Niklaus Wolf von Rippertschwand – Die Heilung Kranker IM NAMEN JESU

Dieser Verderbnis der Religion setzte die Vorsehung den wahrhaft frommen Niklaus Wolf als Erwecker, Erneuerer und Vorkämpfer des im Grunde großenteils immer noch gläubigen Luzernervolkes entgegen. Wie klar dieser die ungeheure Gefahr für Religion und Kirche und deren Ursachen erkannte, geht aus verschiedenen uns zuverlässig überlieferten Äußerungen des Gottesmannes hervor. So, wenn er in urwüchsiger und zugleich heiliger Entrüstung an die freigeistigen Theologieprofessoren in Luzern einmal schrieb: „Mit Eurer windigen Theologie bringt Ihr unser Volk in die größten Zweifel. Gott möge es Euch verzeihen!“ Oder wenn er sich über den Generalvikar von Konstanz äußerte: „Dieser Wessenberg ist die Verwüstung der Religion in Menschengestalt.“

Hinter all dem Bösen seiner Zeit aber erkannte Vater Wolf mit untrüglicher Klarheit als treibende Kraft den „Widersacher von Anbeginn“ – den Teufel. Die folgende Aussage ist dafür überaus bezeichnend:

„Hat denn nicht Christus den Fürst der Finsternis genannt? Haben denn nicht alle Apostel vor diesem Widersacher gewarnt? Ja, wir haben mit der Welt, mit dem Fleische und mit dem Satan zu kämpfen. Unter diesen dreien ist aber Satan der gefährlichste Feind. Denn es ist dem Teufel gelungen, sich ganz verborgen zu halten, indem er die Menschen durch den neuen Wind der Lehre glauben machte: Es gebe keinen Teufel. Dies ist ein gar listiger Betrug, in welchem er die Welt zu führen wußte, daß sie im Stolze ihrer Vernunft das Dasein und Wirken eines Teufels als lächerlich verwerfen. Er hat den Gewinn dabei, daß er unbekannt und ungehindert durch die Kinder des Unglaubens wirken und unter den Schafen Christi als grimmiger Wolf wüten kann. – Und seither, da diesem Feinde diese List gelungen, haben Unglaube und Lieblosigkeit aller Art, Spöttelei über das Göttliche, über die Kirche und ihre heiligen Gebräuche und Sakramente und Sakramentalien, Weihwasser, gesegnetes Öl usw. überhand genommen, und ebenso andere Laster, Ungehorsam und Achtungslosigkeit gegen Priesterschaft und Obrigkeit… Was ist unter solchen Umständen zu tun, als sich an Gott zu wenden, die Sünden zu bereuen, der Kirche Gottes anzuhangen, zu Gott zu schreien und zu flehen im Namen seines innigstgeliebten Sohnes um die Gnade des lebendigen Glaubens, eines starkmütigen Vertrauens auf die Gewalt der Kirche wider die Hölle… Dieser Feind beschädigt die Menschen in ihren Glaubensgütern.“ –

Nun erhebt sich die Frage, wie es Niklaus Wolf denn überhaupt möglich war, die Mehrheit des Luzerner Landvolkes allmählich hinter sich zu scharen und die antireligiöse Flut nicht nur aufzuhalten, sondern sogar entscheidend zurückzudrängen. Seine natürlichen Eigenschaften, so außergewöhnlich sie waren, hätten dafür zweifellos nicht genügt. Es ist aber auch fraglich, ob seine tiefe Frömmigkeit und der vorbildliche Lebenswandel – so unerläßliche Voraussetzungen für die Erfüllung seiner außerordentlichen Sendung sie zwar bildeten – allein vermocht hätten, das vom Zeitgeist weithin teils angesteckte, teils verwirrte Landvolk in den Bannkreis seiner Persönlichkeit zu ziehen und in christlichem Geiste neuzuformen.

Dazu brauchte es offenbar eine besondere Kraft, die das Volk bei seinen irdischen Nöten packte, um die Brücke von der Natur zur Übernatur zu schlagen. Und diese Kraft war die vielhundertfach bezeugte Begnadung Vater Wolfs, durch Anrufung des allerheiligsten Namens Jesus Kranke heilen zu können.

