

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ANMERKUNGEN

1) Die Festigkeit der Kirche gegenüber dem Aberglauben findet ihre Erklärung schon in der Strenge des mosaischen Gesetzes, wenn auch diese formell begründet wurde aus dem Zusammenhang des Aberglaubens mit den Dämonen. So verurteilte Ex 22, 17 ohne weiteres zum Tode jene, die Magie ausübten; Lev 19, 26 und 31 verbot die Magie, die Astrologie, die Geisterbeschwörung sowie die Wahrsagerei, und Lev 20, 27 fügte die Totenbeschwörung hinzu; Dtn 18, 10 ächtete gleichzeitig Wahrsager, Astrologen, Magier, Hexenmeister, Zauberer, Zeichendeuter und solche, die Geister bannen und Tote befragen. Im Europa des hohen Mittelalters überlebten noch viele abergläubische Gebräuche des Heidentums, wie aus den Reden des hl. Caesarius von Arles und des hl. Eloi hervorgeht sowie aus dem Buch De correctione rusticorum von Martin aus Braga, aus den damaligen Aufstellungen abergläubischer Gebräuche (vgl. PL 89, 810-818) und aus den Bußbüchern. Das Erste Konzil von Toledo (Denz.-Sch., Nr. 205), dann jenes von Braga (Denz.-Sch., Nr. 459) verurteilten die Astrologie, wie es auch der hl. Leo d. Gr. im Briefe an Turibius von Astorga (Denz.-Sch., Nr. 483) getan hat. Die 9. Regel des Konzils von Trient verbietet die Betätigung der Chiromantie, der Geisterbeschwörung usw. (Denz.-Sch., Nr. 1859). Die Magie und die Zauberei veranlaßten ihrerseits eine große Zahl päpstlicher Bullen (Innozenz VIII., Leo X., Hadrian VI., Gregor XV., Urban VIII.) und viele Entscheidungen von Landessynoden. Über den Magnetismus und den Spiritismus wird man vor allem auf den Brief des Heiligen Offiziums vom 4. August 1856 zurückgreifen (Denz.-Sch., Nr. 283-285).

2) De diabolo tenlatore, Homilie II, 1, PG, 49, 257-258.

3) Apg 23, 8. Im Zusammenhang mit den jüdischen Glaubenswahrheiten bzw. der Engel und der bösen Geister zwingt nichts, das nicht näher erklärte Wort „Geist” dahin einzuschränken, daß es bloß die Geister der Toten bezeichne; man wendet den Ausdruck auch an für die Geister des Bösen, d. h. für die Dämonen. Dies ist die Auffassung von zwei jüdischen Verfassern (G. F. More, Judaism in the First Centuries of the Christian Era, Bd. I, 1927, S. 68; M. Simon, Les sectes juives au temps de Jesus, Paris 1960, S. 25) und eines Protestanten (R. Meyer, T.W.N.T., VII, S. 54).

4) Als Jesus erklärte: „Glaubet nicht, daß ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzuheben; ich bin nicht gekommen, sie aufzuheben, sondern um sie zur Vollendung zu führen” (Mt 5, 17), brachte er deutlich seine Wertschätzung für die Vergangenheit zum Ausdruck; und die folgenden Verse (19-20) bestätigen diesen Eindruck. Aber seine Verurteilung des Ehebruchs (Mt 5, 31), des Gesetzes der Wiedervergeltung (Mt 5, 38) usw. unterstreichen mehr seine totale Unabhängigkeit als den Wunsch, das Vergangene zu übernehmen und zur Vollendung zu führen. Das gleiche muß man mit mehr Grund von seiner Verurteilung des Festhaltens der Pharisäer an der Überlieferung der Alten sagen (Mk 7, 1-22).

5) Mt 8, 28-34; 12, 22-45. Wenngleich verschiedene Deutungen zugestanden werden, die jeder Synoptiker den Teufelsaustreibüngen gibt, muß man doch deren weite Übereinstimmung zugeben.

6) Mk 1, 12-13.

7) Mt 5, 37; 6, 13. Vgl. Jean Carmignac, Recherches sur le „Notre Pere”, Paris, 1969, S. 305-319. Dies ist übrigens die allgemeine Erklärung der griechischen und einiger abendländischer Väter (Tertullian, hl. Ambrosius, Cassian). Aber der hl. Augustinus und das Libera nos der lateinischen Messe waren nach einer unpersönlichen Deutung ausgerichtet.

8) E. Renaudot, Liturgiarum orientalium collectio, 2. Bd. (ad locum Missae); H. Denzinger, Ratus Orientalium, 1961, 2. Bd., S. 436. Dies scheint auch die Erklärung zu sein, der Paul VI. bei seiner Ansprache in der Generalaudienz vom 15. November 1972 folgte, weil man dort vom Bösen als lebendem und persönlichem Prinzip spricht (L’Osservatore Romano, 16.11.1972).

9) Mt 13, 19.

10) Mt 13, 39.

11) Mt 16, 19 so verstanden von P. Jouon, M. J. Lagrange, A. Medebielle, D. Buzy, M. Meinertz, W. Trilling, Jeremias usw. Es ist darum nicht zu verstehen, daß mancher heute Mt 16, 19 beiseite läßt, um bei 16, 23 zu verweilen.

12) Lk 22, 31.

13) Joh 14, 30.

14) Lk 22, 53; vgl. Lk 22, 3 legt nahe, wie angenommen wird, daß der Evangelist diese „Macht der Finsternis” in unpersönlicher Weise versteht.

15) Joh 16, 11.

16) Eph 2, 1-2; 2 Thess 2, 11: 2 Kor 4, 4.

17) Gal 5, 17; Röm 7, 23-24.

18) Eph 6, 11-16.

19) Eph 4, 27; 1 Kor 7, 5.

20) Röm 16, 20.

21) 2 Kor 4, 4.

22) 2 Thess 2, 1.

23) 2 Kor 4, 4 zitiert von Paul VI. in der bereits erwähnten Ansprache.

24) 1 Kor 10, 19-20; Röm 21-22. Dies ist praktisch die Deutung, die in Lumen gentium, Nr. 16 gegeben wird: „Vom Bösen getäuscht, wurden die Menschen oft eitel in ihren Gedanken, vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge und dienten der Schöpfung mehr als dem Schöpfer”.

25) 2 Kor 11, 3.

26) 2 Thess 2, 3-4, 9-11.

27) Apg 12, 9.

28) Joh 12, 31; 14, 30; 16, 11.

29) Joh 8, 34.

30) Joh 8, 38. 44.

31) Joh 8, 44.

32) Joh 8, 41.

33) ebd.

34) Joh 8, 38. 44.

35) J. Quasten, Initiation aux Pères de l’Église, Bd. I, Paris 1955, S. 279 (= Patrology, Bd. I, S. 246).

36) Adv. Haer., V, XXIV, 3, PG, 7, 1188 A.

37) Ebd. XXI, 2, PC, 7, 1179 C-1180 A.

38) De Civitate Dei, Bd. XI, IX, PL, 41, 323-325.

39) De Genesi ad litteram, Bd. XI, XXIV, 31, PL, 34, 441-442.

40) PL, 76, 694; 705, 722.

41) Hl. Irenaeus, Adv. haer., IV, XI, 3, PG, 7, 113 C.

42) De praescriptionibus, Kap. XL, PL, 2, 54; De jejuniis, Kap. XVI, ebd. 977.

43) „Firmiter credimus et simpliciter confitemur … unum universorum principium, creator omnium invisibilium et visibilium, spiritualium et corporalium, qui sua omnipotenti virtute simul ab initio temporis, utramque de nihilo condidit creaturam, spritualem et corporalem, angelicam videlicet et mundanam, ac deinde humanam quasi communem ex spiritu et corpore constitutum. Diabolus enim et daemones alii ad Deo quidem natura creati sunt boni, sed ipsi per se facti sunt mali. Homo vero diaboli suggestione peccavit…” (C.OE.D. = Conciliorum Oecumenicorum Decreta, Ausg. I.S.R. Bologna 1973, 3, S. 230; Denz.-Sch., Enchiridion symbolorum, Nr. 800).

44) Das erste in chronologischer Reihenfolge ist das Glaubensbekenntnis der Synode von Lyon (1179-1181), das Valdèz gesprochen hat (Ausg. A. Dondaine, Arch. Fr. Pr., 16, 1946; dann jenes, das Durandus von Huesca vor dem Bischof von Tarragona im Jahre 1208 abgelegt hat (PL, 215, 1510-1513), und endlich jenes von Bernardo Primo im Jahre 1210 (PL, 216, 289-292). Denz.-Sch., Nr. 790-797 vergleicht diese Dokumente.

45) Im Konzil von Braga (560-563) in Portugal (Denz.-Sch., Nr. 451-464).

46) Phil 2, 10.

47) Eph 1, 21.

48) Kol 1, 16.

49) C.OE.D. S. 5 und 24; Denz.-Sch., Nr. 125-150.

50) Denz-Sch., Nr. 188.

51) In Jerusalem (Denz.-Sch., Nr. 41), in Zypern (berichtet von Ephiphanius von Salami na (Denz.-Sch., Nr. 44), in Alexandrien (Denz.-Sch., Nr. 46), in Antiochien (ebd. Nr. 50), in Armenien (ebd. Nr. 48) usw.

52) PE (Prex Eucharistica, Ausg. Hänggi-Pahl, Fribourg 1968), S. 244.

53) PE, S. 232 und 348.

54) PE, S. 327, 332, 382.

55) Adv. Haer., II, XXX, 6, PG, 7, 818 B.

56) PG, 25, 199-200.

57) De fide orthodoxa contra Arianos: in den Werken, die dem hl. Ambrosius zugeschrieben werden (PL, 17, 549) wie auch dem Febadius (PL, 20, 49).

58) De Genesi ad litteram liber imperfectus, 1, 1-2, PL, 34, 221.

59) De fide liber unus, III, 25, PL, 65, 683.

60) Dieses Glaubensbekenntnis, das vom Kaiser Michael Paleologus abgelegt wurde und durch Hardouin und Mansi in den Akten dieses Konzils erhalten ist, kann man bequem in Denz.-Sch. Nr. 851 finden. Die C.OE.D. von Bologna läßt sie aus, ohne hierfür einen Grund anzugeben (beim I. Vatikanischen Konzil appellierte gleichwohl offiziell der Relator der Deputatio fidei diesbezüglich, Mansi, Bd. 52, 11M3 B).

61) Sessio IX: Bulla unionis Coptorum (Bulle der Wiedervereinigung der Kopten), C.OE.D. S. 571: Denz.-Sch., Nr. 1333.

62) Denz-Sch., Nr. 1862 (fehlt in C.OE.D.).

63) Sessio III: Consiitutio „Dei Filius”, 1. Kap.: C.OE.D., S. 805-806; Denz.-Sch., Nr. 3002.

64) Mani, der Gründer der Sekte, lebte im 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Mit Beginn des folgenden Jahrhunderts behauptete sich der Widerstand der Väter gegen den Manichaeismus. Ephiphanius widmete dieser Haeresie einen langen Traktat und widerlegte sie (Haer. 66, PG, 42, ä-172). Der hl. Athanasius spricht hierüber bei gegebener Gelegenheit (Oratio contra gentes, 2, PG, 25, 6 C). Der hl. Basilius schrieb hierüber eine kleine Abhandlung: Quod Deus non sit auctor malorum (PG, 31, 330-354). Didymus von Alexandrien ist Verfasser eines Buches (Contra Manichaeos (PG, 39, 1085-1110). Im Abendland kämpfte Augustinus systematisch nach seiner Bekehrung gegen den Manichaeismus, den er in seiner Jugend angenommen hatte (vgl. PL, 42).

65) Oratio 40. In sanctum Baptisma, Par. 45, PG, 36, 424 A.

66) Die Väter interpretierten in diesem Sinne die Verse 7s 14, 14 und Ez 28,2, in denen die Propheten den Stolz der heidnischen Könige von Babylonien und Tyrus anprangerten.

67) „Sagt mir nicht, daß die Bosheit immer im Teufel existiert habe; anfangs war er davon frei; es handelt sich hier um eine Eigenschaft seines Seins, die erst in der Folge dazu kam” (hl. Joh. Chrysostomus, De diabolo tentatore, Homilie II, 2, PG, 49, 260).

68) Quod Deus non sit auctor malorum (Daß Gott nicht der Urheber der Übel ist), 8, PG, 31, 345 C-D.

69) Oratio 38. In Teophania, 10, PG, 36, 320 C-321 A; Oratio 45. In sanctum Pascha, ebd., 629 B.

70) Vgl. oben Nr. 67.

71) Contra Manichaeos, 16: deutet in diesem Sinne Joh 8, 44 (in veritate non stetit), PG, 39, 1105 C; vgl. Enarratio in epist. B. Iudae, Vers 9, ebd. 1814 C – 1815 B.

72) Adversus Marcionem, II, X, PL, 296-298.

73) Vgl. den Paragraphen, der auf den ersten der canones de Trinitate, folgt.

74) Apologia proph. David, I, 4, PL, 14. 1455 C-D; in Psalmum 118, 10, PL, 15, 1363 D.

75) De Genesi ad litteram, Buch XI, XX-XXL 27-28, PL, 34, 439-440.

76) „Si quis confitetur angelum apostaticum in natura, qua factus est, non a Deo factum fuisse, sed ab se esse, ut de se illi principium habere adsignet, analhema sit.

Si quis confitetur angelum apostaticum in mala natura a Deo factum fuisse et non dixerit eum per voluntatem suam malum concepisse, anathema illi.

Si quis confitetur angelum Satanae mundum fecisse, quod absit, et non indicaverit (judicaverit) omne peccatum per ipsum adinventum fuisse” (De Trinitate VI, 17, 1-3, Ausg. V. Bulhart, CC, S.I., 9, S. 89-90; PL, 62, 280-281).

77) CSEL XXV/2, S. 977-982; PL, 42, 1153-1156.

78) De Genesi ad litteram liber imperfectus, I, 1-2, PL, 34, 221.

79) Denz.-Sch., Nr. 188.

80) Nämlich die 6. Anmerkung der Denkschrift, die der Bischof von Astorga als Berichterstatter an den Papst gesandt hat.

81) „Sexta annotatio indicat eos dicere quod diabolus numquam fuerit bonus, nee natura eius opificium Dei sit, sed eum ex chao et tenebris emersisse: quia scilicet nulluni sui habeat auetorem, sed omnis mali ipse sit principium atque substantia: cum fides vera, quae est catholica, omnium creaturarum sive spiritualium, sive corporalium bonam confiteatur substantiam, et mali nullani esse naturam; quia Deus, qui universitatis est conditor, nihil non bonum fecit. Unde et diabolus bonus esset, si in eo quod factus est, permaneret. Sed quia naturali excellentia male usus est, et in veritate non stetit (Joh 8, 44), non in contrariam transiit substantiam, sed a summo bono, cui debuit adhaerere, deseivit…” (Epist. 15; VI. Kap., PL, 54, 683; vgl. Denz.-Sch., Nr. 286; der kritische Text, den B. Volman OSB herausgegeben hat, weist nur Varianten in den Satzzeichen auf.

82)„Cap. IX: Fides vera, quae est catholica, omnium creaturarum sive spiritualium, sive corporalium bonam confitetur substantiam, et mali nullam esse naturam: quia Deus, qui universitatis est conditor, nihil non bonum fecit. Unde et diabolus bonus esset, si in eo quod factus est permaneret. Sed quia naturali excellentia male usus est, et in veritate non stetit, non in contrariam substantiam transiit, sed a summo bono, cui debuit adhaerere, discessit” (De ecclesiasticis dogmatibus, PL, 58, 995 C-D). Aber die ursprüngliche Rezension dieses Werkes, das im Anhang zu den Werken des hl. Augustinus veröffentlicht ist, weist dieses Kapitel nicht auf (PL, 42, 1213-1222).

83) De fide seu de regula fidei ad Petrum liber unus, PL, 65, 671-706. „Principaliter tene” (III, 25, col. 685 A); „Firmissime … tene” (IV, 45, col 694 C). „Pars itaque angelorum quae a suo Creatore Deo, quo solo bono beata fuit, voluntaria prorsus aversione discessit …” (III, 31, col. 687 A); „… nullam que esse mali naturam” (XXI, 62, col. 699 D-700 A).

84) Concilia Gallica, 314-506, CC, SL, 148, Ausg. Ch. Munier, S. 165, 25-26; noch im Anhang des Ordo XXXIV in: M. Ardrieu, Ordines romani, Bd. III, Lovanii 1951, S. 616.

85) PL, 215, 1512 D, A. Doudaine, Arch. Fr. Pe. 16 (1946) 232; Denz.-Sch., Nr. 797.

86) Denz.-Sch., Nr. 457.

87) Vgl. oben Nr. 44.

88) PL, 204, 1235-1272. Vgl. E. Delaruelle. Dict. Hist. et Geogr. Eccl. Bd. XV., col. 754-757.

89) PL, 204, 775-792. Der geschichtliche Zusammenhang des nördlichen Italien ist gut von P. Ilarino da Milano beschrieben. Le eresie medioevali (XI.-XV. Jahrh.) in: Grande Antologia filosofica, Bd. IV, Milano 1954, S. 1599-1689. Das Werk von Bonacursus wird vom gleichen P. Ilarino da Milano studiert: Die „Manifestatio heresis Catarorum quam fecit Bonacursus” entsprechend dem cod. Ottob. lat. 136 der Vat. Bibliothek, Aevum 12 (1933) 281-333.

90) „Sed primo de fide. Contra quam proponit sententiam falsitatis et iniquitatis, dicens Deum omnipotentem sola invisibilia et incorporalia creasse; diabolum vero, quem deum tenebrarum appellat, dicit visibilia et corporalia creasse. Quibus predictis addit hereticus duo esse principia rerum: unum boni, scilicet Deum omnipotentem: alterum mali, scilicet diabolum. Addit etiam duas esse naturas: unam bonam, incorporalium, a Deo omnipotente creatam; alteram malam, corporalium, a diabolo creatam. Hereticus autem qui hoc dicit antiquus Manicheus, nunc vero Carharus appellatur” (Summa contra haereticos, I. Kap., Ausg. Josephi N. Garvin und James A. Corbett, University of Notre-Dame 1958, S. 4).

91) Dieser Traktat, der erstmals durch P. Antoine Dondaine OP entdeckt und herausgegeben wurde, ist kürzlich in zweiter Auflage veröffentlicht worden: Livre des deux principes. Introduction, texte critique. traduction, notes et index, von Christine Thouzellier. S. Chr. 198, Paris 1975.

92) L. c. Par. 1, S. 160-161.

93) ebd., Par. 12, S. 190-191.

94) „Dominus papa summo mane missa celebrata et omnibus episcopis per sedes suas dispositis, in eminentiorem locum cum suis kardinalibus et ministris ascendens, sancte Trinitatis fidem et singulos fidei articulos recitari fecit. Quibus recitatis quesitum est ab universis alta voce: „Creditis haec per omnia?” Responderunt omnes: „Credimus.” Postmodum damnati sunt omnes heretici et retrobate quorundam sententie, Joachim videlicet et Emelrici Parisiensis. Quibus recitatis iterum quesitum est: „An reprobatis sententias Joachim et Emelrici? At illi magis invalescebant damnando: Reprobamus (A new eyewitness Account of the Fourth Lateran Council, veröffentlicht von St. Kuttner und Antonio Garcia y Garcia, in: Traditio 20, 1964, 115-128, vor allem S. 127-128).

95) Sess. VI, Decretum de justificatione, V. Kap., C.OE.D., S. 672; Denz.-Sch., Nr. 1525.

96) Sess. XIII, I. Kap., C.OE.D., S. 693; Denz.-Sch., Nr. 1636-1637.

97) Sess. VI., XIII. Kap., C.OE.D., S. 676; Denz.-Sch., Nr. 1541.

98) Denz.-Sch., Nr. 291; die Formel wird von der V. Sessio, 1. Kap., des Konzils von Trient übernommen werden (C.OE.D., S. 666; Denz.-Sch., Nr. 1511).

99) Sess. XI, Bulla unionis Coplorum, 1347-1349.

100) Sess. VI, I. Kap.: C.OE.D., S. 671; Denz.-Sch., Nr. 1521.

101) Col 1, 13-14, zitiert im gleichen Dekret, III. Kap.: C.OE.D., S. 672, Denz.-Sch., Nr. 1523.

102) Sess. XIV, de poenitentia, I. Kap., C.OE.D., S. 703, Denz.-Sch., Nr. 1668.

103) Dieser Ritus erscheint schon im 3. Jahrhundert in der apostolischen Überlieferung (Ausg. B. Botte, 21. Kap., S. 46-51) und im 4. Jahrhundert in der Liturgie der apostolischen Konstitutionen, VII, 41 (Ausg. F.-X. Funk, Didascalia et Constitutiones Apostolorum, Bd. I, 1905, S. 444-447).

104) Ad gentes, Nr. 3 und 14 (man beachte das Zitat von Kol 1, 13 sowie die Anmerkungen zu Nr. 14).

105) Gaudium et spes, Nr. 37 b.

106) Eph 6, 11-12, hervorgehoben in Lumen gentium, Nr. 43 d.

107) Eph 6, 12, auch hervorgehoben in Lumen gentium, Nr. 35 a.

108) Lumen gentium, Nr. 5 a.

109) Lk 11, 20; vgl. Mt 12, 28.

110) C. Vagaggini OSB, Il senso teologico della liturgia. Saggio di liturgia teologica generale, Roma 1965, 4, XIII. Kap., Le due città, la liturgia e la lotta contro Satana, S. 346-427. Egon von Petersdorff, De daemonibus in liturgia memoratis. [Angelicum XIX (1942, S. 324-339); Dämonologie, I. Dämonen im Weltplan. II. Dämonen am Werk, München 1954-1957.

111) Man lese den Ordo excommunicandi et absolvendi und besonders die Ermahnung: „Quia N. diabolo suadente…”. Pontificale Romanum, 2. Ausg. Ratisbona 1908, S. 392-398.

112) Wir zitieren aus dem Gebet Commendo te …: „Ignores omne, quod horret in tenebris, quod stridet in flammis, quod cruetat in tormentis. Cedat tibi teterrimus satanas cum satellitibus suis…”.

113) So wurde im Par. IV des Motu Proprio Ministeria quaedam festgesetzt: „Die Ämter, die in der Lateinischen Kirche einzuhalten sind und die den heutigen Bedürfnissen angepaßt wurden, sind zwei, nämlich jene des Lektors und des Akolythen. Die Obliegenheiten, die bisher dem Subdiakon anvertraut wurden, sind nunmehr dem Lektor und dem Akolythen übertragen, und es gibt daher in der Lateinischen Kirche keinen höheren Weihegrad des Subdiakonats mehr. Es steht jedoch nichts im Wege, daß nach dem Urteil der Bischofskonferenz der Akolyth an manchen Orten auch Subdiakon genannt werden darf” (AAS 64, 1972, S. 532). Auf diese Weise ist das Amt des Exorzisten aufgehoben worden, es ist aber nicht vorgesehen, daß die entsprechenden Vollmachten vom Lektor oder vom Akolythen ausgeübt werden können. Das Motu Proprio erklärt nur (S. 531), daß die Bischofskonferenzen für ihr Gebiet die Ämter des Ostiarius, des Exorzisten und des Katecheten erbeten können.

114) Der Übergang zur Gebetsform erfolgt nur nach „Experimenten”, denen ihrerseits Überlegungen und Diskussionen im Consium folgten.

115) Ordo initiationis christianae adultorum, Edit. typ. Roma 1972, Nr. 10i, 109-118, S. 36-41.

116) Ebd., Nr. 25, S. 3; und Nr. 154-157, S. 54.

117) So war es seit der Ausgabe: Ordo baptismi parvulorum, Edit. typ. Roma 1969, S. 27, Nr. 49 und S. 85, Nr. 221. Die einzige Neuerung besteht darin, daß dieser Exorzismus in Gebetsform ist, oratio exorcismi, und daß ihm unmittelbar die unctio praebaptismalis folgt (ebd., Nr. 50); aber diese beiden Riten, der Exorzismus und die Salbung, haben ein jeder die eigene Schlußformel.

118)In dem neuen Ordo Paenitentiae, Edit. typ. Roma 1974, wird man im 2. Anhang das Gebet Deus humani generis benignissime conditor (S. 85-86), vorfinden, welches trotz leichter Abwandlungen identisch ist mit dem Gebet, das den gleichen Anfang hat, des Ordo reconciliationis poenitentium des Gründonnerstags (Pontificale Romanum, Ratisbona 1908, S. 350).

119) Ordo unctionis infirmorum eorumque pastoralis curae, Edit. Typ. Roma 1972, S. 33, Nr. 73.

120) Ebd., S. 34, Nr. 75.

121) „Padre nostro … liberaci dal male”, Ansprache bei der Generalaudienz am 15. November 1972 (L’Osservatore Romano, 16. November 1972). Der Heilige Vater hatte die gleiche Besorgnis in seiner Homilie am vorhergehenden 29. Juni ausgesprochen („Essere forti nella fede”, L’Osservatore Romano, 30. Juni / 1. Juli 1972, S. 1-2).

122) De diabolo tentatore, Homilie II, PG 49, 259.

123) 1 Petr 5, 8.

124) Paul VI., ebd.

Christlicher Glaube und Dämonenlehre*

Die Kongregation für die Glaubenslehre hat einen Fachtheologen damit beauftragt, die vorliegende Studie anzufertigen. Die Kongregation empfiehlt sie nachdrücklich als sichere Grundlage, um die Aussage des kirchlichen Lehramtes über „Christlicher Glaube und Dämonenlehre” neu zu bekräftigen. Wir veröffentlichen die deutsche Übersetzung des Originaltextes in französischer Sprache, der in der französischen Wochenausgabe des „L’Osservatore Romano” nachgelesen werden kann.

Im Laufe der Jahrhunderte hat die Kirche immer wieder die verschiedenen Formen des Aberglaubens und einer Besessenheit gleichkommenden Furcht vor dem Satan und den Dämonen sowie die verschiedenen Kultformen und entarteten Gefolgschaftsriten für diese Geister verworfen (1). Es wäre deshalb ungerecht, zu behaupten, das Christentum habe die Weltherrschaft Christi vergessen und habe den Teufel zum Lieblingsthema seiner Verkündigung gemacht, indem es die Frohbotschaft vom auferstandenen Herrn in eine Botschaft des Terrors verkehrt habe. Der hl. Johannes Chrysostomus erklärte den Christen der damaligen Zeit: „Es ist für uns kein Vergnügen, zu euch über den Teufel zu sprechen. Doch die Lehraussagen, zu denen er Anlaß gibt, werden euch von Nutzen sein” (2). Es wäre wirklich ein unverzeihlicher Irrtum, im Blick auf die Vergangenheit sich so zu verhalten, als ob die Erlösung schon alle ihre Früchte gezeitigt hätte, ohne daß es notwendig wäre, sich im Kampf gegen den einzusetzen, von dem das Neue Testament und die Lehrmeister des geistlichen Lebens immer wieder sprechen.

