BLEIBEN WIR IN GOTT UND SEINER LIEBE

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Mehrere Zehntausend Pilger und Besucher nahmen an der Heiligsprechung teil. Viele waren aus dem Heiligen Land nach Rom gekommen.

Eucharistiefeier mit Heiligsprechungen auf dem Petersplatz

Predigt von Papst Franziskus am 17. Mai

Vatikanstadt. Papst Franziskus hat am Sonntag, 17. Mai, vier Ordensfrauen heiliggesprochen, darunter zwei aus der Region Palästina. Bei der feierlichen Zeremonie waren auch der muslimische Präsident von Palästina Mahmud Abbas und der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal, anwesend. Der Papst hatte beim Konsistorium am 14. Februar die Heiligsprechung von Mariam Baouardy, Maria Alfonsina Ghattas sowie der französischen Ordensfrau Jeanne Emilie de Villeneuve und der italienischen Ordensfrau Adelaide Brando offiziell angekündigt.

Zum Abschluss grüßte der Papst die Teilnehmer aus Palästina, Israel und Jordanien sowie aus Frankreich und Italien. Ohne den Nahostkonflikt direkt zu erwähnen, äußerte er die Hoffnung, das Vorbild der Heiligen möge besonders für die Christen dieser Länder als Beispiel für Nächstenliebe, Brüderlichkeit, Versöhnung und Barmherzigkeit stehen. Im Folgenden die Predigt des Heiligen Vaters:

Die Apostelgeschichte hat uns die entstehende Kirche gezeigt, den Augenblick, in dem sie denjenigen wählt, den Gott berufen hat, den Platz des Judas im Apostelkollegium einzunehmen. Es geht nicht darum ein Amt zu übernehmen, sondern einen Dienst. Und in der Tat erhält Matthias, der gewählt wird, eine Sendung, die

Petrus folgendermaßen beschreibt: »Einer […] muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein« (Apg 1,22), der Auferstehung Christi. Mit diesen Worten fasst er zusammen, was es bedeutet, zu den Zwölf zu gehören: es bedeutet, Zeuge der Auferstehung Jesu zu sein. Die Tatsache, dass er sagt: »zusammen mit uns«, macht deutlich, dass die Sendung, den auferstandenen Christus zu verkünden, kein individueller Auftrag ist: er muss gemeinsam gelebt werden, zusammen mit dem Apostelkolleg und der Gemeinschaft. Die Apostel haben eine direkte und wunderbare Erfahrung der Auferstehung gemacht, sie sind Augenzeugen dieses Ereignisses. Dank ihres maßgeblichen Zeugnisses haben viele geglaubt; und aus dem Glauben an den auferstandenen Christus sind die christlichen Gemeinschaften entstanden und entstehen ohne Unterlass. Auch wir heute gründen unseren Glauben an den auferstandenen Herrn auf das Zeugnis der Apostel, das durch die Sendung der Kirche bis zu uns gelangt ist. Unser Glauben ist fest verbunden mit ihrem Zeugnis, wie mit einer ununterbrochenen Kette, ausgespannt im Laufe der Jahrhunderte nicht nur durch die Nachfolger der Apostel, sondern durch Generationen um Generationen von Christen. In der Nachfolge der Apostel ist nämlich jeder Jünger Christi berufen, Zeuge seiner Auferstehung zu werden, vor allem in jenen Lebensumfeldern, in denen die Gottvergessenheit und die Orientierungslosigkeit des Menschen am größten sind.

Damit das wahr wird, muss man im auferstandenen Christus und in seiner Liebe bleiben, wie es uns der erste Johannesbrief gesagt hat: »Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm« (1 Joh 4,16). Jesus hat dies immer wieder zu seinen Jüngern gesagt: »Bleibt in mir… Bleibt in meiner Liebe« (Joh 15,4.9). Das ist das Geheimnis der Heiligen: in Christus bleiben, mit ihm vereint sein wie die Reben mit dem Weinstock, um reiche Frucht zu bringen (vgl. Joh 15,1-8). Und diese Frucht ist nichts anderes als die Liebe. Diese Liebe erstrahlt im Zeugnis von Schwester Jeanne-Émilie de Villeneuve, die ihr Leben Gott und den Armen, den Kranken, den Gefangenen, den Ausgebeuteten gewidmet hat und für sie und für alle ein konkretes Zeichen der barmherzigen Liebe des Herrn geworden ist.

Die Beziehung zum auferstandenen Christus ist sozusagen die »Atmosphäre«, in der der Christ lebt und in der er die Kraft findet, dem Evangelium auch inmitten von Widerständen und Unverständnis treu zu bleiben. »In der Liebe bleiben«: Das hat auch Schwester Maria Cristina Brando getan. Sie war ganz ergriffen von brennender Liebe zum Herrn und aus dem Gebet, aus der Begegnung von Herz zu Herz mit dem in der Eucharistie gegenwärtigen Auferstandenen empfing sie die Kraft, das Leiden zu tragen und sich als gebrochenes Brot an viele Menschen hinzugeben, die weit von Gott entfernt waren und nach echter Liebe hungerten.