Die Kenntnis dieser übernatürlichen Heilkraft und den Anstoß, sie im Dienste der christlichen Nächstenliebe und dadurch zur Stärkung und Mehrung des Glaubens einzusetzen, erhielt Vater Wolf, indem er Kunde bekam von einem Priester der Diözese Regensburg, namens Johann J. Gaßner (1727 geboren und 1779 als Pfarrer und Dekan in Pondorf an der Donau gestorben), der unter Anrufung des Namens Jesus natürlicherweise nicht erklärbare Krankenheilungen vollbrachte. In zahlreichen Schriften (u.a. „Weise, fromm und gesund zu leben und gottselig zu sterben“, Verlag Crätz, Augsburg, 1775) begründete er sein Wirken mit Überlegungen, die kurz zusammengefaßt besagen: Der Satan ist der schlimmste Feind der Menschen, der sie nicht nur an der Seele, sondern auch am Leibe anficht, um sie durch allerlei Gebrechen zur Unlust im Guten, zu Kleinmütigkeit und Zorn gegen Gott zu veranlassen, wie er ja den geduldigen Job versuchte. Der Einfluß des bösen Feindes aber könne behoben werden durch die Macht des Erlösernamens.

Zwar kannte Vater Wolf selber die Schriften Gaßners nicht, sondern hörte davon nur aus den Abhandlungen, die der berühmte Dichter und fromme Pastor Johann Kaspar Lavater in Zürich (1741-1801) zur Verteidigung Gaßners gegen die Angriffe freigeistiger Rationalisten schrieb. So unter anderem in seiner Monatsschrift 1790: „Gaßner? Was ich über ihn sage? Kein Wort. Ich will warten und sage nur: Fakta sind Fakta, und – Ton des spinnwebenen, kalten, seelenlosen Jahrhunderts ist’s, Fakta mit Räsonnements wegzulächeln.“ Und in einer späteren Abhandlung: „Die Seele zerschneidet es mir, daß diese Sache, die so deutlich und bestimmt aus den Worten Jesu hervorgeht, im achtzehnten Jahrhundert nach der Geburt des Sohnes Gottes erst noch eine Sache der Untersuchung werden will. Die höchste Unbilligkeit ist es, wenn man, sobald man auf diese Sache zu sprechen kommt, sogleich mit den verächtlichen Wörtern: Imagination, Schwärmerei, Fanatismus usw. um sich wirft.“

Durch diese Auseinandersetzungen erhielt Vater Wolf den Anstoß, sich mit der Abwendung zeitlicher Übel durch Anrufung des Namens Jesus zu befassen, und drang so immer tiefer in die Bedeutung der priesterlichen Segnungen und der kirchlichen Sakramentalien ein. Darin noch besonders bestärkt wurde er durch die grundlegenden Stellen der Heiligen Schrift, wie zum Beispiel: „Die Wunder aber, die denen folgen werden, die da glauben, sind diese: In meinem Namen werden sie böse Geister austreiben, in neuen Sprachen reden, Schlangen aufheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nicht schaden. Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden gesund werden…“ (Evangelium vom Feste Christi Himmelfahrt, Markus 16,17 u. ff.) Ferner die Worte aus Johannes 16,23: „Wenn ihr den Vater in meinem Namen um etwas bitten werdet, so wird er es euch geben.“

Vater Wolf ließ sich natürlich im Glauben an diese Verheißungen Christi auch nicht beirren durch den Spott und Hohn, den die Freigeister über J.J. Gaßner und dessen Verteidiger Lavater ausgossen – im Gegenteil.

Von entscheidender Bedeutung für ihn wurde, daß er die Wunderkraft der beharrlichen Anrufung des Namens Jesus buchstäblich am eigenen Leibe erfahren durfte, worüber er folgendes berichtet: „Ich litt ein ganzes Jahr an einem Magenübel und Herzklopfen so gewaltig, daß ich beinahe keine Speise mehr vertragen mochte. Das ganze Jahr hindurch wandte ich ununterbrochen ärztliche Hilfe dagegen an, aber vergeblich. Von der geistlichen Heilart hielt mich damals noch Scheu ab. Eines Abends aber, als ich mit meinem geistlichen Vetter neuerdings über das Gebet im Namen Jesu ein kräftiges Wort gewechselt und mich spät zur Ruhe begeben hatte, rief ich, durch mein Übel daran gemahnt – ganz schüchtern noch – den heiligen Namen Jesus dawider an, und – war augenblicklich von allem Schmerz und aller Empfindung des Übels befreit und blieb es.“ – Das war im Jahre 1803.

