Der Priester Manfred Adler [gestorben 2005] war Mitglied des Ordens der “Missionare vom heiligen Johannes dem Täufer” (MSJ)
Der nachfolgende Text stammt aus dem Jahre 1958:
5. Das unbefleckte Herz Mariens, ein endzeitliches Heilszeichen für die sündenbefleckte Menschenwelt.
In Lourdes erschien die Unbefleckte Jungfrau, und in Fatima verlangte sie die Verehrung ihres unbefleckten Herzens und die Weihe an ihr unbeflecktes Herz.
a) Sinn der Herz-Mariä-Verehrung
Worum geht es bei dieser Verehrung? Maria sagte es am 13. Juni 1917: „Er (Jesus) will die Verehrung meines unbefleckten Herzens in der Welt begründen. Wer sie übt, dem verspreche ich das Heil.“ Es geht also um das ewige Heil der Seelen.
Am 13. Juli 1917 zeigte Maria den Kindern die Hölle. Die Hölle gehört zu den „Letzten Dingen“, zu den Eschata. Es ist erfreulich, daß heute die allgemeine Eschatologie (Lehre von den Letzten Dingen) in der Glaubensverkündigung wieder stärker betont wird, bedauerlich aber ist, daß die persönlichen Eschata (Himmel und Hölle) immer mehr aus dem Glaubensbewußtsein schwinden.
Maria erschien in Fatima, um uns darauf aufmerksam zu machen, daß es eine Hölle gibt und daß viele auf sie zugehen. „Um sie zu retten, will der Herr die Andacht zu meinem unbefleckten Herzen in der Welt einführen. Wenn man tut, was ich euch sage, werden viele Seelen gerettet.“
Daraus erhellt, daß die Herz-Maria-Verehrung gerade heute eine große heilsgeschichtliche Aufgabe zu erfüllen hat und ganz und gar eschatologischen Charakter trägt. Es geht um das Letzte: es geht um die Rettung vieler.
Die Herz-Mariä-Verehrung, die keine romanische Andachtsform, sondern in ihrem Ursprung typisch deutsch ist (heilige Mechthild, heilige Gertrud), nahm im hohen Mittelalter ihren Anfang. Im 17. Jahrhundert wurde sie vor allem durch den heiligen Johannes Eudes und die heilige Margareta Maria Alacoque stark gefördert und erlangte im 19. Jahrhundert immer weitere Verbreitung. Im Jahre 1848 gründete Claret die Genossenschaft der Söhne des unbefleckten Herzens Mariens (außerdem gibt es etwa 30 weibliche Genossenschaften vom heiligen Herzen Mariens). Überall entstanden die Herz-Mariä-Bruderschaften, 1855 führte Papst Pius IX. ein eigenes Herz–Mariä–Fest ein.
Den Höhepunkt erreichte die Herz-Mariä-Verehrung im 20. Jahrhundert in der Weihe der Welt an das unbefleckte Herz Mariens durch Papst Pius XII. (am 31. Oktober und 8. Dezember 1942). 1944 wurde das Fest zur Ehren des unbefleckten Herzens Mariens eingesetzt, das von der Gesamtkirche am 22. August gefeiert und im neuen römischen Kalender auf den Samstag nach dem Herz Jesu-Fest verlegt wurde. Am 7. Juli 1952 hat Papst Pius XII. eigens die Völker Rußlands dem unbefleckten Herzen der Gottesmutter geweiht.
Herz Mariä steht als Teil für das Ganze. Im Herzen Mariens verehren wir die Person der Gottesmutter, nicht nur ihr Herz allein. Das leibliche Herz der Unbefleckten war der Lebensbrunnen des göttlichen Kindes, das durch den Blutstrom, der vom Herzen der Mutter ausging, ernährt und gespeist wurde. Trotz dieser unvergleichlichen Auszeichnung und Aufgabe des leiblichen Herzens der Gottesmutter liegt der Schwerpunkt unserer Herz-Mariä-Verehrung nicht in der Verehrung ihres leiblichen, sondern in der ihres „geistigen“ Herzens.