Ein wesentlicher Aspekt des Zeugnisses für den auferstandenen Herrn ist die Einheit unter uns, seinen Jüngern, als Abbild der Einheit, die zwischen ihm und dem Vater besteht. Heute erklang im Evangelium auch das Gebet Jesu am Vorabend seines Leidens: »…damit sie eins sind wie wir« (Joh 17,11). Aus dieser ewigen Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn, die durch den Heiligen Geist in uns ausgegossen wird (vgl. Röm 5,5), gewinnen unsere Sendung und unsere brüderliche Gemeinschaft ihre Kraft; aus ihr entspringt immer neu die Freude, dem Herrn auf dem Weg seiner Armut, seiner Jungfräulichkeit und seines Gehorsams nachzufolgen; und dieselbe Liebe ist es, die dazu aufruft, das kontemplative Gebet zu pflegen. Das hat in herausragender Weise Schwester Maria Baouardy erfahren, die einfach und ungebildet war und doch Ratschläge und theologische Erklärungen von äußerster Klarheit zu geben wusste, Frucht des beständigen Dialogs mit dem Heiligen Geist. Die Fügsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist machte sie auch zu einem Werkzeug der Begegnung und der Gemeinschaft mit der muslimischen Welt. Ebenso hat Schwester Maria Alfonsina Danil Ghattas gut verstanden, was es bedeutet, die Liebe Gottes im Apostolat auszustrahlen, indem sie Zeugin der Sanftmut und der Einheit wurde. Sie ist ein klares Beispiel dafür, wie wichtig es ist, füreinander Verantwortung zu tragen, im gegenseitigen Dienst zu leben.

In Gott und seiner Liebe bleiben, um mit Wort und Tat die Auferstehung Jesu zu verkünden und dabei die Einheit unter uns und die Liebe zu allen zu bezeugen: Das haben die vier heute Heilig­gesprochenen getan. Ihr leuchtendes Vorbild soll auch unser christliches Leben hinterfragen: Wie bin ich Zeuge des auferstandenen Christus? Das ist eine Frage, die wir uns stellen müssen. Wie bleibe ich in ihm, wie bleibe ich in seiner Liebe? Verstehe ich es, in der Familie, in der Arbeit, in meiner Gemeinschaft den Samen jener Einheit zu säen, die er uns geschenkt hat, indem er uns vom Leben der Dreifaltigkeit her an ihr teilhaben lässt?

Wenn wir heute nach Hause zurückkehren, wollen wir die Freude über diese Begegnung mit dem auferstandenen Herrn mitnehmen; pflegen wir im Herzen den Eifer, in der Liebe Gottes zu bleiben, indem wir mit ihm und untereinander vereint bleiben und den Spuren dieser vier Frauen folgen, Vorbilder der Heiligkeit, die die Kirche uns einlädt nachzuahmen.

(Orig. ital. in O.R. 18./19.5.2015)

Ein Kommentar zu “BLEIBEN WIR IN GOTT UND SEINER LIEBE

  1. Kann man in Gott und Seiner Liebe bleiben, wenn man doch Seine Lehre und Seinen Willen verwirft? Für die Modernisten ist das möglich. Aber alle, die noch einen gesunden Menschenverstand haben, ob Gläubige oder Ungläubige, werden sicher zustimmen, daß das sicher nicht möglich ist.

    Über die Notwendigkeit des Glaubens sagt Pfr. Anton Meyer in „Der Sakramentsbegriff der Modernisten“ aufschlußreich:

    „…daß es ohne den Glauben keine Rechtfertigung gibt, weder durch noch ohne Sakramente. „Fides est causa iustificationis“ ist paulinisches Dogma. Nimmt man den Ausdruck causa im weiteren Sinne, nennt man jene Bedingung causa, ohne welche eine Wirkung in keiner Weise erzielt werden kann, also die conditio sine qua non ist, so ist der Glaube als Fundamentbedingung alles Heiles ganz gewiß causa iustificationis, aber nicht causa efficiens, sondern causa disponens, speziell bei den Sakramenten die „dispositio necessaria““

    Und der hl. Thomas hält in seinen Ausführungen zum Apostolischen Glaubensbekenntnis folgendes fest: „Das erste Notwendige für den Christen ist der Glaube, ohne den keiner „gläubiger Christ“ heißt. … Man muß also wissen, daß keiner Gott gefällig ist ohne den Glauben: ‚Ohne den Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen.‘ (Hebr. 11,6) Deshalb sagt Augustinus (zu Röm 14,23): ‚Wo nicht die Erkenntnis der EWIGEN und UNWANDELBAREN Wahrheit ist, da ist die Tugend unwirklich, selbst bei bester Lebensführung‘. … Durch den Glauben beginnt in uns das Ewige Leben. Denn das Ewige Leben ist nichts anderes als: Gott erkennen. … Diese Gotteserkenntnis beginnt auf Erden durch den Glauben, vollendet sich aber im künftigen Leben, wo wir Ihn erkennen werden, wie Er ist.“