Eine zweite plötzliche Heilung widerfuhr Vater Wolf ein Jahr später, da er wegen unerträglicher Fußschmerzen sich genötigt sah, den Ratssaal in Luzern zu verlassen und den zweistündigen Heimweg nach Rippertschwand anzutreten. Er erzählt darüber:

„Ich faßte ein Herz und ein allgewaltiges Vertrauen zum heiligsten Namen Jesu und rief ihn wider mein Übel an, und dieses – wich augenblicklich samt all seinen Begleiterscheinungen. Da fuhr es wie Feuer durch meine Seele, und ich konnte nicht genug danken, lobpreisen und bewundern. Mein Herz war freudig bewegt bis nach Hause, und so blieb es noch tage- und wochenlang.

Später wagte ich es, weil mein Herz zu voll davon war, wenn in meinem Hause und in meiner Verwandtschaft oder Nähe ein Leiden, eine Not war, vom Namen Jesu, über Glauben und Vertrauen zu reden. Ich betete um Hilfe im Namen Jesu, und sie wurde mir zuteil. Sooft ich anklopfte, wurde mir aufgetan. Ich tat keine einzige Fehlbitte zum Herrn. – Bald wurde es aber weit umher bekannt und weither der Zulauf und die Ansprache um Hilfe zu mir. Ich glaubte es der Ehre Gottes und der Liebe des Nächsten schuldig zu sein, für sie zu beten und den Namen des Herrn für sie anzurufen. Bald wurde dies mein Tagewerk. Ich wurde da- und dorthin gerufen, und wo ich gerufen wurde, ging ich in Gottes Namen.“

Vater Wolf war gerade 50jährig, als er sich ganz dieser höheren Berufung zuwandte. Er konnte das tun, ohne seinen Hof, die Grundlage der Familienexistenz, zu vernachlässigen, da sein im Jahre 1788 geborener Sohn Johann trotz seiner Jugendlichkeit bereits fähig geworden war, dem vielseitigen Bauernbetrieb selbständig vorzustehen.

So begann Niklaus Wolf ein neues Leben gemäß seinem Wahlspruch: „Zur Ehre des heiligsten Namens Jesu, zum Heile der Menschen und zum Sturze der Hölle.“ Im Gegensatz zu gewissen „Gesundbetern“ aber gab er Gott allein die Ehre und riet auch nie von der Beiziehung eines Arztes und dem Gebrauch der verordneten Medizinen ab. Seine alle Mitmenschen umfassende Nächstenliebe zeigte sich in schönster Weise besonders darin, daß er Leidende nichtkatholischer Religion, die zu ihm nicht selten Zuflucht nahmen, keineswegs zurückstieß, sondern auch ihnen mit seinem Gebete helfend und heilend beistand.

Sein Wirken war fortan ein einziges Apostolat, indem er den Heilungsuchenden als unerläßliche Voraussetzung des Erfolges die gläubige und vertrauensvolle Hingabe an Gott einflößte. Und zwar argumentierte er so: „Gott ist allmächtig, er kann helfen. Er ist unendlich gütig, er will helfen. Und er versprach: ‚Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.‘ Darum muß Gott helfen; er hat es ja versprochen: ‚Bittet, und ihr werdet empfangen.‘ … Stehen diese Worte nicht im Evangelium? Wer will daran zweifeln? Wenn diesen nicht zu trauen ist, wem sollten wir dann trauen? Er hat es teuer und heilig versprochen…“ Nach solchem Zuspruch, der von bergeversetzendem Glauben zeugt, betete Vater Wolf gewöhnlich fünf Vaterunser, Ave Maria, den Glauben und „Unter deinen Schutz und Schirm…“. Dann bezeichnete er sich und den Kranken mit Weihwasser mit dem heiligen Kreuzzeichen und ermahnte nochmals zum Gottvertrauen, zum Vertrauen auf den heiligen Namen Jesus und die Allmacht, Weisheit und Güte des göttlichen Heilandes. Hernach folgte ein eigenes Gebet zum Namen Jesu. – Ein ganz besonderes Vertrauen hatte er auch zum Englischen Gruß, und er wählte, wenn es sich zeitlich schickte, mit Vorliebe die Stunden des Betzeitläutens, um den Kranken zu helfen.