Die Not unserer Tage

Auch heute könnte man diesem Irrtum verfallen. Von vielen Seiten wird nämlich die Frage gestellt, ob man nicht in diesem Punkt die katholische Lehre überprüfen sollte, und zwar sollte man dabei mit der Heiligen Schrift anfangen. Manche sind der Ansicht, daß jedwede Stellungnahme unmöglich sei, geradeso, als ob man die Frage einfach auf sich beruhen lassen könne. Sie führen ins Feld, daß die Bücher der Heiligen Schrift es nicht zuließen, sich für oder gegen die Existenz des Satans und seiner Dämonen auszusprechen. Weit häufiger jedoch wird die Existenz des Teufels offen in Zweifel gezogen. Manche Kritiker meinen, die Haltung Christi in dieser Frage ausmachen zu können. Sie geben, an, daß keines der Herrenworte die Wirklichkeit der Dämonen weit als erwiesen hinstelle. Dort, wo die Existenz der Dämonenwelt bejaht würde, werde lediglich das entsprechende jüdische Schrifttum wiedergegeben, oder die Stellen hingen von der neutestamentlichen Überlieferung und nicht von Christus ab, da sie nicht Teil der zentralen Frohbotschaft seien, noch unseren Glauben fördern und uns damit freistellen, sie aufzugeben.

Andere wiederum, weit objektiver, aber gleichzeitig radikaler, nehmen die Aussagen der Heiligen Schrift über die Dämonen in ihrer wörtlichen Bedeutung; sie fügen aber sofort hinzu, daß sie in der Welt von heute unannehmbar seien, auch für Christen. Auch sie geben diese Stellen auf. Für einige schließlich hat die Idee vom Satan, welchen Ursprung sie auch immer hat, keine Bedeutung mehr. Da unsere Verkündigung zögere, die Idee vom Satan zu rechtfertigen, büße sie ihre Glaubwürdigkeit ein und stelle die Verkündigung Gottes in den Schatten, die allein nur unser ganzes Interesse verdient. Für die einen wie für die anderen seien die Namen Satan oder Teufel nichts anderes als Personifikationen, die dem Mythos entstammen oder irgendeine Aufgabe zu erfüllen haben. Sie hätten nur den Sinn, den Einfluß des Bösen und der Sünde auf die Menschheit dramatisch zu unterstreichen. Lediglich also eine Redeweise, die unsere Zeit entmythologisieren sollte, um für die Gläubigen einen neuen Weg zu finden, ihnen die Verpflichtung einzuschärfen, mit ganzer Kraft gegen das Böse in der Welt zu kämpfen.

Diese Stellungnahmen, die immer wieder mit dem Anschein der Wissenschaftlichkeit vorgetragen und von Zeitschriften und gewissen theologischen Wörterbüchern verbreitet werden, können nur die Geister verwirren. Die Gläubigen, die daran gewöhnt sind, die Botschaft Christi und die Schriften der Apostel ernst zu nehmen, haben dann nämlich den Eindruck, daß derartige Auffassungen einen Wandel in der öffentlichen Meinung auf diesem Gebiet herbeiführen wollen. Diejenigen unter ihnen, die eine Kenntnis der theologischen Wissenschaften und vor allem der Bibelwissenschaft besitzen, fragen sich, wohin dieser Prozeß der Entmythologisierung führen wird, der im Namen einer bestimmten Hermeneutik in die Wege geleitet wird.

In Anbetracht von Postulaten dieser Art und als Antwort auf den ihnen eigenen Denkprozeß, müssen wir uns vor allem kurz mit dem Neuen Testament befassen, um uns in diesen Fragen auf sein Zeugnis und seine Autorität stützen zu können.

Das Neue Testament
und das damit unmittelbar zusammenhängende Schrifttum

Bevor wir in Erinnerung rufen, mit welcher geistigen Unabhängigkeit Jesus den herrschenden Meinungen seiner Zeit begegnet ist, ist es von Bedeutung anzumerken, daß nicht alle seine Zeitgenossen den gleichen Engel- und Dämonenglauben hatten, wie ihn heute einige ihnen zuzuschreiben scheinen und von dem Jesus selbst abhängig gewesen wäre. Eine Anmerkung, mit der die Apostelgeschichte die Polemik beleuchtet, die durch eine Erklärung des hl. Paulus unter den Mitgliedern des Synedriums entstanden war, unterrichtet uns darüber, daß die Sadduzäer im Gegensatz zu den Pharisäern „weder Auferstehung noch Engel oder Geister” annahmen, d. h. sie glaubten, nach der Textauslegung einiger guter Exegeten, weder an die Auferstehung noch an Engel und Dämonen (3). So scheint sich die Auffassung der Zeitgenossen Jesu über Satan, Engel und Dämonen in zwei gänzlich entgegengesetzte Auffassungen zu teilen. Wie kann man daher behaupten, Jesus und mit ihm die Schriftsteller des Neuen Testamentes hätten in der Ausübung und Übertragung der Gewalt der Teufelsaustreibung an andere nichts weiter getan als kritiklos die Ideen und Praktiken ihrer Zeit anzuwenden? Sicherlich, Christus und noch mehr die Apostel waren Kinder ihrer Zeit und machten sich deren Kultur zu eigen. Doch hat Jesus Christus auf Grund seiner göttlichen Natur und der Offenbarung, die mitzuteilen er gekommen war, seine Umwelt und seine Zeit überragt und sich von ihrem bestimmenden Einfluß freigemacht. Es genügt übrigens, die Bergpredigt zu lesen, um sich von seiner geistigen Freiheit und von seiner Überlieferungstreue zu überzeugen (4). Als der Herr die Bedeutung seiner Erlösungstat offenbarte, mußte er deshalb mit den Pharisäern rechnen, die, wie er, an eine zukünftige Welt glaubten, an eine unsterbliche Seele, an die Geisterwelt und an die Auferstehung. Er mußte aber auch den Sadduzäern Rechnung tragen, die diesen Glauben nicht zuließen. Als die Pharisäer ihn anklagten, die Dämonen zusammen mit dem Anführer der bösen Geister auszutreiben, hätte er sich ihren Unterstellungen entziehen können, indem er sich den Sadduzäern anschloß. Doch dadurch hätte er sein Wesen und seine Sendung geleugnet. Er mußte also, ohne den Glauben an die Geisterwelt und die Auferstehung aufzugeben, den er mit den Pharisäern gemeinsam hatte, sich von ihnen lossagen und sich in nicht geringerem Maße auch den Sadduzäern widersetzen. Wenn man also heute behaupten will, daß die Aussagen Jesu über den Satan nur einer seiner kulturellen Umwelt entlehnten Lehre Ausdruck gäben, erscheint dies von vornherein als eine Auffassung, die sehr wenig über die damalige Zeit und die Persönlichkeit des Meisters informiert ist. Wenn Christus diese Redeweise benutzt hat, wenn er sie vor allem durch sein Heilshandeln in die Praxis übersetzt hat, dann deshalb, weil sie eine Lehre zum Ausdruck bringt, die wenigstens zum Teil zur Kenntnis und zur Erlangung des Heiles notwendig ist, das er gebracht hat.

Das persönliche Zeugnis Jesu

Auch die wichtigsten Heilungen der Besessenen wurden von Christus in Augenblicken gewirkt, die in den Berichten über seine Heilstätigkeit entscheidend sind. Seine Teufelsaustreibungen stellten die Frage nach seiner Sendung und seiner Person und gaben ihr eine Orientierung, wir es die Reaktionen darauf hinreichend zeigen, die sie auslösten (5). Ohne den Satan jemals zum Mittelpunkt seiner Verkündigung zu machen, sprach Jesus von ihm nur in den offensichtlich entscheidenden Augenblicken, und zwar in wichtigen Erklärungen. Zunächst einmal hat Jesus sein Öffentliches Wirken damit begonnen, daß er es auf sich genommen hat, vom Teufel in der Wüste versucht zu werden. Der Bericht des Markus ist gerade wegen seiner Nüchternheit eindringlich, wie es auch der Bericht von Matthäus und Lukas ist (6). Vor diesem Gegenspieler hat Christus dann in der Bergpredigt gewarnt und auch im Gebet, das er die Seinen gelehrt hat, dem „Vaterunser”, wie heute viele Exegeten (7) zugeben, die sich dabei auf das Zeugnis zahlreicher Liturgien stützen (8). In den Gleichnissen hat Jesus dem Satan die Rolle des Widersachers seiner Verkündigung zugewiesen (9), wie zum Beispiel im Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker des Hausvaters (10), Simon Petrus hat er angekündigt, daß die „Mächte der Hölle” versuchen werden, die Kirche zu überwältigen (11), daß der Satan verlangen würde, ihn zusammen mit den übrigen Aposteln zu sieben (12). In dem Augenblick, als er den Abendmahlssaal verließ, hat Christus erklärt, daß das Kommen des „Fürsten dieser Welt” unmittelbar bevorstehe (13). Im Garten Getsemani, als die Soldaten Jesus ergriffen, um ihn gefangenzunehmen, hat er gesagt, daß die Stunde „der Mächte der Finsternis” gekommen war (14). Nichtsdestoweniger wußte er und hat er es auch im Abendmahlssaal erklärt, „daß der Fürst dieser Welt bereits gerichtet ist” (15). Diese Taten und die Aussagen fügen sich gut in das Ganze ein, sie wiederholen sich immer wieder und stimmen auch inhaltlich überein; sie sind nicht zufällig, und es ist nicht möglich, sie wie erfundene Begebenheiten zu behandeln, die es zu entmythologisieren gilt. Andernfalls müßte man annehmen, daß das Bewußtsein Jesu, dem man Klarheit und Selbstbeherrschung vor den Richtern bescheinigen muß, gerade in diesen kritischen Stunden von eingebildeten Hirngespinsten heimgesucht worden sei und seinem Wort jede Festigkeit gefehlt habe. Dies wiederum wäre im Widerspruch mit dem Eindruck der ersten Hörer und Leser seiner Frohbotschaft. Es zwingt sich deshalb die Schlußfolgerung förmlich auf: Der Satan, dem Jesus mit seinen Teufelsaustreibungen entgegengetreten ist, dem er begegnet ist in der Wüste und in der Stunde seines Leidens, kann nicht einfachhin das Produkt der menschlichen Gabe sein, Märchen erzählen zu können und Ideen zu personifizieren; er kann nicht das sich verirrt habende Überbleibsel einer primitiven Kultursprache sein.

Das paulinische Schrifttum

Es ist richtig, daß der hl. Paulus, wenn er in großen Zügen im Römerbrief die Lage der Menschheit vor Christus zusammenfaßt, die Sünde und den Tod personifiziert, deren furchtbare Macht er aufzeigt. Es handelt sich dabei aber im Gesamten seiner Lehraussagen um ein Wort, das nicht das Ergebnis einer rein literarischen Quelle ist, sondern seines wachen Bewußtseins von der Bedeutung des Kreuzes Christi und der Notwendigkeit der Glaubensentscheidung, die er verlangt. Andererseits setzt Paulus Sünde und Satan nicht gleich; in der Sünde sieht Paulus nämlich vor allem das, was sie wesentlich ist: ein personaler Akt des Menschen und auch der Zustand der Schuld und Verblendung, in den der Satan den Menschen effektiv zu stoßen und zu belassen versucht (16). Auf diese Weise unterscheidet Paulus sehr klar den Satan von der Sünde. Der Apostel, der gegenüber dem „Gesetz der Sünde, das er in seinen Gliedern fühlt”, vor allem sein Unvermögen ohne den Beistand der göttlichen Gnade bekennt (17), ist derselbe, der mit äußerster Entschiedenheit fordert, dem Satan zu widerstehen (18), sich nicht von ihm beherrschen zu lassen, ihm keine Gelegenheit oder Nachgiebigkeit einzuräumen (19) und ihn mit Füßen zu treten (20). Denn für ihn ist Satan ein persönliches Wesen, „der Gott dieser Welt” (21), ein hinterlistiger Widersacher, der verschieden ist von uns Menschen und von der Sünde, die er uns einflüstert. Wie das Evangelium, sieht ihn auch der Apostel wirksam werden im geschichtlichen Verlauf der Welt, in dem, was er als das „Geheimnis der Bosheit” bezeichnet (22). Er sieht den Teufel im Unglauben, der sich weigert, den Herrn Jesus anzuerkennen (23), und auch in der Verirrung des Aberglaubens (24); er sieht ihn in der Verführung, die die Treue der Kirche zu Christus ihrem Bräutigam, bedroht (25) und schließlich in dem endzeitlichen Abfall, der zur Anbetung des Menschen führt, der sich an die Stelle Gottes setzt (26). Sicher ist, daß der Satan zur Sünde verführt, aber er ist verschieden von dem Bösen, das er vollbringen läßt.

Die Geheime Offenbarung und das Johannesevangelium

Die Geheime Offenbarung ist vor allem das großartige Gemälde, auf dem die Macht und Herrlichkeit des auferstandenen Christus aufstrahlt in den Zeugnissen seiner Frohbotschaft. Sie verkündet den Triumph des Lammes, das geschlachtet wurde; doch würde man sich sehr täuschen hinsichtlich des Wesens dieses Sieges, sähe man nicht in ihm das Ende eines langen Kampfes, an dem sich mittels der menschlichen Mächte, die sich dem Herrn Jesus widersetzen, Satan und seine Engel — die einen verschieden von den anderen — sowie deren irdische Gefolgsleute beteiligen.

Es ist gerade die Geheime Offenbarung, die das Rätselhafte der verschiedenen Namen und Symbole Satans in der Heiligen Schrift unterstreicht und damit ihre Identität endgültig enthüllt (27). Die Tätigkeit Satans vollzieht sich in allen Jahrhunderten der Menschheitsgeschichte unter den Augen Gottes.

Es überrascht deshalb nicht, daß im Johannesevangelium Jesus vom Teufel spricht und ihn den „Fürsten dieser Welt” bezeichnet (28). Sicher, der Einfluß des Teufels auf den Menschen ist innerer Art, aber er ist unmöglich, in seiner Erscheinung nur eine Personifizierung der Sünde und der Versuchung sehen zu wollen. Jesus weiß, daß sündigen „Sklave” sein bedeutet (29), aber er setzt deshalb nicht Satan mit Sklaverei und Sünde gleich, die sich in der Sklaverei kundtut. Der Teufel übt auf die Sünder nur moralischen Einfluß aus, und zwar in dem Maße, in dem jeder einzelne seinen Einflüsterungen nachgibt (30). Frei führen sie seine „Wünsche” aus (31) und tun „sein Werk” (32). Nur in diesem Sinn und in diesem Maße ist der Satan ihr „Vater” (33), weil zwischen ihm und dem Gewissen des Menschen immer ein geistiger Abstand bleibt, der die teuflische „Lüge” von der Zustimmung scheidet, die man ihr geben oder verweigern kann (34), und zwar auf die gleiche Weise, wie zwischen Christus und uns immer der Abstand zwischen „Wahrheit”, die er offenbart und zu glauben vorstellt, und dem Glauben, mit dem wir diese Wahrheit aufnehmen, existiert.

Aus diesem Grund haben die Väter der Kirche in der aus der Heiligen Schrift genährten Überzeugung, daß der Satan und die Dämonen die Widersacher der Auferstehung sind, es nicht unterlassen, die Gläubigen an deren Existenz und Wirksamkeit zu erinnern.

Die allgemeine Lehre der Väter

Bereits im 2. Jahrhundert nach Christus schrieb Meliton von Sardes sein Werk „Über den Dämon” (35), und es würde schwer sein, auch nur einen der Väter zu finden, der diese Frage mit Schweigen übergangen hätte. Natürlich waren die Väter, die den göttlichen Heilsplan in der Geschichte darstellten, vor allem Irenäus und Tertullian, besonders darum bemüht, die Wirksamkeit des Teufels aufzuzeigen. Irenäus und Tertullian sind dann in der Folgezeit dem Gnostischen Dualismus und Marcion entgegengetreten. Nach ihnen sind es Viktorin von Pettau und der hl. Augustinus. Der hl. Irenäus lehrte, daß der Teufel ein „abgefallener Engel” ist (36), dem Christus, indem er in seiner Person dem Kampf dieses Widersachers gegen uns auf sich genommen hat, zu Beginn seiner öffentlichen Tätigkeit entgegentreten mußte (37). Noch ausführlicher und eindringlicher stellt Augustinus das Wirken des Teufels im Kampf der „beiden Städte” dar, die ihren Ursprung im Himmel haben, als die ersten Geschöpfe Gottes, die Engel, dem Herrn ihre Treue bzw. Untreue erwiesen (38); in der Gemeinschaft der Sünder sah Augustinus den mystischen „Leib” des Teufels (39), wovon dann später auch der hl. Gregor der Große in seinen. „Moralia” zum Buch Job spricht (40). Offensichtlich hat die Mehrzahl der Väter mit Origines die Idee der Unkeuschheitssünde der gefallenen Engel aufgegeben und sahen in ihrem Stolz — d.h. in dem Wunsch, sich über ihr geschöpfliches Dasein hinaus zu erheben, ihre Unabhängigkeit zu behaupten und sich für Gott halten zu lassen — den tiefsten Grund für ihren Fall. Neben diesem Vergehen aus Stolz hoben aber auch viele Väter die Bosheit dieser Engel gegenüber den Menschen hervor. Für Irenäus hat der Abfall des Teufels mit seiner Eifersucht bei der Erschaffung des Menschen begonnen. Er hat den Menschen zur Auflehnung gegen seinen Schöpfer anzustiften versucht (41). Nach Tertullian habe der Satan, um den Heilsplan Christi zu durchkreuzen, in den heidnischen Mysterien die von Christus eingesetzten Sakramente nachgeäfft (42). Die Väterlehre hält sich also im Wesentlichen treu an die Aussagen und Weisungen des Neuen Testamentes.

Das 4. Laterankonzil (1215) und seine Aussage über die Dämonen

Es ist richtig, daß in den nahezu zwei Jahrtausenden der Kirchengeschichte das kirchliche Lehramt nur wenige im eigentlichen Sinn dogmatische Erklärungen zur Dämonenlehre abgegeben hat. Der Grund liegt wohl darin, daß sich nur selten, ja genaugenommen nur zweimal, Gelegenheit dazu geboten hat. Die wichtigere dieser Erklärungen erfolgt zu Beginn des 13. Jahrhunderts, als sich ein Wiederaufleben des manichäischen und priscillianischen Dualismus mit dem Auftauchen der Katharer und Albigenser bemerkbar machte. Die dogmatische Aussage von damals, deren Formulierung sich in einem vertrauten doktrinären Rahmen bewegt, kommt dieser Mentalität sehr nahe, weil sie den Blick auf das Universum und seine Erschaffung durch Gott miteinbezieht: „Wir glauben fest und bekennen mit aufrichtigem Herzen…, daß Gott der eine Ursprung aller Dinge ist, der Schöpfer der sichtbaren, und unsichtbaren, der geistigen und körperlichen. Er hat in seiner allmächtigen Kraft zu Anfang der Zeit in gleicher Weise beide Ordnungen der Schöpfung aus dem Nichts geschaffen, die geistige und körperliche, d. h. die Engelswelt, die irdische Welt und dann die Menschenwelt, die gewissermaßen beide umfaßt, da sie aus Geist und Körper besteht. Denn der Teufel und die anderen bösen Geister sind von Gott ihrer Natur nach gut geschaffen, aber sie sind durch sich selbst schlecht geworden. Der Mensch jedoch sündigte auf Eingebung des Teufels” (43).

Der Kern dieser Darlegung ist nüchtern. Über den Teufel und die Dämonen begnügt sich das Konzil, festzustellen, daß sie Geschöpfe des einzigen Gottes sind. Sie sind nicht schon von ihrem Wesen her böse, sondern sie wurden es durch ihren eigenen freien Willensentscheid. Weder ihre Zahl noch die Ursache ihres Falles, noch der Umfang ihrer Macht werden genannt. Diese Fragen, die nicht das dogmatische Problem angehen, wurden den Diskussionen der scholastischen Theologie überlassen.

Die Feststellung des Konzils jedoch bleibt trotz ihrer prägnanten Kürze von grundlegender Bedeutung, da sie eine Verlautbarung des bedeutendsten Konzils des 13. Jahrhunderts darstellt und in seinem Glaubensbekenntnis klar herausgestellt wird, dem geschichtlich gesehen die Erklärung gegen die Katharer und Waldenser nur um weniges vorausgeht (44) und das in Verbindung steht mit der Verurteilung, die einige Jahrhunderte vorher über den Priscillianismus ausgesprochen war (45). Dieses Glaubensbekenntnis verdient daher besondere Beachtung. Es verwendet den üblichen Aufbau der dogmatischen Glaubensbekenntnisse und kann leicht unter sie eingereiht werden, angefangen vom Konzil von Nizäa. Nach dem angeführten Text wird das Problem aus unserer Sicht in zwei miteinander zusammenhängenden und gleichermaßen für den Glauben wichtigen Themen zusammengefaßt: Die Aussage über den Teufel, mit der wir uns vor allem zu beschäftigen haben, folgt einer Erklärung über Gott, den Schöpfer aller Dinge, der ,,sichtbaren und unsichtbaren”, das heißt der körperlichen Wesen und der Engel.

Das erste Thema des Konzils:
Gott, der Schöpfer der „sichtbaren“ und „unsichtbaren“ Wesen

Die Aussage über den Schöpfergott und die Formel, mit der sie ausgedrückt wird, sind von besonderer Wichtigkeit für unseren Fragenkreis, weil sie so alt sind, daß ihre Wurzeln bis hin zu der Lehre des hl. Paulus reichen. Der Apostel erklärt nämlich, indem er den auferstandenen Christus verherrlicht, daß dieser Christus seine Herrschaft über alle Geschöpfe ausübt „im Himmel, auf der Erde und unter der Erde” (46), ,,in der gegenwärtigen und in der zukünftigen Welt” (47). Paulus spricht weiterhin von der Präexistenz Christi und lehrt, daß er „alles, im Himmel und auf Erden, die sichtbaren und die unsichtbaren Wesen, geschaffen hat” (48). Diese Lehre von der Erschaffung der Welt hatte sehr bald an Bedeutung für den christlichen Glauben gewonnen, weil nämlich die Gnosis und der Marcionismus lange Zeit hindurch, noch vor dem Manichäismus und dem Priscillianismus die Schöpfungslehre zu Fall bringen, suchten. Die ersten Glaubensbekenntnisse gehen deshalb regelmäßig darauf ein, daß „die sichtbaren wie die unsichtbaren Wesen” alle von Gott geschaffen sind. Diese Lehre wurde ausdrücklich vom, Konzil von Nizäa und Konstantinopel (49) sowie vom Konzil von Toledo (50) festgestellt. Sie wurde in Glaubensbekenntnissen vorgelesen, deren sich die großen Kirchen bei der Tauffeier bedienten (51). Sie wurde auch in das große Eucharistiegebet des hl. Jakobus von Jerusalem (52), des hl. Basilius in Kleinasien und in Alexandrien (53) und der übrigen Kirchen des Orients aufgenommen (54). Bei den griechischen Vätern findet sich diese Lehre seit Irenäus (53) und außerdem in der „Expositio fidei” des hl. Athanasius (56). Im Westen begegnet sie uns bei Gregor von Elvira (57), beim hl. Augustinus (58), beim hl. Fulgentius (59) und anderen.

Zu einer Zeit, da die Katharer im Westen wie die Bogomilen im Osten Europas den manichäischen Dualismus wiederaufleben ließen, konnte das Glaubensbekenntis des 4. Laterankonzils nichts Besseres tun, als diese Erklärung und ihre Formel, schon von jeher von grundlegender Bedeutung, wiederaufzunehmen. Bald darauf wurden Erklärung und Formel vom zweiten Konzil von Lyon (60), vom Konzil von Florenz (61) und Trient (62) wiederholt. Sie fanden auch Eingang in die Konstitution Dei Filius des Ersten Vatikanums (63), und zwar mit den nämlichen Begriffen, die auch das 4. Laterankonzil von 1215 gebrauchte. Es handelt sich deshalb um eine Lehraussage von grundlegender Bedeutung und um eine feststehende Glaubenslehre, die das Laterankonzil unter der Führung der göttlichen Vorsehung besonders herausgestellt hat, um damit seine Aussage über den Satan und die Dämonen zu verbinden. Damit hat das Konzil gezeigt, daß sich die Dämonenlehre, die schon an sich von Bedeutung ist, in den größeren Zusammenhang der Weltschöpfung und des Glaubens an die Engelwesen einfügt.

Zweites Thema des Konzils: Der Teufel

1. Der Text

Was die Aussage des Konzils über die Dämonen betrifft, so ist sie weit davon entfernt, nur ein aus den Umständen sich ergebender Zusatz zu sein, nach Art einer theologischen Schlußfolgerung oder Deduktion. Im Gegenteil. Sie erscheint als ein feststehender, seit langer Zeit angenommener Lehrsatz. Dies zeigt bereits die Formulierung des Textes. Nach der Aussage über die Erschaffung aller Dinge geht das Dokument zur Aussage über den Teufel und die Dämonen nicht wie zu einer logisch abgeleiteten Schlußfolgerung über. Es steht da nicht geschrieben: „Infolgedessen sind der Satan und die Dämonen als von ihrer Natur her gute Wesen erschaffen worden”, wie es notwendig gewesen wäre, wenn es sich dabei um eine neue, von der vorhergehenden abgeleitete Lehraussage gehandelt hätte. Sie stellt im Gegenteil das Vorkommnis mit dem Satan als “einen Beweis für die vorhergehende Feststellung, als ein Argument gegen den Dualismus dar. Das Dokument sagt daher: „Weil der Satan und die Dämonen von ihrer Natur her als gute Wesen erschaffen wurden…” Kurz gesagt, die Aussage, die sie betrifft, stellt sich als eine unangefochtene Feststellung des christlichen Bewußtseins dar. Es ist dies ein wichtiger Punkt des Dokumentes, und in Anbetracht der historischen Umstände konnte es gar nicht anders sein.

2. Die Vorgeschichte der Lehraussage:
Die positiven und negativen Formulierungen der Aussage (4.-5. Jahrhundert)

Seit dem 4. Jahrhundert hat nämlich die Kirche gegen die manichäische Lehre von den zwei gleich ewigen und entgegen gesetzten Prinzipien Stellung genommen (64). Im Osten wie im Westen hat sie mit Festigkeit die Lehre vertreten, daß Satan und die Dämonen von ihrer Natur her als gute Wesen erschaffen wurden, „Du mußt glauben”, sagt Gregor von Nazianz zu einem Neugetauften, „daß es kein böses Wesen noch eine Herrschaft des Bösen gibt, die nicht auf einen Seinsgrund zurückgehen, der entweder aus sich selber ist oder von Gott geschaffen wurde” (65).

Der Teufel wurde als ein Geschöpf Gottes gesehen, das in seinem Ursprung gut und strahlend wie das Licht war, das aber unglücklicherweise nicht in der Wahrheit verblieb, auf die es gegründet war (Joh 8, 44), sondern sich gegen den Herrn aufgelehnt hatte (66). Das Böse war also nicht in seiner Natur, sondern in einem freien und von seinem Willen abhängigen Akt (67). Aussagen dieser Art — die man inhaltlich gleich im Osten beim hl, Basilius (68), beim hl. Gregorius von Nazianz (69), beim hl. Johannes Chrysostomus (70), bei Dydimus von Alexandrien (71) und im Westen bei Tertullian (72), bei Eusebius von Vercelli (73), beim hl. Ambrosius (74) und beim hl. Augustinus (75) lesen kann — konnten gegebenenfalls eine feste dogmatische Form annehmen. Sie finden sich außerdem auch in der Form einer lehramtlichen Verurteilung oder eines Glaubensbekenntnisses.

Das Werk „De Trinitate”, das dem hl. Eusebius von Vercelli zugeschrieben wird, drückt die Wahrheit mit Festigkeit in der Form sich einander folgender Bannsprüche aus:

„Wenn jemand bekennt, daß in der Natur, in der der gefallene Engel erschaffen worden ist, nicht das Werk Gottes ist, sondern daß er aus sich selbst existiert und sich noch dahin versteigt, daß er ihm zuerkennt, seinen Seinsgrund in sich selbst zu finden, der sei im Banne.”