Das Herz Mariens ist in erster Linie symbolisch zu verstehen: Es ist Sinnbild für das überreiche Innenleben, die einzigartige Heiligkeit, die überragende Tugendfülle und absolute Sündenlosigkeit Mariens, Sinnbild für ihre edlen Gesinnungen und gnadenhaften Beziehungen zum dreifaltigen Gott, nicht zuletzt Sinnbild für ihre glühende Gottesliebe und unerschöpfliche Mutterliebe, die unvergleichlich innig ist und alle Menschen umschließt. Maria ist die Mutter aller Menschen. Das unbefleckte Herz ist unsere Zuflucht, weil in unserer Zeit das Menschenbild befleckt ist durch schamloseste Unreinheit und unheimlichen Sündenschmutz. Eine wahre Sündenflut wälzt sich über unsere Welt dahin, die schon viele in die Tiefe gerissen hat. Gott bietet uns in dieser grauenhaften Unheilszeit einen Anker des Heils an, einen Rettungsanker, an den wir uns festklammern sollen: das unbefleckte Herz Mariens.
Die Verehrung des unbefleckten Herzens wird deshalb ein Herzensanliegen aller Kinder Mariens sein müssen. Sie werden sich alle Mühe geben, um sie in ihr religiöses Leben einzubauen (Stoßgebete zum unbefleckten Herzen Mariens, Ave-Maria für die Rettung der Sünder, Herz-Mariä-Samstag im Geist der Sühne, Ehrenwache des unbefleckten Herzens usw.).
b) Die Weihe an das unbefleckte Herz Mariens
Weihe besagt Hingabe an Gott. Eine Person oder eine Sache wird aus dem Bereich der Welt, die ja durch den Sündenfall dem Bösen verfallen und in den Machtbereich Satans geraten ist, herausgenommen und Gott zurückgegeben, in seinen Dienst
In der heiligen Taufe sind wir der „Macht der Finsternis entrissen und in das Reich seines geliebten Sohnes versetzt worden“ (Kol 1, 13; vgl. 1 Petr 2, 9). Nach der Taufe haben wir uns aber erneut in die Sünde gestürzt. Nur die Immakulata ist von dieser Tatsache ausgenommen. Weihe an Maria bedeutet nun, daß wir uns erneut Gott hingeben durch Maria. Die Marienweihe, die der heilige Ludwig Maria Grignion lehrt, ist nichts anderes als eine „vollkommene Erneuerung der Taufgelübde“ (vgl. Die vollkommene Hingabe an Maria, Nr. 120 ff, Das Goldene Buch, 17. Auflage, Freiburg 1957, S. 131 ff).
Der Weg über Maria (per Mariam ad Jesum) ist kein Umweg, sondern der kürzeste, sicherste und vollkommenste Weg zu Christus, zu dem „niemand kommen kann als durch seine Mutter“ (Leo XIII. in „Octobri mense“, 1891, vgl. Graber, Marianische Weltrundschreiben, S. 48).
Die Weihe an Maria ist auch eine wirkliche Hingabe an Maria. Ihr ist das ganze Menschengeschlecht anvertraut. Da sie unsere Mutter ist, hat sie Mutterrechte auf uns. Sie macht in der Forderung der Weltweihe an ihr unbeflecktes Herz diese Rechte geltend, nicht um ihretwillen, sondern weil Gott es will, dem sie in alle Ewigkeit als „kleine Magd“ (Lk 1, 38) dient. Gott hat sie „zwischen Christus und die Kirche“ gestellt (Pius IX. in „Ubi primum“, 1849, Graber, a. a. 0. A 11), als „Mittlerin“ zum (einzigen) Mittler hin (Leo XIII. in „Fidentem Piumque“, 1896, Graber, a. a. 0. S. 107). Die Weihe an Maria erklärt sich also letztlich aus der heilsgeschichtlichen Stellung und Sendung Mariens.
Die Weihe (Hingabe) an Maria ist ein gewaltiger Schritt. Wer sie vollzieht, gehört nicht mehr sich selbst, sondern gehört als Eigentum der Gottesmutter und durch sie auf vollkommenste Weise Gott allein, ähnlich wie Maria, deren Hingabe an Gott eine einzigartige ist.