Zwar hat Vater Wolf über die durch ihn bewirkten Gebetserhörungen und Heilungen keine Aufzeichnungen gemacht. Die Überlieferung und die Zeugnisse von Zeitgenossen schließen aber jeden Zweifel daran aus, daß es sich im Laufe eines vollen Vierteljahrhunderts um Tausende von Fällen handelte, worunter viele Krankheiten, gegen die sich jede ärztliche Hilfe als machtlos erwiesen hatte. Aus diesen Beispielen seien nachfolgend einige der ausgezeichneten, seit 1931 in vier Auflagen erschienenen Schrift: „Der fromme Niklaus Wolf von Rippertschwand“ von + Johann Erni, Pfarrer, Sempach (Verlag Buchdruckerei Schnarrwiler, Sempach-Station) entnommen.

Im Emmenwald, einem der ältesten Gehöfte der Gemeinde Neuenkirch, war zur Zeit Pfarrer Schniepers (1793-1815) die Frau des Josef Tanner zum Tode krank; sie war vom Arzte aufgegeben und vom Pfarrer auf den Tod vorbereitet. Da wurde Vater Wolf gerufen. Er betete über sie, ermahnte sie zum Glauben und Vertrauen. Frau Tanner wurde zur selben Stunde vollkommen gesund, verlangte und aß eine starke Suppe mit andern Speisen und begab sich sodann wieder an die Hausgeschäfte, als hätte ihr nie etwas gefehlt. Als der Pfarrer sie bald darauf wieder besuchen und zum Tode stärken wollte, verwunderte er sich dermaßen, daß er in Zukunft dem gläubigen Gebete und Wirken im Namen Jesu alle Ehre widerfahren ließ.

In Rothenburg lebte der 17jährige Schmied Schmidli. Stark lungenschwindsüchtig, hatte er mehrere ausgezeichnete Ärzte in Luzern und Zürich konsultiert. Keiner konnte ihm helfen. Weil von liberaler Gesinnung, wollte er zuerst nichts wissen von Niklaus Wolf. Schließlich nahm er aber doch Zuflucht bei ihm. Den Weg von Rothenburg bis Rippertschwand, etwa fünf Kilometer, legte er in zwei Stunden zurück. Niklaus Wolf gab ihm unter anderem fünf andächtige Vaterunser für den Heimweg zu beten auf. Zudem schärfte er ihm ein, dabei nichts anderes zu denken. Unterdessen wolle er, Vater Wolf, für ihn beten. Als Schmidli nach Hause kam, war es bedeutend besser mit ihm, und schließlich wurde er von der Schwindsucht befreit. Er heiratete, bekam mehrere Kinder und wurde über 60 Jahre alt. – Das erzählte sein eigener Sohn.

In St., Kirchgang G., Kanton Luzern, lag eine Frau an der Gicht so gefährlich krank, daß selbst der Arzt alle Hoffnung zur Wiederherstellung verloren hatte. In dieser Not kam man auf den Gedanken, Vater Wolf kommen zu lassen. Er weigerte sich zuerst. Da bat man ihn um Gottes willen. Wolf ließ sich bewegen und ging. Am Orte angelangt, begab er sich sogleich zur Kranken und verrichtete ein Gebet. Nach vollendetem Gebet war sie gesund und verließ das Bett.

In M. wurde er zur Dienstmagd eines ansehnlichen Gutsbesitzers gerufen. Aus Nächstenliebe und auf wiederholte Bitten ging er, viele Stunden weit, hin. Die Person lag bereits mehrere Tage in Todesgefahr. Wolf betete etwa fünf Minuten lang still, und wie sein Gebet beendet war, war auch die Krankheit gewichen. Die Dienstmagd genoß viele Speisen ohne Belästigung und kehrte zu ihren Arbeiten zurück. Der Geistliche des Orts, der sie besuchen und zum Tode vorbereiten wollte, kehrte verwundert und Gott lobend wieder nach Hause zurück.

Jemand hatte sich mit siedendem Wasser die Glieder überschüttet und so fest verbrannt, daß beim Ausziehen der Kleidung auch die Haut mitgerissen wurde, und schnell eine starke Entzündung eintrat. Es geschah in Wolfs Nachbarschaft. Sogleich wurde Vater Wolf gerufen. Er eilte hin, betete, ließ die Wunden mit gesegnetem Öl salben, und innert fünf Minuten war die Entzündung behoben, der Schmerz gestillt, so daß die Person sogleich ihrer gewohnten Arbeit (Garnsechten) nachgehen und nach vier Tagen eine kleine Reise machen konnte.