„Wenn jemand bekennt, daß der abgefallene Engel von Gott mit einer verderbten Natur erschaffen wurde und nicht sagt, daß er das Böse aus sich selbst durch sein eigenes Wollen empfangen hat, der sei im Banne.”

„Wenn jemand bekennt, daß der Satansengel die Welt erschaffen hat — fern sei von uns ein solcher Glaube! — und nicht erklärt hat, daß jede Sünde seine Erfindung ist, der sei im Banne” (76).

Die Darstellung in Form von Bannsprüchen war damals kein Einzelfall. Sie findet sich auch im Commonitorium, das dem hl. Augustinus zugeschrieben wird und das im Hinblick auf den Abfall der Manichäer verfaßt worden war. Diese Unterweisung belegte mit dem Bann „denjenigen, der glaubt, daß es zwei Naturen gibt, die ihren Ursprung von zwei verschiedenen Prinzipien herleiten. Die eine Natur ist gut, sie stammt von Gott, die andere ist schlecht und ist nicht von ihm geschaffen” (77).

Diese Lehraussage wurde jedoch viel lieber in der direkten und positiven Form einer Glaubensaussage ausgedrückt. Delhi. Augustinus sagt zu Beginn seines Werkes „De Genesi ad litteram” folgendermaßen:

„Die katholische Lehre verlangt, daß wir glauben, daß die Dreifaltigkeit ein einziger Gott ist, der alle Wesen erschaffen und gebildet hat, die existieren und insofern sie existieren, und zwar in der Weise, daß jedes Geschöpf, sei es Geistwesen oder körperliches Wesen, oder um es kurz mit den Worten der Heiligen Schrift zu sagen: Sei es sichtbar oder unsichtbar, nicht der göttlichen Natur angehört, sondern von Gott aus dem Nichts erschaffen worden ist” (78).

Ebenso hat das erste Konzil von Toledo in Spanien bekannt, daß Gott der Schöpfer von „allen sichtbaren und unsichtbaren Wesen ist, und daß es außer ihm „keine göttliche Natur, keinen Engel, Geist und keine Macht gibt, die als Gott angesehen werden könnte” (79).

So wies Ende des 4. Jahrhunderts das christliche Glaubensbekenntnis — wie es gelehrt und gelebt wurde — zu diesem Punkt die beiden dogmatischen Aussagen, die positive und negative, auf, die wir acht Jahrhunderte später zur Zeit Innozenz III. und des 4. Laterankonzils antreffen.

Der hl. Leo der Große

In der Zwischenzeit kamen diese dogmatischen Aussagen durchaus nicht außer Brauch. Im 5. Jahrhundert sprach darüber der Brief Papst Leos des Großen an Turibius, Bischof von Astorga, — dessen Authentizität nicht in Zweifel gezogen werden kann — im selben Ton und mit der gleichen Klarheit. Unter den Irrlehren der Priscillianer, die von ihm verurteilt wurden, findet man auch folgende: „Die sechste Anmerkung (80) berichtet, daß sie behaupten, daß der Teufel niemals gut gewesen und seine Natur nicht ein Werk Gottes ist, sondern daß er aus dem Chaos und der Finsternis hervorgegangen ist, weil er keinen Urheber seines Seins hat, sondern er selbst das Prinzip und die Substanz jeglichen Übels ist, während hingegen der wahre Glaube, der katholische Glaube, bekennt, daß die Substanz aller Geschöpfe, der geistigen wie der körperlichen, gut ist und daß das Böse nicht eine Natur ist, da Gott, der Schöpfer des Alls, nur geschaffen hat, was gut ist. Deshalb wäre der Teufel selbst gut, wenn er in dem Zustand verblieben wäre, in dem er erschaffen worden war. Da er aber leider von seinen natürlichen Vorzügen einen schlechten Gebrauch gemacht hat und nicht in der Wahrheit geblieben ist (Joh 8, 44), hat er sich (ohne Zweifel) nicht in eine entgegengesetzte Substanz verwandelt, sondern hat sich vom höchsten Gut getrennt, dem er hätte anhangen sollen…“ (81).

Diese Lehraussage (angefangen von den Worten „der wahre Glaube, der katholische Glaube, bekennt …” bis zum Schluß) wurde für so bedeutsam gehalten, daß sie mit denselben Worten unter die Ergänzungen aufgenommen wurde, die im 6. Jahrhundert zu dem Buch „De ecclesiasticis dogmatibus” hinzugefügt worden sind, das Gennadius von Marseille zugeschrieben wird (82). Schließlich wird dieselbe Lehre auch autoritativ im Werk des hl. Fulgenlius „De fide seu de regula fidei ad Petrum” bekräftigt, wo die Notwendigkeit unterstrichen wird, „hauptsächlich zu glauben” und „fest zu glauben”, daß alles, was nicht Gott ist, Gottes Geschöpf ist und daß dies bei allen Wesen, den „sichtbaren und unsichtbaren”, der Fall ist „daß ein Teil der Engel irregegangen ist und sich freiwillig von ihrem Schöpfer abgewandt hat” (83). Es überrascht deshalb nicht, daß in einem solchen geschichtlichen Zusammenhang die „Statuta Ecclesiae antiqua” — eine kanonische Sammlung des 5. Jahrhunderts — unter die Fragen, die zur Prüfung des katholischen Glaubens der Kandidaten für das Bischofsamt bestimmt waren, auch die folgende aufgenommen wurde: „Ob der Teufel von Natur her schlecht ist oder durch seinen freien Willen so geworden ist” (84), eine Formel, die man in den Glaubensbekenntnissen wiederfindet, die von Innozenz III. den Waldensern auferlegt worden sind (85).

Das erste Konzil von Braga (6. Jahrhundert)

Die Lehre war also allgemein und bestimmt. Die zahlreichen Dokumente, die sie zum Ausdruck bringen und von denen wir die wichtigsten angeführt haben, bilden den lehrmäßigen Hintergrund, vor dem sich in der Mitte des 6. Jahrhunderts das erste Konzil von Braga abhebt. Vor diesem Hintergrund erscheint auch Kap. 7 dieser Versammlung nicht als ein isolierter Text, sondern als eine Synthese der Lehre des 4. und 5. Jahrhunderts in dieser Frage und vor allem der Lehre von Papst Leo dem Großen: „Wer sagt, der Teufel sei anfangs nicht als guter Engel von Gott erschaffen worden und sei seiner Natur nach nicht ein Werk Gottes, sondern behauptet, er sei aus der Finsternis aufgetaucht und habe keinen Schöpfer, sondern sei selbst das Prinzip und die Substanz des Bösen, wie es manichäische und priscillianische Lehre ist, der sei ausgeschlossen” (86).

Das Auftreten der Katharer (12. und 13. Jahrhundert)

Schon seit langer Zeit sind auch die konkrete Verfassung der Kreatur und der freie Willensakt, durch den der Teufel gefallen ist, Bestandteil des ausdrücklichen Glaubens der Kirche. Dem 4. Laterankonzil genügte es, diese Aussagen in sein Glaubensbekenntnis aufzunehmen, ohne sie dokumentieren zu müssen, da es sich hierbei um eine klar erkannte Glaubenswahrheit handelte. Diese Aufnahme die vom dogmatischen Gesichtspunkt her schon früher möglich gewesen wäre, war nun notwendig geworden, da die Irrlehre der Katharer einige alte manichäische Irrtümer sich zu eigen gemacht hatte. Zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert haben sich deshalb viele Glaubensbekenntnisse beeilen müssen, erneut zu bekräftigen, daß Gott der Schöpfer der „sichtbaren und unsichtbaren” Wesen und der Urheber der beiden Testamente ist, sowie genauer zu bestimmen, daß der Teufel nicht von Natur aus schlecht ist, sondern infolge einer freien Entscheidung (87). Die antiken dualistischen Auffassungen, die in ausgedehnte doktrinelle und spirituelle Bewegungen Eingang gefunden hatten, stellten also im südlichen Frankreich und in Norditalien eine wirkliche Gefahr für den Glauben dar. In Frankreich hat Ermengaud von Beziers einen Traktat gegen die Häretiker schreiben müssen, „die sagen und. glauben, daß die gegenwärtige Welt und alle sichtbaren Wesen nicht von Gott, sondern vom Teufel geschaffen worden sind”, und ein guter und allmächtiger Gott und ein böser Gott, nämlich der Teufel, existieren (88). In Norditalien hatte auch ein bekehrter ehemaliger Katharer, Bonacursus, zur Wachsamkeit aufgerufen und die verschiedenen Lehrmeinungen der Sekte genauer bestimmt (89). Kurz nach seiner Intervention gibt die „Summa contra haereticos”, die lange Zeit Praepositinus von Cremona zugeschrieben worden ist, für unser Problem noch besser den Einfluß der dualistischen Häresie auf die Lehre jener Epoche an, wenn sie die Darlegungen über die Katharer in folgender Weise beginnt:

„Der allmächtige Gott hat nur die unsichtbaren und unkörperlichen (Wesen) erschaffen. Was den Teufel betrifft, den dieser Häretiker den Gott der Finsternis nennt, so hat dieser die sichtbaren und körperlichen (Wesen) erschaffen. Nach dieser Aussage fügt der Häretiker hinzu, daß es zwei Prinzipien der Dinge gibt: das Prinzip des Guten, nämlich den allmächtigen Gott, und das Prinzip des Bösen, den Teufel. Ferner behauptet er, daß es zwei Naturen gibt: eine gute, die der unkörperlichen (Wesen), welche vom allmächtigen Gott erschaffen worden sind; andererseits eine schlechte, die der körperlichen (Wesen), welche vom Teufel erschaffen wurden. Der Häretiker, der sich in dieser Weise äußert, hieß früher Manichaeus, heute Katharer” (90).

Trotz ihrer Kürze ist diese Zusammenfassung bedeutsam wegen ihrer inhaltlichen Dichte. Wir können sie heute noch vervollständigen, indem wir auf das „Buch der zwei Prinzipien” Bezug nehmen, das von einem Theologen der Katharer kurz nach dem 4. Laterankonzil geschrieben worden ist (91). Diese kleine Summe für streitbare Anhänger dieser Seite beanspruchte, indem sie sich mit den Detailfragen der Beweisführung befaßte und sich auf die Heilige Schrift berief, die Lehre von dem einen Schöpfer zu widerlegen und die Existenz von zwei entgegengesetzten Prinzipien durch biblische Texte zu begründen (92). Neben dem guten Gott, so steht dort geschrieben, „müssen wir notwendig die Existenz eines anderen Prinzips, nämlich das des Bösen, anerkennen, das auf verderbliche Weise gegen den wahren Gott und gegen seine Schöpfung handelt” (95).

Die Bedeutung der Entscheidung des 4. Laterankonzils

Am Beginn des 15. Jahrhunderts waren diese Erklärungen weit davon entfernt, nur Theorien von intellektuellen Experten zu sein, sondern entsprachen einer Anzahl von irrigen Glaubensüberzeugungen, die von einer Menge kleiner, verzweigter, organisierter und aktiver Gemeinschaften gelebt und verbreitet wurden. Die Kirche hatte die Pflicht, einzuschreiten und energisch die Lehraussagen der vorhergehenden Jahrhunderte zu bekräftigen. Dies tat Papst Innozenz III., indem er die zwei genannten dogmatischen Aussagen in das Glaubensbekenntnis des 4. Ökumenischen Laterankonzils einfügte. Dieses wurde offiziell vor den Bischöfen verlesen und von ihnen approbiert. Mit erhobener Stimme gefragt: „Glaubt ihr diese (Wahrheiten) in allen Punkten?”, antworteten sie durch einstimmige Akklamation: „Wir glauben (sie)” (94). In seiner Gesamtheit ist also das Konzilsdokument „de fide”. Auf Grund seiner Natur und seiner Form, welche die eines Glaubensbekenntnisses sind, besitzt jeder seiner Hauptpunkte den gleichen dogmatischen Wert.

Man würde einem offensichtlichen Irrtum verfallen, wenn man verlangen würde, daß jeder Paragraph eines Glaubensbekenntnisses nur eine einzige dogmatische Aussage enthalten dürfte. Das würde bedeuten, sich für seine Auslegung einer Hermeneutik zu bedienen, die z. B. für ein Dekret des Konzils von Trient gültig wäre, bei dem gewöhnlich jedes Kapitel nur ein dogmatisches Thema behandelt: Die Notwendigkeit; sich auf die Rechtfertigung vorzubereiten (95), die Wahrheit der Realpräsenz Christi in der Eucharistie (96) usw. Der erste Paragraph des 4. Laterankonzils hingegen faßt in “derselben” Anzahl von Zeilen wie das Kapitel des Trienter Konzils über „die Gabe der Beharrlichkeit” (97) eine Vielzahl von Glaubensaussagen zusammen, die zum Teil schön definiert waren: Über die Einheit Gottes, die Trinität und die Gleichheit der Personen, die Einfachheit ihrer Natur, das Hervorgehen des Sohnes und des Heiligen Geistes. Dasselbe geschieht hinsichtlich der Schöpfung, “vor allem bei den beiden Abschnitten, die den Fragenkreis der von Gott erschaffenen geistigen und körperlichen Wesen sowie die Erschaffung des Teufels und seine Sünde betreffen. Es handelte sich hierbei, wie wir festgestellt haben, um ebensoviele Punkte, die schon seit dem 4. und 5. Jahrhundert zur Lehre der Kirche gehörten. Dadurch, daß das Konzil sie in sein Glaubensbekenntnis einfügte, tat es nichts anderes, als daß es deren Zugehörigkeit zum allgemeinen Glaubensgut feierlich bekräftigte.

Die Existenz der dämonischen Wirklichkeit und die Aussage über ihre Macht gründen ferner nicht nur in diesen spezielleren Dokumenten allein, sondern finden auch einen weiteren, mehr generellen und weniger rigorosen Ausdruck in den Verlautbarungen der Konzilien, wo immer sie die Lage des Menschen ohne Christus beschreiben.

Die gemeinsame Lehre der Päpste und der Konzilien

In der Mitte des 5. Jahrhunderts, kurz vor dem Konzil von Chalzedon, hat der „Tomus” Papst Leos des Großen an Flavius den Sieg über den Tod und über den Teufel, der nach dem Hebräerbrief die Herrschaft über diesen innehat (98), als eines der Ziele der Heilsökonomie bestimmt. Als dann später das Konzil von Florenz über die Erlösung sprach, stellte es diese biblisch als eine Befreiung aus der Herrschaft des Teufels dar (99). Das Konzil von Trient erklärt, indem es die Lehre des hl. Paulus zusammenfaßt, daß der sündige Mensch „Satan und dem Tod Untertan ist” (100). Indem Gott uns erlöst hat, hat er „uns aus der Gewalt der Finsternis entrissen und uns in das Reich seines geliebten Sohnes versetzt, in dem wir Erlösung haben und Vergebung der Sünden” (101). Nach der Taufe eine Sünde zu begehen, bedeutet, „sich der Herrschaft Satans zu übergeben” (102). Dies ist in der Tat der ursprüngliche und universale Glaube der Kirche, der seit den ersten Jahrhunderten in der Liturgie der christlichen Initiation bezeugt ist, wenn die Katechumenen kurz vor der Taufe dem Satan abschworen, ihren Glauben an die allerheiligste Dreifaltigkeit bekannten und sich Christus, ihrem Erlöser, weihten (103).

Aus diesem Grund hat auch das II. Vatikanische Konzil, das sich mehr für die Gegenwart der Kirche als für die Lehre der Schöpfung interessierte, es nicht unterlassen, ,,zur Wachsamkeit gegenüber dem Wirken Satans und der Dämonen aufzurufen. Wie die Konzile von Florenz und Trient hat es mit dem Apostel daran erinnert, daß Christus uns „aus der Macht der Finsternis befreit” (104). Indem die Konstitution Gaudium et spes nach der Art des hl. Paulus und der Apokalypse die Heilige Schrift zusammenfaßt, sagt sie, daß unsere Geschichte, die Gesamtgeschichte, „ein harter Kampf ist gegen die Mächte der Finsternis, ein Kampf, der schon am Anfang der Welt begann und, nach dem Wort des Herrn, bis zum letzten Tag andauern wird” (105). An anderer Stelle wiederholt das II. Vatikanische Konzil  die Ermahnungen des Epheserbriefes, „die Waffenrüstung Gottes anzulegen, um den Ränken des Teufels widerstehen zu können” (106).

Denn wir müssen, wie dieselbe Konstitution die Laien erinnert, „kämpfen gegen die finsteren Weltherrscher und die bösen Geister” (107). Es überrascht schließlich auch nicht, daß dasselbe Konzil, wo es die Kirche als das bereits begonnene Reich Gottes darzustellen beabsichtigt, auf die Wunder Jesu hinweist und zu diesem Zweck gerade die Exorzismen anführt (108). Es war genau in diesem Zusammenhang, daß Jesus das bekannte Wort gesprochen hat: „So ist also das Reich Gottes zu euch gekommen” (109).

Der Beweis aus der Liturgie

Was die Liturgie betrifft, auf die wir schon Verschiedentlich zu sprechen gekommen sind, so stellt sie ein besonderes Zeugnis dar, weil sie der konkrete Ausdruck des gelebten Glaubens ist. Wir dürfen aber nicht von ihr verlangen, daß sie auf unsere Neugier über die Natur der Dämonen, ihre Art und ihre Namen Auskunft erteilt. Die Liturgie begnügt sich damit, ihrer Aufgabe entsprechend nachdrücklich auf deren Existenz und die Gefahren hinzuweisen, die durch sie den Christen drohen. Begründet in der Lehre des Neuen Testamentes, bietet die Liturgie dafür viele direkte Hinweise, indem sie daran erinnert, daß das Leben der Getauften ein Kampf gegen die Welt, das Fleisch und die dämonischen Wesen ist, der mit der Gnade Christi und in der Kraft seines Geistes geführt wird (110).

Die Bedeutung der neuen Rituale

Dieser liturgische Beweis muß heute jedoch mit Behutsamkeit angewandt werden. Einerseits drohen die orientalischen Rituale und Sakramente mit ihrer später erfolgten Ausschmückung und ihrer komplexen Dämonologie uns fehlzuleiten. Andererseits laden uns die lateinischen liturgischen Dokumente, die im Lauf der Geschichte des öfteren überarbeitet worden sind, gerade wegen dieser Veränderungen zu ebenso umsichtigen Schlußfolgerungen ein. Unser antikes Rituale der öffentlichen Buße brachte mit Nachdruck das Wirken des Teufels auf die Sünder zum Ausdruck. Leider sind diese Texte, die im „Pontificale Romano” bis in unsere Tage überlebt haben (111), seit geraumer Zeit nicht mehr in Gebrauch. Vor 1972 konnte man auch noch die kirchlichen Sterbegebete beten, die an den Schrecken der Hölle und die letzten Anstürme Satans erinnerten (112); auch diese bezeichnenden Texte sind nun verschwunden. Das besondere Amt des Exorzisten ist gerade in unseren Tagen, wenn auch noch nicht völlig abgeschafft, so doch auf einen gelegentlichen Dienst reduziert und kann de facto nur noch mit Erlaubnis der Bischöfe ausgeübt werden (113), ohne daß ein besonderer Ritus für dessen Vollzug vorgesehen ist. Eine solche Regelung bedeutet natürlich nicht, daß der Priester nicht mehr die Macht zur Ausübung des Exorzismus hat, noch daß er ihn nicht mehr vollziehen darf. Dennoch verpflichtet uns dies, festzustellen, daß die Kirche dadurch, daß sie diesem Amt keine spezifische Handlungsweise mehr zuteilt, den Exorzismen nicht mehr die Bedeutung zuerkennt, die sie in den ersten Jahrhunderten gehabt haben. Diese Entwicklung verdient durchaus, in Erwägung gezogen zu werden.

Dennoch dürfen wir daraus nicht schließen, daß im liturgischen Bereich der Glaube nachgelassen oder sich sogar geändert habe. Das Römische Missale vom 1970 gibt weiterhin die Überzeugung der Kirche über das Eingreifen dämonischer Mächte wieder. Wie früher erinnert die Liturgie des ersten Fastensonntags die Gläubigen daran, wie Jesus den Versucher besiegt hat: Die drei synoptischen Berichte über seine Versuchung sind den drei Zyklen A, B, C der Lesungen der Fastenzeit vorbehalten. Das Protoevangelium, in dem der Sieg der Nachkommenschaft der Frau über jene der Schlange angekündigt wird (Gen 3, 15), liest man am 10. Sonntag des Jahreszyklus B und am Samstag der 5. Woche. Am Fest der Aufnahme Mariens und im Comune der allerseligsten Jungfrau wird aus der Apokalypse der Abschnitt 12, 1-6 gelesen, der die Drohung des Drachen gegen die Frau, die gebären sollte, schildert. Die Diskussion Jesu mit dem Pharisäer über Beelzebub (Mk 3, 20-35) findet sich unter den Lesungen des bereits genannten 10. Sonntags des Jahreszyklus B. Das Gleichnis vom Samenkorn und vom Unkraut (Mt 13, 36-46) liest man am Dienstag der 13. Woche. Die Ankündigung der Besiegung des Fürsten dieser Welt (Joh 12, 20-33) wird am 5. Sonntag der Fastenzeit im Jahreszyklus B gelesen und in der Woche ebenso Joh 14, 30. Von den Schriften der Apostel erscheint Eph 2, 1-10 am Montag der 29. Woche; Eph 6, 10-20 im Comune der Heiligen und am Donnerstag der 13. Woche. 1 Joh 3, 7-10 liest man am 4. Januar; das Fest des hl. Markus bietet den ersten Petrusbrief, der den Teufel auf der Suche nach seiner Beute darstellt, die er zu verschlingen beabsichtigt. Diese Zitate, die noch vermehrt werden müßten, um vollständig zu sein, bezeugen, daß die bedeutendsten biblischen Texte über den Teufel stets ein Teil der offiziellen Lesungen der Kirche sind.

Es ist wahr, daß das Ritual für die christliche Initiation der Erwachsenen in diesem Punkt geändert worden ist und den Teufel nicht mehr in gebieterischem Ton beschwört. Doch wendet man sich nun mit derselben Absicht in Form eines Gebetes an Gott (114), was eine weniger pathetische, aber ebenso wirksame Ausdruckweise ist. Es ist deshalb falsch zu behaupten, daß die Exorzismen vom neuen Taufritual abgeschafft worden seien. Der Irrtum ist so offenkundig, da das neue Ritual für das Katechumenat vor den gewöhnlichen, sog. „größeren” Exorzismen sogar noch „kleinere” Exorzismen eingefügt hat, die über die ganze Dauer des Katechumenats verteilt sind und in der Vergangenheit unbekannt waren (115).

Die Exorzismen bleiben also erhalten. Heute wie gestern bitten sie um den Sieg über „Satan”, „den Teufel”, „den Fürsten dieser Welt” und „die Mächte der Finsternis“. Die drei gewöhnlichen „Skrutinien“, bei denen wie früher die Exorzismen stattfinden, haben denselben negativen und positiven Zweck wie ehedem: „von der Sünde und vom Teufel befreien” und zur gleichen Zeit „in Christus bestärken” (116). Die Feier der Kindertaufe bewahrt ebenfalls, was auch immer man darüber sagt, einen Exorzismus (117), was nicht bedeutet, daß die Kirche diese Kinder als vom Satan besessen betrachtet; doch glaubt sie, daß auch sie aller Wirkungen der Erlösung Christi bedürfen. Vor der Taufe trägt nämlich jeder Mensch, das Kind wie der Erwachsene, das Zeichen der Sünde und der Einwirkungen Satans.

Was die Liturgie der privaten Beichte betrifft, so spricht sie heute weniger vom Teufel als früher. Aber die gemeinschaftlichen Bußfeiern haben ein antikes Gebet wieder aufgegriffen, das den Einfluß Satans auf die Sünder erwähnt (118). Im Krankenritual unterstreichen zwar, wie wir bereits erwähnt haben, die Sterbegebete nicht mehr die beunruhigende Gegenwart Satans, doch betet der Priester bei der Spendung der Krankensalbung, daß der Kranke „von der Sünde und von jeglicher Versuchung befreit werden möge” (119). Das heilige Öl wird als ein „Schutz” für Leib, Seele und Geist betrachtet (120). Ohne die Hölle und den Dämon zu nennen, weist „das Gebet „Commendo te” dennoch indirekt auf deren Existenz und Wirken hin, wenn Christus darin gebeten wird, den Sterbenden zu erretten und ihn in die Zahl seiner” Schafe und „seiner” Erwählten aufzunehmen. Diese Ausdrucksweise will offensichtlich beim Kranken und seiner Familie einen Schock vermeiden, verleugnet aber in keiner Weise den Glauben an das Geheimnis des Bösen.

In Kürze: Was die Lehre über die Dämonen betrifft, so ist die Stellung der Kirche klar und fest. Es ist wahr, daß im Lauf der Jahrhunderte die Existenz Satans und der Dämonen niemals zum Gegenstand einer expliziten Aussage ihres Lehramtes gemacht worden ist. Der Grund dafür ist, daß die Frage nie in dieser Form gestellt worden ist. Die Häretiker und die Gläubigen, die sich in gleicher Weise auf die Heilige Schrift stützten, stimmten darin überein, daß sie deren Existenz und deren wichtigste unheilvolle Taten anerkannten. Daher ist es heute, wenn die Wirklichkeit der Dämonen in Zweifel gezogen wird, notwendig — wie wir früher schon gesagt haben —, sich auf den konstanten und universalen Glauben der Kirche und auf dessen wichtigste Quelle, die Lehre Christi, zu beziehen. In der Lehre des Evangeliums und inmitten des gelebten Glaubens ist es nämlich, wo sich die Existenz der Welt der Dämonen als eine dogmatische Tatsache offenbart. Das heutige Unbehagen, das wir eingangs aufgezeigt haben, zieht also nicht nur einen zweitrangigen Bestandteil des christlichen Gedankengutes in Frage, sondern berührt den konstanten Glauben der Kirche, ihre Art, die Erlösung zu verstehen und zuallererst sogar das Bewußtsein Jesu selbst. Deshalb konnte Papst Paul VI., als er kürzlich von dieser „furchtbaren, geheimnisvollen und beängstigenden Wirklichkeit” sprach, mit Autorität feststellen: „Wer sich weigert, deren Existenz anzuerkennen, verläßt den Bereich der biblischen und kirchlichen Lehre; ebenso wer aus ihr ein in sich stehendes Prinzip macht, das nicht wie jegliche Kreatur von Gott seinen Ursprung hat, oder wer sie als eine Pseudo-Realität, als eine begriffliche und phantasievolle Personifizierung der unbekannten Ursachen unserer Übel erklärt” (121). Weder die Exegeten noch die Theologen sollten diese Warnung überhören.

Wir wiederholen daher, daß die Kirche, indem sie auch heute noch die Existenz der Dämonen unterstreicht, weder zu den dualistischen und manichäischen Spekulationen früherer Zeiten zurückzukehren noch einen für die Vernunft annehmbaren Ersatz anzubieten beabsichtigt. Sie will nur dem Evangelium und seinen Forderungen treu bleiben. Sie hat natürlich dem Menschen niemals gestattet, sich seiner Verantwortung zu entledigen, indem er seine eigene Schuld den Dämonen zuschreibt. Die Kirche hat nicht gezögert, gegen eine solche Ausflucht, wo sie sich ergab, aufzutreten und mit dem hl. Johannes Chrysostomus zu sagen: „Es ist nicht der Teufel, sondern die eigene Nachlässigkeil der Menschen die Ursache aller ihrer Versagen und aller Übel, die sie beklagen” (122).