Weihe an Maria heißt schließlich der Mutter gehorchen. Was sagt sie? „Tut alles, was er euch sagt“ (Joh 2, 6). Was sagt sie in Lourdes und in Fatima? „Buße, Buße, Buße!“ — „Betet jeden Tag den Rosenkranz“ — „Bete für die Sünder, bete für die kranke Welt!“ Ein gutes Kind tut, was die Mutter sagt.
Marienweihe bedeutet aber noch mehr. Die Menschen, die sich Maria geweiht haben, sollen der himmlischen Mutter ganz ähnlich sein, in ihrem Glauben, in ihrem Gehorsam, in ihrer Demut und in ihrer Liebe leben; kurz gesagt: sie sollen in allem der Mutter gleich sein. Wer ihr ganz gehört, steht unter ihrem besonderen Schutz und darf vertrauensvoll der Zukunft harren. Maria geweiht sein heißt zuletzt, sich wie Maria und mit Maria einsetzen für das Reich Gottes, für die Rettung und das Heil der Menschen. Die echte Marienverehrung erweist sich im Apostolat. Marianisch geprägte Frömmigkeit — und die Marienweihe ist es im vollsten Sinn des Wortes — ist die entschiedene Absage an das laue, satte Gewohntheitschristentum und religiöse Mitläufertum. Die Kinder Mariens, die sich wie Maria dem Reiche Gottes verpflichtet wissen, können keine mittelmäßigen Leisetreter sein, sondern müssen sich mit aller Kraft als Apostel für die Sache Gottes einsetzen. Und das ist heute mehr denn je notwendig.
Maria ist die „Siegerin in allen Schlachten Gottes“ (Pius XII.), die Drachenzertreterin.
1917 trat sie in Fatima dem bolschewistischen Drachen entgegen und hat dort schon ihren Sieg über dieses blutigrote Ungeheuer, das im gleichen Jahr (1917) seinen unheilvollen Weg in die Geschichte antrat, angekündigt mit den Worten: „Am Ende aber wird mein unbeflecktes Herz triumphieren.“ Maria, die „alle Irrlehren auf der ganzen Welt allein vernichtet hat“, wird auch diesen Feind Gottes und der Menschen besiegen, und alle, die ihr geweiht sind, haben besonderen Anteil an ihrem Triumph.
Schreckliches, ja Unbeschreibliches steht der Welt bevor, denn grausam und entsetzlich ist die Herzlosigkeit des gnadenlosen Menschen, und sie wird von Tag zu Tag grauenvoller. „Wehe der Welt um der Ärgernisse willen“ (Mt 17, 7). Es ist schrecklich, daran zu denken. Und doch stehen wir aufrecht und zuversichtlich in dieser dem Tod und Gericht verfallenen „bösen Welt“ (Gal 1, 4), weil wir wissen, Gott hat ein Herz für uns: das unbefleckte Herz Mariens. Es ist unsere Rettung, das Heilszeichen Gottes für die sündenbefleckte Welt unserer Tage. Darum hat der Heilige Vater die ganze Welt vertrauensvoll diesem Herzen geweiht.
Alles Unheil kommt aus der Sünde. Sie ist die größte Katastrophe, in die ein Mensch in dieser Welt stürzen kann. Die Sünde ist die falsche Hingabe des Menschen, Hingabe an Scheinwerte, an die vielen Götzen, deren Aufzählung sich hier erübrigt. Mit welcher Leidenschaft ist heute der Massenmensch und die Menschenmasse in die Sünde verkrampft! In der Hingabe an die Sünde gibt der Mensch alles preis, er verliert sich selbst und Gott, sein Leben.
Unsere Situation ist gewiß überaus ernst, aber nicht ausweglos. Es gibt noch eine Überwindung des hemmungslosen Diesseitsfanatismus unserer Gegenwart: die wahre, totale Hingabe an Gott und an das Herz, das er uns außer dem Herzen seines Sohnes in diesen unheiligen Zeiten gegeben hat: das unbefleckte Herz Mariens.
- Die Welt dem Herzen Mariens!
- Deutschland dem Herzen Mariens!
- Jeder Katholik dem Herzen Mariens!
Dann brauchen wir die dunkle Zukunft nicht zu fürchten, weder Tod noch Teufel, noch Hölle; denn Maria gibt die sieghafte Verheißung: „Am Ende wird mein unbeflecktes Herz triumphieren!“