Einem Kinde, dem ein Bruch ausgetreten war, und der schon die schwarzbraunen Zeichen des Brandes hatte, bewirkte er in einigen Minuten das Zurücktreten des Bruches und die volle Gesundheit.

Hauptmann R. von S. war seit mehreren Jahren von der Fallsucht heimgesucht. In- und ausländische Ärzte wurden konsultiert. Das Übel wurde immer ärger; oft kamen die Anfälle zweimal im Tage vor, und nie blieben sie länger als drei Monate aus. Im Jahre 1828 wandte er sich an Niklaus Wolf. Dieser machte ihn auf die wunderbare Kraft des Namens Jesus aufmerksam; mit Glauben und Gebet im Namen Jesu solle er sich dem Übel entgegensetzen; es werde ihm nicht mehr kommen. Der Hauptmann sagte ihm, auf Anraten vieler habe er sich von Wein und hitzigen Speisen enthalten und von Zeit zu Zeit zu Ader gelassen; ob er das auch wieder tun müsse. Wolf antwortete: „Nein! Machet von Speise und Trank den Gebrauch, den Euch die Vernunft für das Leben erlaubt; auch braucht Ihr nicht mehr zu Ader zu lassen. Das Übel kommt Euch nicht mehr; der Name Jesus ist stark genug.“ Und tatsächlich blieb das Übel aus; Herr R. erfreute sich fortan der besten Gesundheit. –

Der Ruf des segensreichen Wirkens Vater Wolfs drang bald weit über die Grenzen des Luzernerlandes hinaus, so daß Hilfesuchende aus den Urkantonen, Zug, Aargau, Solothurn und Bern den Weg nach Rippertschwand fanden. Oft wurde er aber auch – und zwar naturgemäß in den schwererer Fällen – zu den Kranken gerufen und war daher sehr häufig auf Reisen.

Mit den Jahren wurde er so stark in Anspruch genommen, daß er unmöglich überall persönlich hingehen oder auch nur Besuch empfangen konnte, sondern zum schriftlichen Verfahren Zuflucht nehmen mußte. Über dieses hinterließ er uns folgende Darstellung:

„Ich wies ihnen (den Kranken) eine Stunde an und ließ sie ermahnen, sich in dieser Stunde mit mir und den Meinigen im Gebete zu vereinigen – im Glauben der hl. katholischen Kirche. Besonders sollten sie die göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe erwecken, die Reue und Leid; dann ferner mit Gebet sich der Fürbitte der Mutter Gottes anempfehlen und auf dieselbe, sowie auf den heiligen Namen Jesus Vertrauen fassen. Sie sollen denken, es sei in der Kirche Gottes Kraft genug, sie von ihrem Übel zu befreien, wenn es nicht zum Tode oder für ihr Seelenheil notwendig und nützlich sei. Für jeden Fall sollen sie mit großem Vertrauen beten; denn im ersten Falle helfe es zu einem seligen Tode, im zweiten werden sie viel Erleichterung finden im Gemüte und solches mit desto größerer Geduld ertragen, das Leiden Christi mit größerer Inbrunst betrachten, sich desto eifriger dem Willen Gottes ergeben. Sie sollen also ungezweifelte Hilfe erwarten durch den heiligen Namen Jesus; wir (d.h. Wolf und seine Familie) werden in dieser Zeit für sie beten und den hl. Namen Jesus über sie anrufen. Sie (die kranke Person) soll sich aber nicht irren und von uns Hilfe erwarten, sondern nur durch den heiligen Namen Jesus. Auch soll sie öfters gesegnetes Wasser gebrauchen, mit Andacht, Gebet und Vertrauen; alle Speise und Trank damit segnen, Zimmer und Lagerstatt ebenso.“

Und weiter berichtete Vater Wolf: „vielmal waren die Übel von solcher Art, daß sie noch schleunigere Hilfe forderten; z.B. in übergroßen Schmerzen, Geburtsnöten usw. Da schritt ich natürlich sogleich, ungeachtet der Abwesenheit vom Leidenden, zum Gebete – mit großem Ernst, Eifer, Inbrunst und starkem Glauben im heiligen Namen Jesu, und gar oft war den Leuten in derselben Stunde besser geworden.“