Diesbezüglich zeigt die christliche Lehre mit ihrer entschiedenen Verteidigung der Freiheit und der Größe des Menschen und in der Betonung der Allmacht und der Güte des Schöpfers ein Nachgeben. Sie hat in der Vergangenheit stets verurteilt und wird immer verurteilen, daß man sich allzu leichtfertig als Vorwand auf einen dämonischen Einfluß beruft. Sie hat sowohl den Aberglauben wie die Magie abgelehnt und jegliche Kapitulation in der Lehre gegenüber dem Fanatismus und jeden Verzicht auf die Freiheit gegenüber der Macht verweigert. Mehr noch, wenn man von einem möglichen Eingriff Satans spricht, hat die Kirche stets wie bei den Wundern einer kritischen Überprüfung Raum gegeben. Auf diese Weise fordert sie Behutsamkeit und Umsicht. Denn es ist leicht, Opfer der Einbildung zu werden, sich von ungenauen Berichten verleiten zu lassen, die entweder unbeholfen weitererzählt oder irrig interpretiert werden. In diesen wie in anderen Fällen ist es notwendig, zu unterscheiden und der Nachforschung und ihren Ergebnissen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.

Trotzdem aber ist die Kirche, treu dem Vorbild Christi, der Auffassung, daß die Ermahnung des Apostels Petrus zur „Nüchternheit” und Wachsamkeit immer aktuell ist (123). In unseren Tagen ist es sicherlich ratsam, sich vor einem neuen „Rausch” zu hüten. Aber auch das Wissen und die Macht der Technik können berauschen. Der Mensch ist heute stolz auf seine Entdeckungen, und oft mit Recht. Ist es jedoch in unserem Fall sicher, daß seine Analysen alle Phänomene geklärt haben, die für die Gegenwart der Dämonen charakteristisch sind und diese anzeigen? Gibt es zu diesem Punkt kein Problem mehr? Haben etwa die hermeneutische Analyse und das Studium der Väter die Schwierigkeiten in allen Texten beseitigt? Nichts ist weniger sicher. Gewiß, in anderen Zeiten herrschte eine gewisse Einfalt in der Furcht, an der Kreuzung unserer Wege eventuell einem Dämonen zu begegnen. Ist man aber heute nicht ebenso einfältig in der Erwartung, daß unsere Methoden bald das letzte Wort über die Tiefenschichten des Bewußtseins geben werden, wo die geheimnisvollen Beziehungen zwischen Seele und Leib, zwischen dem Übernatürlichen, dem Außernatürlichen und Menschlichen, zwischen Vernunft und Offenbarung sich einander durchdringen? Denn diese Fragen sind immer als umfangreich und verwickelt angesehen worden. Auch unsere heutigen Methoden haben wie die unserer Vorfahren Grenzen, die sie nicht zu übersteigen vermögen. Die Bescheidenheit, die auch eine vorzügliche Charaktereigenschaft der Intelligenz ist, muß ihre Rechte wahren und in der Wahrheit bleiben. Denn diese Tugend gestattet es dem Christen — wenn sie auch in besonderer Weise der Zukunft Rechnung trägt —, schon jetzt dem Beitrag der Offenbarung, kurz: dem Glauben, Raum zu geben.

Es ist in der Tat der Glaube, an den uns der Apostel Petrus verweist, wenn er uns einlädt, dem Teufel „fest im Glauben” zu widerstehen. Der Glaube nämlich lehrt uns, daß die Wirklichkeit des Bösen „ein lebendiges, geistiges, verführtes und verführendes Wesen ist” (124). Er vermag uns aber auch Vertrauen zu geben, indem er uns wissen läßt, dass die Macht Satans nicht die ihm von Gott gesetzten Grenzen überschreiten kann. Ebenso versichert er uns, daß der Teufel, wenn er uns zu versuchen imstande ist, uns dennoch niemals unsere Zustimmung abnötigen kann. Vor allem öffnet der Glaube das Herz für das Gebet, in dem er seinen Sieg und seine Krönung findet und uns erwirkt, daß wir in der Kraft Gottes über das Böse triumphieren.

Es ist gewiß, daß die Wirklichkeit der Dämonen, die konkret durch das bezeugt wird, was wir das Geheimnis des Bösen nennen, auch heute noch ein Rätsel bleibt, das das christliche Leben umgibt. Wir wissen nicht viel besser als die Apostel, warum der Herr es zuläßt, noch wie er es in den Dienst seiner Pläne stellt. Es könnte jedoch geschehen, daß in unserer Zivilisation, die so sehr einem weltlichen Horizontalismus huldigt, die unerwarteten heftigen Ausbrüche dieses Geheimnisses ein etwas feinfühligeres Empfinden für deren Verständnis vermitteln. Sie verpflichten den Menschen, in weitere Fernen, mehr in die Höhe und hinter die unmittelbaren Evidenzen zu schauen. Durch die Bedrohung und die Präpotenz des Bösen, die unseren Weg behindern, erlauben sie uns, die Existenz eines Jenseitigen zu erkennen und uns deshalb Christus zuzuwenden, um von ihm die Frohbotschaft von dem uns als Gnade angebotenen Heil zu hören.

L’Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nummer 27, 4. Juli 1975, SS. 6-8 (Erster Teil), Nummer 28, 11. Juli 1975, SS. 8-10 (Zweiter Teil).

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ANMERKUNGEN

1) Die Festigkeit der Kirche gegenüber dem Aberglauben findet ihre Erklärung schon in der Strenge des mosaischen Gesetzes, wenn auch diese formell begründet wurde aus dem Zusammenhang des Aberglaubens mit den Dämonen. So verurteilte Ex 22, 17 ohne weiteres zum Tode jene, die Magie ausübten; Lev 19, 26 und 31 verbot die Magie, die Astrologie, die Geisterbeschwörung sowie die Wahrsagerei, und Lev 20, 27 fügte die Totenbeschwörung hinzu; Dtn 18, 10 ächtete gleichzeitig Wahrsager, Astrologen, Magier, Hexenmeister, Zauberer, Zeichendeuter und solche, die Geister bannen und Tote befragen. Im Europa des hohen Mittelalters überlebten noch viele abergläubische Gebräuche des Heidentums, wie aus den Reden des hl. Caesarius von Arles und des hl. Eloi hervorgeht sowie aus dem Buch De correctione rusticorum von Martin aus Braga, aus den damaligen Aufstellungen abergläubischer Gebräuche (vgl. PL 89, 810-818) und aus den Bußbüchern. Das Erste Konzil von Toledo (Denz.-Sch., Nr. 205), dann jenes von Braga (Denz.-Sch., Nr. 459) verurteilten die Astrologie, wie es auch der hl. Leo d. Gr. im Briefe an Turibius von Astorga (Denz.-Sch., Nr. 483) getan hat. Die 9. Regel des Konzils von Trient verbietet die Betätigung der Chiromantie, der Geisterbeschwörung usw. (Denz.-Sch., Nr. 1859). Die Magie und die Zauberei veranlaßten ihrerseits eine große Zahl päpstlicher Bullen (Innozenz VIII., Leo X., Hadrian VI., Gregor XV., Urban VIII.) und viele Entscheidungen von Landessynoden. Über den Magnetismus und den Spiritismus wird man vor allem auf den Brief des Heiligen Offiziums vom 4. August 1856 zurückgreifen (Denz.-Sch., Nr. 283-285).

2) De diabolo tenlatore, Homilie II, 1, PG, 49, 257-258.

3) Apg 23, 8. Im Zusammenhang mit den jüdischen Glaubenswahrheiten bzw. der Engel und der bösen Geister zwingt nichts, das nicht näher erklärte Wort „Geist” dahin einzuschränken, daß es bloß die Geister der Toten bezeichne; man wendet den Ausdruck auch an für die Geister des Bösen, d. h. für die Dämonen. Dies ist die Auffassung von zwei jüdischen Verfassern (G. F. More, Judaism in the First Centuries of the Christian Era, Bd. I, 1927, S. 68; M. Simon, Les sectes juives au temps de Jesus, Paris 1960, S. 25) und eines Protestanten (R. Meyer, T.W.N.T., VII, S. 54).

4) Als Jesus erklärte: „Glaubet nicht, daß ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzuheben; ich bin nicht gekommen, sie aufzuheben, sondern um sie zur Vollendung zu führen” (Mt 5, 17), brachte er deutlich seine Wertschätzung für die Vergangenheit zum Ausdruck; und die folgenden Verse (19-20) bestätigen diesen Eindruck. Aber seine Verurteilung des Ehebruchs (Mt 5, 31), des Gesetzes der Wiedervergeltung (Mt 5, 38) usw. unterstreichen mehr seine totale Unabhängigkeit als den Wunsch, das Vergangene zu übernehmen und zur Vollendung zu führen. Das gleiche muß man mit mehr Grund von seiner Verurteilung des Festhaltens der Pharisäer an der Überlieferung der Alten sagen (Mk 7, 1-22).

5) Mt 8, 28-34; 12, 22-45. Wenngleich verschiedene Deutungen zugestanden werden, die jeder Synoptiker den Teufelsaustreibüngen gibt, muß man doch deren weite Übereinstimmung zugeben.

6) Mk 1, 12-13.

7) Mt 5, 37; 6, 13. Vgl. Jean Carmignac, Recherches sur le „Notre Pere”, Paris, 1969, S. 305-319. Dies ist übrigens die allgemeine Erklärung der griechischen und einiger abendländischer Väter (Tertullian, hl. Ambrosius, Cassian). Aber der hl. Augustinus und das Libera nos der lateinischen Messe waren nach einer unpersönlichen Deutung ausgerichtet.

8) E. Renaudot, Liturgiarum orientalium collectio, 2. Bd. (ad locum Missae); H. Denzinger, Ratus Orientalium, 1961, 2. Bd., S. 436. Dies scheint auch die Erklärung zu sein, der Paul VI. bei seiner Ansprache in der Generalaudienz vom 15. November 1972 folgte, weil man dort vom Bösen als lebendem und persönlichem Prinzip spricht (L’Osservatore Romano, 16.11.1972).

9) Mt 13, 19.

10) Mt 13, 39.

11) Mt 16, 19 so verstanden von P. Jouon, M. J. Lagrange, A. Medebielle, D. Buzy, M. Meinertz, W. Trilling, Jeremias usw. Es ist darum nicht zu verstehen, daß mancher heute Mt16, 19 beiseite läßt, um bei 16, 23 zu verweilen.

12) Lk 22, 31.

13) Joh 14, 30.

14) Lk 22, 53; vgl. Lk 22, 3 legt nahe, wie angenommen wird, daß der Evangelist diese „Macht der Finsternis” in unpersönlicher Weise versteht.

15) Joh 16, 11.

16) Eph 2, 1-2; 2 Thess 2, 11: 2 Kor 4, 4.

17) Gal 5, 17; Röm 7, 23-24.

18) Eph 6, 11-16.

19) Eph 4, 27; 1 Kor 7, 5.

20) Röm 16, 20.

21) 2 Kor 4, 4.

22) 2 Thess 2, 1.

23) 2 Kor 4, 4 zitiert von Paul VI. in der bereits erwähnten Ansprache.

24) 1 Kor 10, 19-20; Röm 21-22. Dies ist praktisch die Deutung, die in Lumen gentium, Nr. 16 gegeben wird: „Vom Bösen getäuscht, wurden die Menschen oft eitel in ihren Gedanken, vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge und dienten der Schöpfung mehr als dem Schöpfer”.

25) 2 Kor 11, 3.

26) 2 Thess 2, 3-4, 9-11.

27) Apg 12, 9.

28) Joh 12, 31; 14, 30; 16, 11.

29) Joh 8, 34.

30) Joh 8, 38. 44.

31) Joh 8, 44.

32) Joh 8, 41.

33) ebd.

34) Joh 8, 38. 44.

35) J. Quasten, Initiation aux Pères de l’Église, Bd. I, Paris 1955, S. 279 (= Patrology, Bd. I, S. 246).

36) Adv. Haer., V, XXIV, 3, PG, 7, 1188 A.

37) Ebd. XXI, 2, PC, 7, 1179 C-1180 A.

38) De Civitate Dei, Bd. XI, IX, PL, 41, 323-325.

39) De Genesi ad litteram, Bd. XI, XXIV, 31, PL, 34, 441-442.

40) PL, 76, 694; 705, 722.

41) Hl. Irenaeus, Adv. haer., IV, XI, 3, PG, 7, 113 C.

42) De praescriptionibus, Kap. XL, PL, 2, 54; De jejuniis, Kap. XVI, ebd. 977.

43) „Firmiter credimus et simpliciter confitemur … unum universorum principium, creator omnium invisibilium et visibilium, spiritualium et corporalium, qui sua omnipotenti virtute simul ab initio temporis, utramque de nihilo condidit creaturam, spritualem et corporalem, angelicam videlicet et mundanam, ac deinde humanam quasi communem ex spiritu et corpore constitutum. Diabolus enim et daemones alii ad Deo quidem natura creati sunt boni, sed ipsi per se facti sunt mali. Homo vero diaboli suggestione peccavit…” (C.OE.D. = Conciliorum Oecumenicorum Decreta, Ausg. I.S.R. Bologna 1973, 3, S. 230; Denz.-Sch.Enchiridion symbolorum, Nr. 800).

44) Das erste in chronologischer Reihenfolge ist das Glaubensbekenntnis der Synode von Lyon (1179-1181), das Valdèz gesprochen hat (Ausg. A. Dondaine, Arch. Fr. Pr., 16, 1946; dann jenes, das Durandus von Huesca vor dem Bischof von Tarragona im Jahre 1208 abgelegt hat (PL, 215, 1510-1513), und endlich jenes von Bernardo Primo im Jahre 1210 (PL, 216, 289-292). Denz.-Sch., Nr. 790-797 vergleicht diese Dokumente.

45) Im Konzil von Braga (560-563) in Portugal (Denz.-Sch., Nr. 451-464).

46) Phil 2, 10.

47) Eph 1, 21.

48) Kol 1, 16.

49) C.OE.D. S. 5 und 24; Denz.-Sch., Nr. 125-150.

50) Denz-Sch., Nr. 188.

51) In Jerusalem (Denz.-Sch., Nr. 41), in Zypern (berichtet von Ephiphanius von Salami na (Denz.-Sch., Nr. 44), in Alexandrien (Denz.-Sch., Nr. 46), in Antiochien (ebd. Nr. 50), in Armenien (ebd. Nr. 48) usw.

52) PE (Prex Eucharistica, Ausg. Hänggi-Pahl, Fribourg 1968), S. 244.

53) PE, S. 232 und 348.

54) PE, S. 327, 332, 382.

55) Adv. Haer., II, XXX, 6, PG, 7, 818 B.

56) PG, 25, 199-200.

57) De fide orthodoxa contra Arianos: in den Werken, die dem hl. Ambrosius zugeschrieben werden (PL, 17, 549) wie auch dem Febadius (PL, 20, 49).

58) De Genesi ad litteram liber imperfectus, 1, 1-2, PL, 34, 221.

59) De fide liber unus, III, 25, PL, 65, 683.

60) Dieses Glaubensbekenntnis, das vom Kaiser Michael Paleologus abgelegt wurde und durch Hardouin und Mansi in den Akten dieses Konzils erhalten ist, kann man bequem in Denz.-Sch. Nr. 851 finden. Die C.OE.D. von Bologna läßt sie aus, ohne hierfür einen Grund anzugeben (beim I. Vatikanischen Konzil appellierte gleichwohl offiziell der Relator der Deputatio fidei diesbezüglich, Mansi, Bd. 52, 11M3 B).

61) Sessio IX: Bulla unionis Coptorum (Bulle der Wiedervereinigung der Kopten), C.OE.D.S. 571: Denz.-Sch., Nr. 1333.

62) Denz-Sch., Nr. 1862 (fehlt in C.OE.D.).

63) Sessio III: Consiitutio „Dei Filius”, 1. Kap.: C.OE.D., S. 805-806; Denz.-Sch., Nr. 3002.

64) Mani, der Gründer der Sekte, lebte im 3. Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Mit Beginn des folgenden Jahrhunderts behauptete sich der Widerstand der Väter gegen den Manichaeismus. Ephiphanius widmete dieser Haeresie einen langen Traktat und widerlegte sie (Haer. 66, PG, 42, ä-172). Der hl. Athanasius spricht hierüber bei gegebener Gelegenheit (Oratio contra gentes, 2, PG, 25, 6 C). Der hl. Basilius schrieb hierüber eine kleine Abhandlung: Quod Deus non sit auctor malorum (PG, 31, 330-354). Didymus von Alexandrien ist Verfasser eines Buches (Contra Manichaeos (PG, 39, 1085-1110). Im Abendland kämpfte Augustinus systematisch nach seiner Bekehrung gegen den Manichaeismus, den er in seiner Jugend angenommen hatte (vgl. PL, 42).

65) Oratio 40. In sanctum Baptisma, Par. 45, PG, 36, 424 A.

66) Die Väter interpretierten in diesem Sinne die Verse 7s 14, 14 und Ez 28,2, in denen die Propheten den Stolz der heidnischen Könige von Babylonien und Tyrus anprangerten.

67) „Sagt mir nicht, daß die Bosheit immer im Teufel existiert habe; anfangs war er davon frei; es handelt sich hier um eine Eigenschaft seines Seins, die erst in der Folge dazu kam” (hl. Joh. Chrysostomus, De diabolo tentatoreHomilie II, 2, PG, 49, 260).

68) Quod Deus non sit auctor malorum (Daß Gott nicht der Urheber der Übel ist), 8, PG, 31, 345 C-D.

69) Oratio 38. In Teophania, 10, PG, 36, 320 C-321 A; Oratio 45. In sanctum Paschaebd., 629 B.

70) Vgl. oben Nr. 67.

71) Contra Manichaeos, 16: deutet in diesem Sinne Joh 8, 44 (in veritate non stetit), PG, 39, 1105 C; vgl. Enarratio in epist. B. Iudae, Vers 9, ebd. 1814 C – 1815 B.

72) Adversus Marcionem, II, X, PL, 296-298.

73) Vgl. den Paragraphen, der auf den ersten der canones de Trinitate, folgt.

74) Apologia proph. David, I, 4, PL, 14. 1455 C-D; in Psalmum 118, 10, PL, 15, 1363 D.

75) De Genesi ad litteram, Buch XI, XX-XXL 27-28, PL, 34, 439-440.

76) „Si quis confitetur angelum apostaticum in natura, qua factus est, non a Deo factum fuisse, sed ab se esse, ut de se illi principium habere adsignet, analhema sit.

Si quis confitetur angelum apostaticum in mala natura a Deo factum fuisse et non dixerit eum per voluntatem suam malum concepisse, anathema illi.

Si quis confitetur angelum Satanae mundum fecisse, quod absit, et non indicaverit (judicaverit) omne peccatum per ipsum adinventum fuisse” (De Trinitate VI, 17, 1-3, Ausg. V. Bulhart, CC, S.I., 9, S. 89-90; PL, 62, 280-281).

77) CSEL XXV/2, S. 977-982; PL, 42, 1153-1156.

78) De Genesi ad litteram liber imperfectus, I, 1-2, PL, 34, 221.

79) Denz.-Sch., Nr. 188.

80) Nämlich die 6. Anmerkung der Denkschrift, die der Bischof von Astorga als Berichterstatter an den Papst gesandt hat.

81) „Sexta annotatio indicat eos dicere quod diabolus numquam fuerit bonus, nee natura eius opificium Dei sit, sed eum ex chao et tenebris emersisse: quia scilicet nulluni sui habeat auetorem, sed omnis mali ipse sit principium atque substantia: cum fides vera, quae est catholica, omnium creaturarum sive spiritualium, sive corporalium bonam confiteatur substantiam, et mali nullani esse naturam; quia Deus, qui universitatis est conditor, nihil non bonum fecit. Unde et diabolus bonus esset, si in eo quod factus est, permaneret. Sed quia naturali excellentia male usus est, et in veritate non stetit (Joh 8, 44), non in contrariam transiit substantiam, sed a summo bono, cui debuit adhaerere, deseivit” (Epist. 15; VI. Kap., PL, 54, 683; vgl. Denz.-Sch., Nr. 286; der kritische Text, den B. Volman OSB herausgegeben hat, weist nur Varianten in den Satzzeichen auf.

82)„Cap. IX: Fides vera, quae est catholica, omnium creaturarum sive spiritualium, sive corporalium bonam confitetur substantiam, et mali nullam esse naturam: quia Deus, qui universitatis est conditor, nihil non bonum fecit. Unde et diabolus bonus esset, si in eo quod factus est permaneret. Sed quia naturali excellentia male usus est, et in veritate non stetit, non in contrariam substantiam transiit, sed a summo bono, cui debuit adhaerere, discessit” (De ecclesiasticis dogmatibusPL, 58, 995 C-D). Aber die ursprüngliche Rezension dieses Werkes, das im Anhang zu den Werken des hl. Augustinus veröffentlicht ist, weist dieses Kapitel nicht auf (PL, 42, 1213-1222).

83) De fide seu de regula fidei ad Petrum liber unusPL, 65, 671-706. „Principaliter tene” (III, 25, col. 685 A); „Firmissime … tene” (IV, 45, col 694 C). „Pars itaque angelorum quae a suo Creatore Deo, quo solo bono beata fuit, voluntaria prorsus aversione discessit …” (III, 31, col. 687 A); „… nullam que esse mali naturam” (XXI, 62, col. 699 D-700 A).

84) Concilia Gallica, 314-506, CC, SL, 148, Ausg. Ch. Munier, S. 165, 25-26; noch im Anhang des Ordo XXXIV in: M. Ardrieu, Ordines romani, Bd. III, Lovanii 1951, S. 616.

85) PL, 215, 1512 D, A. Doudaine, Arch. Fr. Pe. 16 (1946) 232; Denz.-Sch., Nr. 797.

86) Denz.-Sch., Nr. 457.

87) Vgl. oben Nr. 44.

88) PL, 204, 1235-1272. Vgl. E. Delaruelle. Dict. Hist. et Geogr. Eccl. Bd. XV., col. 754-757.

89) PL, 204, 775-792. Der geschichtliche Zusammenhang des nördlichen Italien ist gut von P. Ilarino da Milano beschrieben. Le eresie medioevali (XI.-XV. Jahrh.) in: Grande Antologia filosofica, Bd. IV, Milano 1954, S. 1599-1689. Das Werk von Bonacursus wird vom gleichen P. Ilarino da Milano studiert: Die „Manifestatio heresis Catarorum quam fecit Bonacursus” entsprechend dem cod. Ottob. lat. 136 der Vat. Bibliothek, Aevum 12 (1933) 281-333.

90) „Sed primo de fide. Contra quam proponit sententiam falsitatis et iniquitatis, dicens Deum omnipotentem sola invisibilia et incorporalia creasse; diabolum vero, quem deum tenebrarum appellat, dicit visibilia et corporalia creasse. Quibus predictis addit hereticus duo esse principia rerum: unum boni, scilicet Deum omnipotentem: alterum mali, scilicet diabolum. Addit etiam duas esse naturas: unam bonam, incorporalium, a Deo omnipotente creatam; alteram malam, corporalium, a diabolo creatam. Hereticus autem qui hoc dicit antiquus Manicheus, nunc vero Carharus appellatur” (Summa contra haereticos, I. Kap., Ausg. Josephi N. Garvin und James A. Corbett, University of Notre-Dame 1958, S. 4).

91) Dieser Traktat, der erstmals durch P. Antoine Dondaine OP entdeckt und herausgegeben wurde, ist kürzlich in zweiter Auflage veröffentlicht worden: Livre des deux principes. Introduction, texte critique. traduction, notes et index, von Christine Thouzellier. S. Chr. 198, Paris 1975.

92) L. c. Par. 1, S. 160-161.

93) ebd., Par. 12, S. 190-191.

94) „Dominus papa summo mane missa celebrata et omnibus episcopis per sedes suas dispositis, in eminentiorem locum cum suis kardinalibus et ministris ascendens, sancte Trinitatis fidem et singulos fidei articulos recitari fecit. Quibus recitatis quesitum est ab universis alta voce: „Creditis haec per omnia?” Responderunt omnes: „Credimus.” Postmodum damnati sunt omnes heretici et retrobate quorundam sententie, Joachim videlicet et Emelrici Parisiensis. Quibus recitatis iterum quesitum est: „An reprobatis sententias Joachim et Emelrici? At illi magis invalescebant damnando: Reprobamus (A new eyewitness Account of the Fourth Lateran Council, veröffentlicht von St. Kuttner und Antonio Garcia y Garcia, in: Traditio 20, 1964, 115-128, vor allem S. 127-128).

95) Sess. VI, Decretum de justificatione, V. Kap., C.OE.D., S. 672; Denz.-Sch., Nr. 1525.

96) Sess. XIII, I. Kap., C.OE.D., S. 693; Denz.-Sch., Nr. 1636-1637.

97) Sess. VI., XIII. Kap., C.OE.D., S. 676; Denz.-Sch., Nr. 1541.

98) Denz.-Sch., Nr. 291; die Formel wird von der V. Sessio, 1. Kap., des Konzils von Trient übernommen werden (C.OE.D., S. 666; Denz.-Sch., Nr. 1511).

99) Sess. XI, Bulla unionis Coplorum, 1347-1349.

100) Sess. VI, I. Kap.: C.OE.D., S. 671; Denz.-Sch., Nr. 1521.

101) Col 1, 13-14, zitiert im gleichen Dekret, III. Kap.: C.OE.D., S. 672, Denz.-Sch., Nr. 1523.

102) Sess. XIV, de poenitentia, I. Kap., C.OE.D., S. 703, Denz.-Sch., Nr. 1668.

103) Dieser Ritus erscheint schon im 3. Jahrhundert in der apostolischen Überlieferung (Ausg. B. Botte, 21. Kap., S. 46-51) und im 4. Jahrhundert in der Liturgie der apostolischen Konstitutionen, VII, 41 (Ausg. F.-X. Funk, Didascalia et Constitutiones Apostolorum, Bd. I, 1905, S. 444-447).

104) Ad gentes, Nr. 3 und 14 (man beachte das Zitat von Kol 1, 13 sowie die Anmerkungen zu Nr. 14).

105) Gaudium et spes, Nr. 37 b.

106) Eph 6, 11-12, hervorgehoben in Lumen gentium, Nr. 43 d.

107) Eph 6, 12, auch hervorgehoben in Lumen gentium, Nr. 35 a.

108) Lumen gentium, Nr. 5 a.

109) Lk 11, 20; vgl. Mt 12, 28.

110) C. Vagaggini OSB, Il senso teologico della liturgia. Saggio di liturgia teologica generale, Roma 1965, 4, XIII. Kap., Le due città, la liturgia e la lotta contro Satana, S. 346-427. Egon von Petersdorff, De daemonibus in liturgia memoratis. [Angelicum XIX (1942, S. 324-339); Dämonologie, I. Dämonen im Weltplan. II. Dämonen am Werk, München 1954-1957.

111) Man lese den Ordo excommunicandi et absolvendi und besonders die Ermahnung: „Quia N. diabolo suadente…”. Pontificale Romanum, 2. Ausg. Ratisbona 1908, S. 392-398.

112) Wir zitieren aus dem Gebet Commendo te …: „Ignores omne, quod horret in tenebris, quod stridet in flammis, quod cruetat in tormentis. Cedat tibi teterrimus satanas cum satellitibus suis…”.