    Leo XIII. beantwortet in seiner Enzyklika “Sapientiae Christianae” die Frage, “woran man die Katholiken erkennt”, folgendermaßen: “Mit eindrucksvollen Worten erklärt der heilige Thomas von Aquin diese Wahrheit: … Wer also der Lehre der Kirche, die aus der in den heiligen Schriften offenbar gemachten Erstwahrheit hervorgeht, nicht als unfehlbarer, göttlicher Richtschnur anhängt, besitzt das Gehaben des Glaubens NICHT, sondern hält an dem, was des Glaubens ist, auf andere Weise fest als kraft des Glaubens … Es ist aber klar, dass der, welcher der Lehre der Kirche als unfehlbarer Glaubensrichtschnur anhängt, ALLEM BEISTIMMT, was die Kirche lehrt. Andernfalls, wenn er von der Lehre der Kirche das, was er will, festhält, und was er will, nicht festhält, hängt er nicht mehr der Lehre der Kirche als unfehlbarer Glaubensregel an, sondern seinem eigenen Wollen.“

    Es ist klar, daß die Modernisten (ob „traditionell“ oder „progressiv“) den rechten Glauben nicht wirklich haben, sondern einen „Glauben“ basteln, der lediglich eine „religiöse“ Verbrämung des Zeitgeistes ist:

    „The avowed modernists“, says M. Loisy, „form a fairly definite group of thinking men united in the common desire to adapt Catholicism to the intellectual, moral and social needs of today“ (op. cit., p. 13). „Our religious attitude“, as „Il programma dei modernisti“ states (p. 5, note 1), „is ruled by the single wish to be one with Christians and Catholics who live in HARMONY with the SPIRIT of the AGE“.“ http://oce.catholic.com/index.php?title=Modernism

    Dieses Ansinnen hat der hl. Pius X. als dezidiert antikatholisch verworfen und die automatische Exkommunikation über die Anhänger der modernistischen Häresien ausgesprochen:

    “…KRAFT UNSERER APOSTOLISCHEN VOLLMACHT [wiederholen und bekräftigen Wir] sowohl jenes Dekret [„Lamentabili“] der heiligen höchsten Kongregation als Unsere Enzyklika [„Pascendi“] unter Hinzufügung der Strafen der EXKOMMUNIKATION gegen ihre Widersprecher. Und Wir erklären und bestimmen, dass, wenn jemand, was Gott verhüten möge, sich soweit in der Kühnheit versteigt, IRGEND EINE der oben erwähnten verworfenen Aufstellungen, Meinungen und Lehren der beiden Dokumente in Schutz zu nehmen, derselbe „IPSO FACTO“ (d. h. bereits durch die Tatsache) der Zensur verfällt, die in dem Kapitel; „Docentes” der Konstitution ”Apostolicae Sedis” verhängt ist und die an erster Stelle unter den Exkommunikationen „latae sententiae“ (d. h: OHNE WEITERES EINTRETENDEN) steht, die dem Papst einfach reserviert sind. Mit dieser Exkommunikation bleiben die Strafen bestehen, in welche diejenigen verfallen können, welche gegen die genannten Dokumente etwas unternehmen als VERBREITER UND VERTEIDIGER DER HÄRESIEN, wenn ihre Aufstellungen, Meinungen oder Lehren HÄRETISCH sind, was bei den Gegnern jener beiden Dokumente mehr als einmal ZUTRIFFT, GANZ BESONDERS DANN, WENN SIE DIE IRRTÜMER DER MODERNISTEN, d. i. DIE ZUSAMMENFASSUNG ALLER HÄRESIEN VERTEIDIGEN.” (Pius X., Motu proprio „Praestantia scripturae“)

    Sich wie die Modernisten den Glaubensabfall mit Begriffen wie „Liebe“ und „barmherziger Gott“ schönzureden, ist nichts als Selbsttäuschung:

    Pfr. Anton Meyer brachte es folgendermaßen auf den Punkt: „Alles endet schließlich in Selbsttäuschung und Selbstbetrug; jedes Kriterium objektiver Wahrheit wird durch solche Lehren geleugnet und vernichtet. Durch die neue Auffassung von den Dogmen der katholischen Kirche glauben die Modernisten das Werk der Versöhnung und der Einigung der alten katholischen Tradition mit dem neuen Gedanken und den neuen sozialen Bestrebungen zu vollenden. […] Vielleicht die Mehrzahl der Modernisten glaubt, sie seien auch gute und wirkliche Katholiken. Doch dem kann, objektiv gewertet, NIMMER so sein.“

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