Wie ganz Vater Wolf sich nur als Werkzeug Gottes fühlte und diesem allein die Ehre gab, wenn Menschen ihm dankten, ist vielfach bezeugt. So pflegte er zu sagen: „Gott hat es getan, nicht ich; will man Gott Einsprache tun?“

Bezeichnend für Wolfs übernatürliche Auffassung seiner Sendung für die leidenden Mitmenschen ist auch der folgende Ausspruch: „Allerwenigstens wird doch Milderung der Schmerzen erlangt. Und wenn von hundert Pfund Schmerzen nur neunzig Pfund weichen, die gewöhnlich vom Satan gewirkt sind, um den Menschen zur Ungeduld zu bringen, so ist schon damit wohl die Mühe belohnt und viel gewonnen, daß der Mensch nunmehr mit Ergebung leide.“

Ein überaus bemerkenswerter Charakterzug Wolfs ist endlich, daß er für seine Liebesdienste an den Mitmenschen, denen er Heilung und damit in vielen Fällen Befreiung aus materiellen Nöten brachte, niemals eine Bezahlung annahm, geschweige denn verlangte. Und als ihm einst jemand Geld aufdrängen wollte mit der Begründung, er könne es ja den Armen geben, erwiderte Wolf, er solle das selber tun, Arme gebe es überall. Diese Uneigennützigkeit trug natürlich viel dazu bei, das Vertrauen des Volkes zu ihm noch zu mehren.

Wie weit der Ruf vom Wirken Vater Wolfs schon zu seinen Lebzeiten gedrungen war, beweist dessen ehrenvolle Erwähnung im Buche: „Über etwas, das der Heilkunst not tut. Ein Versuch dieser Heilkunst mit der christlichen Philosophie, von Carl Josef Hieronymus Windischmann, königl. preuß. Medizinalrat und Professor der Philosophie und Medizin an der königl. Rhein-Universtität in Bonn“, Leipzig, 1824, bei C. Cnobloch (S. 288). Prof. Windischmamnn war zur Verfassung dieses Buches dadurch angeregt worden, daß er selber von einem Augenleiden auf übernatürliche Weise geheilt worden war, nachdem alle ärztliche Kunst versagt hatte. Das Werk fand eine einläßliche Besprechung in der Zeitschrift: „Zeichen der gegenwärtigen Zeit im Guten und Bösen“, Luzern, bei Xaver Meier, 1824, II. Jahrgang, worin auf Seite 117 das auf natürliche Weise nicht erklärbare Wirken Vater Wolfs als allgemein bekannte Tatsache festgestellt wird. –

Wir könnten dieses Kapitel nicht passender abschließen, als indem wir den folgenden Brief Vater Wolfs an Schwester Maria Theresia N. im Frauenkloster bei Maria Loreto auf dem Berge Sion (St. Gallen) im Wortlaut kommentarlos wiedergeben:

Liebe Schwester!