113) So wurde im Par. IV des Motu Proprio Ministeria quaedam festgesetzt: „Die Ämter, die in der Lateinischen Kirche einzuhalten sind und die den heutigen Bedürfnissen angepaßt wurden, sind zwei, nämlich jene des Lektors und des Akolythen. Die Obliegenheiten, die bisher dem Subdiakon anvertraut wurden, sind nunmehr dem Lektor und dem Akolythen übertragen, und es gibt daher in der Lateinischen Kirche keinen höheren Weihegrad des Subdiakonats mehr. Es steht jedoch nichts im Wege, daß nach dem Urteil der Bischofskonferenz der Akolyth an manchen Orten auch Subdiakon genannt werden darf” (AAS 64, 1972, S. 532). Auf diese Weise ist das Amt des Exorzisten aufgehoben worden, es ist aber nicht vorgesehen, daß die entsprechenden Vollmachten vom Lektor oder vom Akolythen ausgeübt werden können. Das Motu Proprio erklärt nur (S. 531), daß die Bischofskonferenzen für ihr Gebiet die Ämter des Ostiarius, des Exorzisten und des Katecheten erbeten können.

114) Der Übergang zur Gebetsform erfolgt nur nach „Experimenten”, denen ihrerseits Überlegungen und Diskussionen im Consium folgten.

115) Ordo initiationis christianae adultorum, Edit. typ. Roma 1972, Nr. 10i, 109-118, S. 36-41.

116) Ebd., Nr. 25, S. 3; und Nr. 154-157, S. 54.

117) So war es seit der Ausgabe: Ordo baptismi parvulorum, Edit. typ. Roma 1969, S. 27, Nr. 49 und S. 85, Nr. 221. Die einzige Neuerung besteht darin, daß dieser Exorzismus in Gebetsform ist, oratio exorcismi, und daß ihm unmittelbar die unctio praebaptismalis folgt (ebd., Nr. 50); aber diese beiden Riten, der Exorzismus und die Salbung, haben ein jeder die eigene Schlußformel.

118)In dem neuen Ordo Paenitentiae, Edit. typ. Roma 1974, wird man im 2. Anhang das Gebet Deus humani generis benignissime conditor (S. 85-86), vorfinden, welches trotz leichter Abwandlungen identisch ist mit dem Gebet, das den gleichen Anfang hat, des Ordo reconciliationis poenitentium des Gründonnerstags (Pontificale Romanum, Ratisbona 1908, S. 350).

119) Ordo unctionis infirmorum eorumque pastoralis curae, Edit. Typ. Roma 1972, S. 33, Nr. 73.

120) Ebd., S. 34, Nr. 75.

121) „Padre nostro … liberaci dal male”, Ansprache bei der Generalaudienz am 15. November 1972 (L’Osservatore Romano, 16. November 1972). Der Heilige Vater hatte die gleiche Besorgnis in seiner Homilie am vorhergehenden 29. Juni ausgesprochen („Essere forti nella fede”, L’Osservatore Romano, 30. Juni / 1. Juli 1972, S. 1-2).

122) De diabolo tentatore, Homilie II, PG 49, 259.

123) 1 Petr 5, 8.

124) Paul VI., ebd.

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Predigt von Bischof Vitus Huonder am Pfingstsonntag, 20. Mai 2018, in der Kathedrale in Chur

Brüder und Schwestern im Herrn

Kampf, Wachsamkeit und Unterscheidung! Das tönt ganz kriegerisch. Ist es aber nicht. Denn die Worte stammen aus dem jüngsten Apostolischen Schreiben Gaudete et exultate von Papst Franziskus über den Ruf zur Heiligkeit in der Welt von heute. Papst Franziskus ist alles andere als ein Befürworter von Krieg und Gewalt. Deshalb müssen wir die Worte Kampf, Wach­samkeit und Unterscheidung richtig einordnen.

Was meint der Heilige Vater mit Kampf? Um das zu erfahren, müssen wir das fünfte Kapitel des Apostolischen Schreibens lesen. Gleich zu beginn lesen wir: „Das Leben des Christen ist ein ständiger Kampf. Es bedarf Kraft und Mut, um den Versuchungen des Teufels zu widerstehen und das Evangelium zu verkünden“ (158). Mit Kampf meint der Heilige Vater den Widerstand gegen den Teufel. Einige Zeilen später bekräftigt er nämlich: „Es ist auch ein beständiger Kampf gegen den Teufel, welcher der Fürst des Bösen ist“ (159). Nochmals einige Zeilen später lesen wir: „Als Jesus uns das Vaterunser lehrte, wollte er tatsächlich, dass wir am Ende den Vater bitten, er möge uns von dem Bösen erlösen. Der dort benutzte Ausdruck bezieht sich nicht auf etwas Böses im abstrakten Sinn, sondern lässt sich genauer mit ‘der Böse’ übersetzen. Er weist auf ein personales Wesen hin, das uns bedrängt. Jesus lehrt uns, täglich um diese Befreiung zu bitten, damit die Macht Satans uns nicht beherrsche“ (160). Und, darf ich nochmals den Papst zitieren. Deutlich sagt er: „Wir sollen also nicht denken, dass dies ein Mythos, ein Schauspiel, ein Symbol, ein Bild oder eine Idee ist“ (161). Mit anderen Worten sagt der Heilige Vater, dass Satan existiert und sein Unwesen in unserer Welt treibt. Der Kampf, von welchem der Papst spricht, ist daher ein Kampf gegen Satan und seine Anhänger.

Nun werdet Ihr fragen: Ist das ein Thema für Pfingsten? Sehr wohl ist dies ein Thema für Pfingsten. Denn im Kampf mit dem Satan brauchen wir das Gegengewicht. Da Satan nicht ein körperliches Wesen ist, sondern ein geistiges, brauchen wir im Kampf gegen Satan ein geistiges Gegengewicht. Nochmals zum Wort des Papstes zum Vaterunser: „Als Jesus uns das Vaterunser lehrte, wollte er tatsächlich, dass wir am Ende den Vater bitten, er möge uns von dem Bösen erlösen“. Der Papst macht uns eigens auf diese letzte Bitte des Gebetes unseres Herrn aufmerksam. Wir dürfen sagen, an Pfingsten hat sich diese Bitte erfüllt, genauer ausgedrückt, sie hat sich in einem besonderen Maß erfüllt: Das Kommen des Heiligen Geistes am Tag von Pfingsten bedeutet in besonderer Weise die Erlösung vom Bösen, die Erlösung von Satan. Denn die Kirche hat den Geist der Wahrheit empfangen, wie es Jesus im heutigen Evangelium verheißen hat: „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wann aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganze Wahrheit leiten“ (Joh 16,12-13).

Die Wahrheit ist das Gegenteil des Bösen, des Verderblichen, der Lüge. Deshalb macht sie uns frei (vgl. Joh  8,32). Sie befreit uns. Sie erlöst uns. Denn Wahrheit ist an und für sich ein anderer Begriff für die Wirklichkeit Gottes, für alles, was Gott ist und was Gott tut. In Gott und durch Gottes Wirken sind wir frei. Durch den Geist der Wahrheit sind wir frei, befreit, oder werden wir frei, sofern wir die Wahrheit zur Grund­lage unseres Lebens nehmen.

Ist Ostern der Anfang unserer Erlösung und unserer Freiheit, die sich vor allem im auferstandenen Herrn erweisen, so ist Pfingsten deren Vollendung in der von Gott neu geschaffenen Menschheit, im Volk Gottes, in der Kirche. Aber es ist noch eine Erlösung und eine Freiheit unter dem Banner des Kampfes, der Wachsamkeit und der Unterscheidung. Deshalb dürfen wir die Hände nicht in den Schoß legen und nachlässig werden (vgl. Gaudete et exultate 161). Das bedeutet: Wir müssen uns immer wieder in den Schutz des Heiligen Geistes begeben und unser Leben unter diesem Schutz gestalten, im Schut­z des Geistes der Wahr­heit, im Schutz seiner Liebe und seiner Lehre. Beten wir daher mit der Pfingstsequenz häufig: O lux beatissima, reple cordis intima tuorum fidelium. Sine tuo numine nihil est in homine, nihil est innoxium. – Komm, o du glückselig Licht, fülle Herz und Angesicht, dring bis auf der Seele GrundOhne dein lebendig Wehn kann im Menschen nichts bestehn , kann nichts heil sein noch gesund.  Amen.

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Frühmesse: Das Gespräch mit dem Teufel meiden!

Papst Franziskus bei der Frühmesse (Vatican Media)

Der Teufel verführt und täuscht. Er wurde zwar besiegt, kann uns aber immer noch gefährlich werden: bei der Frühmesse am Dienstag im vatikanischen Gästehaus Santa Marta erklärte Papst Franziskus, wie man den Versuchungen des Teufels widerstehen kann. Gleichzeitig verwies er auch auf die Muttergottes, die uns in Stunden der Not „Zuflucht“ biete.

Silvia Kritzenberger und Debora Donnini- Vatikanstadt

Wir dürften uns dem Teufel nicht nähern, uns gar nicht erst auf ein Gespräch mit ihm einlassen, warnte der Papst in seiner Predigt an diesem Dienstag: Er sei zwar „ein Besiegter“, aber immer noch gefährlich „wie ein wütender Kettenhund, der zubeißt, wenn du ihn streichelst“. Im Fokus seiner Überlegungen stand die Figur des Teufels, der zwar noch nicht tot, aber „bereits gerichtet“ sei, wie es im Tagesevangelium nach Johannes heißt (Joh 16,5-11).

Vorsicht vor den Verführungen des Teufels!

„Wir können sagen, dass er im Sterben liegt“, erklärte der Papst, doch wir müssten dennoch auf der Hut sein: „Der Teufel versteht sich auf die Kunst des Verführens. Und deshalb ist es auch so schwer, ihn als einen Besiegten zu sehen: Er brüstet sich mit seiner Macht, macht große Versprechungen, gibt dir schön verspackte Geschenke!“ Doch auch wenn er uns mit einem äußerlich schönen Paket verführe, zeige er uns nicht, was darin sei, erläuterte Franziskus. „Er weiß ganz genau, wie er unserer Eitelkeit und unserer Neugier seine Versprechungen schmackhaft machen kann!“

Sein Licht ist blendend, aber schnell vergänglich

Erfahrene Jäger sagten, dass man einem sterbenden Krokodil besser nicht zu nahe komme, brachte Franziskus seine Überlegungen auf den Punkt: denn mit einem einzigen Hieb seines mächtigen Schwanzes könne dieses immer noch töten! Und genau das – so fuhr Franziskus fort– sei auch das Gefährliche am Teufel: er brüste sich mit seiner Macht, doch „seine Versprechungen sind nichts als Lügen… Und wir Dummköpfe fallen darauf herein!“ Der Teufel sei nicht umsonst „der Vater der Lüge“. Er verstehe es, uns mit schönen Worten einzulullen, uns zu täuschen: „Er ist ein Besiegter, der sich als Sieger gebärdet“. Sein Licht blende „wie ein Feuerwerk. Aber es ist nicht von Dauer, ist schnell verloschen,“ warnte der Papst. Das Licht Gottes dagegen sei „sanft, aber dauerhaft.“

Wie Franziskus feststellte, „verführt uns der Teufel, macht sich unsere Eitelkeit, unsere Neugier zunutze, und wir glauben ihm jedes Wort, erliegen der Versuchung“. Das mache ihn zu einem „gefährlichen Besiegten“. „Wir müssen vor ihm auf der Hut sein,“ mahnte der Papst und verwies auf das Gebot Jesu, der zum Beten, Wachen und Fasten eingeladen habe. Dies sei der Weg, der Versuchung zu widerstehen.

Sich vom Teufel fernhalten wie von einem wütenden Kettenhund

Ganz wichtig sei es auch, „sich von ihm fernzuhalten“, weil er – wie schon die Kirchenväter wussten – wie ein „wütender Kettenhund“ sei, den man nicht streicheln darf, weil er beißt. „Wenn ich dieser Begierde nachgebe, diesen Gedanken in meinem Kopf Gestalt annehmen lasse, dann ist das, als würde ich mich diesem tollwütigen Hund nähern!“, warnte Franziskus. Und verdeutlichte seinen Rat in einem Zwiegespräch: „Bitte, tut das nicht! – Ich habe eine klaffende Wunde – Wer hat sie dir zugefügt? – Der Hund! – Aber er war doch angekettet! – Ja, aber ich wollte ihn doch nur streicheln!– Selber schuld! – Nie zu nah kommen, nur weil er angekettet ist! Lassen wir ihn angekettet!“

Nicht mit dem Teufel sprechen

Und schließlich müssten wir uns auch davor hüten, uns auf ein Gespräch mit dem Teufel einzulassen. Denn dann würde es uns wie Eva ergehen: „Sie meinte, die große Theologin zu sein – und schon war sie der Versuchung erlegen!“ Jesus dagegen war auf der Hut: in der Wüste setzt er der Versuchung das Wort Gottes entgegen. Er treibt Dämonen aus, manchmal fragt er sie nach ihrem Namen – doch lässt sich nie auf ein Gespräch mit ihnen ein! Die Warnung des Papstes ist unmissverständlich: „Man spricht nicht mit dem Teufel, denn dann hat er schon gewonnen, er ist schlauer als wir!“

Bei der Muttergottes Zuflucht suchen

Wie Franziskus erklärte, verkleide sich der Teufel als Engel des Lichts, sei aber „ein Engel des Schattens, ein Engel des Todes“: „Er ist ein Verdammter, ein Besiegter, ein in Ketten gelegter, der im Sterben liegt, aber mit seiner letzten Kraft noch immer zum tödlichen Schlag ausholen kann!“ Wir müssten also beten, uns in Buße üben, ihm nicht zu nahe kommen, uns niemals auf ein Gespräch mit ihm einlassen! Und uns am Ende wie Kinder zur Mutter flüchten. „Wenn Kinder Angst haben, gehen sie zur Mutter,“ führt der Papst aus: „Wenn sie schlecht geträumt haben, gehen sie zur Mutter. Zur Muttergottes gehen; sie beschützt uns!“

Abschließend forderte Franziskus die Gläubigen auf: „Lasst uns in Zeiten der spirituellen Not unter dem Mantel der Muttergottes Schutz suchen. Zur Mutter gehen! Möge sie uns beistehen im Kampf gegen den Besiegten, gegen den angeketteten Hund, damit wir ihn besiegen können!“

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Engel vs. Teufel – und wo stehe ich?

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Reims, Lachender Engel / Wikimedia Commons – Vassil, Public Domain

Impuls zum 14. Sonntag im Jahreskreis C — 3. Juli 2016

“Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen” (Lk 10,17). Ein wenig rätselhaft ist es schon, dass Jesus im Zusammenhang mit der Aussendung der Jünger den Teufel erwähnt. Er möchte offensichtlich, dass wir uns bei der Verkündigung des Reiches Gottes, also bei der Katechese, beim persönlichen Apostolat, darüber im klaren sind, dass es dabei auch gilt, “die ganze Macht des Feindes zu überwinden” (Lk 10,18). Er will, dass die Christen – alle Getauften betrifft ja der Missionsbefehl des Herrn – sich keinen Illusionen hingeben: die Wahrheit Jesu Christi wird durchaus nicht immer mit offenem Herzen aufgenommen. Und da ist tatsächlich eine reale Person, genauer gesagt ganz viele, die jede Katechese torpedieren wollen.

Viele haben sich darüber gewundert, dass Papst Franziskus des öfteren den Teufel erwähnt. Auch diese Verwunderung hat sicher mit einer verengten exegetischen Perspektive, von der Professor Klaus Berger spricht, zu tun. Dass es den Teufel gibt, kann man beim “besten” Willen nicht aus dem Neuen Testament herausinterpretieren (wenn man denn an die göttliche Herkunft der Heiligen Schrift glaubt).

Auch im heutigen Evangelium des hl. Lukas wird dies deutlich, wo Jesus ganz kurz, aber sehr dramatisch beschreibt, welche persönliche Erfahrung er selbst mit dem Widersacher gemacht hat. Nicht von der Begegnung in der Wüste spricht er, wo er zu Beginn seines öffentlichen Auftretens jene drei exemplarischen Versuchungen zu bestehen hatte, die uns zeigen sollten, dass man Versuchungen bestehen kann.

Das Wort von dem vom Himmel stürzenden Satan reicht in ferne Urzeiten zurück, als der Teufel, damals noch ein Engel, selber eine Versuchung präsentiert bekam, der er aber nicht widerstand.

Unsere von der Aufklärung so nachhaltig geprägte Zeit tut sich schwer mit den Engeln und erst recht mit den gefallenen Engeln. Viele Christen genieren sich, wenn Andersgläubige bei der Erwähnung der Engel oder der Teufel ein ironisches Lächeln aufsetzen. Also besser nicht davon sprechen. Vielleicht gibt es sie ja auch gar nicht.

Aber ein verkürztes Evangelium nützt niemandem. Vielleicht rächt es sich jetzt, dass viele Pfarrer über die Engel nie predigen, weder über die guten, noch über die bösen. Viele Christen sind daraufhin in den letzten Jahrzehnten zu den Esoterikern hinüber gewandert, weil sie dort von den Engeln hören. Und nicht immer nur Falsches.

Der Sturz des Satans muss eine gewaltige Tragödie gewesen sein. Luzifer war der schönste aller Engel, der Lichtträger, aber seine Größe stieg ihm zu Kopf. Er erlag der Versuchung der schlimmsten Sünde, nämlich des Hochmuts, und rief: “Non serviam!” Ich diene nicht.

Sein Sturz war ein plötzlicher. Er verlor mit einem Mal alle ihm von Gott verliehenen guten und schönen Eigenschaften (denn gut und schön war im Anfang das gleiche): seine lichtvolle Schönheit, sein majestätisches Auftreten, seine Anmut, und übrig blieben nur Hass und Hässlichkeit, Neid und Bosheit.

Mit ihm stürzten unbeschreiblich viele, die sich von ihm hatten verführen lassen. Sein Gegenspieler war der hl. Michael, sein Name bedeutet “Wer ist wie Gott?” Seine Demut hat den Stolz überwunden.

So steht am Anfang der Geschichte – noch bevor es Menschen gab – der Sturz der Engel. Die in der Treue zu Gott verbliebenen Engel wurden in der Gnade befestigt und in die beseligende Anschauung Gottes geführt. Und wer Gott schaut, kann nicht mehr sündigen.

Da die guten Engel Christus, den Logos, lieben, ist es ihnen ein Anliegen, seinem Wunsch entsprechend, uns Menschen zur Erlösung und damit zu den Freuden des Himmels zu begleiten. Genau wie Gott selber es tut, respektieren sie unseren freien Willen. Deshalb ist ihre Hilfe immer nur eine sozusagen beratende. Entscheiden müssen wir uns in jedem Augenblick selber.

Die gefallenen Engel, nunmehr Teufel, haben ein böses Interesse daran, die Menschen, von denen sie wissen, dass Gott sie liebt und sich für sie geopfert hat, von Gott abzubringen. Da in ihnen, den gefallenen Engeln, nichts Gutes mehr ist, gehen sie ganz in diesem vom Neid motivierten Bestreben auf. Verständlich, dass der Teufel die Verkündigung der Frohen Botschaft unbedingt verhindern will.

Das ist seit fast zweitausend Jahren so, und auch heute sind es nicht nur die schlechten Menschen und die falschen Ideen, die gegen das Reich Gottes kämpfen. Hinter ihnen stehen diese Gesellen, die mit ihrem seit so langer Zeit bewährten Arsenal von Versuchungen alles Böse kräftig fördern.

Das ist gut zu wissen. Dennoch möchte der Herr auch nicht, dass wir dem bösen Feind zuviel Aufmerksamkeit widmen. Deshalb erwähnt er ihn nur kurz. Beachten wir umso mehr die guten Engel, die uns viel mehr helfen könnten, wenn wir sie mehr darum bäten. Auch das hat mit der menschlichen Freiheit zu tun, dass die Himmlischen gewissermaßen nicht helfen können, wenn wir sie nicht bitten, denn wie sollen sie wissen, dass wir ihre Hilfe überhaupt wollen?

Aber dadurch, dass wir von den Aktivitäten der bösen Engel wissen und auch das Gegenmittel kennen, nämlich das Vertrauen auf die Hilfe Gottes, kommen wir besser damit zurecht und brauchen nichts zu fürchten. Das Wort “Gott mit uns” hilft uns unbedingt, uns den Menschen zu widmen, um dann festzustellen, dass sie so schlecht gar nicht sind. Es hilft uns, falsche Ideen zu entlarven und zu widerlegen.

Der Teufel ist der Vater der Lüge. Aber seine Macht hört da auf, wo die Menschen das Wort Jesu beherzigen: “Die Wahrheit wird euch frei machen”.

Bei alledem ist immer die Unbefleckte Jungfrau Maria die große Helferin. Für uns ist sie die liebevolle Mutter, für die Dämonen ein furchtbares Heer in Schachtordnung. Mit ihr kann uns nicht nur nichts passieren, mit ihr wird die Kirche auch heute auf die Menschen zugehen und ihnen die Freude Christi bringen.

Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.

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DER SELIGE PAPST PAUL VI. ÜBER SATAN

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Ansprache vom 15. November 1972

Was braucht die Kirche heute am dringendsten? Unsere Antwort soll euch nicht erstaunen, nicht einfältig oder geradezu abergläubisch und unrealistisch vorkommen: eines der größten Bedürfnisse der Kirche ist die Abwehr jenes Bösen, den wir den Teufel nennen. Bevor wir unsere Gedanken erläutern, laden wir euch ein, im Lichte des Glaubens das menschliche Leben in den Blick zu nehmen, ein Blick, der von dieser Warte aus bis zu den entferntesten Horizonten und in letzte Tiefen vordringt.

Das Bild, zu dessen realistischer Gesamtschau wir eingeladen sind, ist überaus schön. Es ist das Bild der Schöpfung, die das Werk Gottes ist und die Gott selbst in ihrer wesenhaften Schönheit als ein äußeres Spiegelbild seiner Weisheit und seiner Macht bewundert hat (vgl. Gen 1,10).

Interessant ist sodann das Bild der dramatischen Geschichte der Menschheit, aus der die Geschichte der Erlösung, die Geschichte Christi und unserer Erlösung hervortritt, mit ihren großartigen Schätzen der Offenbarung, der Prophetie, der Heiligkeit, des auf die Stufe des Übernatürlichen erhobenen Lebens und der Verheißungen für die Ewigkeit (vgl. Eph 1,10). Dieses Bild schauen zu dürfen, kann uns nur tief ergreifen: alles hat einen Sinn, alles hat ein Ziel, alles hat eine Ordnung, und alles lässt Gegenwärtigkeit und Transzendenz zugleich ahnen, ein göttliches Denken, ein göttliches Leben und schließlich eine göttliche Liebe, so dass sich das Universum durch das, was es ist, und durch das, was es nicht ist, uns darstellt als etwas Vorbereitendes, das uns mit berauschender Begeisterung hinführt zu etwas, was noch schöner und noch vollkommener ist (vgl. 1 Kor 2,9; 13,12; Röm 8,19-23). Darum ist die christliche Sicht des Kosmos und des Lebens von einem siegesbewussten Optimismus erfüllt. Sie rechtfertigt unsere Freude und unsere Dankbarkeit für das Leben, und wenn wir so das Lob Gottes singen, singen wir von unserem eigenen Glück.

Aber ist diese Sicht der Dinge vollständig? Ist sie genau? Gehen uns denn die Mängel, die es in der Welt gibt, nichts an? Ist das, was unsere Existenz belastet, bedeutungslos? Schmerz und Tod? Niedertracht, Grausamkeit, Sünde, kurz gesagt das Böse? Sehen wir nicht, wie viel Übel es in der Welt gibt? Und sehen wir erst recht nicht all das sittlich Böse, welches, wenn auch auf verschiedene Weise, zugleich gegen den Menschen und gegen Gott gerichtet ist? Ist das etwa kein trauriges Schauspiel, kein unerklärliches Geheimnis? Und sind nicht gerade wir, die wir an das göttliche Wort glauben und das Gute besingen, sind nicht wir Gläubige am empfindlichsten und am meisten betroffen, wenn wir das Böse sehen und erfahren müssen? Wir finden das Böse im Bereich der Natur, wo es sich uns auf viefältige Weise als Unordnung zu zeigen scheint. Ferner treffen wir auf das Böse im menschlichen Bereich, wo wir der Schwäche, der Gebrechlichkeit, dem Schmerz, dem Tod und noch Schlimmerem begegnen. Da sind zwei Gesetze, die miteinander im Widerstreit liegen. Das eine möchte das Gute, das andere treibt zum Bösen – eine Qual, über die der heilige Paulus in aller Demut ganz offen spricht, um die Notwendigkeit und das Glück einer rettenden Gnade aufzuzeigen, nämlich des von Christus gebrachten Heils (vgl. Röm 7). Schon der heidnische Dichter hatte diesen inneren Widerstreit im Herzen des Menschen verkündet: video meliora proboque, deteriora sequor (ich sehe das Bessere, erkenne es an, folge jedoch dem Schlechteren (Ovid. Met. 7, 19).

Wir stoßen auf die Sünde, die eine Pervertierung der menschlichen Freiheit und tiefste Ursache des Todes ist, weil sie uns von Gott, der Quelle des Lebens, trennt (Röm 5,12). Und die Sünde gibt ihrerseits einem dunklen, feindlichen Täter, dem Teufel, Gelegenheit zu wirksamem Eingreifen in uns und unsere Welt. Das Böse ist nicht mehr nur ein Mangel, sondern es ist eine wirkende Macht, ein lebendiges, geistliches Wesen, verderbt und verderbend, eine schreckliche Realität, geheimnisvoll und beängstigend.

Wer die Existenz dieser Realität bestreitet, stellt sich außerhalb der biblischen und kirchlichen Lehre; desgleichen, wer daraus ein eigenständiges Prinzip macht, das nicht, wie alles Geschaffene, seinen Ursprung aus Gott nimmt; oder auch, wer es zu einer Pseudowirklichkeit erklärt, es für eine erfundene, phantastische Personifikation der unbekannten Ursachen unseres Unheils hält. Das Problem des Bösen, seinem ganzen Umfang nach und in seiner Absurdität auf dem Hintergrund unserer einseitigen Rationalität gesehen, bringt uns in Verwirrung. Es erweist sich als das stärkste Hindernis für unser religiöses Verständnis des Kosmos. Nicht ohne Grund hat der heilige Augustinus sich jahrelang damit abgequält: “ Ich fragte, woher das Böse käme, und ich fand keine Erklärung. (Augustinus Confessiones VII, 5, 7; PL 32, 736, 739).

Und dann die Bedeutung, welche der Warnung vor dem Bösen in unserer richtigen christlichen Sicht von der Welt, vom Leben und von der Errettung zukommt. Auf diese Bedeutung hat Christus selbst aufmerksam gemacht, in der Geschichte des Evangeliums schon am Beginn seines öffentlichen Lebens. Wer erinnert sich nicht der überaus inhaltsreichen Schilderung der dreifachen Versuchung Christi? Sodann die vielen Szenen des Evangeliums, in denen der Teufel den Weg des Herrn kreuzt und in seinen Lehren erwähnt wird? (z.B. Mt 12,43). Und wie könnte man sich nicht daran erinnern, dass Christus sich dreimal an den Teufel als seinen Widersacher wendet und ihn als „Herrscher dieser Welt“ bezeichnet (Joh 12,31; 14,30; 16,11)? Die Tatsache dieser unheilvollen Anwesenheit des Teufels wird an vielen Stellen des Neuen Testamentes erwähnt. Der heilige Paulus nennt ihn den „Gott dieser Welt“ (2 Kor 4,4) und drängt uns zum Kampf gegen die Finsternis, den wir Christen nicht mit nur einem Teufel, sondern mit einem ganzen furchterregenden Heer zu führen haben: „Zieht die Rüstung Gottes an, damit ihr den Schlichen des Teufels widerstehen könnt! Wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Mächte und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs“ (Eph 6,11-12).

Dass es sich nicht um nur einen Teufel handelt, sondern um viele, das berichten verschiedene Stellen des Evangeliums (Lk 11,21; Mk 5,9). Aber einer ist der Führer: Satan, was soviel heißt wie Widersacher, Feind. Mit ihm sind viele, alles Geschöpfe Gottes, aber gefallen, weil sie aufbegehrten und verdammt wurden (vgl. Denz.-Sch. 800 [428]). Eine ganze, von einem heillosen Drama verzerrte, geheimnisvolle Welt, über die wir nur wenig wissen.

Dennoch wissen wir von der Welt des Teufels vieles, das für unser Leben und für die ganze Menschheitsgeschichte Bedeutung hat. Der Teufel steht am Beginn des ersten Verhängnisses für die Menschheit: er war der listige, unglückselige Versucher zur ersten Sünde, zur Ursünde (Gen 3; Weish 2, 24).

Seit jenem Fall Adams übt der Teufel eine bestimmte Macht über den Menschen aus, von der uns einzig die Erlösung durch Christus befreien kann. Es ist eine Geschichte, die noch nicht zu Ende ist. Wir erwähnen die Exorzismen bei der Taufe und die häufigen Hinweise in der Heiligen Schrift und in der Liturgie auf die aggressive und bedrängende „Macht der Finsternis“ (vgl. Lk 22,53; Kol 1, 13). Er ist der Feind Nummer eins, der Versucher schlechthin. Wir wissen also, dass es dieses dunkle, Verwirrung stiftende Wesen tatsächlich gibt und dass es noch immer mit mörderischer Schlauheit am Werk ist. Es ist der verborgene Feind, der Verwirrung und Unglück in der Menschengeschichte sät. Es sei an das Gleichnis im Evangelium vom guten Weizenkorn und vom Unkraut erinnert, gleichsam eine bündige Erklärung für die Widersinnigkeit, von der die so gegensätzlichen Dinge in unserem Leben beherrscht zu sein scheinen: „Das hat ein Feind von mir getan“ (Mt 13,28). Er ist „ein Mörder von Anfang an … und der Vater der Lüge“, wie ihn Christus nennt (vgl. Joh 8,44-45). Er ist der raffinierte Ränkeschmied, der das sittliche Gleichgewicht im Menschen stört. Er ist der verräterische und listige Zauberer, der sich in uns einzuschmeicheln versteht über die Sinne, die Phantasie, die Begierde, über das utopische Denken oder über ungeordnete soziale Kontakte im Bereich unseres Handelns, um zu Abirrungen zu verleiten, die ebenso schädlich sind, wie sie unseren physischen und psychischen Strukturen oder unseren. tiefen, triebhaften Strebungen scheinbar entsprechen.

Dieses Kapitel über den Teufel und über den Einfluss, den er auf die einzelnen Menschen wie auf die Gemeinschaft, auf ganze Gesellschaften oder auf die Ereignisse auszuüben vermag, wäre als ein sehr wichtiger Abschnitt der Katholischen Lehre neu zu durchdenken, was heute aber kaum der Fall ist. Manche glauben, in psychoanalytischen und psychiatrischen Studien oder in spiritistischen Erfahrungen, die heute leider in manchen Ländern stark verbreitet sind, einen hinreichenden Ersatz zu finden. Man fürchtet den Rückfall in alte manichäistische Theorien oder in furchterregende phantastische und abergläubische Auswüchse. Heute“ zeigt man sich lieber als stark und frei von Vorurteilen, gibt sich gern als Positivist, setzt aber dann doch sein Vertrauen in völlig unbegründete magische oder volkstümliche Formen des Aberglaubens, oder, noch schlimmer, man öffnet die eigene Seele – welche die Taufe empfangen hat, so oft den eucharistisch gegenwärtigen Herrn empfing und vom Heiligen Geist bewohnt wird! – den freizügigsten Erfahrungen der Sinne, den zerstörerischen Kräften der Drogen oder auch ideologischen Verführungen durch modische Irrlehren. Dies alles schafft Risse, durch die das Böse leicht eindringen und die innere Einstellung des Menschen verändern kann. Es ist nicht gesagt, dass jede Sünde auf einen direkten Einfluß des Teufels zurückgeht8 Aber es ist auch wahr, dass derjenige, der nicht mit aller sittlichen Strenge über sich selbst wacht (vgl. Mt 12,45; Eph 6,11), sich dem Einfluss der „geheimnisvollen Macht der Gesetzlosigkeit“ aussetzt, von der der heilige Paulus spricht (2 Thess 2,3-12); sie macht unsere mögliche Erlösung problematisch.

Unsere Lehre wird ungewiss, wenn sie von der den Teufel umgebenden Finsternis verdunkelt wird. Angeregt von der Gewissheit der vielfachen Existenz des Bösen, stellen wir mit Recht zwei Fragen. Gibt es Anzeichen, und welche, für das tatsächliche Wirken des Teufels? Und welche Mittel gibt es, um sich gegen diese hintergründige Gefahr zu wappnen?

Die Antwort auf die erste Frage verlangt große Vorsicht, auch wenn die Zeichen des Bösen bisweilen ganz offensichtlich scheinen (vgl. Tertullian, Apol. 23). Wir werden sein unheilvolles Wirken überall dort vermuten können, wo die Leugnung Gottes radikale, scharfe und absurde Formen annimmt, wo die Lüge sich heuchlerisch und mächtig gegen die offenkundige Wahrheit behauptet, wo die Liebe von einem kalten, brutalen Egoismus ausgelöscht wird, wo der Name Christi mit bewusstem und aufrührerischem Hass bekämpft wird (vgl. 1 Kor 16,22; 12,3), wo der Geist des Evangeliums ins Reich der Märchen verbannt und verleugnet wird, wo die Verzweiflung das letzte Wort behält usw. Es handelt sich indes um eine so umfangreiche und schwierige Diagnose, dass wir sie jetzt nicht zu vertiefen und zu bestätigen wagen. Dennoch stößt sie bei allen auf ein dramatisches Interesse, und die moderne Literatur hat ihr berühmte Werke gewidmet (vgl. z.B. die Werke von Bernanos, erläutert von Ch. Moeller, Litter. du XX siècle … I, S. 397ff.; P. Macchi, Das Antlitz des Bösen bei Bernanos; vgl. auch: Satan, Études Carmelitaines, Desclée de Br., 1948). Das Problem des Bösen bleibt eines der größten, ständigen Probleme für den menschlichen Geist, auch nach der sieghaften Antwort, die Jesus Christus darauf gegeben hat. „Wir wissen, dass wir aus Gott sind und dass die ganze Welt im Bösen liegt“ (1 Joh 5,19).

Nun zur zweiten Frage. Wie kann man sich gegen das Wirken des Teufels verteidigen? Die Antwort ist einfach zu formulieren, auch wenn ihre Durchführung schwierig ist. Wir können sagen: Alles, was uns vor der Sünde bewahrt, schützt uns eben dadurch vor dem unsichtbaren Feind. Die Gnade ist und bleibt die entscheidende Verteidigung. Das Freisein von Sünde erweist sich gleichfalls als Stärke. Und jeder erinnert sich, wie die Apostel in ihrer Unterweisung die Rüstung eines Soldaten als Symbol für die Tugenden verwandten, die den Christen unverletzbar machen können(vgl. Röm 13,12; Eph 6, 11, 14, 17; 1 Thess 5,8). Der Christ muss gleichsam ein Soldat sein, muss wachsam und tapfer sein (1 Petr 5,8); er muss bisweilen zu besonderen asketischen Übungen greifen, um bestimmte Angriffe des Teufels abzuwehren. Jesus belehrt den Christen durch den Hinweis auf das Heilmittel „durch Gebet und Fasten“ (Mk 9,29). Der Apostel rät ihm, als wesentliche Richtlinie einzuhalten: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute“ (Röm 12,21; Mt 13,29).

Im Wissen um die bedrängenden Gefahren, denen sich heute die Menschen, die Kirche und die Welt ausgesetzt sehen, wollen wir versuchen, der gewohnten Bitte in unserem Hauptgebet Sinn und Wirksamkeit zu verleihen: „Vater unser … erlöse uns von dem Bösen! „

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Quelle

Siehe auch:

JOHANNES PAUL II.: KATECHESEN ÜBER DIE ENGEL

Arc-Gabriel-annunciation

Schöpfer aller Dinge, der sichtbaren und der unsichtbaren

1. Engel-Katechese: General-Audienz vom 9. Juli 1986

Der biblisch begründete Glaube an rein geistige Wesen

1. Unsere Katechesen über Gott, den Schöpfer der Welt, können wir nicht abschließen, ohne noch einem bestimmten Innhalt der göttlichen Offenbarung entsprechende Aufmerksamkeit zu widmen: nämlich der Erschaffung jener rein geistigen Wesen, die die Heilige Schrift ,,Engel“ nennt. Diese Schöpfung wird in den Glaubensbekenntnissen, besonders mit nicaeno-constantinopolitanischen, klar erwähnt, wenn es da heißt: „Ich glaube an den einen Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde, aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge“ (d.h. Wesen). Wir wissen, dass innerhalb der Schöpfung der Mensch eine einzigartige Stellung genießt: dank seines Leibes gehört er der sichtbaren Welt an, während er sich durch die Geistseele, die den Leib belebt, gleichsam an der Grenze zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Schöpfung befindet. Dieser unsichtbaren Schöpfung gehören nun nach der Aussage im Glaubensbekenntnis, das die Kirche im Lichte der Offenbarung bekennt, noch andere, rein geistige Wesen an. Sie gehören nicht der sichtbaren Welt an, sind aber in ihr gegenwärtig und tätig. Sie stellen eine eigene Welt dar.

2. Wie in vergangenen Zeiten, so spricht man auch heute mit mehr oder weniger Weisheit von diesen geistigen Wesen. Man muss zugeben, dass die Verwirrung dabei bisweilen recht groß ist. Das bringt die Gefahr mit sich, etwas als Glaube der Kirche über die Engel hinzustellen, was gar nicht zu diesem Glauben gehört, oder umgekehrt einen wichtigen Gesichtspunkt an dieser geoffenbarten Wahrheit zu übergehen.

Die Existenz der geistigen Wesen, die die Heilige Schrift für gewöhnlich „Engel“ nennt, wurde bereits zur Zeit Christi von den Sadduzäern geleugnet (Vgl. Apg 23,8). Ebenso wird sie von den Materialisten und Rationalisten aller Zeiten bestritten. Doch „wollte man sich von den Engeln befreien, so müsste man die Heilige Schrift selbst und mit ihr die ganze Heilsgeschichte radikal revidieren“. So hat ein moderner Theologe treffend bemerkt. (vgl. A. Winklhofer, Die Welt der Engel, Ettal 1961, S.144, Anm.2.; in Mysterium Salutis, II, 2, S. 726)) Die gesamte Überlieferung stimmt in der Frage nach der Existenz der Engel völlig überein: und das Glaubensbekenntnis der Kirche ist hier im Grunde nur des Echo auf das, was der heilige Paulus an die Kolosser geschrieben hat: ,,Denn in Ihm (Christus) wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften. Mächte und Gewalten: alles ist durch lhn und auf lhn hin geschaffen (Kol 1,16). Des heißt: Christus. der als Sohn das ewige, mit den, Vater wesensgleiche Wort und der ,,Erstgeborene der ganzen Schöpfung“ (Kol 1,15) ist, steht im Mittelpunkt des ganzen Universums als Grund und Angelpunkt der ganzen Schöpfung.

3. Die Bezugnahme auf den Vorrang (Primat) Christi hilft uns verstehen, dass die Wahrheit von der Existenz und vom Wirken der (guten und bösen) Engel keineswegs den zentralen Inhalt der Wortoffenbarung Gottes bildet. Denn in der Offenbarung redet Gott vor allem die Menschen an… und verkehrt mit ihnen, um sie in seine Gemeinschaft einzuladen und aufzunehmen, wie wir in der Dogmatischen Konstitution über die göttliche Offenbarung „Dei Verbum“ Nr. 2 lesen. So bildet „die tiefe Wahrheit… über Gott und des Heil der Menschen“ den Hauptinhalt der göttlichen Offenbarung, der uns in der Person Jesu Christi am vollständigsten aufleuchtet. Die Offenbarungswahrheit von den Engeln ist gewissermaßen nur eine den Rahmen bildende (kollaterale), aber von der Hauptoffenbarung nicht zu trennende Wahrheit. Die Hauptoffenbarung ist die von der Existenz, Majestät und Herrlichkeit des Schöpfers, wie sie in der ganzen sichtbaren und unsichtbaren Schöpfung und im Heilswirken Gottes in der Geschichte des Menschen aufleuchten. Die Engel sind demnach in der Wirklichkeit der göttlichen Offenbarung nicht Geschöpfe ersten Ranges, aber sie gehören voll dazu; ja manchmal sehen wir sie sogar im Namen Gottes selbst fundamentale Aufgaben erfüllen.

4. Alles, was zur Schöpfung gehört, gehört gemäß der göttlichen Offenbarung zum Geheimnis der göttlichen Vorsehung. Das hat auf besonders treffliche Weise das I. Vatikanische Konzil deutlich gemacht in den folgenden Worten: ,,Alles, was Gott geschaffen hat, erhält und leitet er mit seiner Vorsehung, die machtvoll ihre Kraft vom einen Ende (der Welt) zum andern entfaltet und voll Güte das All durchwaltet (vgl. Weish 8,1). ,Alles liegt nackt und bloß vor seinen Augen‘ (vgl. Hebr 4,13), auch das, was aus freier Initiative der Geschöpfe geschehen wird“ (DS 3003).

Die Vorsehung umfasst also auch die Welt der reinen Geister, die noch viel mehr als die Menschen freie Vernunftwesen sind. In der Heiligen Schrift finden wir wertvolle Hinweise auf sie. Dort findet sich auch die Offenbarung eines geheimnisvollen, aber wirklichen Dramas, das diese Engelwesen betraf, ohne dass irgend etwas der ewigen Weisheit entgangen wäre, die machtvoll (fortiter) und zugleich gütig (suaviter) alles im Reich des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zur Vollendung führt.

5. Vor allem kommen wir dabei zur Erkenntnis, dass die göttliche Vorsehung als liebevolle Weisheit Gottes gerade in der Erschaffung rein geistiger Wesen offenbar wird. Ihre Gottähnlichkeit kommt dabei besonders gut zum Ausdruck, die alles in der sichtbaren Welt Erschaffene, den Menschen eingeschlossen, der gleichfalls ein unauslöschliches Ebenbild Gottes ist, weit überragt. Denn Gott, der absolut vollkommene Geist, spiegelt sich vor allem in den geistigen Wesen wider, die Ihm von ihrer Natur her, d.h. wegen ihrer Geistigkeit, viel näher stehen als die materiellen Geschöpfe. Sie bilden gleichsam die allernächste ,,Umgebung“, gewissermaßen den Hofstaat des Schöpfergottes. Die Heilige Schrift liefert ein recht deutliches Zeugnis dieser ganz großen Gottesnähe der Engel, wenn sie dort in bildhafter Sprache von ihnen als dem „Thron“ Gottes, als seinen „Scharen“, seinem „Himmel“ spricht. Die Heilige Schrift hat hier die Dichtung und die Kunst der christlichen Jahrhunderte inspiriert, die uns die Engel als „Gefolge Gottes“ darstellen.

Schöpfer der Engel, die Freiheit hatten

2. Engel-Katechese: General-Audienz vom 23. Juli 1986

Die Scheidung der Geister in der Engelwelt

1. Heute führen wir unsere Katechese über die heiligen Engel fort, dessen Existenz, gewollt durch einen Akt der göttlichen Liebe, wir mit den Worten des nicaeno-constantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses bekennen: „Ich glaube an den einen Gott, den Vater den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, der sichtbaren und der unsichtbaren Dinge.“

In der Vollkommenheit ihrer Geistnatur sind die Engel von Anfang an kraft ihres Intellekts dazu berufen, die Wahrheit zu erkennen und das Gute zu lieben, das sie in viel umfassenderer und vollkommenerer Weise, als dies dem Menschen möglich ist, in der Wahrheit erkennen. Diese Liebe ist ein freier Willensakt, auf Grund dessen auch für die Engel ihre Freiheit die Möglichkeit in sich schließt, eine Entscheidung für oder gegen das Gute, das sie erkennen, also für oder gegen Gott selbst, zu treffen.

Es muss hier wiederholt werden, was bereits in bezug auf den Menschen gilt: Mit der Erschaffung freier Wesen wollte Gott, dass sich in der Welt jene wahre Liebe verwirkliche, die einzig und allein auf der Grundlage der Freiheit möglich ist. Gott wollte also, dass das nach seinem Bild und Gleichnis geformte Geschöpf Ihm, der „die Liebe“ ist (1 Joh 4,16), möglichst vollkommen ähnlich werden könne. Wenn Gott die reinen Geister als freie Wesen erschaffen hat, so musste Er in seiner Vorsehung auch die Möglichkeit zur Sünde der Engel voraussehen. Aber weil die göttliche Vorsehung ewige Weisheit ist, die liebt, so wusste Gott aus der Geschichte dieser Sünde, die als Sünde eines reinen Geistes unvergleichlich radikaler ist, das endgültig Gute des ganzen geschaffenen Kosmos zu gewinnen.

2. Tatsächlich scheiden sich die reinen Geister, wie die Offenbarung deutlich sagt, in gute und böse. Diese Scheidung ist jedoch nicht durch Gottes Schöpfungstat bewirkt worden, sondern auf Grund der Freiheit der Geistnatur, die einem jeden dieser rein geistigen Wesen zu eigen ist. Diese Scheidung wurde bewirkt durch die Entscheidung, die bei den rein geistigen Wesen einen unvergleichlich radikaleren Charakter besitzt und unwiderruflich (irreversibel), d.h. nicht rückgängig zu machen ist in Anbetracht des hohen Grades von intuitiver Erkenntnis und Durchdringung des Guten, womit der Verstand dieser Geistwesen ausgestattet ist.

In diesem Zusammenhang muss nun gesagt werden, dass die reinen Geister — wie später die Menschen — einer moralischen Prüfung unterworfen worden sind. Dabei ging es um eine Entscheidung vor allem im Hinblick auf Gott selbst, der von den reinen Geistwesen seinem Wesen nach stärker und unmittelbarer erkannt wurde, als dies dem Menschen möglich ist, zumal Gott diesen Geistwesen noch vor dem Menschen die Teilhabe an seiner göttlichen Natur geschenkt hat.

3. Gott ist das erste und höchste Gut, das seinem Wesen nach von den reinen Geistwesen stärker und direkter bejaht, beziehungsweise abgelehnt werden konnte, als dies im Wirkungskreis des freien Willens des Menschen geschehen kann. Die reinen Geister haben ja eine unvergleichlich vollkommenere Erkenntnis Gottes als der Mensch, weil diese kraft ihres Intellekts von der sinnenhaften Vermittlung der Erkenntnis (wie beim Menschen) weder bedingt noch beschränkt wird. Die reinen Geister sehen und erkennen die Größe des unendlichen Seins, der ersten Wahrheit, des höchsten Gutes, bis auf den Grund. Dieser tiefen (sublimen) Erkenntnisfähigkeit der reinen Geister bot Gott das Geheimnis seiner Göttlichkeit dar. Er machte die reinen Geister gnadenhaft zu Teilhabern an seiner unendlichen Herrlichkeit: Eben weil die Engel Wesen reiner Geistnatur sind, war in ihrem Verstand die Fähigkeit und das Verlangen nach dieser übernatürlichen Erhöhung gegeben, zu der sie Gott berufen hatte, um ihnen noch vor dem Menschen ,,Anteil an der göttlichen Natur“ (vgl. 2 Petr 2,4) zu gewähren. Sie sollten so Teilhaber am innersten Leben dessen werden, der in der Gemeinschaft der drei göttlichen Personen ,, die Liebe ist“ (1 Joh 4,16). Gott hatte alle reinen Geister früher als den Menschen und viel stärker als ihn zur ewigen Gemeinschaft der Liebe zugelassen.

4. Die Entscheidung, die auf Grund der besonderen Klarheit ihres Intellekts und der so in höherer Form erkannten Wahrheit über Gott von den Engeln getroffen wurde, hat die Welt der reinen Geister in Gute und Böse geteilt. Die Guten haben Gott als höchstes und endgültiges Gut erwählt, das sie im Lichte des von der Offenbarung erleuchteten Intellekts erkannt hatten. Ihre Entscheidung für Gott bedeutete, dass sie sich mit der ganzen inneren Kraft ihrer Freiheit, der Kraft, die Liebe ist, Ihm zugewandt haben. Gott ist zum totalen und endgültigen Ziel ihrer geistigen Existenz geworden. Die anderen Engel jedoch haben sich von Gott abgewandt, ganz im Gegensatz zu der erkannten Wahrheit, die Ihn doch als das umfassende und endgültige Gut auswies. Diese gefallenen Engel haben ihre Entscheidung gegen die Offenbarung des Geheimnisses Gottes getroffen, gegen seine Gnade, durch die Er sie teilhaben ließ an seiner Dreifaltigkeit und an der ewigen Freundschaft und Liebesgemeinschaft mit sich. Auf Grund ihrer geschöpflichen Freiheit haben sie eine ebenso radikale und irreversible Wahl getroffen wie die guten Engel, jedoch dieser diametral entgegengesetzt: statt Gott liebevoll anzunehmen, haben sie Ihm eine Absage erteilt, die bestimmt war vom irrigen Gedanken ihrer Unabhängigkeit, von Ablehnung und sogar von Hass, der sich schließlich in Rebellion verwandelte.

5. Wie soll man eine solche Opposition und Rebellion gegen Gott bei solchen Wesen verstehen, die doch mit so lebendigem Intellekt begabt und mit solcher Geistesklarheit ausgestattet waren? Was kann der Grund für eine so radikale und nicht mehr rückgängig zu machende Entscheidung gegen Gott sein? Was kann der Grund für einen so tiefen Hass sein? Er kann eigentlich nur als Frucht des Wahnsinns erscheinen! Kirchenväter und Theologen zögern nicht, von Verblendung zu sprechen, hervorgerufen durch Überschätzung der Vollkommenheit des eigenen Seins und so weit getrieben, dass diesen reinen Geistern die Oberhoheit Gottes verschleiert wurde, der von ihnen einen Akt williger und gehorsamer Unterwerfung verlangt hatte. Das alles scheint überaus treffend in den Worten ausgedrückt zu sein: ,,Ich will nicht dienen!“ (Jer 2,20). Diese Worte zeigen die radikale, nicht mehr rückgängig zu machende Weigerung, am Aufbau des Reiches Gottes in der geschaffenen Welt teilzunehmen. Satan, der rebellische Geist, will sein eigenes Reich, nicht das Reich Gottes. Er erhob sich zum ersten Widersacher des Schöpfers, zum Gegner der Göttlichen Vorsehung, zum feindseligen Streiter gegen die liebende Weisheit Gottes. Aus der Auflehnung und der Sünde Satans, wie auch der des Menschen, müssen wir, die weise Erfahrung der Heiligen Schrift aufgreifend, den Schluss ziehen: ,,Der Stolz führt ins Verderben“ (Tob 4,13).

Schöpfer der unsichtbaren Dinge: der Engel

3. Engel-Katechese: General-Audienz vom 30. Juli 1986

Die Engel als Bild von Gott

1. In den vorangegangenen Katechesen haben wir nachgedacht über den Glaubensartikel, in dem wir Gott als Schöpfer nicht nur der ganzen sichtbaren Welt preisen und bekennen, sondern auch als den Schöpfer der „unsichtbaren Dinge“, und wir haben die Frage der Existenz der Engel erörtert, welche gerufen worden waren, eine Entscheidung für oder gegen Gott in einem radikalen und unkehrbaren Akt der Annahme oder der Zurückweisung von Gottes erlösendem Willen abzulegen.

Gemäß der Heiligen Schrift sind die Engel, insofern sie reine geistige Schöpfungen sind, gegenwärtig zu unserer Reflektion als eine besondere Verwirklichung des „Bildes von Gott“, des vollkommensten Geistes, wie Jesus selbst die Samaritanerin mit den Worten erinnert: „Gott ist Geist“ (Joh 4,24). Von diesem Gesichtspunkt sind die Engel die Geschöpfe, die am nächsten dem göttlichen Beispiel sind. Der Name, der ihnen von der Heiligen Schrift gegeben wird, zeigt an, dass, was am meisten in der Offenbarung zählt, ist die Wahrheit hinsichtlich der Aufgaben der Engel in Beziehung zum Menschen: Engel (angelus) bedeutet tatsächlich „Kurier“; das hebräische malak, benutzt im Alten Testament, bedeutet genauer „Gesandter “ oder „Botschafter“. Die Engel, geistige Geschöpfe, haben eine Funktion der Vermittlung und des Ministeriums in der Beziehung zwischen Gott und Mensch. Unter diesem Aspekt sagt der Brief an die Hebräer, dass dem Christus ein „Name“ gegeben worden ist, und daher ein Dienst der Vermittlung, weit dem der Engel überlegen (vgl. Heb 1,4).

Sorge

2. Das alte Testament hebt besonders die spezielle Teilnahme der Engel in der Feier der Herrlichkeit hervor, die der Schöpfer als Tribut des Lobs von Seiten der geschaffenen Welt empfängt. Die Psalmen sind in speziell Weise Auslegungen dieser Stimme, wenn sie z.B. ausrufen „Halleluja! Lobt den Herrn vom Himmel her, lobt ihn in den Höhen: Lobt ihn, all seine Engel, …(Ps 148,1-2). Ähnlich in Psalm 102 (103): „Lobt den Herrn, ihr seine Engel, / ihr starken Helden, die seine Befehle vollstrecken, seinen Worten gehorsam! (Ps 102 [ 103]:20). Dieser letzte Vers von Psalm 102 anzeigt, dass die Engel in einer ihnen eigenen Weise teilnehmen, an Gottes Regierung über der Schöpfung, als „die mächtigen, die sein Wort vollziehen“ entsprechend dem Plan, der von Gottes Vorsehung erstellt wird. Den Engeln im besonderen ist anvertraut eine besondere Sorgfalt für das Volk, dessen Bitten und Gebete sie Gott darbringen, wie, erwähnt z.B. im Buch von Tobit (Vgl. besonders Tob 3,17 und 12,12). Der Psalm 90 ruft aus: Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt; Ps 90-[91]:11-12). Nach dem Buch von Daniel kann es gesagt werden, dass die Aufgaben der Engel als Botschafter des lebendigen Gottes nicht nur für einzelne Menschen und für diejenigen, die spezielle Aufgaben haben, gegeben werden, sondern auch für ganze Nationen (Dan 10,13-21)

3. Das neue Testament beleuchtet die Rolle der Engel in der messianischen Mission Christi und vor allem im Geheimnis der Menschwerdung des Sohnes Gottes, wie wir in der Erzählung der Verkündigung der Geburt des Johannes des Täufers (vgl.. Lk 1,11), des Christus selbst (vgl. Lk 1,26), in der Erklärung und in den Aufträgen beobachten, die Maria und Joseph (vgl. Lk 1,30-37; Mt 1,20-21) erteilt werden, in der Verkündigung an die Hirten in der Nacht der Geburt des Herrn (Lk 2,9-15), im Schutz des neugeborenen Kindes vor der Gefahr der Verfolgung durch Herodes (vgl. Mt 2,13).