Ihr Schreiben habe ich empfangen und das Verlangen der würdigen Frau Mutter darin gesehen. Allein der Weg ist weit! Ich bin alt. Nebstdem ist die Gegenwart nicht notwendig, weil nicht der Mensch, sondern der hl. Name Jesus die Kraft hat, Teufel und Krankheiten zu vertreiben, und der Glaube des Hilfesuchenden das meiste beitragen muß; und nach dem Ausspruch Jesu Christi jeder es tun kann, der es glaubt. Auch ist dies viel leichter zu tun, als man glaubt. Ein blinder, einfältiger, fester Glaube an den göttlichen Erlöser, ein Sichverlassen auf sein Versprechen ohne Klügeln oder Mißtrauen auf die eigene Würdigkeit wird erfordert, indem es Gott nicht der Würdigkeit oder Heiligkeit der Menschen versprochen hat, sondern nur dem Glauben. Nebstdem braucht es (allgemein davon zu reden) keinen Wunderglauben, indem es gewöhnlichermaßen nur ein Streit mit dem Satan ist. Sowohl im hl. Evangelium als in den Apostelgeschichten und in ihren Briefen, auch in den Schriften der hl. Väter, die ich der Kürze halber nicht anführe, sondern die Ihnen wohl werden bekannt sein, ersieht man, daß wir einen beständigen Streit haben mit der Hölle. Der Teufel stellt der Seele auf alle nur mögliche Weisen nach, sie von Gott abzubringen und in die Hölle zu stürzen. Kann er nun aber die Seele als den edleren Teil so anfallen, warum den Leib nicht? Oder hat der göttliche Erlöser bei der Erlösung nicht so viel Augenmerk auf den Leib als auf die Seele gehabt? Auch die von dem Hl. Geist geleitete Kirche – wieviel Segnungen und Exorzismen macht sie das Jahr hindurch wider die Hölle! Schon bei der Taufe fängt sie ihre Beschwörung wider die Hölle an, und dann weiters usw. Von diesem wäre noch vieles zu schreiben gegen jene, die dies fast nicht glauben. Kürzehalber übergehe ich es. Auch hat Gott die heiligsten und weisesten Absichten dabei, nämlich die Verherrlichung des hl. Namens Jesus, und daß wir durch Kämpfen, Streiten und Siegen Verdienste sammeln und den Himmel erwerben. Auch hab ich’s aus mehr als zehnjähriger Erfahrung, daß von hundert Übeln, Schmerzen und Krankheiten kaum eine ist, wo nicht der Satan die Ursache davon ist oder wenigstens selbe vergrößert oder unheilbar macht. Und besonders, wenn keine Medizin anschlagen will, braucht es keinen Wunderglauben, diese Übel zu vertreiben. O wenn wir Jesum recht liebten und mit ihm und seinem Namen wider die Hölle streiten würden, wieviele und wie große Verherrlichungen des heiligsten Namens Jesus würden geschehen, wieviele Sünder bekehrt, wieviele Uneinigkeiten würden gehoben, deren Urheber er ist, – wieviele Übel und Krankheiten würden wir vertreiben, die uns zum Dienste Gottes und unsere Berufspflichten zu erfüllen untauglich machen! Man kann nicht beschreiben, wieviel Böses der Satan anstiftet: warum sollen wir nicht mit Zorn auf ihn losgehen? So schön es scheint, wenn jemand spricht: „Ja, wenn’s der Wille Gotte ist, wenn’s zur Ehre Gottes…“ usw., so lieb uns der hl. Wille Gottes sein soll, so taugt doch dies in diesem Falle zu nichts, als jenes lebendige Vertrauen zu stören und jenen Kampf und Streit zu hintertreiben, welche Gott von uns fordert. Denn es ist der ausdrückliche Wille Gottes, daß wir den Satan bestreiten und besiegen sollen; ja, Gott fordert jeden in der hl. Taufe dazu auf, indem es heißt: Widersagst du dem Teufel, seiner Hoffart und allen seinen Werken?

Also allen seinen Werken, sie mögen Namen haben, was sie wollen; denn der Teufel hat allezeit böse Absichten. Man kann so sagen: Von Gott nehme ich alles mit Danksagung an, von dem Teufel nichts. Ist nun jemand mit Krankheit oder Schmerzen behaftet, so kann ja eine der andern zu Hilfe kommen. Zuerst bete man, daß die Hindernisse weichen sollen, die uns verhindern an der Verherrlichung des Namens Jesus und an der Hilfe des Nächsten. Nachher betet und befiehlt man im hl. Namen Jesu, daß dieses Übel oder Schmerzen oder Krankheit weichen solle, und so fort, bis es weicht. Wird es ärger als zuvor, so soll man nicht erschrecken, sondern desto häufiger zusetzen. Dies geschieht öfter so. Hört das Übel auf, so wird dennoch ein und der andere Befehl gemacht, daß die Werke des Satans in dieser Person ganz zerstört sein sollen. Auch bediene man sich der gesegneten Mittel, Weihwasser und gesegnetes Öl.

Kürzehalber habe ich alles nur berührt. Übung und Gebet, dem Gott alles versprochen, wird Sie des mehreren belehren.

Meine Begrüßung an die würdige Frau Mutter und das ganze Konvent, besonders an die Mechtilde. Ich befehle mich in Ihr hl. Gebet und ende mit dem ablaßreichen Christengruß: „Gelobt sei Jesus Christus!“

Den 25. September 1816.
Klaus Wolf, zu Neuenkirch, in Rippertschwand, Kanton Luzern.

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Siehe auch: http://immaculata.ch/verlag/niklaus_w1.htm