Weiter wird in den Evangelien vom Vorhandensein der Engel während Jesus‘ vierzig Tage Fasten in der Wüste (Mt 4,11) und während des Gebets in Gethsemani. gesprochen. Nach der Auferstehung Christi ist dort auch ein Engel, der unter der Gestalt eines jungen Mannes erscheint, und zu den Frauen, die zum Grab geeilt waren und überrascht waren, es leer zu finden, sagt „Fürchtet euch nicht! ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, … geht schnell zu seinen Jüngern ..(Mt 28,5-7). Zwei Engel wurden auch von Maria Magdalena gesehen, die durch eine persönlichen Erscheinung von Jesus beschenkt wurde (Joh 20,12-17; vgl.. auch Lk 24:4). Die Engel erscheinen den Aposteln nach Auferstehung Christi, um ihnen zu sagen. „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen. (Apg 1,10-11). Sie sind die Engel von ihm, die, wie der hl. Petrus schreibt, „der in den Himmel gegangen ist; dort ist er zur Rechten Gottes, und Engel, Gewalten und Mächte sind ihm unterworfen. (1 Petr 3,22)

4. Wenn wir das zweite Kommen Jesu Christi in der Parusie betrachten, finden wir dass all die synoptischen Evangelien anmerken, dass „der Menschensohn… in der Herrlichkeit des Vaters mit den heiligen Engeln kommen wird (so Mk 8,38;wie auch Mt 16,27; und Mt 25,31 in der Beschreibung des letzten Gerichts; und Lk 9,26; vgl. auch den hl. Paulus in 2 Thess 1,7). Es kann folglich gesagt werden, dass die Engel, als reine Geister, nicht nur an der Heiligkeit Gottes selbst in ihrer eigenen Weise teilnehmen, sondern in den Schlüsselmomenten umgeben sie Christus und begleiten ihn in der Erfüllung seiner Erlösungs-Mission hinsichtlich der Menschheit. In der gleichen Weise hat auch die ganze Tradition und das ordentliche Lehramt der Kirche all die Jahrhunderte hindurch den Engeln diesen besonderen Charakter und diese Funktion des messianischen Dienstes zugeschrieben.

Die Teilnahme der Engel an der Heilsgeschichte

4. Engel-Katechese: General-Audienz vom 6. August 1986

In dieser Generalaudienz vom 6. August merkte Papst Johannes Paul II. an, dass die moderne Mentalität die Wichtigkeit der Engel nicht sieht. Doch im Zusammentreffen mit der Welt der Engel kommt der Mensch dazu, sein eigenes Sein zu sehen, nicht nur als Körper, sondern auch als Geist.

Die ,,stets das Antlitz des himmlischen Vaters schauen“

1. In den vorausgegangenen Katechesen haben wir gesehen, wie sich die Kirche, erleuchtet durch das Licht, das die Heilige Schrift schenkt, durch die Jahrhunderte hindurch zur Wahrheit von der Existenz der Engel, dieser von Gott geschaffenen reinen Geistwesen, bekannt hat. Im nicaeno-constantinopolitanischen Glaubensbekenntnis bekannte sie diese Wahrheit von Anfang an und bestätigte sie auf dem IV. Lateran-Konzil, dessen Lehrentscheidung vom I. Vatikanischen Konzil wieder aufgegriffen wurde im Zusammenhang mit der Lehre von der Schöpfung: Gott ,,hat zu Beginn der Zeit beide Schöpfungen zugleich aus dem Nichts ins Dasein gerufen, die geistige und die körperliche, nämlich die der Engel und die der stofflichen (materiellen) Welt; dann hat er die Menschennatur erschaffen, der beides eigen ist, da sie aus Geist und Leib besteht“ (De fide cath. DS 3002). Das heißt: Gott erschuf am Anfang beide Wirklichkeiten, die geistige und die körperliche, die irdische und die der Engel. Das alles erschuf Er zugleich (simul)…

2. Zusammen mit dem Glauben an die Existenz der Engel erkennt der Glaube der Kirche auch bestimmte Züge an der Natur der Engel. Ihr rein geistiges Wesen schließt vor allem neben ihrem nicht-materiellen Dasein ihre Unsterblichkeit ein. Die Engel haben keinen Leib; sie können freilich unter bestimmten Umständen aufgrund ihrer Sendung zugunsten der Menschen in sichtbarer Gestalt erscheinen. Sie sind nicht dem Gesetz der Vergänglichkeit unterworfen, das die ganze materielle Welt beherrscht. Jesus selbst hat dort, wo er über das zukünftige Leben der Auferstandenen spricht, bezüglich der Natur der Engel gesagt: ,,Sie (die Auferstandenen) können nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich geworden… sind“ (Lk 20,36).

3. Insofern die Engel Wesen von geistiger Natur sind, sind sie mit Verstand und freiem Willen ausgestattet, genau wie der Mensch, aber von höherem Grad als dieser, und doch auch nur in begrenzter, endlicher Weise infolge der Grenzen, die allen Geschöpfen eigen sind.

Die Engel sind also personale Wesen und darum wie der Mensch ebenfalls ,,Bild und Gleichnis“ Gottes. Die Heilige Schrift gibt den Engeln auch Benennungen, und zwar nicht nur persönliche wie die Eigennamen Gabriel, Rafael und Michael, sondern auch Gattungsnamen wie die Bezeichnungen Serafim, Kerubim, Throne, Mächte, Gewalten, Fürsten; die Heilige Schrift unterscheidet auch zwischen Engeln und Erzengeln.

Wenn wir die analogisierende und darstellende Ausdrucksweise des heiligen Textes berücksichtigen, so können wir daraus entnehmen, dass diese personalen Wesen fast wie in Gesellschaften gruppiert sind und sich nach Ordnungen und Abstufungen einteilen lassen, entsprechend dem Maß ihrer Vollkommenheit und den ihnen anvertrauten Aufgaben. Frühe Autoren wie Dionysios der Areopagite sprechen ferner —wie es auch die Liturgie der Kirche tut – von neun Engelchören. Die Theologie, besonders die patristische und die mittelalterliche, hat diese Darstellungsweise nicht zurückgewiesen, sondern versucht, ihr eine lehrmäßige und mystische Erklärung zu geben, ohne ihr jedoch einen absoluten Wert beizumessen.

Der heilige Thomas von Aquin hat es vorgezogen, das Erkennen und Wollen und die Erhebung dieser reinen Geister in die Übernatur tiefer zu erforschen, sei es in bezug auf ihre Würde auf der Stufenleiter der Geschöpfe, sei es in bezug auf ihre geistigen Fähigkeiten und Tätigkeiten, um daraus das, was dem Geist an sich zu eigen ist, besser und gründlicher zu erforschen und um daraus dann Licht zu empfangen über die Grundprobleme, die von jeher das menschliche Denken bewegen und anregen: die Erkenntnis, die Liebe, die Gelehrigkeit Gott gegenüber, die Vollendung seines Reiches.

4. Das Thema, das wir berührt haben, mag heutigen Menschen fern liegen oder für das Leben wenig wichtig vorkommen. Und doch glaubt die Kirche, dem Menschen damit einen großen Dienst zu erweisen, wenn sie freimütig die ganze Wahrheit vom Schöpfergott, auch vom Erschaffer der Engel, vorlegt.

Der Mensch ist überzeugt, dass sich in Christus, dem Gottmenschen, der Mittelpunkt der göttlichen Offenbarung befindet. Die Engel sind nicht im Mittelpunkt. Dabei aber wird die im Glauben vollzogene Begegnung mit der Welt der reinen Geistwesen für den Menschen zu einer kostbaren Offenbarung seiner eigenen, nicht nur leiblichen, sondern auch geistigen Natur und seines Einbezogenseins in einen wahrhaft großartigen und wirksamen Heilsplan mit einer Gemeinschaft von personalen Wesen, die für den Menschen und mit dem Menschen den Plänen der göttlichen Vorsehung dienen.

5. Wir stellen fest, dass die Heilige Schrift und die Tradition speziell jene Geistwesen als Engel bezeichnet, die bei der grundlegenden Prüfung sich in freier Entscheidung für Gott, für seine Ehre und für sein Reich, entschieden haben. Sie sind mit Gott verbunden in der verzehrenden Liebe, die aus der beseligenden Schau der heiligsten Dreifaltigkeit von Angesicht zu Angesicht hervorgeht. Jesus selbst hat gesagt: ,,Die Engel schauen stets das Antlitz meines himmlischen Vaters im Himmel“ (Mt 18,10). Dieses ,,stets das Antlitz des Vaters im Himmel schauen“ ist höchster Ausdruck der Anbetung Gottes, ja man kann sagen, es stellt jene ,,himmlische Liturgie“ dar, die im Namen des gesamten Universums vollzogen wird und die sich unaufhörlich mit der irdischen Liturgie der Kirche verbindet, vor allem in den Höhepunkten der Liturgiefeier: Es sei nur daran erinnert, dass die Kirche sich täglich, ja sogar stündlich über die ganze Welt hin zu Beginn des eucharistischen Hochgebetes im Herzstück der heiligen Messe auf die Engel und Erzengel beruft, um das Lob des dreimal heiligen Gottes zu singen und sich so mit jenen ersten Anbetern Gottes in der Verehrung und liebenden Anerkennung des unaussprechlichen Geheimnisses seiner Heiligkeit zu vereinen.

6. Wie uns die göttliche Offenbarung auch noch kundtut, sind die Engel, die am dreifaltigen Leben Gottes im Glorienlicht Anteil haben, auch dazu berufen, an der Heilsgeschichte der Menschen Anteil zu nehmen; vor allem in jenen Augenblicken, die vom Plan der Göttlichen Vorsehung besonders festgesetzt sind. Der Verfasser des Hebräerbriefes fragt: ,,Sind sie (die Engel) nicht alle dienende Geister, ausgesandt, um denen zu helfen, die das Heil erben sollen (Hebr 1,14)?.

Das glaubt und lehrt die Kirche aufgrund der Heiligen Schrift, aus der wir erfahren, dass der Schutz der Menschen und die Sorge um ihr Heil Aufgabe der guten Engel ist. Das finden wir an verschiedenen Stellen der Heiligen Schrift zum Ausdruck gebracht, z.B. im Psalm 90/91: ,,Er (Gott) befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt“ (Ps 90/91, 11—12). Als Jesus einmal von den Kindern sprach und die Mahnung gab, ihnen kein Ärgernis zu geben, berief er sich auf ,,ihre Engel“ (Mt 18,10). Er schrieb überdies den Engeln Zeugnisfunktion im Endgericht Gottes über das Los derer zu, die Christus anerkannt oder zurückgewiesen haben: ,,Wer sich vor den Menschen zu Mir bekennt, zu dem wird sich auch der Menschensohn vor den Engeln Gottes bekennen. Wer Mich aber vor den Menschen verleugnet, der wird auch vor den Engeln Gottes verleugnet werden“ (Lk 12, 8-9; vgl. auch Offb 3,5). Diese Worte sind bedeutungsvoll, denn wenn die Engel am Gericht Gottes teilnehmen, so sind sie am Leben des Menschen interessiert, ein Interesse und eine Anteilnahme ist das, wie dies in der Rede Jesu über die Endzeit, in der Er die Engel auch bei der Parusie, bei seiner endgültigen Wiederkunft am Ende der Geschichte, beteiligt sein lässt, besonders unterstrichen wird.

Unter den Büchern des Neuen Testamentes lässt uns besonders die Apostelgeschichte einige Tatsachen erkennen, die bezeugen, dass und wie die Engel um den Menschen und sein Heil besorgt sind. So, wenn ein Engel Gottes die Apostel aus dem Gefängnis befreit (vgl. Apg 5, 18—20), vor allem auch Petrus befreit, der von Herodes mit dem Tod bedroht war (vgl. Apg 12, 5—10); oder wenn ein Engel den heiligen Petrus bei all dem führt und leitet, was dieser hinsichtlich des Hauptmanns Kornelius, des ersten aus dem Heidentum Bekehrten, unternimmt. Ähnliches gilt von dem, was Philippus auf der Straße von Jerusalem nach Gaza getan hat (Apg 8, 26—29).

Mit Hilfe dieser wenigen beispielhaft angeführten Tatsachen lässt sich verstehen, dass sich im Bewusstsein der Kirche die Überzeugung herausbilden konnte, dass den Engeln zugunsten der Menschen ein Dienst anvertraut ist. Darum bekennt die Kirche ihren Glauben an die Schutzengel und verehrt sie mit einem eigenen Fest und empfiehlt uns, wir sollten uns ihnen häufig im Gebet anvertrauen, etwa in den bekannten Anrufungen des Schutzengels. Es ist, als ob solche Gebete sich die schönen Worte des heiligen Basilius zu eigen machten: ,,Jeder Gläubige hat einen Engel als Beschützer und Hüter neben sich, der ihn zum Leben führen soll. (vgl. Basilius, Adv. Eunomium, III,1; vgl. auch Thomas v. Apuin, Summa Theologica I, qu.11, a3.) Abschließend sei noch die Gelegenheit wahrgenommen und bemerkt, dass die Kirche in ihrer Liturgie drei Engel besonders verehrt; sie werden in der Heiligen Schrift mit Namen genannt. Der erste ist der Erzengel Michael (vgl. Dan 10, 13—20; Offb 12,7; Jud 7). Sein Name drückt zusammenfassend die wesentliche Haltung der guten Geister aus:

,,Mica-El“ heißt nämlich ,,Wer ist wie Gott?“ In diesem Namen finden wir also die heilbringende Entscheidung ausgedrückt, dank welcher die Engel ,,das Antlitz des himmlischen Vaters schauen‘‘. Der zweite ist Gabriel, eine Gestalt, die vor allem mit dem Geheimnis der Menschwerdung des Gottessohnes verbunden ist (vgl. Lk 1, 19—26). Sein Name bedeutet: ,,Meine Macht ist Gott“ oder ,,Macht Gottes“, als ob er sagen wollte, das auf dem Höhepunkt der Schöpfung die Menschwerdung das erhabenste Zeichen des allmächtigen Vaters darstellt. Der dritte Erzengel schließlich heißt Rafael: ,,Rafa-El“ bedeutet: ,,Gott heilt“. Er ist uns bekannt geworden aus der Geschichte des Tobias im Alten Testament (vgl. Tob 12, 15—20 usw.). Diese Geschichte ist so bedeutsam im Hinblick darauf, dass wir die kleinen Kinder Gottes, die immer der Obhut, der Sorge und des Schutzes bedürfen, den Engeln anvertrauen.

Wenn wir ein wenig darüber nachdenken, sehen wir dass aus jeder dieser drei Gestalten Mica-EL, Gabri-EL und Rafa-EL auf besondere Weise die Wahrheit aufleuchtet, die in der vom Verfasser des Hebräerbriefes gestellten Frage enthalten ist: ,,Sind sie (die Engel) nicht alle dienende Geister, ausgesandt, um denen zu helfen, die das Heil erben sollen“ (Hebr 1,14)?

Der Fall der rebellierenden Engel

5. Engel-Katechese: General-Audienz vom 13. August 1986

Der Teufel — Mörder und Zerstörer der reinen Gottesbeziehung

1. Wir wollen das Thema der letzten Katechesen, die dem Glaubensartikel über die Engel als Geschöpfe Gottes gewidmet waren, fortsetzen und uns noch näher mit der Untersuchung des Geheimnisses der Freiheit befassen, von der einige Engel einen Gebrauch gemacht haben, der gegen Gott und seinen Heilsplan hinsichtlich der Menschen gerichtet war.

Wie der Evangelist Lukas bezeugt, sprach Jesus in jenem Augenblick, als die Jünger voll Freude über die bei ihrer Probemission geernteten Früchte zum Meister zurückkehrten, einen Satz aus, der zum Nachdenken anregt: ,Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen‘ (Lk 10,18). Mit diesen Worten bestätigt der Herr, dass die Verkündigung des Reiches Gottes immer einen Sieg über den Teufel darstellt, aber zugleich zeigt er auch, dass der Aufbau dieses Reiches fortwährend den Nachstellungen des Bösen Feindes ausgesetzt ist. So ist die Aufmerksamkeit darauf zu richten, sich auf den Zustand des Kampfes einzustellen, der in diesem letzten Zeitabschnitt der Heilsgeschichte zum Leben der Kirche gehört, wie es das Buch der Geheimen Offenbarung des Johannes bestätigt. (vgl. 12,7: ,,Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen…“). Anderseits erlaubt uns diese Katechese, den rechten Glauben der Kirche klarzustellen gegenüber jenen, die ihn verzerrt darstellen, indem sie die Bedeutung des Teufels übertreiben, und gegenüber jenen anderen, die die Existenz des Teufels leugnen oder seine schädliche Macht und Tätigkeit verharmlosen.

Die vorausgegangenen Katechesen über die Engel haben uns darauf vorbereitet, die in der Heiligen Schrift geoffenbarte und von der Tradition der Kirche uns überlieferte Lehre vom Satan, dem gestürzten Engel, dem bösen Geist, der auch Teufel oder Dämon heißt, zu verstehen.

2. Der ,, Sturz“ des Teufels, gekennzeichnet durch die Ablehnung Gottes und den daraus folgenden Zustand der Verdammung, besteht in der freien Entscheidung jener geschaffenen Geister, die radikal und unwiderruflich Gott und sein Reich zurückgewiesen, sich Gottes Herrscherrechte angemaßt und versucht haben, die Heilsökonomie und die Ordnung alles Geschaffenen umzukehren. Ein Ausdruck dieser Haltung findet sich in den Worten des Versuchers, die er zu den Stammeltern sprach: ,,Ihr werdet wie Gott“, oder ,,wie Götter“ (vgl. Gen 3,5). So versucht der böse Geist jene Haltung der Rivalität, der Widersetzlichkeit und der Opposition gegen Gott, die gleichsam zur Begründung seiner ganzen eigenen Existenz geworden ist, den Menschen einzupflanzen.

3. Was das Alte Testament im Buch Genesis über den Sturz des Menschen berichtet, deutet auf die Haltung der Gegnerschaft hin, die Satan in den Menschen hineintragen will, um ihn zum Zuwiderhandeln zu bringen (vgl. Gen 3,5). Auch im Buch Job (1,11; 2,5—7) lesen wir, dass Satan den Versuch macht, den Menschen, der leidet, zur Auflehnung gegen Gott aufzustacheln. Im Buch der Weisheit (2,24) wird Satan als Urheber des Todes vorgestellt, der zusammen mit der Sünde in die Geschichte des Menschen eingetreten ist.

4. Auf dem IV. Laterankonzil hat die Kirche gelehrt, dass der Teufel (Satan) und die anderen Dämonen ,,von Gott gut geschaffen wurden, aber durch ihren eigenen Willensentscheid böse geworden sind“. Im Judasbrief (Vers 6) lesen wir: ,,Die Engel, die ihren hohen Rang missachtet und ihren Wohnsitz verlassen haben, hat er mit ewigen Fesseln in der Finsternis eingeschlossen, um sie am großen Tag zu richten.“ Ähnlich wird im zweiten Petrusbrief (2,4) von Engeln gesprochen, ,,die gesündigt haben“ und die Gott ,,nicht verschont, sondern in die finsteren Höhlen der Unterwelt verstoßen“ hat und sie ,,dort eingeschlossen hält bis zum Gericht“. Es ist nun klar: Wenn Gott die Sünde der Engel ,,nicht verzeiht“, so tut Er das, weil sie in ihrer Sünde bleiben und weil sie auf ewig in den ,,Fesseln“ jener Entscheidung sind, die sie am Anfang, als sie Gott ablehnten, gegen die Wahrheit des höchsten und endgültigen Gutes, gegen Gott selbst getroffen haben. In diesem Sinn schreibt der heilige Johannes über den Teufel: ,,Er war ein Mörder von Anfang an. Und er steht nicht in der Wahrheit, denn es ist keine Wahrheit in ihm“ (Joh 8,44). ,Der Teufel sündigt von Anfang an“, heißt es im 1. Johannesbrief (3,8).

5. Diese Schrifttexte helfen uns, die Natur und das Ausmaß der Sünde Satans zu verstehen. Sie besteht in der Ablehnung der Wahrheit von Gott, der im Lichte des Verstandes und der übernatürlichen Wortoffenbarung als das unendliche Gut, als die wesenhafte Liebe und Heiligkeit erkannt wird. Diese Sünde war umso größer, je größer die geistige Vollkommenheit und der erkennende Scharfblick des Intellekts der Engel und je größer ihre Freiheit und ihre Gottesnähe waren. Indem der Satan die erkannte Wahrheit von Gott durch einen Akt seines freien Willens ablehnte, wurde er zum kosmischen ,,Lügner“ und „Vater der Lüge“ (Joh 8,44). Darum lebt er in der radikalen, nicht mehr umkehrbaren Verneinung Gottes und sucht der Schöpfung und in ihr den anderen als Abbild Gottes geschaffenen Wesen, besonders den Menschen, seine tragische Lüge über jenes Gut, das Gott selber ist, aufzunötigen.

Im Buch Genesis finden wir eine genaue Beschreibung dieser Lüge und der Verfälschung der Wahrheit von Gott, die Satan in Gestalt der Schlange den ersten Vertretern des Menschengeschlechtes aufzudrängen suchte: Gott sei eifersüchtig auf seine Vorzüge und lege dem Menschen Einschränkungen auf. Satan fordert den Menschen auf, sich von dem ihm auferlegten Joch zu befreien und ,wie Gott“ zu werden.

6. In diesem Zustand existentieller Lüge wird Satan – nach dem Wort des heiligen Johannes – auch zum Mörder, d.h. zum Zerstörer des übernatürlichen Lebens, das Gott im Anfang ihm und den anderen als Abbild Gottes erschaffenen Wesen verliehen hatte, nämlich den anderen reinen Geistwesen und den Menschen. Der Satan will das Leben nach der Wahrheit, das Leben in der Fülle des Guten, das übernatürliche Gnadenleben und das der Liebe zerstören. Der Verfasser des Buches der Weisheit hat geschrieben: ,,Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt, und ihn erfahren alle, die ihm angehören“ (Weish 2,24). Im Matthäus-Evangelium (10,28) mahnt Jesus Christus: „…fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib in das Verderben der Hölle stürzen kann!“

7. Als Folge der Sünde der Stammeltern hat dieser gestürzte Engel in einem gewissen Maß die Herrschaft über den Menschen gewonnen. Diese Lehre hat die Kirche immer ausdrücklich bekannt und verkündet; das Konzil von Trient (vgl. DS 1511) hat sie im Kapitel über die Erbsünde bestätigt; sie findet in der Taufliturgie einen dramatischen Ausdruck, wenn der Katechumene aufgefordert wird, dem Teufel und seinen Verführungen zu widersagen.

Verschiedene Hinweise auf diese teuflische Beeinflussung des Menschen in seiner geistigen und sogar körperlichen Verfassung finden wir in der Heiligen Schrift, wo der Satan ,,der Herrscher dieser Welt (vgl. Joh 12,31; 14,30; 16,11), ja sogar ,,Gott dieser Weltzeit“ (2 Kor 4,4) genannt wird. Noch viele andere Namen gibt es, die die unheilvollen Beziehungen des Teufels zum Menschen beschreiben: ,,Beelzebub“ oder ,,Belial“, „unreiner Geist“, „der Böse“ und schließlich „der Antichrist“ (1 Joh 4,3). Er wird mit einem Löwen verglichen (1 Petr 5,8), mit einem Drachen (vgl. Offb 12,3.4.7.9.13.15.17; 13,2.4.11; 16,13,20,3) und mit einer Schlange (vgl. Gen 3). Sehr oft wird das Wort „diabolos“ = Teufel gebraucht, um ihn zu benennen; dabei kommt dieses Wort vom griechischen Zeitwort ,,diabállein“ in der Bedeutung von Zerstörung und Spaltung verursachen, verleumden, täuschen. Und wirklich geschieht ja das alles seit jeher durch den Bösen Feind, den die Heilige Schrift als Person vorstellt; er beteuert dabei, nicht allein zu sein: ,,Wir sind viele“, schreien die Dämonen im Gebiet der Gerasener Jesus entgegen (Mk 5,9); Jesus aber spricht bei der Beschreibung des zukünftigen Gerichts vom ,,Teufel und seinen Engeln“ (vgl. Mt 25,41).

8. Nach der Heiligen Schrift des Alten und besonders des Neuen Testaments umfassen Herrschaft und Einflussnahme Satans und der anderen bösen Geister die ganze Welt. Wir denken da an das Gleichnis Jesu vom Acker, der die Welt ist, an das Gleichnis vom guten Samen und vom Unkrautsamen, den der Teufel mitten unter den Weizen in der Absicht sät, die gute Saat in den Herzen zu vernichten (vgl. Mt 13,38—39). Wir denken auch an die zahlreichen Mahnungen zur Wachsamkeit (vgl. Mt 26,41; 1 Petr 5,8), an das Gebet und das Fasten (vgl. Mt 17,21) und denken an die nachdrückliche Versicherung des Herrn Jesus: ,,Diese Art von Dämonen kann nur durch Gebet ausgetrieben werden“ (Mk 9,29).

Die Tätigkeit Satans besteht vor allem darin, die Menschen zum Bösen zu verführen, indem er ihr Vorstellungsvermögen und ihre höheren Fähigkeiten beeinflusst, um sie in die dem Gesetz Gottes entgegengesetzte Richtung zu lenken. Satan stellte sogar Jesus auf die Probe (vgl. Lk 4,3—13) mit dem extremen Versuch, den Forderungen der Heilsökonomie, so wie sie von Gott geplant war, entgegenzuarbeiten.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Böse Feind es in gewissen Fällen so weit treibt, seinen Einfluss nicht nur auf materielle Dinge, sondern auch auf den Leib des Menschen auszuüben. Man spricht dann von ,,Besessenheit durch den Teufel“ (vgl. Mk 5,2—9). Es ist oft schwierig, das Außernatürliche, das in solchen Fällen vorkommt, zu unterscheiden, die Kirche versteht sich nicht leicht dazu und gibt nicht leicht der Tendenz nach, viele Tatsachen der direkten Intervention des Teufels zuzuschreiben. Aber vom Prinzip her kann man es nicht verneinen, dass der Satan in seinem Wollen, zu schaden und zum Bösen zu verführen, es zu dieser extremen Bekundung seiner Gewalt bringen kann.

9. Schließlich müssen wir noch hinzufügen, dass die beeindruckenden Worte des Apostels Johannes: ,,Die ganze Welt steht unter der Macht des Bösen“ (1 Joh 5,19) auch auf die Präsenz (Anwesenheit) Satans in der Geschichte der Menschheit hindeuten, eine Präsenz, die sich allmählich zuspitzt, wenn der Mensch und die Gesellschaft sich von Gott entfernen. Der Einfluss des bösen Geistes kann ganz tief im Dunkeln verborgen am Werk sein; es entspricht ja seinen Interessen, unerkannt zu bleiben. Die besondere Gewandtheit des Teufels in dieser Welt besteht darin, die Menschen dazu zu verführen, seine Existenz zu leugnen, und zwar im Namen des Rationalismus und eines jeden derartigen Denksystems, das alle möglichen Ausflüchte sucht, um ja nicht das Wirken des Teufels zugeben zu müssen. Das bedeutet aber nicht, dass dem Menschen sein freier Wille und die Verantwortung genommen und das Heilswirken Christi hinfällig würde. Es handelt sich vielmehr um einen Konflikt zwischen den finsteren Gewalten des Bösen und der Kraft der Erlösung. In dieser Hinsicht sind die Worte Jesu zu Petrus am Beginn der Passion vielsagend: „…Simon, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt“ (Lk 22,31).

Darum begreifen wir, wie Jesus das Gebet, das Er uns gelehrt hat, das Vaterunser, das das Gebet vom Gottesreich ist, fast herb abschließt, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Gebeten seiner Zeit. Er erinnert uns an unsere Lage als solche, die den Nachstellungen des Bösen, des Widersachers, ausgesetzt sind. Der Christ, der im Namen Jesu den Vater im Himmel anruft und um das Kommen seines Reiches bittet, ruft mit der Kraft des Glaubens: Lass uns nicht in der Versuchung unterliegen, erlöse uns von dem Bösen! Gib, Herr, dass wir nicht in die Untreue fallen, zu der uns jener verführen möchte, der von Anfang an untreu war.

 

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Der Sieg Christi besiegt das Böse

6. Engel-Katechese: General-Audienz vom 20. August 1986

Der Heilige Vater schloss seine Katechese über Gott den Schöpfer „der unsichtbaren Dinge“, indem er über den Sieg Christi über die bösen Geister sprach.

Die Überwindung Satans

1. Unsere Katechesen über Gott, den Schöpfer der ,,unsichtbaren“ Dinge, haben uns dazu geführt, unseren Glauben, soweit er die Wahrheit über den Bösen oder den Satan betrifft, zu klären und zu stärken. Der Böse war sicherlich nicht von Gott, der höchsten Liebe und Heiligkeit, gewollt, und die weise und starke göttliche Vorsehung weiß unser Dasein zum Sieg über den Fürsten der Finsternis zu führen. Der Glaube der Kirche lehrt uns ja, dass die Macht Satans nicht unendlich ist. Er ist nur ein Geschöpf, als reines Geistwesen zwar mächtig, aber doch immer ein Geschöpf, mit den Grenzen des Geschöpfes, dem Willen und der Herrschaft Gottes unterworfen. Wenn Satan in der Welt aus Hass gegen Gott und sein Reich am Werk ist, dann ist ihm das von der göttlichen Vorsehung zugestanden, die mit Macht und Güte (,fortiter et suaviter“) die Geschichte des Menschen und der Welt lenkt. Wenn die Machenschaften Satans gewiss auch den einzelnen und der Gesellschaft viel Schaden zufügen — geistiger und indirekt auch körperlicher Natur —, so ist er aber doch nicht imstande, die endgültige Bestimmung, auf die hin der Mensch und die ganze Schöpfung angelegt sind, nämlich das Gute, zunichte zu machen. Er kann den Aufbau des Gottesreiches nicht verhindern, in welchem am Ende die Gerechtigkeit und Liebe des Vaters zu den von Ewigkeit her im Sohn, dem göttlichen Wort, vorherbestimmten Geschöpfen zu voller Verwirklichung kommen. Wir können sogar mit dem heiligen Paulus sagen, dass selbst das Werk des Bösen schließlich zum Guten führt (vgl. Röm 8,28) und den Auserwählten zum Ruhm gereicht.

Totale Erlösung

2. So kann die ganze Geschichte der Menschheit im Dienst der sich vollziehenden allumfassenden Erlösung gesehen werden, die geprägt ist vom Sieg Christi über den ,,Herrscher dieser Welt“ (Joh 12,31; 14,30; 16,11). ,,Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen“ (Lk 4,8), ist die unumstößliche Antwort Christi an den Satan. In einem dramatischen Augenblick seines Dienstes, als ihn jemand herausfordernd beschuldigte, die Dämonen auszutreiben, weil er mit Beelzebub, dem Anführer der Dämonen, verbündet sei, antwortet Jesus mit den ernsten und doch auch tröstlichen Worten: ,,Jedes Reich, das in sich gespalten ist, geht zugrunde, und keine Stadt und keine Familie, die in sich gespalten ist, wird Bestand haben. Wenn also der Satan den Satan austreibt, dann liegt der Satan mit sich selbst im Streit. Wie kann sein Reich dann Bestand haben?… Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes schon zu euch gekommen‘ (Mt 12,25—26; 28). ,Solange ein bewaffneter starker Mann seinen Hof bewacht, ist sein Besitz sicher; wenn ihn aber ein Stärkerer angreift und besiegt, dann nimmt ihm der Stärkere all seine Waffen weg, auf die er sich verlassen hat, und verteilt die Beute“ (Lk 11,21—22). Die Worte, die Christus in bezug auf den Satan sprach, finden ihre geschichtliche Erfüllung im Kreuz und in der Auferstehung des Erlösers. Wie wir im Brief an die Hebräer lesen, hat Christus das menschliche Dasein geteilt bis hin zum Kreuz, „um durch seinen Tod den zu entmachten, der die Gewalt über den Tod hat, nämlich den Teufel, und um die zu befreien, die… der Knechtschaft verfallen waren“ (Hebr 2,14—15). Das ist die große Gewissheit des christlichen Glaubens: ,,Der Herrscher dieser Welt ist gerichtet“ (Joh 16,11); ,,der Sohn Gottes ist erschienen, um die Werke des Teufels zu zerstören“ (1 Joh 3,8), wie uns der heilige Johannes bestätigt. Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene, hat sich also als jener ,Stärkere“ geoffenbart, der den ,,starken Mann“, den Teufel, besiegt und dem er die Gewalt genommen hat.

Die Kirche hat Anteil am Sieg Christi über den Teufel: Christus hat in der Tat seinen Jüngern die Gewalt gegeben, Dämonen auszutreiben (vgl. Mt 10,1 und parallel Mk 16,17). Die Kirche übt diese sieghafte Gewalt aus durch den Glauben an Christus und durch das Gebet (vgl. Mk 9,29; Mt 17‘19f), das in bestimmten Fällen die Form des Exorzismus annehmen kann.

3. Diese geschichtliche Phase des Sieges Christi ist von der Ankündigung und dem Beginn des Endsieges, der Parusie, geprägt, des zweiten und endgültigen Kommens Christi am Schluss der Geschichte, auf das hin das Leben des Christen entworfen ist. Wenn es auch wahr ist, dass die irdische Geschichte weiterhin abläuft unter dem Einfluss ,,jenes Geistes, der“ —wie der heilige Paulus sagt — ,in den Ungehorsamen wirksam ist“ (Eph 2,2), so wissen die Gläubigen doch, dass sie dazu berufen sind, für den endgültigen Sieg des Guten zu kämpfen: ,,Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs“ (Eph 6,12).

Endgültiger Sieg

4. Der Kampf wird allmählich, wenn es dem Ende zugeht, in gewissem Sinn immer heftiger, wie es vor allem die Offenbarung des heiligen Johannes hervorhebt, das letzte Buch des Neuen Testamentes (vgl. Offb 12,7—9). Aber gerade dieses Buch betont die Gewissheit, die uns von der ganzen göttlichen Offenbarung gegeben ist: dass nämlich der Kampf mit dem endgültigen Sieg des Guten endet. In diesem Sieg, der bereits im voraus im Ostergeheimnis Christi enthalten ist, erfüllt sich definitiv die erste Ankündigung aus dem Buch Genesis, die den bezeichnenden Namen Protoevangelium trägt. Darin hält Gott der Schlange entgegen: ,,Feindschaft setze ich zwischen dich und die Frau“ (Gen 3,15). In dieser entscheidenden Phase wird Gott das Geheimnis seiner väterlichen Vorsehung zur Vollendung bringen und jene ,,der Macht der Finsternis entreißen“, die er ewig ,,in Christus vorausbestimmt hat“, und wird sie ,,in das Reich seines geliebten Sohnes aufnehmen“ (vgl. Kol 1,13-14). Dann wird der Sohn dem Vater auch das ganze Universum unterwerfen, damit ,,Gott herrscht über alles und in allem“ (1 Kor 15,28).

5. Hier schließen die Katechesen über Gott, den Schöpfer der ,,sichtbaren und unsichtbaren Dinge“, die wir in der Anordnung unserer Darlegungen mit der Wahrheit über die göttliche Vorsehung verbunden hatten. In den Augen des Glaubenden ist ganz offensichtlich das Geheimnis vom Anfang der Welt und der Geschichte unlösbar verbunden mit dem Geheimnis des Endes, in dem alles Erschaffene seiner Bestimmung gemäß zur Erfüllung kommt. Das Credo, das viele Wahrheiten so organisch verbindet, ist wirklich die harmonisch aufgebaute Kathedrale unseres Glaubens. In fortschreitender und organischer Weise konnten wir staunend das große Geheimnis der Weisheit und Liebe Gottes in seinem Handeln als Schöpfer des Kosmos, der Menschen und der Welt der reinen Geistwesen, bewundern. Wir haben den trinitarischen Urgrund dieses Handelns betrachtet, die weise Zielbestimmung für das Leben des Menschen, der ein wahres ,,Abbild Gottes“ ist und berufen, seine volle Würde in der Anschauung der göttlichen Herrlichkeit zu finden. Wir haben Licht empfangen über eines der größten Probleme, die den Menschen beunruhigen und von denen seine Suche nach der Wahrheit erfüllt ist: das Problem des Leidens und des Bösen. An dessen Wurzel steht nicht eine Fehlentscheidung von Seiten Gottes, sondern sein Wunsch und in gewisser Weise sein Wagnis, uns als Freie zu erschaffen, um uns als Freunde zu haben. Aus der Freiheit ist das Böse hervorgegangen. Aber Gott gibt nicht nach, und in seiner transzendenten Weisheit bestimmt er uns zu seinen Söhnen und Töchtern in Christus und leitet alles mit Macht und Milde, damit das Gute nicht vom Bösen besiegt wird.

Nun müssen wir uns von der göttlichen Offenbarung bei der Untersuchung anderer Geheimnisse unserer Erlösung führen lassen. Einstweilen haben wir eine Wahrheit in uns aufgenommen, die jedem Christen am Herzen liegen muss: die Existenz reiner Geistwesen, Geschöpfe Gottes, die im Anfang alle gut waren und sich dann durch eine sündhafte Entscheidung der einen unwiderruflich in Engel des Lichtes und Engel der Finsternis getrennt haben. Und während die Existenz der bösen Engel uns zur Wachsamkeit aufruft, damit wir nicht ihren Verlockungen nachgeben, sind wir gewiss, dass die siegreiche Macht Christi, des Erlösers, unser Leben umgibt, damit auch wir siegen. Dabei helfen uns kräftig die guten Engel, die Boten der Liebe Gottes, an die wir unser Gebet richten, wie es die Überlieferung der Kirche uns lehrt: ,,Engel Gottes, mein Beschützer, erleuchte, bewahre, leite und regiere mich, der ich von Gottes Vatergüte dir anvertraut bin. Amen.“

 

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7. Engel-Katechese: Homilie bei der Wallfahrt zum Monte Gargano am 24. Mai 1987

Sankt Michael – Beschützer und Verteidiger der Kirche

1. Es ist mir eine Freude, heute (24. Mai 1987) in eurer Mitte zu weilen im Schatten dieses dem Erzengel Michael geweihten Heiligtums, das seit 15 Jahrhunderten Ziel von Pilgerfahrten und Bezugspunkt derer ist, die Gott suchen und Christus nachfolgen wollen, «denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten» [Kol l, 16]. Herzlich grüße ich euch alle, ihr Pilger, die ihr aus dem Umkreis des Gargano, dieses wunderbaren Gebirgszuges, gekommen seid, der dem Blick des Besuchers reizvolle Ausblicke auf die liebliche, blühende Landschaft mit ihren charakteristischen Gruppen knorriger Ölbäume auf den Felsen bietet.

2. Wie einst viele meiner Vorgänger auf dem Stuhl Petri bin auch ich hierher gekommen, um einen Augenblick lang die diesem Heiligtum eigene Atmosphäre – Schweigen, Gebet und Buße – zu genießen; ich bin gekommen, um den Erzengel Michael zu verehren und ihn anzurufen, damit er die Kirche in einem Moment schütze und verteidige, in dem es schwierig ist, ein authentisches christliches Zeugnis ohne Kompromisse oder Halbheiten zu geben.

Seit Papst Gelasius I. im Jahr 493 gestattete, die Grotte der Erscheinungen des Erzengels Michael als Gottesdienststätte zu gestalten, ihr auch selbst seinen ersten Besuch abstattete und dabei den Ablass «Perdono angelico» gewährte, sind viele Päpste seinen Spuren gefolgt und haben diesen heiligen Ort verehrt. Zu ihnen zählt man Agapitus I., Leo IX., Urban II., Innozenz II., Cölestin III., Urban VI-, Gregor IX., den heiligen Petrus Cölestinus und Benedikt IX. Auch zahlreiche Heilige sind hierher gekommen, um Kraft und Trost zu schöpfen: ich möchte den heiligen Bernhard, den heiligen Wilhelm von Vercelli – den Gründer der Abtei Montevergine -, den heiligen Thomas von Aquin und die heilige Katharina von Siena nennen. Mit Recht berühmt geworden und immer noch in lebhafter Erinnerung ist der Besuch des heiligen Franz von Assisi, der zur Vorbereitung auf die Fastenzeit 1221 hierher kam. Die Überlieferung berichtet, dass er, der sich nicht für würdig hielt, in die heilige Grotte einzutreten, bei ihrem Eingang stehen blieb und auf einem Stein ein Kreuzzeichen einritzte.

Dieser lebendige und nie unterbrochene Strom berühmter und einfacher Pilger, der seit dem Hochmittelalter bis in unsere Tage aus diesem Heiligtum einen Ort der Begegnung im Gebete und der Stärkung des christlichen Glaubens gemacht hat, bezeugt, wie sehr die Gestalt des Erzengels Michael, Hauptfigur vieler Seiten des Alten und Neuen Testaments, vom Volk verehrt und angerufen wird, und wie sehr die Kirche seines himmlischen Schutzes bedarf, des Schutzes dessen, der in der Bibel als der große Kämpfer gegen den Drachen, den Anführer der Dämonen, vorgestellt wird. Wir lesen in der Offenbarung: «Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen. Der Drache und seine Engel kämpften, aber sie konnten sich nicht halten, und sie verloren ihren Platz im Himmel. Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel und Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt, und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen»(Offb 12,7-9]. Der Autor des heiligen Textes legt uns in dieser dramatischen Beschreibung den Fall des ersten Engels vor, der vom Ehrgeiz verführt wurde, «wie Gott» zu werden. So erklärt sich auch die Reaktion des Erzengels Michael, dessen hebräischer Name «Wer ist wie Gott?» das Eintreten für die Einzigkeit und Unverletzbarkeit Gottes zum Ausdruck bringt.

3. Die Angaben der Offenbarung über die Persönlichkeit und die Rolle des heiligen Michael sind zwar lückenhaft, aber sehr beredt. Er ist der Erzengel [Jud 9], der sich für die unveräußerlichen Rechte Gottes einsetzt. Er ist «der große Engelfürst, der für die Sühne des Gottesvolkes eintritt» [Dan 12,1], aus dem der Erlöser hervorgehen wird. Das neue Volk Gottes ist jetzt die Kirche. Das ist nun der Grund, warum sie Michael als ihren Beschützer und Helfer in all ihren Kämpfen für die Verteidigung und Ausbreitung des Reiches Gottes auf Erden betrachtet. Wenn auch, der Versicherung des Herrn gemäß, «die Mächte der Unterwelt sie nicht überwältigen werden» [Mt 16,18], so bedeutet das jedoch nicht, dass wir keine Prüfungen und Kämpfe gegen die Hinterlist des Bösen zu bestehen haben.

In diesem Kampf steht der Erzengel Michael der Kirche zur Seite, um sie gegen alle Bosheiten der Welt zu verteidigen und den Gläubigen beim Widerstand gegen den Dämon beizustehen, der «wie ein brüllender Löwe umhergeht und sucht, wen er verschlingen kann» [l Petr 5,8].

Dieser Kampf gegen den Dämon, der die Gestalt des Erzengels Michael kennzeichnet, ist auch heute aktuell, weil der Dämon noch immer lebt und in der Welt wirkt. Tatsächlich, das Böse, das sich in ihr findet, die Unordnung in der Gesellschaft, die Widersprüchlichkeit des Menschen, die innere Zerbrochenheit, deren Opfer er ist, sind nicht nur Folgen der Erbsünde, sondern auch des verheerenden und dunklen Wirkens Satans, dieses hinterlistigen Feindes des moralischen Gleichgewichtes des Menschen, den der heilige Paulus entschieden als den «Gott dieser Weltzeit» bezeichnet, da er sich als gerissener Betörer kundtut, der es versteht, sich ins Spiel unseres Handelns einzuschleichen, um dort Abweichungen zu bewirken, die ebenso schädlich wie unseren instinktiven Wünschen scheinbar gemäß sind. Deshalb warnt der Völkerapostel die Christen vor den Hinterhalten des Dämons und seines zahlreichen Gefolges, wenn er die Bewohner von Ephesus auffordert: «Zieht die Rüstung Gottes an, damit ihr den listigen Anschlägen des Teufels widerstehen könnt. Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs» [Eph 6,11-12]. An diesen Kampf erinnert die Gestalt des Erzengels Michael, dem die Kirche sowohl des Ostens als auch des Westens stets besondere Verehrung entgegengebracht hat. Wie bekannt, errichtete Konstantin das erste ihm geweihte Heiligtum in Konstantinopel: das berühmte Michaelion, dem in jener neuen Hauptstadt des Reiches zahlreiche andere, dem Erzengel geweihte Kirchen folgten. Im Westen verbreitete sich die Verehrung des heiligen Michael vom 5. Jahrhundert an in vielen Städten: in Rom, Mailand, Piacenza, Genua und Venedig; die berühmteste der vielen Verehrungsstätten ist jedoch sicher die auf dem Gargano. Der Erzengel wird hier auf dem 1076 in Konstantinopel gegossenen Bronzetor dargestellt, wie er den höllischen Drachen erlegt. Dies ist das Symbol, mit dem ihn die Kunst darstellt und die Liturgie anruft. Alle erinnern sich an das Gebet, das vor Jahren am Ende der heiligen Messe gesprochen wurde: «Heiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampfe …» Ich werde dieses Gebet gleich im Namen der ganzen Kirche wiederholen.

Vorher jedoch erteile ich euch allen, die ihr hier anwesend seid, sowie euren Familien und allen Menschen, die euch teuer sind, meinen Segen, der auch all jenen gilt, die an Leib und Seele leiden.

„Heiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampfe. Gegen die Bosheit und die Nachstellung des Teufels sei unser Schutz. Gott gebiete ihm! So bitten wir flehentlich. Du aber, Fürst der himmlischen Heerscharen, stürze den Satan und die anderen bösen Geister, die zum Verderben der Seelen in der Welt umherschleichen, in der Kraft Gottes hinab in die Hölle.“ (Papst Leo XIII.)

Papstpredigt: „Satan ist listig“

Eine weitere kleine Glaubensunterweisung in Sachen Satan hat Papst Franziskus an diesem Montag bei seiner Morgenmesse in Santa Marta geboten. Satan komme in der Gestalt des Guten, sei aber auf die Zerstörung des Menschen aus, vielleicht auch mit „humanistischen“ Motivationen, sagte der Papst. Die katholische Kirche feiert am 29. September die drei Erzengel Michael, Gabriel und Raphael.

„So viele Vorhaben der Entmenschlichung des Menschen sind das Werk Satans, einfach weil er den Menschen hasst! Er ist listig, das sagt schon die erste Seite der Genesis, er ist listig. Er präsentiert die Dinge so, als wären sie gut. Aber seine Absicht ist die Zerstörung. Und die Engel verteidigen uns! Sie verteidigen den Menschen und verteidigen den Menschen-Gott, den höheren Menschen, Jesus Christus, der die Vollendung des Menschseins ist. Deshalb ehrt die Kirche die Engel, weil sie in der Glorie des Herrn sind, weil sie das große Geheimnis Gottes verteidigen – das Wort, das Fleisch geworden ist.“

In seinen Werken der Zerstörung erfinde Satan „humanistische Erklärungen, die direkt gegen den Menschen gehen, gegen die Menschheit und gegen Gott“, fuhr Franziskus fort.

„Der Kampf ist eine tägliche Wirklichkeit im christlichen Leben: in unserem Herzen, in unserem Leben, in unserer Familie, in unserem Volk, in unseren Kirchen. Wenn wir nicht kämpfen, werden wir besiegt werden! Doch diese Aufgabe hat der Herr vorrangig den Engeln anvertraut: zu kämpfen und zu siegen. Der Schlussgesang der Offenbarung des Johannes, nach diesem Kampf, ist sehr schön: Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten; denn gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, der sie bei Tag und bei Nacht vor unserem Gott verklagte.“

(rv 29.09.2014 gs)

Quelle: Radio Vatikan

Katholischer Bischof: “Stoppt die Satansmesse, ein ‚orgiastisches Ritual von Schmerz und Perversion‘”

Bischof Edward J. Slattery, Leiter der katholischen Diözese von Tulsa, ruft alle Katholiken dort auf,  neun Tage lang vom 6.-14. August zu fasten und kein Fleisch oder Fleischprodukte zu verzehren, und einen Teil des Rosenkranzes und das Exorzismusgebet zum Heiligen Erzengel Michael zu beten, um eine satanische schwarze Messe zu stoppen, die für den 21. September in der Stadthalle von Oklahoma City angesetzt ist.

Die schwarze Messe, welche, wie Bischof Slattery sagte, dazu dient, „das Opfer Christi zu verspotten und Satan in einem orgiastisches Ritual von Schmerz und Perversion anzubeten“, soll von der Gruppe „Dakhma of Angra Mainyu“ angeboten werden. Erzbischof Paul Coakley von Oklahoma City verurteilte am 1. Juli das angekündigte antikatholische Ritual und rief die Behörden der Stadt auf, die Veranstaltung abzusagen.

Bis jetzt ist die Sachlage jedoch folgende, wie die Management-Expertin der Stadthalle von Oklahoma CNSNews.com mitteilte: „Da die Halle ein Gebäude in Besitz der Stadt ist, erlaubt uns der erste Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten nicht, Veranstaltungen aufgrund ihres Inhalts abzulehnen.“

In einem Brief in Mitteilungsblättern der Kirchen erklärte Bischof Slattery am 3. August: „Als Teil der Teufelsverehrung ist der Zweck einer schwarzen Messe, das Geschehen und die Bedeutung der Eucharistie umzukehren, um das Opfer Christi zu verspotten und Satan in einem orgiastisches Ritual von Schmerz und Perversion anzubeten. Die schwarze Messe lästert alles, was wir als heilig und erlösend betrachten; und die geistigen Gefahren, die sie mit sich bringt, sollten nicht leichtfertig abgetan werden.“

„Da die Stadthalle nicht positiv auf die Bitten des Erzbischofs von Oklahoma City, diese Veranstaltung nicht in einem vom Steuergeldern getragenen öffentlichen Gebäude zu erlauben, reagiert hat, bitte ich die gläubigen Katholiken in der Diözese von Tulsa darum, gegen diese Gotteslästerung durch Gebet und Fasten zu kämpfen“, so Bischof Slattery.

Der Bischof erklärte im Detail, wozu er die Katholiken aufruft, und sagte, sie mögen ihre „Gebete und Sühne“ besonders konzentrieren auf die neun Tage vor dem 15. August, dem Tag, an dem die katholische Kirche die Aufnahme der Gottesmutter Mariä in den Himmel feiert.

„Ich bitte jeden Katholiken, auf Fleisch und alle Fleischprodukte vom 6. bis 14. August zu verzichten“, sagte Bischof Slattery in seinem Brief. „Ich bitte Sie auch, Ihren Hunger zu heiligen durch das tägliche Gebet eines Gesätzchens des Rosenkranzes und das bekannte Gebet zum Heiligen Michael.“

„Am Tag Mariä Himmelfahrt, dem 15. August, werden wir unsere liebe Frau an ihrem Festtag bitten, für uns einzutreten und uns zu beschützen“, so der Bischof. „An diesem Tag werde ich in der Kathedrale und jeder Priester in seiner eigenen Gemeinde ein besonderes Gebet beten, das Papst Leo XIII. für die Verteidigung der Kirche gegen die Angriffe des Feindes und seiner abgefallenen Engel verfasst hat.“

Dieses besondere Gebet ist bekannt das das Exorzismusgebet von Leo XIII. Von ihm im Jahre 1890 verfasst, ruft dieses Gebet besonders den Heiligen Erzengel Michael an, die Menschheit gegen Satan zu verteidigen, und ruft auch die Heiligen und „Jesus Christus, unseren Herrn und Gott“ an, den Teufel zu bekämpften, und „den Drachen zu ergreifen, die alte Schlange, das heißt den Teufel und seine Dämonen, und ihn gefesselt in den Abgrund der Hölle zu stürzen, damit er die Völker nicht weiter verführen kann.“

Bischof Slattery sagte außerdem in seinem Brief: „Sollten diese Gebete und diese Zeit des Fastens nicht dazu führen, dass diese Veranstaltung abgesagt wird, so werde ich jeden Priester in der Diözese bitten, eine Anbetungsstunde vor dem Allerheiligsten am 21. September abzuhalten, zur gleichen Zeit (19 Uhr), zu welcher diese Gotteslästerung in Oklahoma City gefeiert wird.“

Des Weiteren teilte der Bischof mit: „Wo es möglich ist, bitte ich darum, dass eucharistische Prozessionen – ganz besonders Prozessionen im Freien – als Teil dieser Anbetungsstunden abgehalten werden. Lasst uns öffentlich Zeugnis von unserem Glauben an die Eucharistie ablegen, die in jener Veranstaltung so abgrundtief verspottet und lächerlich gemacht wird.“

Als Abschluss seines Briefes an die Katholiken der Diözese Tulsa schrieb Bischof Slattery: „Von den Fallstricken des Teufels, erlöse uns, o Herr!“ Der Bischof veröffentlichte auch eine Videobotschaft dieses Briefes auf der Webseite der Diözese und auf YouTube.

Bischof Slattery sandte einen eigenen, aber ähnlichen Brief an alle Priester der Diözese, in welchem er ihnen Anweisungen gab, sich dem Fasten und den Gebeten anzuschließen und ihre Gläubigen zu informieren. „Ich möchte tun, was wir zusammen tun können, um dieser gefährlichen Herausforderung der Satansanbetung durch unsere Gebete und Anbetung entgegenzutreten“, sagte er. „Gebet ist unsere einzige Waffe. Bitte betet mit mir – die vorliegende Angelegenheit ist ernst!“

„Im beständigen Vertrauen auf die göttliche Vorsehung, und Maria um ihre Fürbitte anrufend, die, wie uns die Heilige Schrift verspricht, den Kopf der Schlage zertreten wird, lasst uns diese Anstrengung ohne Ausnahme unternehmen“, schrieb Bischof Slattery an seine Priester.

Wie CNSNews.com Anfang Juli berichtete, ist die Satansmesse für den 21. September um 19 Uhr in der Stadthalle von Oklahoma City angesetzt. Tickets kosten 15 Dollar.

Auf der Ticket-Webseite wird die Veranstaltung wie folgt beschrieben: „Eine religiöse schwarze Messe wird als öffentliche Veranstaltung abgehalten werden, um die Öffentlichkeit über den Satanismus als Religion zu informieren. Das Ritual ist abgeschwächt worden, um im Rahmen der Gesetze von Oklahoma und der Vorschriften des staatlichen Gebäudes zu bleiben. Genießen Sie die Freuden des Teufels.“

Der Organisator der satanischen Messe ist Adam Daniels. Aleteia, eine christliche Blog-Webseite, berichtete am 6. August, dass Daniels in einem Schriftverkehr per Email bestätigt hatte, dass die schwarze Messe gefeiert werden wird und dass die Hostie, die verwendet werden soll, offensichtlich konsekriert ist.

„Die Hostie wurde uns von einem Freund per Post zugesandt,“ sagte Daniels, und fügte später hinzu, „soweit ich weiß, ist die mir zugesandte Hostie verwandelt.“

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Quelle: http://cnsnews.com/node/822721